Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Vergünstigung des § 7b EStG 1955 steht dem unentgeltlich Erwerbenden zu ohne Unterschied, ob Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge gegeben ist.
Normenkette
EStG § 7b
Tatbestand
In der Rb. ist noch streitig, ob die Bgin. - Ehefrau -, die ein im Jahre 1949 wiederaufgebautes Wohngebäude durch notariellen Vertrag vom 23. September 1954 von ihrer Mutter durch Schenkung erworben hatte, die Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7b EStG für das Streitjahr 1955 mit 3 v. H. beanspruchen kann.
Das Finanzamt hatte auch in der Einspruchsentscheidung die erhöhte AfA versagt.
Auf die Berufung billigte das Finanzgericht der Bgin. (Ehefrau) die erhöhte AfA zu, die nicht nur dem Hersteller, sondern auch dem Gesamtrechtsnachfolger zustehe. Die Bgin. (Ehefrau) sei als Gesamtrechtsnachfolgerin anzusprechen, weil sie das fragliche Grundstück von ihrer Mutter als deren einziges Vermögensstück und als einzige gesetzliche Erbin zu Lebzeiten der Erblasserin geschenkt erhalten habe. Der Bgin. stehe somit für 1955 eine AfA von 3 v. H. von den Herstellungskosten von 66.180 DM 1.985,40 DM zu.
Dagegen richtet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts, mit der unrichtige Anwendung des § 7 b EStG gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Zutreffend ist das Finanzgericht davon ausgegangen, daß die erhöhte AfA nach § 7 b EStG in erster Linie dem Hersteller - auch wirtschaftlichem Eigentümer zur Zeit der Herstellung - zusteht. In übereinstimmung mit dem Urteil des erkennenden Senats VI 234/56 U vom 13. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 72, Slg. Bd. 66 S. 182) und den EStR 1955 Abschn. 53 Abs. 3 hält das Finanzgericht auch den Gesamtrechtsnachfolger des Bauherrn für befugt, die erhöhte AfA des § 7 b EStG in Anspruch zu nehmen.
Mit Recht beanstandet jedoch der Vorsteher des Finanzamts die Ausführungen des Finanzgerichts, daß die übertragung des Wohngebäudes auf die Bgin. (Ehefrau) eine Gesamtrechtsnachfolge mit sich gebracht habe. Das ist nicht der Fall. Das Zivilrecht, aus dem der Begriff der Gesamtrechtsnachfolge entnommen ist, unterscheidet zwischen Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge und knüpft daran, insbesondere für die Haftung für Verbindlichkeiten des Vorgängers, erhebliche Unterschiede. Das Steuerrecht hat sich die Unterscheidung von Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge nur zum Teil zu eigen gemacht, so z. B. für die Frage der Haftung (ß 8 des Steueranpassungsgesetzes). Dagegen hat das Steuerrecht hinsichtlich der Gestaltung der AfA und der Ausgangswerte für diese im § 27 Ziff. 1 b und 1 c EStDV 1955 die unentgeltlich Erwerbenden ohne Rücksicht darauf, ob Gesamtrechtsnachfolge oder Einzelrechtsnachfolge gegeben ist, gleichgestellt. Beide - Gesamtrechtsnachfolger und Einzelrechtsnachfolger - sind bei unentgeltlichem Erwerb an die Wertansätze des Rechtsvorgängers gebunden und müssen die von diesem vorgenommenen AfA gegen sich gelten lassen.
Angesichts dessen wäre es nicht sinnvoll, nur dem unentgeltlich erwerbenden Gesamtrechtsnachfolger und nicht auch dem unentgeltlich erwerbenden Einzelrechtsnachfolger die Vergünstigung des § 7 b EStG zukommen zu lassen, zumal andernfalls die erhöhte AfA nach § 7 b EStG weder von dem unentgeltlich Erwerbenden noch von dem unentgeltlich übertragenden in Anspruch genommen werden könnte (so auch Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., § 7 b EStG Anm. 32 b; Theis, Der Betrieb 1956, S. 386; Lenski, Die Einkommensteuer, Ausg. 1956 S. 83; Grass, Großkommentar zur Einkommensteuer, § 7 b Anm. 17 b 2; anderer Ansicht Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 7 b EStG Anm. 1 S. 695).
Im Ergebnis hat das Finanzgericht deshalb mit Recht der Bgin. (Ehefrau) die AfA in Höhe von 3 v. H. gemäß § 7 b EStG zugebilligt.
Die sich dagegen richtende Rb. kann nicht durchdringen.
Fundstellen
Haufe-Index 409924 |
BStBl III 1961, 37 |
BFHE 1961, 97 |
BFHE 72, 97 |