Leitsatz (amtlich)
Für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 BHG 1964 gilt der Begriff der Betriebstätte im Sinn des § 16 StAnpG. Für die danach erforderliche nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über Anlagen oder Geschäftseinrichtungen (BFH-Beschluß vom 9. März 1962 I B 156/58 S, BFHE 74, 614, BStBl III 1962, 227) genügt nicht das bloße Tätigwerden eines Vertreters des Unternehmens in Räumen eines Dritten, wenn sich die Verfügungsmacht des Unternehmens über die Räume nicht aus anderen Umständen ergibt. Die bloße Mitbenutzungsmöglichkeit gewährt eine derartige Verfügungsmacht nicht.
Normenkette
BHG 1964 § 14; StAnpG § 16
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren Gesellschafter der inzwischen aufgelösten K-KG in Berlin. Diese war am 12. Dezember 1966 zum Erwerb und Betrieb des Binnenmotorschiffes S gegründet worden. Der Kläger zu 1 war mit einer Beteiligung von 5 v. H. Kommanditist, die Klägerin zu 2 mit einer Beteiligung von 95 v. H. Komplementärin der KG.
Das Motorschiff S war zunächst von der A-KG in Berlin am 7. September 1964 erworben worden. Komplementär dieser KG war A mit einer Beteiligung von 5 v. H., Kommanditist war P, der Ehemann der Klägerin zu 2, mit einer Beteiligung von 95 v. H. Am 12. Dezember 1966 verkaufte die A-KG das Motorschiff an die K-KG. Diese veräußerte das Motorschiff am 9. Oktober 1967 an die S-KG, an der neben einer Komplementärin mit einer Beteiligung von 5 v. H. als Kommanditist P mit 95 v. H. beteiligt war. Die K-KG stellte mit dem Tag der Veräußerung ihren Geschäftsbetrieb ein, ihre Firma wurde im März 1969 im Handelsregister gelöscht.
In der Zeit vom 12. Dezember 1966 bis 9. Oktober 1967 betrieb die K-KG mit dem Motorschiff S die Binnenschifffahrt. Mit Vertrag vom 2. Januar 1967 überließ ihr die N-GmbH mit Wirkung vom 1. Januar 1967 ihre möblierten Büroräume in Berlin-Westhafen gegen ein monatliches Entgelt von 50 DM zur Mitbenutzung. Mit Vertrag vom 1. Januar 1967 stellte die K-KG gegen ein Gehalt von 200 DM monatlich, beginnend ab 1. Januar 1967, Herrn H als kaufmännischen Angestellten ein. Die Bereederung des Motorschiffes S oblag ab 15. Dezember 1966 der F-KG in W. Im Jahresabschluß zum 31. Dezember 1966 berücksichtigte die K-KG 75 v. H. der Anschaffungskosten des Motorschiffes (510 000 DM) als erhöhte Absetzung gemäß § 14 des BHG 1964 (BGBl I 1964, 675, BStBl I 1964, 510) und erklärte einen Verlust von insgesamt 381 186 DM. In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns für die Zeit vom 1. Januar bis 9. Oktober 1967 wies die K-KG einen laufenden Verlust von 37 666 DM sowie einen Gewinn aus der Veräußerung des Motorschiffes von 380 280 DM aus und erklärte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einen Betrag von 342 614 DM.
Nach einer Betriebsprüfung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) die zunächst nach § 100 Abs. 2 AO vorläufigen, den Angaben in den Erklärungen folgenden Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der K-KG und setzte mit endgültigen Bescheiden für den Zeitraum 12. Dezember bis 31. Dezember 1966 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 4 607 DM und für den Zeitraum vom 1. Januar bis 9. Oktober 1967 einen Verlust von 17 955 DM fest. Das FA sah in der Gründung der K-KG einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts mit dem alleinigen Ziel, für dasselbe Schiff die erhöhten Absetzungen nach § 14 BHG 1964 dreimal geltend machen zu können. Der Ehemann der Klägerin sei dabei planmäßig zum Zwecke der Steuerumgehung vorgegangen. Wie anläßlich einer Betriebsprüfung festgestellt worden sei, sei P nicht nur an der A-KG und an der S-KG mit je 95 v. H. als Kommanditist beteiligt gewesen; er habe auch die K-KG finanziert, indem er den Klägern Darlehen gegeben und Bürgschaften übernommen habe. Er habe auch durch zwei weitere Gesellschaften ebenfalls am 12. Dezember 1966 zwei weitere Schiffe erworben und diese nach rd. 10 Monaten wiederum am selben Tag (9. Oktober 1967) an die S-KG verkauft. Die Besteuerung sei nach § 6 Abs. 2 StAnpG vorzunehmen. Bei einer angemessenen rechtlichen Gestaltung wäre das Motorschiff am 12. Dezember 1966 in die bereits bestehende S-KG übernommen worden, die es bis zum 9. Oktober 1967 der K-KG zur Nutzung zur Verfügung gestellt hätte. Ein steuerlich anzuerkennender Erwerbsvorgang habe deshalb bei der K-KG nicht vorgelegen; das Schiff sei nicht Anlagevermögen dieses Unternehmens geworden. Damit entfielen die Bilanzansätze für das Motorschiff sowie die geltend gemachten erhöhten Absetzungen. Im übrigen sei die erhöhte Absetzung nach § 14 BHG 1964 auch deshalb nicht zu gewähren, weil die K-KG im Zeitpunkt des Erwerbes des Schiffes keine Betriebstätte in Berlin gehabt habe.
Die gegen die Feststellungsbescheide vom 21. August 1970 erhobene Sprungklage blieb erfolglos. Es könne offen bleiben, so führt das FG aus, welche Erwägungen zur Gründung der K-KG geführt hätten. Auch wenn hiermit lediglich die mehrfache Inanspruchnahme der erhöhten Absetzung erstrebt worden sei, liege kein Rechtsmißbrauch i. S. des § 6 StAnpG vor, weil die gewählte Gestaltung jedenfalls nicht zu einem steuerlichen Ergebnis geführt habe, das bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung vom Gesetz mißbilligt werde. Denn den Klägern stünden die erhöhten Absetzungen auf die Anschaffungskosten des Motorschiffes S nicht zu, weil es für das Jahr 1966 bereits an einer Betriebstätte i. S. des § 14 Abs. 2 Nr. 1 BHG 1964 i. V. m. § 16 StAnpG geiehlt habe. Die Kläger beriefen sich zu Unrecht darauf, daß die GmbH der K-KG vertraglich das Recht eingeräumt habe, ihre Büroräume mitzubenutzen. Die K-KG habe den Vertrag über die Mitbenutzung dieser Räume erst am 2. Januar 1967 geschlossen und dabei vereinbart, daß ihr die Räume ab 1. Januar 1967 zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen sollten. Nach dem eindeutigen Vertragswortlaut habe die K-KG somit im Feststellungszeitraum 1966 zumindest keine rechtliche Verfügungsbefügnis über diese Büroräume gehabt. Dem entspreche es auch, daß für den Monat Dezember 1966 kein Nutzungsentgelt gezahlt worden sei. Die Kläger hätten auch keine Tatsachen vorgetragen, die die Schlußfolgerung zuließen, daß die K-KG schon vor Abschluß des Mitbenutzungsvertrages vom 2. Januar 1967 in gewissem Umfang tatsächlich über die beiden Büroräume hätte verfügen können. Das FG habe keine Veranlassung, darüber Ermittlungen anzustellen, ob der von der K-KG zum 1. Januar 1967 eingestellte kaufmännische Angestellte H schon vor seiner Einstellung für diese tätig geworden sei. Abgesehen davon, daß die Kläger selbst dies nicht geltend gemacht hätten und H auch jedenfalls unstreitig für den Monat Dezember 1966 keine Gehaltszahlung erhalten habe, sei es für die Entscheidung ohne Bedeutung, wenn H bereits im Dezember 1966 mündliche Vollmacht für die Erledigung bestimmter Geschäftshandlungen der K-KG erhalten hätte. Die Tätigkeit eines Vertreters reiche für sich allein zur Begründung einer Betriebstätte nicht aus. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 StAnpG gälten zwar als Betriebstätte unter anderem auch Geschäftseinrichtungen, die dem Vertreter des Unternehmens zur Ausübung des Gewerbes dienten. Auch in einem solchen Fall aber müsse der Unternehmer und nicht nur dessen Vertreter die Verfügungsgewalt über die jeweiligen Geschäftsräume besitzen. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht gegeben gewesen. Auch für den Feststellungszeitraum 1967 stünden den Klägern die erhöhten Absetzungen nach § 14 BHG 1964 nicht zu. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob im Verlaufe dieses Feststellungszeitraumes eine Betriebstätte in Berlin begründet worden sei. Für die Entscheidung komme es hierauf nicht an, weil die K-KG das Schiff bereits am 12. Dezember 1966 und somit im Feststellungszeitraum 1966 angeschafft habe. Das Gesetz begünstige jedoch lediglich die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die zum Anlagevermögen einer in Berlin (West) belegenen Betriebstätte gehörten, nicht auch die Überführung von Wirtschaftsgütern aus einer im Bundesgebiet belegenen Betriebstätte in eine Berliner Betriebstätte des gleichen Unternehmens. Das FG gewährte daher für beide Feststellungszeiträume lediglich die AfA gemäß § 7 EStG.
Mit der Revision beantragen die Kläger, das Urteil des FG aufzuheben und die Gewinne bzw. Verluste entsprechend den vorläufigen Feststellungsbescheiden festzustellen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen. Sie rügen die Verletzung des § 14 BHG 1964 sowie die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften und hilfsweise die Versagung rechtlichen Gehörs durch Nichteinvernahme eines Zeugen. Das FG habe zu Unrecht angenommen, daß im Dezember 1966 keine Betriebstätte in Berlin (West) bestanden habe, denn die K-KG habe bereits zu dieser Zeit die Möglichkeit gehabt, die Räume der GmbH mitzubenutzen. Zum Nachweis dieser Tatsache habe sie den Angestellten H als Zeugen benannt. Das FG habe jedoch weder diesen Zeugen vernommen noch sonstige Ermittlungen darüber angestellt, ob ein tatsächliches Nutzungsverhältnis bezüglich der Räume bestanden habe und ob der Angestellte H schon vor seiner Einstellung für die K-KG tätig geworden sei. Darin liege aber ein Verfahrensverstoß bei der Feststellung des Sachverhaltes und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen der Nichtvernehmung des Zeugen. Im übrigen habe das FG in keiner Phase des Verfahrens erkennen lassen, daß die Frage der Betriebstätte für seine Entscheidung von Bedeutung sein könnte. - Der vom FG verwendete Betriebstättenbegriff des § 16 StAnpG entspreche im übrigen nicht dem Sinn und Zweck des Berlinhilfegesetzes. Bei verständiger Würdigung der Zielsetzung des Berlinhiliegesetzes seien auch Ausnahmetatbestände förderungswürdig, bei denen noch nicht sämtliche Begriffsmerkmale des § 16 StAnpG erfüllt seien, wenn davon auszugehen sei, daß der Steuerpflichtige Handlungen eingeleitet habe, die auf die Verwirklichung der Begriffsmerkmale des § 16 StAnpG abzielten und in angemessener Zeit auch dazu führten. Besonders in der Gründungsphase eines Unternehmens sei es häufig eine Frage der Zweckmäßigkeit oder Zufälligkeit, in welcher zeitlichen Reihenfolge die Beschaffung des Anlagevermögens und die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten erfolgten. Es ergäbe sich auch eine Benachteiligung westdeutscher Investoren gegenüber in Berlin (West) wohnenden Investoren, weil diese jedenfalls durch ihren Wohnsitz in Berlin (West) eine Betriebstätte im begünstigten Gebiet begründet hätten, obgleich die endgültigen für den Betrieb bestimmten Räumlichkeiten möglicherweise noch nicht verfügbar seien, jene aber bereits Räumlichkeiten anmieten müßten, ehe sichergestellt sei, daß das Anlagevermögen, durch das das Unternehmen betrieben werden solle, zur Verfügung stehe. Bei sinnvoller Auslegung des Berlinhilfegesetzes komme es nur darauf an, an welchem Ort binnen Kürze das betriebliche Geschehen eröffnet werde. Nur hierdurch werde die Berliner Wirtschaft gefördert. Würde der Betriebstättenbegriff des Berlinhilfegesetzes anders interpretiert, würden viele Unternehmer das Investitionsrisiko in Berlin nicht auf sich nehmen, da sie, wie der vorliegende Fall zeige, befürchten müßten, wegen einer kaufmännisch sinnvollen, stufenweisen Gründung der Berliner Betriebstätte die Präferenzen zu verlieren. In der Erkenntnis, daß eine andere Auslegung des Betriebstättenbegriffs nicht dem Förderungszweck des Berlinhilfegesetzes entspreche, habe auch die Finanzverwaltung bereits für die Auslegung des § 19 BHG, der insoweit ebenfalls an das Vorhandensein einer Berliner Betriebstätte anknüpfe, den Standpunkt vertreten, daß Wirtschaftsgüter, die zur Einrichtung einer erst in Entstehung begriffenen Betriebstätte in Berlin (West) angeschafft und vor Betriebseröffnung in Berlin (West) gelagert würden, nach § 19 BHG begünstigt seien.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt worden. Dem angefochtenen Urteil sind weder Beweisergebnisse noch andere Tatsachen zugrunde gelegt worden, zu denen die Kläger sich nicht hätten äußern können (§ 96 Abs. 2 FGO). Der Vorwurf der Kläger, das FG habe in keiner Phase des Verfahrens erkennen lassen, daß die Frage der Betriebstätte für seine Entscheidung von Bedeutung sein könnte, ist unbegründet. Abgesehen davon, daß die Kläger selbst in der Revisionsbegründungsschrift einräumen, daß sie zu der für das FG entscheidenden Frage der Betriebstätte in der mündlichen Verhandlung Ausführungen gemacht haben, darf im vorliegenden Fall nicht unbeachtet bleiben, daß am gleichen Tag vor dem gleichen Senat des FG mit im wesentlichen den gleichen Beteiligten über eine weitere Streitsache mit vergleichbarem Sachverhalt verhandelt und entschieden worden ist, bei der ausschließlich über die Frage der Betriebstätte verhandelt wurde. Eine allgemeine Hinweispflicht des FG, daß es seine mögliche spätere rechtliche Beurteilung irgendwie andeuten müsse, kann nicht angenommen werden (vgl. Urteile des BFH vom 22. März 1972 II R 121/68, BFHE 105, 515, BStBl II 1972, 637, und vom 20. Juni 1967 II 73/63, BFHE 90, 82, BStBl III 1967, 794).
2. Auch die von den Klägern erhobene Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) hat keinen Erfolg, denn die dazu vorgetragenen Ausführungen - ihre Richtigkeit unterstellt - rechtfertigen keine von dem angefochtenen Urteil abweichende Entscheidung.
Nach der vom FG - wie unter 3 darzulegen sein wird - zu Recht angewendeten Vorschrift des § 16 StAnpG ist Betriebstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebes eines stehenden Gewerbes dient (§ 16 Abs. 1 StAnpG). Als Betriebstätten gelten insbesondere Kontore und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer ... oder seinem ständigen Vertreter ... zur Ausübung seines Gewerbes dienen (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 StAnpG). Das ist der Fall, wenn Anlagen oder Geschäftseinrichtungen vorliegen, von denen aus der Unternehmer oder sein ständiger Vertreter dauernd Tätigkeiten vollzieht, die seinem Gewerbebetrieb unmittelbar dienen (BFH-Urteil vom 7. Juni 1966 I B 124/64, BFHE 86, 514, BStBl III 1966, 548, mit weiteren Nachweisen) und die ihm gehören oder über die er wenigstens eine gewisse nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (BFH-Urteil vom 10. Mai 1961 IV 155/60 U, BFHE 73, 134, BStBl III 1961, 317; Beschluß vom 9. März 1962 I B 156/58 S, BFHE 74, 614, BStBl III 1962, 227).
Diesen Grundsätzen entsprechend hat das FG ausgeführt, daß im Streitjahr 1966 keine Betriebstätte der K-KG in Berlin (West) vorgelegen habe, weil der vorgelegte Vertrag über die Mitbenutzung der fraglichen Räume ausdrücklich erst ab 1. Januar 1967 gelten sollte, so daß für das Streitjahr mindestens keine rechtliche Verfügungsbefugnis bestanden habe. Auch hätten die Kläger keine Tatsachen vorgetragen, die die Schlußfolgerung zuließen, daß sie vor Abschluß des Mitbenutzungsvertrages vom 2. Januar 1967 in gewissem Umfang tatsächlich über die beiden Büroräume der GmbH hätten verfügen können. Auch die von den Klägern behauptete Bevollmächtigung des Angestellten H sei ohne Bedeutung, weil die Tätigkeit eines Vertreters für sich allein nicht zur Begründung einer Betriebstätte des Unternehmens ausreiche.
Die dagegen erhobene Rüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung ist nicht begründet. Die in das Wissen des als Zeugen benannten H gestellten Tatsachen sind weder ausreichend substantiiert noch folgt aus ihnen schlüssig, daß im Dezember 1966 eine Betriebstätte der K-KG in Berlin (West) bestanden habe.
a) Die Kläger tragen vor, daß geschäftliche Handlungen der K-KG bereits im Jahre 1966 von den Räumen der GmbH aus vorgenommen worden seien. Abgesehen davon, daß sie im Gegensatz dazu auch ausführen, daß im Hinblick auf die in den in Frage kommenden 19-Tagezeitraum fallenden Weihnachsfeiertage die Räume nur beschränkt hätten genutzt werden können und daß sich die zunächst unmittelbar nach Gründung der K-KG erforderlichen Tätigkeiten in erster Linie sowieso nicht in den Büroräumen, sondern im Außendienst abgespielt hätten, legen sie jedoch auch nicht konkret dar, welchen betrieblichen Handlungen der K-KG die Büroräume gedient haben und daß diese Tätigkeiten eine von dem angefochtenen Urteil abweichende Entscheidung gerechtfertigt hätten.
b) Entsprechendes gilt für die von den Klägern behauptete Verfügungsmacht der K-KG über die Räume der GmbH. Es fehlt die substantiierte Angabe von Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß die K-KG über die Räume der GmbH verfügt hat. Die Kläger führen lediglich aus, die K-KG habe von der Möglichkeit der Mitbenutzung der Räume tatsächlich Gebrauch gemacht.
Soweit sie darauf abstellen, daß die K-KG eine Mitbenutzungs möglichkeit hatte, ist ihr Revisionsvorbringen nicht schlüssig, denn die bloße Möglichkeit der Mitbenutzung verlieh der K-KG keine für die Annahme einer Betriebstätte ausreichende Verfügungsgewalt über diese Räume. Wenn die Rechtsprechung für die Annahme einer Betriebstätte fordert, daß die feste örtliche Anlage oder Einrichtung dem Unternehmer gehöre oder ihm darüber wenigstens eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsgewalt zustehe (BFH-Beschluß I B 156/58 S), so folgt hieraus, daß eine nicht nur vorübergehende Verfügungsgewalt mehr ist als allein die Möglichkeit, fremde Räume mitzubenutzen. Für die Annahme einer Verfügungsgewalt i. S. einer gegenüber der uneingeschränkten Macht des Eigentümers allerdings geminderten tatsächlichen Herrschaft genügt eine bloße Mitbenutzungsmöglichkeit nicht. Der BFH hat in dem zitierten Beschluß I B 156/58 S dementsprechend auch entschieden, daß das Recht des Versicherungsunternehmens, die Räume des (selbständigen) Versicherungsvertreters zur Überprüfung von Geschäftsvorfällen und zur Kontrolle des Geldverkehrs zu betreten, auch dann keine Betriebstätte des Versicherungsunternehmens begründe, wenn das Versicherungsunternehmen von seinem Recht tatsächlich Gebrauch macht (vgl. auch Urteil I B 124/64).
Zu Unrecht berufen sich die Kläger auf das BFH-Urteil IV 155/60 U. Zwar war dem Steuerpflichtigen in diesem Fall lediglich ein Mitbenutzungsrecht an den Räumen und Einrichtungen seines Schwiegervaters eingeräumt. Der BFH schloß aber nicht daraus, sondern aus den Tatsachen, daß in den betreffenden Räumen Geschäftsabschlüsse getätigt wurden, dort Provisionsabrechnungen der von dem Steuerpflichtigen vertretenen Unternehmen eingingen, die Räume der Aufbewahrung der Abrechnungen dienten, sich dort auf seinen Namen angemeldete Fernsprecher und Fernschreiber befanden und in dem Büro ständig eine Sekretärin des Steuerpflichtigen tätig war, daß der Steuerpflichtige mindestens eine tatsächliche, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht innehatte. Solche Umstände lagen im Streitfall nicht vor.
Folgt man dem FG, das offenbar davon ausging, daß der Angestellte H vor dem Abschluß des Anstellungsvertrages mit der K-KG allenfalls deren selbständiger Vertreter war, so lag eine Betriebstätte der K-KG deshalb nicht vor, weil H von der K-KG keine Einrichtungen überlassen wurden, an denen er nur für die Dauer seiner Tätigkeit für die K-KG ein Gebrauchsrecht gehabt hätte (vgl. BFH-Urteile vom 14. Juli 1971 I R 127/68, BFHE 103, 195, BStBl II 1971, 776, und vom 30. Januar 1974 I R 87/72, BFHE 111, 397, BStBl II 1974, 327). Aber auch ohne Rücksicht darauf, ob H als selbständiger oder nichtselbständiger Vertreter für die K-KG tätig geworden ist, kommt eine Betriebstätte der K-KG nicht in Betracht, weil das bloße Tätigwerden für ein Unternehmen keine - wie auch immer geartete - Herrschaftsmacht des Unternehmens über die Räume, in denen sich diese Tätigkeit abspielt, begründet, wenn sich die Verfügungsmacht des Unternehmens nicht aus anderen Umständen ergibt. Solche andere Umstände können im vorliegenden Fall auch nicht darin gesehen werden, daß zwischen der K-KG und der GmbH noch andere geschäftliche Beziehungen bestanden. Auf das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger mitgeteilte Ergebnis einer Beweisaufnahme durch das FG in einer anderen Sache kann der Senat schon deshalb nicht eingehen, weil es sich um neues tatsächliches Vorbringen handelt, für das in der Revisionsinstanz kein Raum mehr ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
3. Die angefochtene Entscheidung verstößt auch nicht gegen § 14 BHG 1964.
Der Senat vermag sich der Auffassung der Kläger nicht anzuschließen, der Begriff der Betriebstätte in § 14 Abs. 2 Nr. 1 BHG 1964 müsse in dem Sinn ausgelegt werden, daß bereits die alsbald verwirklichte Absicht des Steuerpflichtigen, eine Betriebstätte i. S. des § 16 StAnpG zu schaffen, den Tatbestand der Betriebstätte erfülle. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Begriff der Betriebstätte für alle Steuergesetze und somit auch für das Berlinhilfegesetz 1964 einheitlich in § 16 StAnpG geregelt ist, daß dem Gesetzgeber des Berlinhilfegesetzes 1964 dieser Begriff bekannt war und daß er diesen Begriff auch für das Berlinhilfegesetz 1964 übernommen hat. Dies ist auch sinnvoll und widerspricht nicht dem Sinn und Zweck des Berlinhilfegesetzes, denn die von diesem Gesetz beabsichtigte Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) erfordert im gleichen Maß Vorkehrungen, um die begünstigten Investitionen der West-Berliner Wirtschaft zu erhalten (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 2 BHG), wie auch Vorkehrungen, um einem Mißbrauch der Steuervergünstigung vorzubeugen. Insbesondere dem letztgenannten Zweck dient es, wenn für die Bestimmung des Begriffs der Betriebstätte in § 14 Abs. 2 Nr. 1 BHG 1964 von § 16 StAnpG ausgegangen wird. Danach muß ein fester örtlicher Bezugspunkt vorhanden sein, von dem aus die dem Gewerbebetrieb dienenden Tätigkeiten ausgeübt werden.
Ob der von den Klägern zitierten Auffassung von Masuch (NWB Berlin, Fach 3, S. 685 [699] V 2) zuzustimmen ist, daß die Investitionszulage nach § 19 BerlinFG (BGBl I 1970, 1481, BStBl I 1970, 1017) bereits für solche Wirtschaftsgüter zu gewähren sei, die bei vorbereitenden Maßnahmen zur Gründung einer Betriebstätte in Berlin (West) angeschafft werden, kann dahinstehen. Der darin enthaltene und von den Klägern aufgegriffene Gedanke, daß bereits solche Maßnahmen förderungswürdig seien, die die Einrichtung einer Betriebstätte in Berlin (West) vorbereiten - etwas anderes sagt auch die von den Klägern zitierte Rundverfügung der OFD Berlin vom 29. März 1971 (St 221 - S 1977 - 6/70, Steuer- und Zollblatt für Berlin 1971 S. 321) nicht -, kann im vorliegenden Fall des § 14 Abs. 2 Nr. 1 BHG 1964 schon deshalb keine Anwendung finden, weil das streitige Binnenschiff nicht der Einrichtung einer Betriebstätte oder eines Gewerbebetriebs in Berlin (West) diente. Vielmehr ist über die räumliche Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zu einer Betriebstätte in Berlin (West) zu entscheiden, das sich nicht ununterbrochen an dieser Betriebstätte befindet (vgl. zu den Voraussetzungen der Zugehörigkeit von Fahrzeugen zu einer Berliner Betriebstätte BFH-Urteile vom 17. Mai 1968 VI R 257/67 und VI R 5/68, BFHE 92, 390, 392, BStBl II 1968, 569, 570; vom 20. November 1970 VI R 151/69, BFHE 100, 558, BStBl II 1971, 155, Erlaß des Senators für Finanzen vom 10. Dezember 1965 - III B 1 - S 2065 - 26/65, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe B - Eildienst - 1966 S. 18). Eine solche räumliche Zuordnung setzt jedoch eine feste örtliche Anlage oder Einrichtung voraus, die dem Betrieb des Binnenschiffes dient. Bloß vorbereitende Maßnahmen zur Schaffung einer solchen Einrichtung stellen eine derartige, für die räumliche Zuordnung erforderliche Verknüpfung nicht her. Daß nach Auffassung des FG Berlin (Urteil vom 20. September 1961 VIII A 172/61, Entscheidungen der Finanzgerichte 1962 S. 147; vgl. auch den Erlaß des Senators für Finanzen vom 31. Oktober 1961 Fin III A 2 - S 2130 - 30/61, StuZBl.Bln 1961, 1201, sowie George, Berliner Steuerpräferenzen, 5. Aufl., § 14 BerlinFG III 3b, und Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz K § 14 Rdnr. 92, 93, die im übrigen für den Begriff der Betriebstätte ebenfalls auf § 16 StAnpG abstellen) der Begriff der Betriebstätte nicht auf den Betrieb eines stehenden Gewerbes beschränkt sein soll, sondern auch dann eine Betriebstätte i. S. des § 14 BHG bzw. BerlinFG vorliegt, wenn Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Land- und Forstwirtschaft von einer festen örtlichen Anlage oder Einrichtung in Berlin erzielt werden, ändert daran nichts.
Die Sache ist entscheidungsreif. Da das FG für den Senat bindend festgestellt hat, daß zumindest vor dem 1. Januar 1967 weder eine rechtliche noch eine rein tatsächliche Verfügungsbefugnis der K-KG über die Büroräume der GmbH bestanden hat, entspricht die Folgerung, daß in diesem Zeitraum keine Betriebstätte der K-KG in Berlin (West) vorgelegen hat, dem Gesetz.
4. Hat das FG somit für den Feststellungszeitraum 1966 die erhöhten Absetzungen nach § 14 BHG 1964 zu Recht versagt, so ist auch die Entscheidung, daß für den Feststellungszeitraum 1967 die erhöhten Absetzungen nach dem Berlinhilfegesetz nicht gerechtfertigt sind, nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es das FG dahinstehen lassen können, ob im Feststellungszeitraum 1967 in Berlin (West) eine Betriebstätte der K-KG bestanden hat. § 14 BHG begünstigt die Anschaffung und Herstellung von Wirtschaftsgütern. Er ist daher nicht auf Wirtschaftsgüter anzuwenden, die lediglich von einer Betriebstätte eines Unternehmens in eine Berliner Betriebstätte desselben Unternehmens überführt werden (vgl. auch George, a. a. O., § 14 BerlinFG IV 1a, und Sönksen/Söffing, a. a. O., K § 14 Anm. 97). Da nach den Feststellungen des FG zur Zeit der Anschaffung des Binnenschiffes in Berlin keine Betriebstätte der K-KG bestanden hat, ist davon auszugehen, daß das Schiff im Zeitpunkt seiner Anschaffung zu einer Betriebstätte außerhalb von Berlin (West) gehörte und allenfalls später in eine Berliner Betriebstätte der K-KG überführt worden ist. Der K-KG konnten daher die erhöhten Absetzungen nach § 14 BHG deshalb auch für den Feststellungszeitraum 1967 nicht gewährt werden. Auf die Frage, ob unter der Voraussetzung, daß für ein und dasselbe Wirtschaftsgut die Vergünstigung des § 14 BHG mehrmals in Anspruch genommen werden kann (BFH-Urteil vom 21. August 1974 I R 245/72, BFHE 114, 136, BStBl II 1975, 102), im vorliegenden Fall ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts (§ 6 StAnpG) vorliegt, wie das FA mit beachtlichen Gründen angenommen hat, brauchte der Senat daher nicht mehr einzugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 71813 |
BStBl II 1976, 365 |
BFHE 1976, 404 |