Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß
Leitsatz (amtlich)
1. Im zeitlichen Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen sind als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Die Regelung über die begrenzte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
EStG 2005 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3, Abs. 3-4, 4a, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
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A. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung machte er bei den Sonderausgaben den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung von jeweils 1.662 €, Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 2.355 € und Beiträge zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen von insgesamt 254 € geltend. Bei der Einzelveranlagung berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Rahmen der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) 2.343 € als Sonderausgaben.
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Hiergegen erhob der Kläger Sprungklage, der das FA zustimmte. Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05 (BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) sei die steuerliche Behandlung der Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verfassungswidrig. Da er voraussichtlich nach dem Jahr 2040 in den Ruhestand treten werde, müsse er seine Alterseinkünfte in vollem Umfang versteuern, während seine Altersvorsorgeaufwendungen in den Jahren 2005 bis 2024 nicht in vollem Umfang berücksichtigt würden. Dies führe zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die vor dem Jahr 2040 in den Ruhestand träten.
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Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liege auch darin, dass bei ihm für andere Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG nur der Höchstbetrag von 1.500 € gewährt werde, während einem Personenkreis mit einem wesentlich höheren Einkommen nach Satz 1 dieser Vorschrift ein Höchstbetrag von 2.400 € zustehe. Der ihm als Arbeitnehmer zustehende Höchstbetrag von 1.500 € reiche nicht aus, um eine vernünftige Altersvorsorge aufzubauen sowie für einen Krankenversicherungsschutz zu sorgen.
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Der Sonderausgabenabzug sei innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer ungleich ausgestaltet. So könne ein Angestellter mit einem Bruttoeinkommen von 40.000 € gegenüber einem mit einem Bruttoeinkommen von 20.000 € einen um 390 € höheren Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. § 10 Abs. 3 EStG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht gleichheitswidrig, dass Arbeitnehmer mit einem höheren Bruttoarbeitslohn im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG Altersvorsorgeaufwendungen in größerem Umfang abziehen könnten als Arbeitnehmer mit geringerem Arbeitslohn, weil ein höherer Arbeitslohn höhere Sozialversicherungsbeiträge auslöse. Die in § 10 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG getroffenen Regelungen seien unbedenklich. Der Höchstbetrag von 2.400 € nach Satz 1 der Vorschrift sei nach seiner Zweckbestimmung ein Ausgleich dafür, dass bei Arbeitnehmern der Arbeitgeberbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung steuerfrei bleibe.
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Mit der Revision macht der Kläger weiterhin die Verfassungswidrigkeit der begrenzten Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und der sonstigen Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG geltend.
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Es sei sachwidrig, den gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG lediglich in Höhe von 60 % abziehbaren Betrag der Vorsorgeaufwendungen um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung zu kürzen (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG). Dieser Arbeitgeberanteil sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des BFH kein Arbeitslohn. Es sei zudem nicht folgerichtig, den Arbeitgeberanteil im Jahr 2005 in vollem Umfang abzugsmindernd zu berücksichtigen, obwohl lediglich 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen abziehbar seien. Gerechtfertigt sei nur eine Kürzung um 60 % des Arbeitgeberanteils.
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Der Kläger beantragt,das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 19. Oktober 2007 in der Weise abzuändern, dass Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG in Höhe von 3.397 € berücksichtigt werden,ggf. das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen.
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Der Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
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Die gesetzliche Regelung sei nicht zu beanstanden. Sie halte sich innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.
Entscheidungsgründe
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B. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die vom Kläger erbrachten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung sind lediglich in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang abziehbare Sonderausgaben. Seine Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind --vorbehaltlich der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG-- lediglich mit dem Höchstbetrag von 1.500 € abziehbar.
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I. Die Vorschriften zur steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen in Gestalt des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) --AltEinkG-- sind sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Übergangsregelung verfassungsmäßig.
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1. Mit Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 hatte der erkennende Senat entschieden, es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass im zeitlichen Anwendungsbereich des AltEinkG ab dem 1. Januar 2005 geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) als Sonderausgaben nach näherer Maßgabe der Überleitung in die sog. nachgelagerte Besteuerung nur beschränkt abziehbar seien. Bei summarischer Beurteilung bestünden gegen diese gesetzliche Regelung keine durchgreifenden Bedenken.
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Dieser Auffassung sind die Finanzgerichte gefolgt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2006 10 K 171/06, nicht veröffentlicht --n.v.--; Niedersächsisches FG, Urteil vom 28. August 2007 15 K 30254/06, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2008, 1372; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2007 1 K 1665/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1037; FG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2006 12 K 2253/06, EFG 2007, 836; Hessisches FG, Beschluss vom 31. Januar 2007 1 V 3571/06, n.v.; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2008 10 V 2450/08, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst 2008, 628). Dem hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen (Aktualisierung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 24. Februar 2005, BStBl I 2005, 429 durch Schreiben vom 30. Januar 2008, BStBl I 2008, 390). Die Literatur lehnt die Senatsauffassung dagegen überwiegend ab (Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 9 Rz 38; Hallerbach, Steuern und Bilanzen --StuB-- 2006, 305; Horlemann, Finanz-Rundschau --FR-- 2006, 1075; Schneider/Bahr, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer --INF-- 2006, 386; Paus, FR 2006, 584; Heuermann, Der Betrieb --DB-- 2006, 688 für die Zeit nach Ablauf der Übergangsregelung; dagegen P. Fischer, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3, S. 13895; ders. in FR 2007, 76; differenzierend Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff --KSM--, EStG, § 10 Rz E 272 ff.; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 122 und 335 ff.; Dreher, Das Alterseinkünftegesetz, 2006, S. 79 ff.).
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Der erkennende Senat hält auch im Rahmen der abschließenden Prüfung der Problematik an seiner im Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 vertretenen Rechtsauffassung fest. Weder die endgültige Regelung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der Begrenzung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG (unten 2.) noch die den Kläger treffende Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG (unten 3.) verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sowie gegen das objektive und subjektive Nettoprinzip.
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2. Mit den gesetzlichen Neuregelungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG hat der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG im Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) Rechnung getragen. Das BVerfG hatte die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG in der vor dem AltEinkG geltenden Fassung einerseits und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits teilweise für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, die Rechtslage bis zum Jahresbeginn 2005 zu bereinigen.
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a) § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG regelt die Abziehbarkeit von Beiträgen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und anderer Altersvorsorgeaufwendungen. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bestimmt: "Zu den Beiträgen nach Buchstabe a und b ist der nach § 3 Nr. 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen." Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 bis zu 20.000 € zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag (§ 10 Abs. 3 Satz 2 EStG). Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören oder Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 4 EStG erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht (§ 10 Abs. 3 Satz 3 EStG).
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Die endgültige Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen besteht daher aus drei Elementen: der Zuordnung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben (unten b), der Begrenzung des steuerlichen Abzugs der Vorsorgeaufwendungen auf 20.000 € bzw. im Falle der Zusammenveranlagung auf 40.000 € (unten c) sowie der Hinzurechnung des nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Ermittlung der geleisteten Vorsorgeaufwendungen (unten d). Alle drei Regelungen sind unter Berücksichtigung der nachfolgenden verfassungsrechtlichen Grundsätze nicht zu beanstanden.
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Im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 105, 73, 125; vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 433; vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, 46; vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 180, und vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 30). Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen angemessen abgestuft werden muss (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; vom 16. März 2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, 279, jeweils m.w.N.). Dabei muss eine gesetzliche Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116, 164, 180). Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95; vom 11. November 1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 290; in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116, 164, 180; BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 126).
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b) Die gesetzliche Zuweisung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben in § 10 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, obwohl die Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach in erster Linie vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S. des § 22 EStG sind.
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aa) Vorweggenommene Werbungskosten liegen nach der Rechtsprechung des BFH dann vor, wenn Aufwendungen in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart stehen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind bei den ab dem Veranlagungszeitraum 2005 geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen gegeben.
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Der Gesetzgeber hat bei der im AltEinkG verwirklichten Rentenbesteuerung das Prinzip der "intertemporalen Korrespondenz" zugrunde gelegt. Altersrenten sind als solche steuerbar. Zu berücksichtigen sind --wenn auch zeitlich versetzt-- alle Aufwendungen und alle Erträge. Im Grundsätzlichen hat sich der Gesetzgeber damit von dem für die Rentenbesteuerung bis zum Veranlagungszeitraum 2004 maßgeblichen Versicherungsprinzip und der Ertragsanteilsbesteuerung (Zinsbesteuerung) gelöst. Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Senatsurteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.a bb (1)). Damit sind Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach Erwerbsaufwendungen, soweit sie mit künftigen (steuerbaren) Renteneinnahmen im Zusammenhang stehen.
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Der Werbungskostencharakter wird demzufolge auch von der ganz überwiegend vertretenen Rechtsansicht (vgl. z.B. Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen --Sachverständigenkommission--, BMF-Schriftenreihe Bd. 74, S. 21; Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 276 ff.; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 122; Heuermann, DB 2006, 688; Ruland in Festschrift für Selmer 2004, 889, 897; Söhn, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2003, 332; Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2004, 1721, 1725; a.A. P. Fischer, Betriebs-Berater 2003, 873, 877) bejaht.
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bb) Der Gesetzgeber hat jedoch durch die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG getroffene Regelung die Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugeordnet. Er hat für diese Aufwendungen --unabhängig von ihrer Rechtsnatur-- eine Sonderregelung getroffen, die als lex specialis eine Sperrwirkung gegenüber der generellen Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG entfaltet.
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aaa) Der erkennende Senat hat dies in seinem Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II.5. unter Hinweis auf den Wortlaut der Norm, den systematischen Zusammenhang und den Willen des Gesetzgebers, der sich in der Norm niedergeschlagen hat, ausführlich begründet, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug genommen wird (zustimmend Dreher, a.a.O., S. 105; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 122 a.E.; Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 315 f.; ders., FR 2006, 905, 912; a.A. Hallerbach, StuB 2006, 305; Horlemann, FR 2006, 1075; Paus, FR 2006, 584, und Schneider/Bahr, INF 2006, 386).
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bbb) Diese Beurteilung ändert sich auch nicht dadurch, dass --was der angerufene Senat in dem vorstehenden Beschluss noch offengelassen hatte-- die Altervorsorgeaufwendungen im Wesentlichen den Rechtscharakter von vorweggenommenen Werbungskosten haben. Zwar ordnet § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG an, dass die in § 10 EStG genannten Aufwendungen dann keine Sonderausgaben sind, wenn sie Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind oder wie solche behandelt werden.
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Im Gegensatz dazu nimmt § 10 Abs. 3 EStG Bezug auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannten Vorsorgeaufwendungen und normiert ausdrücklich ihre beschränkte Abziehbarkeit als Sonderausgabe.
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ccc) Um dem in dem Gesetzgebungsverfahren unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers zur Geltung zu verhelfen, ist das widerstreitende Verhältnis von § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG nach dem Grundsatz vom Vorrang der speziellen Norm nur in der Weise aufzulösen, dass die in § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG enthaltene spezielle Zuweisung zu den Sonderausgaben dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG vorgeht. Nur so wird der vollständige Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen als steuermindernder Aufwand vermieden. Jedes andere Ergebnis hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt (vgl. BTDrucks 15/2150, S. 22).
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Dies lässt sich nicht nur der Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG, sondern auch der Übergangsregelung entnehmen. Die gesetzgeberische Intention, in der ab dem Jahr 2005 beginnenden Übergangsphase Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und andere Altersvorsorgeaufwendungen nicht in vollem Umfang als Werbungskosten, sondern prozentual begrenzt als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen, belegt zudem die in § 10 Abs. 4a EStG vorgesehene Günstigerprüfung: Auch diese hätte keinen sinnvollen Anwendungsbereich, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin ganz oder überwiegend als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar wären.
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ddd) Hierin liegt auch der Unterschied zu den Urteilen des IX. Senats des BFH vom 8. März 2006 IX R 107/00 (BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446) und IX R 78/01 (BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448). Dort waren Ausgleichszahlungen zu beurteilen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter an seinen Ehegatten leistet, um eine Kürzung seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden. Diese Ausgleichszahlungen fallen nicht unter die spezielle gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG und unterliegen somit auch nicht der gesetzlich angeordneten beschränkten Abziehbarkeit.
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eee) Diese Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des VI. Senats des BFH, wonach der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben hat, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Sperrwirkung für einen Abzug entfaltet (so bereits BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N., und Urteile vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797, VI R 79/06, n.v., VI R 6/07, BFH/NV 2009, 1796, VI R 49/07, BFH/NV 2009, 1799). Diese Aussage des VI. Senats bezieht sich zunächst nur auf den Bereich der Berufsausbildungskosten und muss zudem vor dem Hintergrund der Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) gesehen werden. Der Gesetzgeber orientierte sich dabei weitgehend an der ab dem Jahr 2002 geänderten Rechtsprechung des BFH, nach der Aufwendungen für berufliche Bildungsmaßnahmen, die nach der ersten Berufsausbildung bzw. einem Erststudium stattfinden, zum Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug zugelassen werden. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für das Erststudium werden dagegen typisierend den Lebensführungskosten zugerechnet (Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung, BTDrucks 15/3339, S. 10). Danach sind nur die Berufsausbildungskosten, die Aufwendungen i.S. des § 12 Nr. 5 EStG darstellen und damit keine Werbungskosten und Betriebsausgaben sind, als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar. Zu einer Kollision zwischen § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG kann es daher --nach Auffassung des Gesetzgebers-- gar nicht erst kommen, so dass sich auch die Frage einer Sperrwirkung nicht stellt.
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Demgegenüber kommt im Bereich der Altersvorsorgeaufwendungen --insbesondere durch § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG-- eindeutig der Wille des Steuergesetzgebers zum Ausdruck, die Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben nur im begrenzten Umfang zum Abzug zuzulassen. Damit ordnet er die Altersvorsorgeaufwendungen trotz ihres Werbungskostencharakters abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG den Sonderausgaben zu, so dass § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG insoweit gegenüber § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG keine Sperrwirkung entfalten kann.
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cc) Dass der Gesetzgeber die Vorsorgeaufwendungen trotz ihrer Rechtsnatur konstitutiv den Sonderausgaben und nicht den Werbungskosten zugewiesen hat, mag steuersystematisch bedenklich sein; verfassungsrechtlich ist die Zuweisung jedoch nicht von vornherein unzulässig, da keine Grundgesetznorm eine entsprechende Zuordnung fordert (so auch Musil, StuW 2005, 278, 280; Söhn/Müller-Franken, StuW 2000, 442, 445; Söhn, FR 2006, 905, 908 f.). Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht die systematisch richtige Einordnung steuermindernder Aufwendungen, sondern entscheidend sind die im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395 zur Steuerfreiheit von Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG im Vergleich zur Abziehbarkeit von Krankheitsaufwendungen nach § 33 EStG).
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Eine systemwidrige Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben kann demzufolge dann verfassungsrechtlich relevant sein und einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen, wenn die daraus resultierenden unterschiedlichen Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung der Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zu anderen vorweggenommenen Werbungskosten führen.
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aaa) Die steuerliche Einordnung von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben gegenüber einer Behandlung als vorweggenommene Werbungskosten führt in den folgenden Einzelfällen zu unterschiedlichen Rechtsfolgen: Es ist einem Steuerpflichtigen verwehrt, Verluste, die im Fall des Ansatzes von Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG eintreten würden, im Wege des Verlustvor- oder -rücktrags gemäß § 10d EStG zu berücksichtigen, wenn ihm anderweitige positive Einkünfte zum Verlustausgleich nicht oder nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Auch bewirkt die Behandlung als Sonderausgabe, dass bei der Bemessungsgrundlage für die zumutbare Eigenbelastung i.S. des § 33 EStG die Altersvorsorgebeiträge unberücksichtigt bleiben. Umgekehrt führt der im Falle des Sonderausgabenabzugs höhere Betrag des Gesamtbetrags der Einkünfte dazu, dass von dem Steuerpflichtigen geleistete Spendenbeträge in weitergehendem Umfang gemäß § 10b EStG abziehbar sind.
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bbb) Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die ungleiche Behandlung von wesentlich Gleichem und die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfG-Entscheidungen vom 24. April 1991 1 BvR 1341/90, BVerfGE 84, 133, 157 f.; vom 15. Juli 1998 1 BvR 1554/89 u.a., BVerfGE 98, 365, 385). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter C.I., m.w.N.).
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ccc) Für die unterschiedliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen und anderer vorweggenommener Werbungskosten besteht ein sachlicher Grund.
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In den Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sind nicht nur Beiträge enthalten, die der Absicherung des Steuerpflichtigen für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters sowie der Absicherung seiner Hinterbliebenen dienen. Die Beiträge haben daher nicht ausschließlich Werbungskostencharakter.
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Die gesetzliche Rentenversicherung gewährt nach dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" auch Leistungen der medizinischen Rehabilitation und der Teilhabe am Arbeitsleben, wenn hierdurch die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann (§ 9 Abs. 1 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung --SGB VI--). Das Leistungsspektrum ist im Zweiten Unterabschnitt des Zweiten Kapitels des SGB VI in den §§ 13 bis 32 geregelt. Der Beitragsanteil, der diese Leistungen finanziert, stellt keine vorweggenommenen Werbungskosten dar, weil die erhaltenen Leistungen nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen führen (vgl. z.B. für das Übergangsgeld gemäß §§ 20 f. SGB VI § 3 Nr. 1 Buchst. c EStG). Dasselbe gilt für den Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung, den ein freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherter Rentner gemäß § 106 SGB VI erhält und der nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfrei ist. Die einheitliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben macht eine Beitragsaufteilung entbehrlich und dient damit der Praktikabilität.
40
Hinzu kommt, dass die Altersvorsorgeaufwendungen nach Ansicht des erkennenden Senats eine "Doppelnatur" (so auch Weber-Grellet, DStR 2004, 1721, 1725) haben. Sie gewähren bereits vor Eintritt des Rentenfalls Rechte, die einem Versicherungsschutz gleichkommen. Durch sie werden Anwartschaften begründet, die mit Abschluss der Erwerbsphase zu einer geldwerten Rechtsposition erstarken (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 124). Sie führen daher bereits in der Erwerbsphase in gewisser Hinsicht zu einer Vermögensbildung. Auch aus diesem Grund erscheint die Beibehaltung der Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben trotz des Systemwechsels zur nachgelagerten Besteuerung vertretbar.
41
ddd) Die vorstehend dargestellten Erwägungen rechtfertigen die konstitutive Zuordnung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben, zumal die oben dargestellten unterschiedlichen Rechtsfolgen zwischen der Behandlung als Werbungskosten oder als Sonderausgaben nicht besonders gravierend sind. Es handelt sich zudem eher um Ausnahmefälle, so dass vor allem vor dem Hintergrund der Praktikabilität die Nachteile hinzunehmen sind (a.A. Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 327).
42
c) Gegen die gesetzliche Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen auf 20.000 € bzw. 40.000 € in § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es liegt weder ein Verstoß gegen das objektive noch gegen das subjektive Nettoprinzip vor.
43
aa) Ein tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts ist das objektive Nettoprinzip. Danach werden Einnahmen nicht brutto, sondern nur gekürzt um damit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen der Besteuerung unterworfen (BVerfG-Entscheidungen vom 2. Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, und vom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228). Zwar kennt das geltende Einkommensteuerrecht eine Reihe von Abzugsverboten für bestimmte Aufwendungen trotz betrieblicher bzw. beruflicher Veranlassung. Solche Abzugsverbote bedürfen jedoch stets eines besonderen, verfassungsrechtlich tragfähigen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.).
44
Es kann dahingestellt bleiben, ob in dem Bereich der Sonderausgaben das Nettoprinzip überhaupt zum Tragen kommen kann. Da aber die Aufwendungen ohne die konstitutive Zuordnung zu den Sonderausgaben im Wesentlichen als Werbungskosten abziehbar gewesen wären, kann sich der Gesetzgeber durch eine von ihm gewählte anderweitige systematische Zuordnung nicht einer folgerichtigen Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben und damit der Geltung des objektiven Nettoprinzips entziehen (vgl. dazu auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 268).
45
Das objektive Nettoprinzip ist nicht verletzt, die gesetzliche Begrenzung des Abzugs der Altersvorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG auf den Höchstbetrag von 20.000 € (40.000 € im Falle von zusammenveranlagten Ehegatten) ist sachlich gerechtfertigt.
46
Der Gesetzgeber hielt diese Begrenzung auf ein Volumen, das weit oberhalb der Höchstbeträge zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt, zur Verhinderung von Missbräuchen für geboten (BTDrucks 15/2150, S. 22, 34). Dies ist jedenfalls nicht sachwidrig (ebenso Söhn, StuW 2003, 332, 336; Risthaus, DB 2004, 1329, 1331; Weber-Grellet, DStR 2004, 1721, 1726; a.A. Dreher, a.a.O., S. 121). Die Annahme, das Risiko des vorzeitigen Versterbens und der damit verbundene Totalverlust des eingezahlten Kapitals verhinderten einen Missbrauch (Sachverständigenkommission, a.a.O., S. 25; Söhn, FR 2006, 905, 911), ist jedenfalls nicht zwingend. Dorenkamp (Nachgelagerte Besteuerung von Einkommen, Schriften zum Steuerrecht, Bd. 78, 283) hat dargelegt, dass angesichts der Größenordnung der Belastungsunterschiede zwischen nachgelagerter und traditioneller Besteuerung die Umschichtung erheblicher Beträge in Rentenversicherungsprodukte jedenfalls bei jüngeren Steuerpflichtigen nicht auszuschließen sei. Es ist Sache des Gesetzgebers, die künftige Entwicklung von Sachverhalten zu beurteilen. Dabei kommt ihm ein weiter Prognose- und Einschätzungsspielraum zu (BVerfG-Urteil vom 10. Juni 2009 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, Neue Juristische Wochenschrift 2009, 2033, m.w.N. aus der BVerfG-Rechtsprechung).
47
bb) Die nur beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen verletzt nicht das aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) abzuleitende subjektive Nettoprinzip. Danach muss dem Steuerpflichtigen ein "staatsfreies Existenzminimum" verbleiben. Bestimmte zwangsläufige Aufwendungen müssen, auch wenn sie in den Bereich der privaten Lebensführung fallen, steuerlich verschont werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27; vgl. auch zur steuerlichen Freistellung von Beiträgen zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125).
48
Der Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung durch das AltEinkG nachgekommen. Die Aufwendungen für die Zeit ab dem Jahr 2025 sind bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 € bzw. im Fall der Zusammenveranlagung von 40.000 € vollständig steuerlich abziehbar. Die Begrenzung ist unter dem Gesichtspunkt des subjektiven Nettoprinzips nicht zu beanstanden, das die steuerliche Freistellung von zwangsweise entstehendem existenzsichernden Aufwand verlangt. Messgröße hierfür ist das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter C.II.3.). Da der Höchstbetrag von 20.000 € bzw. 40.000 € den Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erheblich übersteigt (BTDrucks 15/2150, S. 22; im Jahr 2009 in den alten Bundesländern 12.895 € [5.400 x 12 x 19,9 %]), beruhen darüber hinausgehende Beiträge lediglich auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen, Rentenansprüche zu erwerben, die über die bloße Existenzsicherung hinausgehen. Die Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG verletzt daher das subjektive Nettoprinzip nicht.
49
d) Die Hinzurechnung der steuerfreien Arbeitgeberbeiträge bei der Ermittlung der Höhe der Vorsorgeaufwendungen verstößt ebenso wenig gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG wie die Nichteinbeziehung von fiktiven Beiträgen zur Beamtenversorgung in die Höchstbetragsberechnung.
50
aa) Die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile in die Berechnung des abziehbaren Höchstbetrages beruht auf einem sachgerechten Grund. Sie soll gewährleisten, dass zwei Steuerpflichtige, von denen nur einer einen steuerfreien Arbeitgeberanteil oder -zuschuss erhalten hat, hinsichtlich des Gesamtaufwands für die Altersversorgung im Ergebnis in gleichem Umfang steuerlich freigestellt werden. Insofern dient die Einbeziehung der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer mit den Selbständigen, die für ihre Altersversorgung selbst aufkommen müssen.
51
Die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung führt nicht dazu, dass dieser dem steuerpflichtigen Arbeitslohn gleichgestellt wird. Der erkennende Senat sieht die Ursache dieser rechnerischen Einbeziehung vielmehr darin, dass dem Steuerpflichtigen, für den kein Arbeitgeberbeitrag geleistet wird, höhere Abzugsmöglichkeiten seiner Altersvorsorgeaufwendungen gewährt werden müssen, um zu einer Gleichbehandlung zu kommen.
52
aaa) Dadurch, dass der erkennende Senat die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile in die Höchstbetragsberechnung für sachgerecht hält, weicht er nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, die den Arbeitgeberanteil lediglich als systemnützig ansieht. Der Arbeitnehmer erlangt nach dieser Rechtsprechung keinen eigenen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil, so dass er auch eine entsprechende Beitragserstattung nicht verlangen kann (BSG-Urteil vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R, BSGE 86, 262). Auch besteht kein Widerspruch zur Rechtsprechung des VI. Senats des BFH, die § 3 Nr. 62 EStG nur deklaratorischen Charakter beimisst (Urteil vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34).
53
bbb) Zum einen hat das BVerfG ausdrücklich offengelassen, ob die Sichtweise, dass die Arbeitgeberbeiträge von vornherein nicht Teil des steuerbaren Einkommens sind, verfassungsrechtlich zwingend ist (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 120, 125, und in BVerfGE 105, 73).
54
ccc) Zum anderen ist, selbst wenn man die Grundsätze der Entscheidungen des BSG und des VI. Senats des BFH zugrunde legt, die ständige Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, nach der auch die Arbeitgeberanteile dem versicherten Arbeitnehmer als eigene Leistungen zuzurechnen sind und dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterfallen (BVerfG-Urteile vom 16. Juli 1985 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023, 1052/83 und 1227/84, BVerfGE 69, 272, 302, betreffend Renten- und Krankenversicherung; vom 28. April 1999 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95, BVerfGE 100, 1, 35). Danach dienten die Beiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) zur Rentenversicherung nach Einführung des Umlageverfahrens (ab 1969) zwar der Finanzierung der zur Zeit der Beitragsentrichtung fälligen Rentenzahlungen; gleichwohl erwerbe der Beitragszahler sein Anrecht auf Bezug der Rente, d.h. seinen staatlich garantierten Anspruch gegen die Versichertengemeinschaft, nicht erst bei deren Anlaufen in einem Akt, sondern mit den Beitragszahlungen wachsend während des Versicherungsverlaufs. Deren absolute Höhe (einschließlich der Arbeitgeberanteile) habe auch im System des Umlageverfahrens insofern für den Wert der erworbenen Teile des Rentenrechts Bedeutung, als sie die Rangstelle des Versicherten innerhalb der Versichertengemeinschaft festlegten (BVerfG-Beschluss vom 26. März 1980 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, 27 f.). Hiermit übereinstimmend hat das BVerfG --in Kenntnis des BSG-Urteils in BSGE 86, 262-- dargelegt, dass auch der Arbeitgeberanteil "letztlich einen Teil der Gegenleistung bilde, die sich der Arbeitnehmer erarbeiten müsse"; demgemäß sei der Erwerb des Anwartschaftsrechts (auf Leistungen aus der Sozialversicherung) das unmittelbare wirtschaftliche Ergebnis der Arbeits- und Dienstleistung (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73). Dementsprechend hat auch der IV. Senat des BFH mit Urteil vom 30. August 2007 IV R 14/06 (BFHE 219, 36, BStBl II 2007, 942) erkannt, dass es bei der Beurteilung des Arbeitgeberanteils im Zusammenhang mit einem Dienstvertrag als Sonderbetriebseinnahme ausreichend sei, den in Frage stehenden Vorteil bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit zu werten.
55
ddd) Hinzu kommt, dass die Regelung zur Ermittlung der Höchstbeträge nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung umfasst, sondern auch die Beiträge zu den berufsständischen Versorgungswerken. Hier dürfte nicht zu bestreiten sein, dass der Arbeitnehmer einen unmittelbaren Vorteil durch den Arbeitgeberbeitrag erhält. Es ist dem Gesetzgeber daher nicht verwehrt, dieses im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen.
56
bb) Die steuerliche Gleichbehandlung der Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmern auf der einen und von solchen der Beamten auf der anderen Seite wird durch die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung herbeigeführt. Die von dem Dienstherrn gewährleistete Altersversorgung in Form der Beamtenversorgung wird bei den Beamten über einen anderen Mechanismus, nämlich die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG, berücksichtigt. Nach dieser Vorschrift ist der Höchstbetrag von 20.000 € (40.000 €) für die Personen, die im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf Altersvorsorge erhalten, um den Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung zu kürzen. Bei ihnen können danach Altersvorsorgeaufwendungen nur noch in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem fiktiven gesetzlichen Beitrag und dem Höchstbetrag steuerlich berücksichtigt werden. Hierdurch wird für diese Steuerpflichtigen die Abziehbarkeit von (weiteren) Vorsorgeaufwendungen im gleichen Ausmaß eingeschränkt wie für Arbeitnehmer und Selbständige (vgl. dazu die Beispiele bei Risthaus, DB 2004, 1329, 1332).
57
3. Die begrenzte Abziehbarkeit seiner Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG ist verfassungsmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
58
a) Das BVerfG hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73 (unter D.II.) dem Gesetzgeber aufgegeben, sich im Rahmen der Neuregelung der Renten und Pensionen für ein Lösungsmodell zu entscheiden und dieses folgerichtig auszugestalten. Sowohl bei den weichenstellenden Grundentscheidungen als auch im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützender Übergangsregelungen sei der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum nicht unbegrenzt. In jedem Fall seien die Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden werde. Im Übrigen sei auch für die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ein weiter gesetzgeberischer Entscheidungsraum eröffnet (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134 f.).
59
b) Nach der Übergangsregelung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG sind im Kalenderjahr 2005 die nach § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG ermittelten Vorsorgeaufwendungen mit 60 % anzusetzen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG ist der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, als Sonderausgabe abziehbar. Der in § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG genannte Prozentsatz erhöht sich nach Satz 6 der Vorschrift in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr.
60
c) Die Übergangsregelung in Bezug auf die Altersvorsorgeaufwendungen steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Regelung der Besteuerung der ab dem Jahr 2005 zufließenden Renten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Der Besteuerungsanteil der Renten bestimmt sich nach dem Kohortenprinzip, also für alle Rentner einheitlich nach dem Jahr des Beginns ihrer Rente. Für alle Renten, die vor dem Jahr 2040 beginnen, bleibt nach der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle ein bestimmter Teil der Rente, der durch regelmäßige Rentenerhöhungen nicht beeinflusst wird, dauerhaft steuerfrei (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG).
61
d) Die Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG wird zum einen charakterisiert durch eine begrenzte und nur allmählich ansteigende steuerliche Abzugsmöglichkeit der Vorsorgeaufwendungen bis zu deren vollen Berücksichtigung ab dem Jahr 2025 und zum anderen durch die von Beginn an vollständige Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Berechnung der maximal abziehbaren Aufwendungen. Dies führt dazu, dass ein Arbeitnehmer, wie der Kläger, im Streitjahr 2005 nur 20 % des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich geltend machen kann.
62
e) Die Übergangsregelung entspricht noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip (unten aa), solange das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird (unten bb). Ein Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip liegt nicht vor (unten cc). Der Mechanismus der Einbeziehung der Arbeitgeberbeiträge in die Höchstbetragsberechnung kann im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch gerechtfertigt werden (unten dd).
63
aa) Die Übergangsregelung weicht zwar von dem nach dem objektiven Nettoprinzip maßgeblichen Veranlassungsprinzip ab, da im Jahr 2005 nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen und damit 20 % der vom Arbeitslohn des Klägers einbehaltenen Arbeitnehmeranteile zu seiner gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich abzugsfähig sind.
64
aaa) Ein wichtiger Grund für die nur begrenzte Abziehbarkeit und die gewählte Stufenlösung ist, dass eine sofortige Abziehbarkeit der Beiträge zu Leibrentenversicherungen für die öffentlichen Haushalte nicht finanzierbar gewesen wäre, da es sofort zu einer Minderung der Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe gekommen wäre (BTDrucks 15/2150, S. 22).
65
bbb) Der Gesetzgeber durfte bei der Einschränkung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen die Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte berücksichtigen und insofern das Nettoprinzip einschränken. Zwar hat das BVerfG in ständiger Rechtsprechung das Ziel der Einnahmenvermehrung für sich genommen nicht als hinreichenden sachlichen Grund für die Beschränkung des Abzugs betrieblich bzw. beruflich veranlasster Aufwendungen von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage anerkannt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.).
66
Im vorliegenden Fall handelt der Gesetzgeber aber nicht mit dem Ziel der Einnahmenvermehrung, sondern mit dem Ziel, ausgehend von einer nicht systemgerechten Regelung eine nunmehr verfassungskonforme Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorge und Alterseinkünfte zu erreichen, ohne durch die damit verbundenen Mindereinnahmen die öffentlichen Haushalte zu gefährden (BTDrucks 15/2150, S. 22). Das BVerfG selbst hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73, 135 ausdrücklich gefordert, dass sich der Gesetzgeber bei der Übergangsregelung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen orientiert. Insoweit konnte und musste die Finanzierbarkeit der Neuregelung bei der Übergangsregelung berücksichtigt werden.
67
ccc) Hinzu kommt, dass es sich bei den Regelungen des AltEinkG um eine vollständige --vom BVerfG selbst geforderte-- in sich systemgerechte Neugestaltung der Besteuerung der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte handelt. Eine solche Neugestaltung enthält notwendigerweise einen (teilweisen) Systemwechsel. Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst dann von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk geschaffen wird. Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an alternativen in sich folgerichtigen und schlüssigen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte --etwa der Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept--, die die resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210).
68
Bei den Regelungen des AltEinkG ist die Einbettung in ein solches Grundkonzept gegeben. Durch § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG (in Bezug auf die Vorsorgeaufwendungen) sowie § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG (in Bezug auf die Besteuerung der entsprechenden Alterseinkünfte) sollen nicht nur die unterschiedlichen Altersvorsorgesysteme, sondern auch die daraus resultierenden unterschiedlichen Alterseinkünfte von der Ertragsanteilsbesteuerung in das neue Gesamtkonzept der nachgelagerten Besteuerung überführt werden.
69
ddd) Aus diesem Grund ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen ebenso wie die Besteuerung der zufließenden Rentenzahlungen mit jährlich steigenden Stufen vorgesehen hat, selbst wenn der Umfang der späteren Besteuerung mit dem Abzug der Beiträge nicht abgestimmt ist (a.A. HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 343).
70
Zwar hätte es dem objektiven Nettoprinzip und dem Gedanken der Korrespondenz entsprochen, die Höhe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen konkret danach zu bemessen, in welchem Umfang die später zufließenden Renteneinnahmen zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften führen. Von einer solchen Korrespondenz ist der Gesetzgeber auch bei anderen ertragsteuerlichen Regelungen ausgegangen (vgl. z.B. die Regelungen zum Halbeinkünfteverfahren in § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).
71
Der Gesetzgeber hat als Ausgangspunkt für die Höhe der prozentual abziehbaren Altersvorsorgebeiträge im Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG das Jahr des Abzugs der Aufwendungen bestimmt, so dass es auf das Alter und den voraussichtlichen Rentenbeginn des Steuerpflichtigen nicht ankommt. Demgegenüber richtet sich die Höhe der steuerpflichtigen Renteneinkünfte nach dem Jahr des Renteneintritts des Steuerpflichtigen. Durch diese unterschiedlichen Bezugspunkte ist es im Rahmen der Übergangsregelung nicht gewährleistet, dass die steuerliche Entlastung der Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung der daraus resultierenden steuerpflichtigen Einnahmen korrespondieren. Eine Entsprechung wird erst im Zeitpunkt der endgültigen Regelung, d.h. spätestens 2040 erreicht.
72
Nach Ansicht des erkennenden Senats ist das Vorgehen des Gesetzgebers vor dem Hintergrund der oben dargestellten besonderen Komplexität des AltEinkG sowie aus Gründen der Praktikabilität verfassungsrechtlich noch gerechtfertigt.
73
(1) Eine Bemessung des abziehbaren Prozentsatzes der Altersvorsorgebeiträge nach den Verhältnissen des jeweiligen Steuerpflichtigen hätte dazu geführt, dass dem Kohortenprinzip entsprechend sich für jeden Altersjahrgang die Höhe des abziehbaren Betrags mit unterschiedlichen Prozentsätzen ergeben hätte, was die verwaltungsmäßige Handhabung der Übergangsregelung weiter erschwert hätte. In den meisten Fällen wäre durch dieses Vorgehen im Rahmen der Übergangsregelung auch nur eine scheinbare individuelle Genauigkeit erreicht worden, da in die künftigen Renteneinnahmen auch Beitragszahlungen einfließen, die in (ggf. zahlreichen) Jahren vor Inkrafttreten des AltEinkG geleistet wurden und die daher bei einer konkreten Bemessung der Höhe der abziehbaren geleisteten Vorsorgeaufwendungen ebenfalls hätten berücksichtigt werden müssen. Der Gesetzgeber hat sich zu Recht außerstande gesehen, die zum Teil weit in die Vergangenheit zurückreichenden Verhältnisse in einer dem Verifikationsprinzip entsprechenden Weise ermitteln zu lassen (BTDrucks 15/2150, S. 41).
74
Hinzu kommt, dass vor dem Hintergrund der sich ändernden gesetzlichen Regelungen über den Renteneintritt (vgl. z.B. die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre durch das Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl I 2007, 554) eine verlässliche Aussage über den voraussichtlichen Renteneintritt --unabhängig von der individuellen Situation des Steuerpflichtigen-- nicht sicher möglich ist.
75
(2) Ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber als Ausgangspunkt für die Übergangsregelung der Rentenbesteuerung einen anderen pauschalierenden Anknüpfungspunkt gewählt hat, nämlich den Rentenjahrgang. Die Kohorte entscheidet über den Besteuerungsanteil der Renten während der gesamten Rentenbezugsdauer eines Steuerpflichtigen, so dass es im Gegensatz zu den Altersvorsorgeaufwendungen keiner jährlichen Anpassungen bedarf. Dieser Ansatz steht in der Tradition der bisherigen Ertragsanteilsbesteuerung, die ebenfalls von einem einheitlichen Ertragsanteil für den gesamten Rentenbezug ausging, und ermöglicht zudem eine praktikable Besteuerung der Alterseinkünfte, zumal sich der Gesetzgeber nicht in der Lage gesehen hat, individuelle Besteuerungsanteile pro Steuerpflichtigen festzulegen (BTDrucks 15/2150, S. 41).
76
Aus diesen Gründen hat sich der Gesetzgeber dadurch, dass er als Ausgangspunkt für die stufenweise Verbesserung der Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen das Jahr der Leistung der Altersvorsorgeaufwendungen gewählt hat, trotz der teilweise fehlenden Symmetrie zwischen der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen und der Besteuerung der Alterseinkünfte in der Übergangsregelung noch im Rahmen des ihm zukommenden weiten Gestaltungsspielraums gehalten.
77
(3) Allerdings belastet diese pauschalierende und nicht symmetrische Übergangsregelung die Steuerpflichtigen wie den Kläger, bei denen --jedenfalls statistisch betrachtet-- sicher davon auszugehen ist, dass ihre Rente erst nach dem Jahr 2039 beginnen und daher voll zu versteuern sein wird. Bei dieser Gruppe hätte es das objektive Nettoprinzip geboten, ihre Altersvorsorgeaufwendungen zumindest zum größten Teil (vgl. unter B.I.2.b cc ccc) steuerlich zum Abzug zuzulassen. Dass diese Steuerpflichtigen im Rahmen der Übergangsregelung ihre Aufwendungen dennoch nur in beschränktem Umfang abziehen können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil die gesamte Übergangsregelung konsequent und folgerichtig ausnahmslos für alle Steuerpflichtigen gilt, sowohl für die Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als auch für die Besteuerung der Renten und unabhängig davon, ob in früheren Jahren Aufwendungen geleistet oder Renten bezogen wurden. Bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen von der Übergangsregelung auszunehmen, hätte zu weiteren Unstimmigkeiten geführt. So wäre es nur schwer erklärbar, wenn der Steuerpflichtige, der nach der jetzigen Rechtslage voraussichtlich im Jahr 2040 erstmals Renteneinkünfte bezieht, bereits im Jahr 2005 seine Rentenbeiträge vollständig abziehen könnte, während ein anderer Steuerpflichtiger, dessen voraussichtliches Renteneintrittsalter im Jahr 2039 liegt, seine Altersvorsorgeaufwendungen bis 2025 nur stufenweise ansteigend geltend machen könnte.
78
Diese Rechtslage ist für Steuerpflichtige, deren Rente voraussichtlich nach dem Jahr 2039 beginnen wird, solange hinnehmbar, solange das Verbot der doppelten Besteuerung beachtet ist. Dadurch ist auch bei dieser Fallgruppe jedenfalls im Ergebnis sichergestellt, dass die teilweise nicht gegebene Abziehbarkeit ihrer Vorsorgeaufwendungen sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG auf die Höhe der Besteuerung ihrer später zufließenden Renten auswirken muss.
79
bb) Der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum ist im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützender Übergangsregelungen nicht unbegrenzt. Das BVerfG fordert, dass "in jedem Fall" die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen sind, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter D.II.; Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710). Eine solche Doppelbesteuerung könnte sich beim Kläger abzeichnen, da im Jahr 2005 nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen und damit 20 % der von seinem Arbeitslohn einbehaltenen Arbeitnehmeranteile zu seiner gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich abziehbar sind, während er aller Voraussicht nach seine späteren Rentenbezüge voll zu versteuern hat.
80
aaa) Die Verfassungsmäßigkeit der nur beschränkten Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen in der bis zum Jahr 2025 geltenden Übergangszeit unter dem Aspekt des Verbotes der Doppelbesteuerung kann jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern nur im Zusammenhang mit der korrespondierenden --in der Übergangszeit nur anteiligen-- späteren Rentenbesteuerung (Senatsbeschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420).
81
Ob das Zusammenwirken der einkommensteuerrechtlichen Regelungen der Aufbauphase vor und nach Inkrafttreten des AltEinkG mit den Regelungen der Versorgungsphase seit Inkrafttreten des AltEinkG in bestimmten Fällen einen Verstoß gegen das Verbot doppelter Besteuerung bewirken kann, ist demnach nicht in diesem Verfahren zu entscheiden, denn aus dem Verbot doppelter Besteuerung lässt sich kein Anspruch auf eine bestimmte Abziehbarkeit der Beiträge in der Aufbauphase ableiten. Der Gesetzgeber kann dem Verbot doppelter Besteuerung ebenso durch einen entsprechend schonenderen Zugriff in der Versorgungsphase Rechnung tragen. Ein Verstoß ist deshalb in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase zu rügen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04, 410/04, BVerfGE 120, 169, m.w.N).
82
bbb) In der Verweisung der gerichtlichen Überprüfung des Verbots der Doppelbesteuerung auf den Beginn des Rentenbezugs liegt kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Aus dieser Verfassungsnorm ergibt sich ein Anspruch auf zeitnahen und effektiven Rechtsschutz. Hieraus kann aber kein Anspruch abgeleitet werden, die Problematik einer sich erst zu einem späteren Zeitpunkt stellenden Frage einer überschießenden Rentenbesteuerung in der Weise zu lösen, dass die verfassungsrechtliche Prüfung auf die steuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen (vor)verlagert wird, durch die für sich betrachtet noch kein übermäßiger Besteuerungszugriff bewirkt wird. Es ist auch nicht unzumutbar, die Steuerpflichtigen darauf zu verweisen, dass das Verbot der Doppelbesteuerung erst bei der Rentenbesteuerung zu klären ist, da erst mit Bezug der Rente die Höhe des Besteuerungsanteils der Rente feststeht.
83
ccc) Das vom BVerfG ausgesprochene Verbot der doppelten Besteuerung ist strikt zu beachten. Der Gesetzgeber wird zu prüfen haben, ob dieses Verbot auch in jedem Fall eingehalten werden kann. Der erkennende Senat wird in künftig zu entscheidenden Fällen dem Verbot der doppelten Besteuerung besondere Aufmerksamkeit widmen.
84
cc) Der nur begrenzte Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Übergangsregelung verletzt nicht das subjektive Nettoprinzip.
85
aaa) Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung des subjektiven Nettoprinzips ist das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums. Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Einem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, entspricht es, dass sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen (ständige Rechtsprechung des BVerfG, siehe Beschluss in BVerfGE 120, 125, m.w.N.). Die somit von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums sind vom Steuergesetzgeber nach dem tatsächlichen Bedarf realitätsgerecht zu bemessen. Im Bereich der Steuerfreiheit des Existenzminimums hat er dabei allerdings dafür Sorge zu tragen, dass die typisierenden Regelungen in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdecken.
86
bbb) Für die steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen bedeuten diese Grundsätze, dass der Gesetzgeber gehalten ist, Beiträge zu solchen Versicherungen steuerlich freizustellen, die den Schutz des Lebensstandards des Steuerpflichtigen in Höhe des Existenzminimums gewährleisten. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob Versicherungsbeiträge --wie z.B. zu leistende Sozialversicherungsbeiträge-- zwangsweise erhoben werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Schutz gegen das abgesicherte Risiko Bestandteil des Leistungskatalogs der Sozialhilfe ist (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.II.3.).
87
ccc) Durch die Übergangsregelung sind die Arbeitgeberbeiträge vollständig und die Arbeitnehmerbeiträge im Ergebnis zunächst nur mit 20 %, danach linear bis zum Jahr 2025 auf insgesamt 100 % ansteigend abziehbar. Ein Problem aus Sicht der gerade dargestellten Grundsätze könnte sich dann stellen, wenn die --insoweit teilweise nicht abziehbaren-- Altersvorsorgeaufwendungen (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zusammen) nur zu Alterseinkünften führten, deren Höhe lediglich ein existenzsicherndes Niveau erreicht, also bei niedrigen Arbeitnehmereinkünften. Bei diesen Einkünften ist jedoch zu beachten, dass nach dem alten Recht ein alleinstehender Arbeitnehmer bei einem Bruttolohn von knapp 12.000 € die Altersvorsorgeaufwendungen vollständig abziehen konnte (vgl. die Berechnungen der Sachverständigenkommission, Anlage 1 und BTDrucks 15/2150, S. 35, zu Nr. 3). Die für ihn ungünstigere Neuregelung wird durch die in § 10 Abs. 4a EStG von Amts wegen vorgesehene Günstigerprüfung ausgeglichen, die --mit hier nicht relevanten Modifikationen-- die Anwendung des alten Rechts anordnet. Die Günstigerprüfung stellt damit sicher, dass in der aktiven Zeit der Aufbau einer Altersvorsorge in Höhe wenigstens des Existenzminimums vom Steuerzugriff verschont wird.
88
dd) Der Mechanismus der Einbeziehung der Arbeitgeberanteile im Rahmen der Übergangsregelung führt zu keiner verfassungswidrigen Ungleichbehandlung des Klägers im Vergleich zu einem nicht angestellten Steuerpflichtigen und einem Beamten.
89
aaa) Den vom Steuerpflichtigen geleisteten Vorsorgeaufwendungen sind zunächst der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen. Im Rahmen der Übergangsregelung wirkt sich dieser Gesamtbetrag im Jahr 2005 nur zu 60 % steuermindernd aus (§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG). Gleichwohl ist der sich hierbei ergebende Betrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG um 100 % des Arbeitgeberanteils bzw. des gleichgestellten steuerfreien Arbeitgeberzuschusses zu kürzen, so dass nur die Differenz als Sonderausgabe abziehbar ist.
90
bbb) Diese Regelung soll gewährleisten, dass zwei Steuerpflichtige, von denen nur einer einen steuerfreien Arbeitgeberanteil oder -zuschuss erhalten hat, hinsichtlich des Gesamtaufwands für die Altersversorgung im Ergebnis in gleichem Umfang steuerlich freigestellt werden (vgl. auch unter B.I.2.d aa). Der Steuerpflichtige, der selbst den Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung und/oder andere Altersvorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG leistet, konnte im Jahr 2005 60 % der Aufwendungen, also 12.000 € als Sonderausgaben abziehen. Der andere Steuerpflichtige, dessen Vorsorgeaufwendungen sich sowohl aus eigenen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, Vorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG als auch aus dem anzusetzenden Arbeitgeberanteil von beispielsweise 2.000 € zusammensetzen, erhält eine Steuerfreistellung über § 3 Nr. 62 EStG von 2.000 €. Umgekehrt kann er als Sonderausgaben 60 % von 20.000 € = 12.000 € abzüglich 2.000 € Arbeitgeberanteil geltend machen. Die steuerliche Freistellung beider Steuerpflichtiger ist daher im Ergebnis gleich (Senatsbeschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II.9.).
91
ccc) Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht aus dem Vergleich der steuerlichen Situation des Klägers mit der eines Beamten. Letzterer ist aufgrund des geltenden Alimentationsprinzips nicht für seine Altersvorsorge beitragsbelastet, so dass sich seine Altersvorsorge im steuerunbelasteten Raum vollzieht. Andere Arbeitnehmer können aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen nur im Rahmen der Übergangsregelung beschränkt abziehen. Die Besteuerung der Alterseinkünfte ab dem Jahr 2040 ist in beiden Fällen demgegenüber gleich; die Einkünfte unterliegen uneingeschränkt der Besteuerung.
92
(1) Der Gesetzgeber hat den im BVerfG-Beschluss vom 24. Juni 1992 1 BvR 459/87, 1 BvR 467/87 (BVerfGE 86, 369) erteilten und im Rentenurteil in BVerfGE 105, 73 konkretisierten Gesetzgebungsauftrag zutreffend so verstanden, dass eine gleichheitsgerechte Besteuerung der Altersbezüge nur möglich ist, wenn bei der Neuregelung die Besteuerung allerbestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt wird (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 169).
93
(2) Aufgabe der Übergangsregelung ist es, die bestehenden unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme in ein System der nachgelagerten Besteuerung zu integrieren. Es liegt in ihrem Wesen, einen vorgefundenen Rechtszustand gleitend in eine neue gesetzgeberische Konzeption zu überführen (Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.b cc). Insoweit ist es entscheidend, dass Altersvorsorgeaufwendungen nach Ablauf der Übergangsregelung im Jahr 2025 grundsätzlich in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar sind und damit die mit künftigen Renteneinnahmen im Zusammenhang stehenden Rentenbeiträge --von Sonderfällen abgesehen-- aus unversteuertem Einkommen stammen.
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(3) Da die steuerliche Situation der Arbeitnehmer, Selbständigen und Beamten im Bereich der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte bis zur Neuregelung im Jahr 2005 vollkommen unterschiedlich war, ist es zwangsläufig, dass unterschiedliche Zwischenschritte notwendig sind, um zu der angestrebten Neuregelung zu gelangen, in der die Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt ist.
95
Bei der Überprüfung dieser Zwischenschritte ist zu beachten, dass die Besteuerung der Alterseinkünfte der Rentner, die vormals Arbeitnehmer waren, insbesondere im Vergleich zur Besteuerung der Alterseinkünfte der Beamten als mit dem Gleichheitssatz unvereinbar privilegiert angesehen wurde. Daraus folgt, dass diese Gruppe von Steuerpflichtigen auf dem Weg in die endgültige verfassungsgemäße Regelung, in der alle Altersvorsorgeaufwendungen und die daraus resultierenden Alterseinkünfte gleich behandelt werden, wegen ihrer früheren Bevorzugung in einem geringeren Umfang entlastet werden kann, ohne dass die unterschiedliche Entlastung zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führt.
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(4) Die Besteuerung der Beamtenpensionen beruht bereits auf dem angestrebten Konzept der nachgelagerten Besteuerung, so dass dessen Ziel, das Lebenseinkommen eines Steuerpflichtigen nur einmal, aber auch mindestens einmal zu besteuern (Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710), nach dem Abschmelzen des Versorgungsfreibetrags gemäß § 19 Abs. 2 EStG im Jahr 2040 erreicht ist. Es ist daher nicht sachwidrig, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, Beamte entsprechend dem für gesetzlich Rentenversicherungspflichtige bis 2004 geltenden System durch die steuerliche Erfassung eines fiktiven Beitrags zu ihrer Pension in der Erwerbsphase zu besteuern, wobei es dahinstehen kann, ob eine Besteuerung des fiktiven Beitrags eines Beamten zu seiner Pension überhaupt möglich und umsetzbar wäre (a.A. Wesselbaum-Neugebauer, FR 2007, 683).
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Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung (siehe unter B.I.3.e bb) den anderen Steuerpflichtigen die Gewähr dafür bietet, dass es auch bei ihnen nur zu einer einmaligen Besteuerung kommen darf. Es stellte keine Belastungsgleichheit her, sondern wäre ein neuerlicher Systembruch, wenn der Gesetzgeber für eine Gruppe von Steuerpflichtigen, die bereits folgerichtig nach dem neuen System besteuert werden, für eine Übergangszeit die nicht folgerichtige und nicht systemgerechte Besteuerung anderer Steuerpflichtiger einführte, die er auslaufen lassen will.
98
Die nur begrenzte Entlastung des Klägers ist damit durch die besonders komplexe Übergangssituation der Neuregelung der Altersvorsorge und -einkünfte noch gerechtfertigt. Es ist verfassungsrechtlich noch tragbar, nur schrittweise zu einer vollen Entlastung seiner Arbeitnehmerbeiträge zu gelangen. Die vom Kläger geleisteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind nach alledem lediglich in beschränktem Umfang als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 EStG abzuziehen.
99
II. Beiträge zu Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG (sog. sonstige Vorsorgeaufwendungen) sind lediglich mit den in § 10 Abs. 4 EStG geregelten Höchstbeträgen abziehbar.
100
Hiergegen bestehen nach Ansicht des erkennenden Senats keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (ebenso FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2007 1 K 1665/06, EFG 2008, 1037; HHR/Kulosa, § 10 EStG, Rz 383; a.A. Hey, Protokoll des Finanzausschusses, Protokoll Nr. 15/47, 422; Dreher, a.a.O., S. 129; Neufang, Die Steuerberatung 2004, 551).
101
1. Zu den Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG gehören Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nr. 2 Satz 1 Buchst. b fallen, zu Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen. Nach Buchst. b dieser Vorschrift rechnen hierzu auch Beiträge zu Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb bis dd EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde.
102
Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG können solche Vorsorgeaufwendungen je Kalenderjahr bis 2.400 € abgezogen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift beträgt der Höchstbetrag 1.500 € bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen i.S. des § 3 Nr. 14 oder 62 EStG erbracht werden. Gemäß Satz 3 bestimmt sich bei zusammenveranlagten Ehegatten der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.
103
2. § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG verletzt nicht dadurch den Gleichheitssatz, dass der dort genannte Personenkreis nur geringere Vorsorgeaufwendungen abziehen kann. Diese Einschränkung beruht auf einem sachlich einleuchtenden Grund und ist nicht willkürlich.
104
a) Die unterschiedlichen Höchstbeträge in Satz 1 und Satz 2 des § 10 Abs. 4 EStG berücksichtigen, dass in bestimmten Fällen Steuerpflichtige Aufwendungen zu einer Krankenversicherung in vollem Umfang allein tragen müssen. In anderen Fällen leistet der Arbeitgeber Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oder er gewährt, wie z.B. bei Beamten, einen Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall (BTDrucks 15/2150, S. 35).
105
Mit der steuerlichen Besserstellung des Personenkreises, der allein für seinen Krankenversicherungsschutz aufzukommen hat, knüpft der Gesetzgeber ersichtlich an die bis zum Jahr 2004 geltende Regelung über die Kürzung des Vorwegabzugs gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. an. Danach war der Vorwegabzug ungekürzt denjenigen Steuerpflichtigen zu gewähren, die für ihre Absicherung im Alter selber aufkommen mussten. Hingegen war er zu kürzen, wenn sich der Arbeitgeber an der Altersvorsorge des Arbeitnehmers durch Beitragszahlung oder durch Gewährung von Versorgungsanwartschaften beteiligte. Die Regelung über die Kürzung des Vorwegabzugs war verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG-Beschluss vom 28. Dezember 1984 1 BvR 1472/84, 1 BvR 1473/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 337, und BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter C.V.1.b der Gründe; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 X R 38/05, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823; die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde durch BVerfG-Beschluss vom 25. Februar 2008 2 BvR 805/07 nicht zur Entscheidung angenommen).
106
Dieser die Kürzung des Vorwegabzugs rechtfertigende Gesichtspunkt der Beteiligung des Arbeitgebers an der Altersversorgung des Steuerpflichtigen gilt auch, wenn ein Dritter zum Krankenversicherungsschutz des Steuerpflichtigen beiträgt. Auch in diesem Fall ist bei typisierender Betrachtung davon auszugehen, dass einem Steuerpflichtigen, der allein für seinen Krankenversicherungsschutz aufzukommen hat, höhere Aufwendungen entstehen als einem anderen, bei dem sich ein Dritter an diesem Versicherungsschutz beteiligt. Zudem sind solche Leistungen Dritter regelmäßig steuerbefreit (vgl. § 3 Nr. 14 oder 62 EStG).
107
b) Der Auffassung des Klägers, die unterschiedlichen Höchstbeträge seien nicht gerechtfertigt, weil die von einem Arbeitnehmer zwangsweise zu leistenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung höher seien als Beiträge eines Selbständigen für eine private Krankenversicherung, ist nicht zu folgen. Diese Aussage trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Die Beitragshöhe und der Leistungsumfang bestimmen sich in der gesetzlichen Krankenversicherung und bei privaten Krankenversicherungen nach unterschiedlichen Kriterien. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind abhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts, Versicherungsschutz besteht in gesetzlichem Umfang ebenfalls für Familienangehörige (§ 10 des Fünften Buch Sozialgsetzbuch --SGB V--). Demgegenüber sind Beiträge in der privaten Krankenversicherung unabhängig vom Einkommen des Steuerpflichtigen; für zu versichernde Familienangehörige ist jeweils ein eigener Beitrag zu leisten. Dass die private Krankenversicherung zudem nicht stets einen "preiswerteren" Versicherungsschutz gewährt, verdeutlicht anschaulich der Sachverhalt, der dem Vorlagebeschluss des erkennenden Senats an das BVerfG vom 14. Dezember 2005 X R 20/04 (BFHE 211, 350, BStBl II 2006, 312) zugrunde lag.
108
c) Im Übrigen ist die Problematik der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für einen notwendigen Krankenversicherungsschutz durch die weitere Rechtsentwicklung überholt. Das BVerfG hat durch Beschluss in BVerfGE 120, 125 § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a i.V.m. Abs. 4 EStG für mit dem GG unvereinbar erklärt, soweit die Regelung den Sonderausgabenabzug von Beiträgen zu einer privaten Krankheitskosten- und zu einer privaten Pflegepflichtversicherung betrifft. Zugleich hat das BVerfG (unter E.III. der Beschlussgründe) dem Gesetzgeber aufgegeben, im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung die Anforderungen an eine folgerichtige steuerrechtliche Verschonung des Existenzminimums der gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Steuerpflichtigen zu beachten.
109
Da das BVerfG in seinem Beschluss (E.II.2 der Gründe) die Fortgeltung der vorstehend genannten Bestimmungen über den Sonderausgabenabzug bis zum 31. Dezember 2009 angeordnet hat, ist die unzureichende Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben bis zu diesem Zeitpunkt von allen Steuerpflichtigen und damit auch vom Kläger hinzunehmen.
110
3. Die lediglich in beschränktem Umfang gegebene Abziehbarkeit von Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG verletzt nicht das Gebot der Steuerfreiheit des Existenzminimums. Nach diesem Gebot ist der Gesetzgeber gehalten, Beiträge zu solchen Versicherungen steuerlich freizustellen, die den Schutz des Lebensstandards des Steuerpflichtigen in Höhe des Existenzminimums gewährleisten (siehe dazu unter B.I.3.e. cc. aaa. und bbb.).
111
a) Hinsichtlich der in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG aufgeführten Kranken- und Pflegeversicherungen folgt aus dem Gebot der Steuerfreiheit des Existenzminimums lediglich die Verpflichtung zur steuerlichen Abziehbarkeit der Beiträge, die der Absicherung dieser Versicherungsrisiken auf Sozialhilfeniveau dienen. Allerdings ist --wie unter B.II.2.c dargelegt-- die nicht ausreichende Abziehbarkeit der Beiträge zu diesen Versicherungen im Streitjahr hinzunehmen.
112
b) Ein verfassungsrechtliches Gebot zur steuerlichen Freistellung der Beiträge zu den anderen in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b EStG genannten Versicherungen besteht nicht.
113
aa) Das BVerfG hat in seinem Beschluss in BVerfGE 120, 169 erkannt, dass eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Beiträge für private Kapitallebensversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG) zum steuerlichen Abzug zuzulassen, nicht ersichtlich sei. Gleiches gilt nach diesem Beschluss auch hinsichtlich der Abziehbarkeit von Beiträgen zu privaten Unfall- und Haftpflichtversicherungen. Für Beiträge zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen, kann nach Ansicht des erkennenden Senats nichts anderes gelten.
114
bb) Verfassungsrechtlich ist es auch nicht geboten, Beiträge zu von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG erfassten Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen zum steuerlichen Abzug zuzulassen. Das BVerfG hat in seinem Beschluss in BVerfGE 120, 169 betont, dass diese Risiken bereits typischerweise von den klassischen Altersversorgungssystemen wie der gesetzlichen Rentenversicherung, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und der Beamtenversorgung abgedeckt seien. Zudem kann dieses Risiko im Rahmen einer Rentenversicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG mitabgesichert werden. Deshalb ist die in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG getroffene Regelung über die Abziehbarkeit von Beiträgen zu solchen Versicherungen nur von ergänzender Natur.
115
cc) Ebenfalls ist es verfassungsrechtlich nicht notwendig, Beiträge zu Arbeitslosenversicherungen steuerlich zum Abzug zuzulassen (zutreffend Myßen/Wolter, Neue Wirtschaftsbriefe 2009, 2313, 2326 f.). Maßgebend für den Umfang der steuerlichen Verschonung von Versicherungsbeiträgen zur Sicherung des Existenzminimums ist wie bereits dargelegt der Leistungskatalog der Sozialhilfe. Dieser erfasst zwar die Absicherung im Krankheits- und Pflegefall, nicht aber den Schutz gegen Lohnausfall. Das BVerfG hat in seinem Beschluss in BVerfGE 120, 125 ausdrücklich hervorgehoben, dass die sozialhilferechtlichen Bestimmungen die Gewährung von Krankengeld nicht vorsehen (unter D.IV.1.a der Gründe). Dementsprechend ist eine steuerliche Freistellung von Krankenversicherungsbeiträgen, soweit sie den Anspruch auf Krankengeld betreffen, zur Absicherung des Existenzminimums verfassungsrechtlich nicht geboten. Nichts anderes kann für Arbeitslosenversicherungsbeiträge gelten, da sich sowohl die Höhe des Krankengelds als auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach der Höhe des Arbeitsentgelts richtet (vgl. § 132 Abs. 1 des Dritten Buch Sozialgesetzbuch und § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Das Arbeitslosengeld dient ebenso wie das Krankengeld nicht der Absicherung des Existenzminimums, sondern der Erlangung einer Lohnersatzleistung.
116
Das FG hat daher zutreffend erkannt, dass der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden ist. Das FA hat die Vorsorgeaufwendungen des Klägers im gesetzlichen Umfang berücksichtigt und zu Recht lediglich die sich nach der Günstigerprüfung (§ 10 Abs. 4a EStG) ergebenden höheren Beträge zum Abzug zugelassen.
Fundstellen
Haufe-Index 2276792 |
BFH/NV 2010, 320 |
BFH/PR 2010, 89 |
BStBl II 2010, 282 |
BFHE 2010, 137 |
BFHE 227, 137 |
BB 2010, 149 |
BB 2010, 551 |
DStRE 2010, 75 |
DStZ 2010, 92 |