Entscheidungsstichwort (Thema)
Pensionsrückstellung für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH; Einbeziehung von Vordienstzeiten; Fremdvergleich
Leitsatz (amtlich)
Bezieht eine GmbH für eine ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer gegebene Pensionszusage bei der Berechnung des Teilwertes der Pensionsrückstellung zu Unrecht Vordienstzeiten des Pensionsberechtigten ein, führt dies zu keiner vGA, wenn die Pensionszusage dem Grunde und der Höhe nach einem Fremdvergleich standhält.
Normenkette
EStG § 6a Abs. 3; KStG § 8 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger (geboren am 26. Juni 1953) betrieb vom 1. Oktober 1978 bis zum 31. Dezember 1989 einen Gewerbebetrieb in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. Zum 1. Januar 1990 wandelte er dieses gemäß § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) in eine GmbH um. Er behielt hierbei die wesentlichen Betriebsgrundlagen zurück und vermietete bzw. verpachtete sie an die GmbH. Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit. Für GmbH und Besitzunternehmen wird der Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Die GmbH-Anteile sind als Betriebsvermögen des Besitzeinzelunternehmens aktiviert.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 17. Dezember 1990 erteilte die GmbH dem Kläger eine Pensionszusage in Höhe von 40 v.H. des letzten Grundgehalts. Nach seinem Ableben sollte der Klägerin eine Witwenpension in Höhe von 75 v.H. seines letzten Pensionsanspruches zustehen. Unter dem gleichen Datum wurde diese Regelung in den Geschäftsführeranstellungsvertrag übernommen. Das Pensionsalter wird darin mit 65 Jahren angenommen. Bei der Berechnung der Pensionsrückstellung ging die GmbH von einem Dienstbeginn zum 1. Oktober 1978 aus.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) sah in der Barwertdifferenz zwischen dem rechnerischen Dienstbeginn und dem Zeitpunkt der Zusage am 17. Dezember 1990 eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und erhöhte dementsprechend den Gewinn der GmbH für die Streitjahre 1990 und 1991.
Für das Besitzunternehmen ging das FA davon aus, dass der Pensionsanspruch des Klägers in Höhe der vGA der GmbH bereits vor dem Eintritt des Versorgungsfalles zu aktivieren sei und erließ gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1303 veröffentlichten Urteil der Auffassung, es liege kein Vermögensgegenstand bzw. Wirtschaftsgut vor, das in den Bilanzen zum 31. Dezember 1990 und 31. Dezember 1991 auszuweisen sei.
Seine Revision stützt das FA auf die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht einen im Besitzunternehmen zu bilanzierenden Gewinnanspruch des Klägers verneint. Die überhöhte Pensionsrückstellung ist keine vGA.
1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 27. März 2001 I R 27/99, BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111).
Eine Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft zu Gunsten ihres Gesellschaftergeschäftsführers ist dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die Gesellschaft einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Umständen keine entsprechende Zusage erteilt hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines Geschäftsführers, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet (BFH-Urteil vom 7. November 2001 I R 79/00, BFHE 197, 164, BFH/NV 2002, 287, m.w.N.). Ist der begünstigte Gesellschafter außerdem ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren und im Voraus abgeschlossenen wirksamen Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 I R 65/96, BFHE 184, 297, BStBl II 1998, 402).
2. Nach diesen Maßstäben liegt keine vGA vor. Die Pension wurde ―zwischen den Beteiligten unstreitig― klar und eindeutig am 17. Dezember 1990 zugesagt. Da sie erst mit Erreichen der Altersgrenze gezahlt werden soll, ist sie auch nicht rückwirkend vereinbart.
Auch im Übrigen hält sie einem Fremdvergleich stand. Sie beträgt 40 v.H. des letzten Grundgehalts und ist damit angemessen. Ferner kann sie noch erdient werden, denn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand liegen mehr als 10 Jahre (vgl. BFH-Urteile vom 19. Mai 1998 I R 36/97, BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689, und vom 18. Februar 1999 I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384). Der Kläger war zum Zeitpunkt der Zusage 37 Jahre alt und die Pension soll erst mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand nach Ablauf des 65. Lebensjahres bezahlt werden. Anhaltspunkte für eine mangelnde Finanzierbarkeit der Pensionszusage oder eine Überversorgung des Klägers liegen nicht vor. Die Pensionsverpflichtung ist damit dem Grunde und der Höhe nach steuerlich zu berücksichtigen. Sie ist nicht durch das Gesellschafts-, sondern durch das Anstellungsverhältnis veranlasst. Die Pensionsanwartschaft des Klägers gehört daher in vollem Umfang zum Privatvermögen des Klägers und ist nicht anteilig zu aktivieren.
3. Soweit die GmbH für die Pensionsverpflichtung gegenüber dem Kläger zu hohe Rückstellungen gebildet hat, begründet dies keine vGA. Dem Kläger ist hierdurch kein über die steuerlich anzuerkennende Pensionszusage hinausgehender weiterer Vermögensvorteil durch die GmbH zugewendet worden.
a) Allerdings kann die Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft zu Gunsten ihres Geschäftsführers wegen § 8 Abs. 1 KStG nur insoweit zu einer Gewinnminderung führen, als die Voraussetzungen des § 6a EStG eingehalten sind. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 9. April 1997 I R 124/95, BFHE 183, 119, BStBl II 1997, 799; vom 17. Mai 2000 I R 25/98, BFH/NV 2001, 154) ist der Teilwert der für die Zusage gebildeten Rückstellung gemäß § 6a Abs. 3 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG ohne Einbeziehung etwaiger Vordienstzeiten zu berechnen.
Durch die Wertermittlung der Pensionsrückstellung in Höhe des Teilwertes soll der Aufwand der Pensionsleistungen auf die Zeit der ―gesamten― aktiven Tätigkeit des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers rechnerisch verteilt und der Aufwand mit dem Ertrag der entsprechenden Arbeitsleistung verrechnet werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 154, m.w.N.). Die Regelung geht davon aus, dass die Pensionsanwartschaft während der tatsächlichen Dienstzeit im zusagenden Unternehmen ratierlich erdient wird. Damit lässt sich die rechnerische Einbeziehung von Vordienstzeiten jedenfalls dann nicht vereinbaren, wenn das frühere Dienstverhältnis endgültig beendet ist, es sei denn, es sind daraus unverfallbare Anwartschaften erwachsen, über deren Einbeziehung sich die Beteiligten vertraglich verständigt haben.
Im Streitfall sind die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise Vordienstzeiten angerechnet werden können, unstreitig nicht erfüllt; eine fiktive Vorverlegung des tatsächlichen Dienstbeginns infolge der früheren Tätigkeit im Einzelunternehmen ist daher nicht gerechtfertigt.
b) Zu Unrecht ist das FG jedoch von einer vGA ausgegangen.
Zwar ist die Gewinnermittlung der GmbH insoweit fehlerhaft und zu korrigieren, als wegen der Einbeziehung der Dienstzeiten des Klägers für sein Einzelunternehmen zu hohe Rückstellungen gebildet wurden. Hierdurch ist aber das Vermögen der GmbH nicht gemindert und dem Kläger kein über die im Anstellungsverhältnis wurzelnde Pensionszusage hinausgehender Vermögensvorteil zugewendet worden. Ob eine vGA vorliegt, ist anhand der zivilrechtlichen Vereinbarungen zu beurteilen, die durch überhöhte Rückstellungen nicht beeinflusst werden. Fehlerhafte Buchungen bewirken keine Vermögensminderung und sind daher keine vGA (BFH-Entscheidung vom 24. März 1998 I R 88/97, BFH/NV 1998, 1374; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 5. Aufl., § 8 Anm. 81; Bott in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rz. 581). Allerdings können sie eine Vermögensminderung dokumentieren, etwa wenn eine Rückstellung für eine im Gesellschaftsverhältnis gründende Pensionszusage gebildet wird. Diese Voraussetzung ist aber im Streitfall nicht gegeben, da die der Rückstellung zugrunde liegende Pensionszusage allein durch den Geschäftsführervertrag veranlasst ist. Ein im Besitzunternehmen zu aktivierender Gewinnanspruch liegt damit nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 777756 |
BFH/NV 2002, 1264 |
BStBl II 2003, 149 |
BFHE 199, 140 |
BFHE 2002, 140 |
BB 2002, 1739 |
BB 2002, 1851 |
DB 2002, 1742 |
DStR 2002, 1388 |
DStRE 2002, 1067 |
DStZ 2002, 648 |
HFR 2002, 1028 |