Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug bei Verschmelzung von Gesellschaften
Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer Verschmelzung können das Einkommen und der Gewerbeertrag der übertragenden Gesellschaft nicht um Verluste gemindert werden, die die übernehmende Gesellschaft erlitten hat.
Orientierungssatz
Im Falle einer Verschmelzung können das Einkommen und der Gewerbeertrag der übernehmenden Gesellschaft nicht um Verluste gemindert werden, die die übertragende Gesellschaft erlitten hat.
Normenkette
UmwStG 1977 § 2; EStG § 10d; GewStG § 10a
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, und die R-GmbH schlossen am 20.August 1985 einen Verschmelzungsvertrag, aufgrund dessen das Vermögen der R-GmbH auf die Klägerin überging. Der Vertrag sollte im Innenverhältnis rückwirkend zum 31.Dezember 1984 wirksam sein. Die Verschmelzung wurde im Handelsregister eingetragen.
In der Körperschaftsteuererklärung und der Gewerbesteuererklärung für die R-GmbH für das Streitjahr 1984 kürzte die Klägerin den Steuerbilanzgewinn der R-GmbH u.a. teilweise um einen Verlust der Klägerin aus dem Jahre 1983 in Höhe von 92 532 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1984 und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1984 auf 0 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revisionen werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden (§§ 121, 73 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 FGO).
1. Das Einkommen der R-GmbH im Streitjahr 1984 kann nicht mit Verlusten ihrer Rechtsnachfolgerin, der Klägerin, verrechnet werden. Aus den nach § 8 Abs.1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 anwendbaren Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergibt sich, daß ein Steuerpflichtiger Verluste, die ein anderer Steuerpflichtiger erlitten hat, grundsätzlich von seinem Einkommen nicht abziehen kann. Eine Ausnahme gilt nur für den Erbfall. Der Erbe kann die von dem Erblasser erlittenen Verluste gemäß § 10d EStG von seinem Einkommen abziehen (vgl. die Nachweise bei Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, § 10d Anm.3). Bei Verschmelzungen kann die übernehmende Gesellschaft ihr Einkommen nicht um die von der übertragenden Gesellschaft erlittenen Verluste mindern (vgl. die Nachweise bei Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, Rz.6224). Ein bei der übernehmenden Gesellschaft entstehender Verlust kann nicht auf die übertragende Gesellschaft zurückgetragen werden (vgl. Widmann/ Mayer, a.a.O., Rz.6228).
2. Der im Erhebungszeitraum 1984 bezogene Gewerbeertrag der R-GmbH kann nicht mit Fehlbeträgen ihrer Rechtsnachfolgerin, der Klägerin, verrechnet werden. Gemäß § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) kann ein Unternehmen den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die ein anderer Steuerpflichtiger erlitten hat. Bei Verschmelzungen kann die übernehmende Gesellschaft ihren Gewerbeertrag nicht um die von der übertragenden Gesellschaft erlittenen Fehlbeträge mindern (vgl. die Nachweise bei Widmann/Mayer, a.a.O., Rz.6224).
3. Aus § 2 Abs.1 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) 1977 kann --entgegen den Ausführungen der Klägerin-- nicht abgeleitet werden, daß das Einkommen der übertragenden R-GmbH im Streitjahr 1984 um Verluste zu mindern ist, die die Klägerin erlitten hat. Dies gilt auch, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß der in dem Verschmelzungsvertrag erwähnte 31.Dezember 1984 der Stichtag der Bilanz ist, die der Verschmelzung zugrunde lag. Daraus ergibt sich lediglich, daß das Einkommen der R-GmbH und der Klägerin so zu ermitteln ist, als ob das Vermögen der R-GmbH mit Ablauf des 31.Dezember 1984 auf die Klägerin übergegangen und die R-GmbH gleichzeitig aufgelöst worden wäre (§ 2 Abs.1 Satz 1 UmwStG). Daraus läßt sich nicht entnehmen, daß das bis zum Ablauf des 31.Dezember 1984 bei der R-GmbH entstandene Einkommen um Verluste der sie übernehmenden Klägerin zu kürzen ist. Dies gilt auch, wenn man unterstellt, daß der Verschmelzungszeitpunkt deswegen erst zu Beginn des 1.Januar 1985 lag, weil § 2 Abs.1 Satz 1 UmwStG vom Ablauf des Stichtags der Bilanz spricht. Diese Ansicht hätte lediglich zur Folge, daß die R-GmbH für steuerliche Zwecke gedanklich auch noch im Kalenderjahr 1985 --wenn auch nur für eine logische Sekunde-- bestand. Sie hätte neben dem im Kalenderjahr 1984 bezogenen Einkommen (§ 8 Abs.1 KStG 1977 i.V.m. § 25 Abs.1 EStG) noch das in der logischen Sekunde des Jahres 1985 bezogene Einkommen zu versteuern. Insoweit hätte die Steuerpflicht der R-GmbH nicht einen vollen Veranlagungszeitraum bestanden.
4. Aus § 2 Abs.1 UmwStG 1977 kann --entgegen den Ausführungen der Klägerin-- nicht abgeleitet werden, daß der Gewerbeertrag der übertragenden R-GmbH im Streitjahr 1984 um Fehlbeträge zu mindern ist, die die Klägerin erlitten hat. Dies gilt auch, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß der in dem Verschmelzungsvertrag erwähnte 31.Dezember 1984 der Stichtag der Bilanz ist, die der Verschmelzung zugrunde lag. Daraus ergibt sich lediglich, daß der Gewerbeertrag der R-GmbH und der Klägerin so zu ermitteln ist, als ob das Vermögen der R-GmbH mit Ablauf des 31.Dezember 1984 auf die Klägerin übergegangen und die R-GmbH gleichzeitig aufgelöst worden wäre (§ 2 Abs.1 Satz 1 UmwStG). Daraus läßt sich nicht entnehmen, daß der bis zum Ablauf des 31.Dezember 1984 bei der R-GmbH entstandene Gewerbeertrag um Fehlbeträge der sie übernehmenden Klägerin zu kürzen ist. Dies gilt auch, wenn man unterstellt, daß der Verschmelzungszeitpunkt deswegen erst zu Beginn des 1.Januar 1985 lag, weil § 2 Abs.1 Satz 1 UmwStG vom Ablauf des Stichtags der Bilanz spricht. Diese Ansicht hätte lediglich zur Folge, daß die R-GmbH für steuerliche Zwecke gedanklich auch noch im Kalenderjahr 1985 --wenn auch nur für eine logische Sekunde-- bestand. Sie hätte neben dem im Erhebungszeitraum 1984 bezogenen Gewerbeertrag (§ 10 GewStG) noch den in der logischen Sekunde des Jahres 1985 bezogenen Gewerbeertrag zu versteuern. Insoweit hätte die Steuerpflicht der R-GmbH nicht einen vollen Veranlagungszeitraum bestanden (§ 10 Abs.1 GewStG). Selbst wenn man diese Ansicht der Klägerin zugrunde legt, kann aus ihr nichts für die Frage hergeleitet werden, ob die R-GmbH den im Erhebungszeitraum 1984 bezogenen Gewerbeertrag um Fehlbeträge mindern kann, die die sie übernehmende Klägerin erlitten hat.
Fundstellen
Haufe-Index 63537 |
BStBl II 1991, 899 |
BFHE 165, 82 |
BFHE 1992, 82 |
BB 1991, 2432-2433 (LT) |
DB 1991, 2269-2270 (LT) |
DStR 1991, 1384 (KT) |
HFR 1992, 255 (LT) |
StE 1991, 355 (K) |