Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Kreditgenossenschaft kann den Abzug der Geschäftsguthaben der Genossen von ihrem Rohvermögen nicht verlangen, wenn sie Kredite an aus Einzelunternehmen von Genossen hervorgegangene Personen- oder Kapitalgesellschaften gibt, die nicht Mitglieder der Genossenschaft geworden sind. Dies gilt selbst dann, wenn der frühere Einzelunternehmer und jetzige Gesellschafter Mitglied der Genossenschaft geblieben ist.

 

Normenkette

BewG § 62/1, § 103/1; BewDV § 52a/1

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist eine Kreditgenossenschaft. Bei der Einheitsbewertung ihres Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1953 wurde der Abzug der Geschäftsguthaben der Genossen nach § 52 a Ziff. 1 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) versagt, weil nach den Feststellungen in dem Betriebsprüfungsbericht vom 31. Dezember 1955 Kredite an Nichtmitglieder (fünf Personengesellschaften, eine Offene Handelsgesellschaft und vier Kommanditgesellschaften, sowie eine Kapitalgesellschaft - GmbH -) gewährt und somit die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung bei ausschließlicher Kreditgewährung an Mitglieder nicht erfüllt worden seien. Der Einspruch wurde damit begründet, daß es sich bei den kreditnehmenden Gesellschaften um reine Familiengesellschaften gehandelt habe, bei denen der frühere Alleininhaber des Betriebes Geschäftsführer der Gesellschaft geworden sei, während die übrigen Gesellschafter an dessen Anordnungen und Weisungen gebunden seien. Die Kreditgewährung an solche Gesellschaften sei unschädlich, da bei den Kommanditgesellschaften jeweils die Komplementäre und bei der GmbH und der OHG jeweils die früheren Alleininhaber und Geschäftsführer des betreffenden Unternehmens Mitglieder der Genossenschaft seien. Im übrigen sei es der Genossenschaft unbekannt gewesen, daß in den bezeichneten Fällen die Gesellschaften hätten Genossen werden müssen. Weiter wird in der Begründung des Einspruchs auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise hingewiesen, die eine formale Auslegung des Begriffs "Mitglied" im Sinne des § 52 a Ziff. 1 BewDV verbiete. Der Steuerausschuß hat den Abzug der Geschäftsguthaben aus wirtschaftlichen Erwägungen zugelassen, weil die kreditnehmenden Gesellschaften an die Stelle von langjährigen Mitgliedern der Genossenschaft getreten seien; es habe sich lediglich um ein Versehen der Genossenschaft gehandelt, wenn sie nicht rechtzeitig die Mitgliedschaft der fraglichen Gesellschaften herbeigeführt habe. Der Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1953 ermäßigte sich nach der Einspruchsentscheidung von 52.000 DM auf 29.000 DM. Auf die Berufung des Vorstehers des Finanzamts hin hat das Finanzgericht den Einheitswert von 52.000 DM wieder hergestellt. Das angefochtene Urteil beruht im wesentlichen auf der Erwägung, daß für den Begriff "Mitglieder einer Genossenschaft" die Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes (GenG) maßgebend seien. Bei Umwandlung von Einzelfirmen in Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften müsse die neue Gesellschaft selbst die Mitgliedschaft bei der Genossenschaft erwerben. Es genüge nicht, wenn nur ein Gesellschafter, bei einer KG nur der persönlich haftende Gesellschafter, Genosse werde. Wenn daher die umgewandelten Gesellschaften nicht selbst Mitglieder der Bfin. geworden seien, so handle es sich bei den ihnen von der Genossenschaft gewährten Krediten um solche an Nichtmitglieder; hieran könne auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise nichts ändern.

In ihrer Rechtsbeschwerde hält die Genossenschaft die Auffassung des Finanzgerichts über die Bedeutung der Bestimmungen des GenG für den Mitgliedschaftsbegriff im Sinne des § 52 a Ziff. 1 BewDV für rechtsirrig. Maßgebend für den Begriff "Mitglieder einer Genossenschaft" müsse nach § 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) die wirtschaftliche Betrachtungsweise sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde führt nicht zum Erfolg.

In der Körperschaftsteuersache 1953 der Bfin. ist die gleiche Rechtsfrage im Rahmen des § 34 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) 1953 (Ermäßigung der Körperschaftsteuer auf 1/3 bei ausschließlicher Kreditgewährung an Mitglieder) aufgetaucht. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat in seinem Urteil I 197/58 U vom 24. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 201) entschieden, daß die Steuervergünstigung des § 34 KStDV 1953 versagt werden müsse, wenn eine Kreditgenossenschaft einer aus einer Einzelfirma hervorgegangenen Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft einen Kredit gewährt habe, ohne daß die Gesellschaft als solche die Mitglieder an der Genossenschaft erworben habe. Dies gelte auch dann, wenn der frühere Einzelunternehmer und jetzige Gesellschafter Mitglied der Genossenschaft geblieben sei. In den Gründen des Urteils ist ausgeführt worden, daß der Mitgliedsbegriff aus dem Genossenschaftsrecht zu entnehmen sei. Danach sei die Mitgliedschaft ein persönliches Recht und nicht übertragbar. Zum Wesen der Genossenschaft gehöre die persönliche Bindung des Genossen an sie. Wenn eine steuerliche Vorschrift an einen Rechtsbegriff des bürgerlichen Rechts oder des Handelsrechts anknüpfe, so dürfe, wie bereits in dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 50/55 U vom 23. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 306, Slg. Bd. 65 S. 189) hervorgehoben worden sei, die wirtschaftliche Betrachtungsweise grundsätzlich nicht dazu führen, den rechtlichen Inhalt solcher Begriffe abweichend vom bürgerlichen Recht oder Handelsrecht zu bestimmen. Der Senat tritt dieser Rechtsauffassung für § 52 a Ziff. 1 BewDV bei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409339

BStBl III 1959, 191

BFHE 1959, 498

BFHE 68, 498

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