Leitsatz (amtlich)
Tritt ein Bausparer in einen bestehenden Bausparvertrag nach Ablauf von vier Jahren seit Vertragsschluß als Vertragsmitinhaber ein (Gemeinschaftsvertrag), ohne daß das in den ersten vier Vertragsjahren eingezahlte Guthaben ganz oder teilweise auf ihn übertragen wird, kann er für seine Bausparbeiträge keine Wohnungsbau-Prämie erhalten.
Normenkette
WoPG §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zahlte im Streitjahr 1967 einen Betrag von 1 600 DM auf einen Bausparvertrag, den ihr damaliger Verlobter im Jahr 1961 abgeschlossen hatte. Beide hatten zuvor am 25. August 1966 gegenüber der Bausparkasse eine schriftliche Erklärung abgegeben, daß sie künftig gemeinsame Inhaber des Bausparvertrags sein sollten; die Bausparkasse hat diese Erklärung (stillschweigend) angenommen. Das Eineinhalbfache des durchschnittlichen Jahresbetrags der von dem Verlobten in den ersten vier Jahren geleisteten Beiträge betrug 1 617 DM. Im Jahr 1967 hat er keine Einzahlungen vorgenommen. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Wohnungsbau-Prämie ab mit der Begründung, die Klägerin habe in den ersten vier Jahren seit Vertragsschluß keine Beiträge geleistet; bei einem Gemeinschaftsvertrag richte sich die Prämienbegünstigung nach den Aufwendungen des einzelnen Mitinhabers.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG führte aus: Der Beitritt eines Dritten zu einem bestehenden Bausparvertrag sei bürgerlich-rechtlich möglich. Die Abtretung der Ansprüche aus einem Bausparvertrag und der damit verbundene Eintritt des Erwerbers in den Vertrag seien auch prämienrechtlich nicht als Abschluß eines neuen Vertrags anzusehen. Der Erwerber trete in jeder Beziehung in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein und sei deshalb auch an die Beschränkung der Prämienbegünstigung auf das Eineinhalbfache des durchschnittlichen Jahresbetrags der Aufwendungen der ersten vier Jahre gebunden. Das gelte erst recht, wenn ein Dritter an einem laufenden Bausparvertrag beteiligt werde und der ursprüngliche Bausparer weiterhin Mitinhaber des nunmehr gemeinschaftlichen Vertrags bleibe. Jeder Beteiligte sei prämienberechtigt mit den von ihm aufgebrachten Beiträgen bis zur Grenze des Eineinhalbfachen der zusammengerechneten Einzelleistungen.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Zur Begründung wird u. a. vorgetragen:
Bei Gemeinschaftsverträgen könne grundsätzlich jeder Beteiligte nur entsprechend seinen Einzahlungen eine Wohnungsbau-Prämie beantragen. Das "Eineinhalbfache" in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 WoPG sei personenbezogen auszulegen, so daß der Klägerin, die selbst in den ersten vier Jahren seit Vertragsabschluß keine Beiträge auf den Bausparvertrag geleistet habe, keine Wohnungsbau-Prämie zustehe. In den von dem FG angesprochenen Abtretungsfällen seien die Aufwendungen des ursprünglichen Bausparers dem Abtretungsempfänger nur deshalb bei Ermittlung des Eineinhalbfachen zuzurechnen, weil er in vollem Umfang in die Rechtsstellung seines Vorgängers eintrete.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.
Nach § 1 WoPG können natürliche, unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen eine Wohnungsbau-Prämie erhalten, wenn sie "Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaus (§ 2) gemacht haben". Dazu gehören nach § 2 WoPG u. a. Beiträge an Bausparkassen. Zahlungen, die nach Ablauf von vier Jahren seit Vertragsschluß geleistet werden, sind nur insoweit begünstigt, als sie das Eineinhalbfache des durchschnittlichen Jahresbetrags der in den ersten vier Jahren geleisteten Beiträge im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 WoPG). Es ist anerkannt, daß nicht jeder Bausparer einen eigenen Vertrag abschließen muß. Es können auch Beiträge, die mehrere Bausparer auf einen Gemeinschaftsvertrag leisten, prämienbegünstigt sein. In diesem Falle richtet sich die Prämienberechtigung ausschließlich nach den Aufwendungen des einzelnen Sparers (Urteil des BFH vom 10. Februar 1961 VI 138/60 U, BFHE 72, 618, BStBl III 1961, 224; Stäuber-Walter, Kommentar zum Wohnungsbau-Prämiengesetz, 5. Aufl. 1974. Tz. 47). Diese Grundsätze, an denen der Senat festhält, sind auch bei der Berechnung des Eineinhalbfachen, das nach den Aufwendungen der ersten vier Vertragsjahre ermittelt wird, zugrunde zu legen. Sie bedeuten für einen Bausparer, der von vornherein an einem Gemeinschaftsvertrag beteiligt ist, daß bei der Ermittlung des Eineinhalbfachen nur die von ihm selbst geleisteten Beiträge der ersten vier Vertragsjahre berücksichtigt werden dürfen. Im Streitfall ergibt sich indessen die Besonderheit, daß die Klägerin erst nach Ablauf von vier Jahren in den Vertrag ihres Verlobten eingetreten ist.
Eine Auswechslung des Bausparers, d. h. der Eintritt eines anderen Bausparers in den Vertrag, ist, wie der Senat (zuletzt auch für einen Lebensversicherungsvertrag hinsichtlich des Versicherungsnehmers) entschieden hat, bürgerlich-rechtlich (mit Zustimmung des Vertragspartners) sowie steuerrechtlich möglich. Der Eintritt in den bestehenden Vertrag ist nicht als Abschluß eines neuen Vertrags anzusehen (BFH-Urteile vom 7. März 1958 VI 24/57 U, BFHE 66, 576, BStBl III 1958, 222; vom 21. August 1959 VI 254/58 U, BFHE 69, 504, BStBl III 1959, 448, und vom 9. Mai 1974 VI R 137/72, BFHE 112, 484, BStBl II 1974, 633). Das gilt grundsätzlich auch, wenn nicht eine Auswechslung des Bausparers, sondern, wie im Streitfall, der Eintritt eines weiteren Bausparers in einen bestehenden Vertrag unter Begründung eines Gemeinschaftsvertrages vereinbart wird. Auch in diesem Fall genießt der neu eingetretene Bausparer also grundsätzlich die Vergünstigungen, die auf der Grundlage der beim Abschluß des Vertrags maßgeblichen Bestimmungen dafür in Betracht kommen (BFH-Urteil VI R 137/72). Im Fall der Auswechselung des Bausparers tritt der neue Bausparer voll in die Rechte und Pflichten aus dem Vertrage ein. Der Anspruch seines Rechtsvorgängers auf das angesammelte Bausparguthaben geht also voll auf ihn über. Dieser Vorgang stellt einerseits eine Abtretung von Ansprüchen aus dem Bausparvertrag dar und führt im Fall einer schädlichen Abtretung zur Rückforderung bereits gewährter Wohnungsbau-Prämien (§ 2 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 WoPG 1967). Andererseits bewirkt er aber für die Berechnung des Eineinhalbfachen, daß dem neuen Bausparer nunmehr die vom früheren Bausparer während der ersten vier Vertragsjahre geleisteten Bausparbeiträge zuzurechnen sind. Im Falle des Eintritts eines neuen Bausparers in einen bestehenden Bausparvertrag unter Begründung eines Gemeinschaftsvertrages kann indessen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß das vom bisherigen Bausparer angesammelte Guthaben auf den neuen Bausparer übertragen worden ist, da der alte Bausparer anders als im Fall der Auswechselung weiterhin Mitinhaber des Vertrages bleibt und sich deshalb auch den Anspruch gegen die Bausparkasse aus dem Guthaben weiterhin ganz oder teilweise vorbehalten kann. In Fällen dieser Art ist es, wie der Senat schon im Urteil VI 138/60 U dargelegt hat, Sache der Beteiligten, von vornherein klare Verhältnisse zu schaffen.
Im Streitfall ist davon auszugehen, daß der Verlobte der Klägerin das von ihm angesammelte Guthaben nicht, auch nicht teilweise übertragen hat. Eine solche Übertragung ist von keinem Beteiligten behauptet worden. Insbesondere hat auch das FA die sich aus einer solchen Abtretung ergebenden Folgerungen nicht gezogen und die dem Verlobten für seine Beitragsleistungen in den ersten vier Jahren gewährten Prämien nicht zurückgefordert. Das Guthaben steht daher allein dem Verlobten der Klägerin zu und kann ihr dementsprechend nicht bei der Errechnung des Eineinhalbfachen zugerechnet werden. Eine Wohnungsbau-Prämie kann die Klägerin hiernach nicht beanspruchen.
Die Entscheidung des FG, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war hiernach aufzuheben. Da die Sache entscheidungsreif ist, war die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 71831 |
BStBl II 1976, 403 |
BFHE 1976, 399 |