Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei den erhöhten Absetzungen für Wohngebäude nach § 7 b EStG ist von den tatsächlichen Herstellungskosten, nicht von dem niedrigeren Buchwert des Gebäudes auszugehen, der sich aus der übertragung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung ergeben kann.
Normenkette
EStG § 7b
Tatbestand
Die Bfin. war im Jahre 1954 gezwungen worden, das Grundstück, in dem sie bislang ihr Unternehmen betrieben hatte, an die Stadt zu veräußern. Auf diesem Grundstück hatte sich außer einem Lagerhaus auch ein teils zu geschäftlichen, teils zu Wohnzwecken genutztes Gebäude befunden. Nach der Veräußerung des Grundstücks an die Stadt bildete die Bfin. eine Rücklage für Ersatzbeschaffung, von der auf das Wohn- und Geschäftshaus vom Finanzamt anerkannte 47.935 DM entfielen. Im Jahre 1955 führte die Bfin. die Ersatzbeschaffung durch, indem sie auf einem neu erworbenen Grundstück wiederum ein Lagerhaus und ein geschäftlichen und Wohnzwecken dienendes Gebäude errichtete, dessen Herstellungskosten 99.125,43 DM betrugen.
Die Bfin. hat für die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf dieses Gebäude die Vergünstigung des § 7b EStG in Anspruch genommen. Um die Höhe der hiernach zulässigen AfA für 1955 geht der Streit. Die Bfin. hat sie nach den tatsächlichen Herstellungskosten bemessen, das Finanzamt dagegen nach dem Buchwert des Gebäudes. Das Finanzgericht hat die Entscheidung des Finanzamts bestätigt.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde hält die Bfin. an der Bemessung der erhöhten AfA nach den tatsächlichen Herstellungskosten ohne Abzug des für die Ersatzbeschaffung zurückgestellten Betrages fest. Die Richtigkeit ihrer Auffassung ergebe sich aus dem Zweck der Vergünstigung und sei bereits aus der Fassung des Gesetzes und des zu § 7b EStG 1955 ergangenen § 15 EStDV zu entnehmen. Nach § 7b EStG sei erst nach Ablauf der begünstigten 10 Jahre die AfA von dem dann vorhandenen Restwert nach § 7 EStG zu berechnen. Wie im § 7b EStG sei auch im § 15 EStDV auf die Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage der erhöhten AfA verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rechtsbeschwerde der OHG ergibt folgendes:
Ob bei der erhöhten AfA nach § 7b EStG im Falle der übertragung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung auf das neu errichtete Gebäude von den tatsächlichen Herstellungskosten oder wie bei der Bemessung der AfA nach § 7 EStG von den um diese Rücklage gekürzten Herstellungskosten ausgegangen werden muß, ist im Schrifttum und auch innerhalb der Verwaltung umstritten. Die Auffassungen der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg einerseits, Hamburg andererseits, die sich in Verwaltungsanweisungen mit dieser Frage befaßt haben, gehen auseinander (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., Textziffer 49 zu § 7b EStG). Im Schrifttum haben sich Littmann, a. a . O., und Herrmann-Heuer (Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer II, Anm. 13 zu § 7b EStG auf S. E 552 13) für die Ansicht des Finanzamts ausgesprochen, weil es sich bei der AfA nach § 7b nur um eine erhöhte AfA im Sinne von § 7 handle. Grass bei Hartmann-Böttcher (Großkommentar zur Einkommensteuer, Anm. 18b, Abschn. 6 zu § 7b) gibt der gegenteiligen Meinung den Vorzug, da die beiden Vergünstigungen, die Zulassung der Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung und die Gewährung erhöhter Absetzungen für Wohngebäude, verschiedene Zwecke verfolgten und daher einander nicht ausschlössen (ebenso Blümich-Falk, 8. Aufl., Anm. 2 zu § 7 b).
Der Senat schließt sich der letzteren Auffassung an. § 7b EStG bezeichnet die Herstellungskosten als Ausgangspunkt für die Bemessung der erhöhten AfA, ohne für deren Berechnung auf § 7 EStG hinzuweisen, der eine Verteilung der Kosten auf die Gesamtdauer der Nutzung fordert. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist daher von den tatsächlichen Herstellungskosten auszugehen, nicht von einem von diesen abweichenden Buchwert des Gebäudes, wie er sich aus der übertragung der Rücklage für Ersatzbeschaffung auf das neue Gebäude ergibt. Der Wortlaut des Gesetzes entspricht dem Zweck der Vorschrift, den Wohnungsbau durch die Vergünstigung zu fördern. Es ist nicht zu erkennen, warum ein Bauherr, weil er auf das neu errichtete Gebäude eine Rückstellung für Ersatzbeschaffung übertragt, die ihm aus dem Zweck des § 7b EStG fremden Gründen zusteht, hinsichtlich der Inanspruchnahme dieser Vergünstigung anderer Bauherren gegenüber benachteiligt werden soll. Siehe auch die gleichartigen Erwägungen des Urteils des Bundesfinanzhofs I 99/57 U vom 13. Mai 1958 (BStBl 1958 III S. 317, Slg. Bd. 67 S. 119).
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Gewinn wird um den Betrag von 4.793 DM gemindert und auf ... DM festgestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 409471 |
BStBl III 1959, 448 |
BFHE 1960, 502 |
BFHE 69, 502 |