Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur - unternehmerischen - Vermietung eines in einem Dreifamilienhaus gelegenen Schwimmbades
Leitsatz (NV)
Die Vermietung eines in einem Dreifamilienhaus gelegenen Schwimmbades durch die Eigentümer an ihre (Schwieger-)Eltern und an eine weitere Mietpartei kann unternehmerisch - mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug - erfolgen.
Normenkette
UStG 1980 § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind miteinander verheiratet. Sie sind seit 1972 Eigentümer zu je 1/2 eines Mietwohngrundstücks A. Auf diesem Grundstück errichteten sie im Jahr 1976 ein Hallenbad, das sie u.a. den Mietern gegen eine monatliche Pauschale von 50 DM zur Verfügung stellten. Die Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung wurden umsatzversteuert. Ab 1986 haben die Kläger keine Umsätze mehr erklärt.
Gemeinsam mit ihren (Schwieger-)Eltern sind die Kläger Miteigentümer zu je 1/4 eines Dreifamilienhauses B. Im Erdgeschoß des 1986 fertiggestellten Hauses befinden sich die Wohnungen der Kläger und der Eltern. Zwischen diesen Wohnungen liegt ein Schwimmbad mit einer Wasserfläche von 32 qm. Das Bad ist sowohl von beiden Wohnungen als auch vom Garten her durch ein Hebeschiebeelement erreichbar. Das Bad umfaßt neben dem Schwimmbadraum von 47 qm eine Sauna nebst Dusche (7,41 qm) und einen Ruheraum (3,78 qm). Die Gesamtherstellungskosten des Hauses betrugen 773126 DM.
Das Schwimmbad steht der Familie der Kläger zur Verfügung und wird den beiden anderen Familien im Haus gegen ein Nutzungsentgelt überlassen. Die Eltern zahlen monatlich 360 DM. Den Betrag, den die andere Familie zahlt, hat das Finanzgericht (FG) nicht festgestellt. Freunde und Bekannte der Familien müssen pro Benutzung 8 DM zahlen.
Für das Streitjahr 1983 erklärten die Kläger ,,aus der Vermietung eines Hallenbades" (A) Umsätze in Höhe von 3120 DM und Vorsteuerbeträge in Höhe von 201,60 DM. Im Jahr 1988 reichten die Kläger eine geänderte Umsatzsteuererklärung ein, die bei unveränderten Umsätzen nunmehr - unter Berücksichtigung von Ausgaben für die Errichtung des Schwimmbades (B) - Vorsteuerbeträge in Höhe von 3663,52 DM auswies. Mit Bescheid vom 3. Februar 1989 hob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Vorbehalt der Nachprüfung auf und lehnte gleichzeitig die Änderung der Steuerfestsetzung ab.
Die Kläger erhoben Sprungklage; das FA stimmte zu.
Das FG wies die Klage ab; das Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 285 veröffentlicht.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Nr.12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1980) und tragen vor:
1. Das angefochtene Urteil weiche ab von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Oktober 1980 V R 51/76 (BFHE 132, 119, BStBl II 1981, 228). Diese Sache sei mit dem Streitfall vergleichbar; der BFH habe die Unternehmereigenschaft bejaht und die stundenweise entgeltliche Überlassung als Vermietung i.S. des § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angesehen und demgemäß unter § 4 Nr.12 Satz 2 UStG subsumiert.
2. Der Vermieter sei ein ,,geborener" Unternehmer; auf ein ,,Händlerverhalten" sei nicht abzustellen. Das Schwimmbad sei vermietet worden; zum Beweis hätten die Kläger die mit den Eltern abgeschlossene ,,Miet- und Benutzungsvereinbarung" vorgelegt.
Es sei unverständlich, daß das FA nach wie vor behaupte, daß sich Vermieter und Mieter lediglich auf eine Kostenbeteiligung verständigt hätten.
3. Schließlich müsse berücksichtigt werden, daß aus den vereinbarten Entgelten alle Unkosten bestritten würden und ein nicht unerheblicher Gewinn erzielt worden sei.
4. Im übrigen hätten die Kläger bereits zwei Jahre in der B-Straße gewohnt und gleichwohl das Schwimmbad A weiterbetrieben.
Demgegenüber trägt das FA vor:
1. Eine Abweichung von dem BFH-Urteil in BFHE 132, 119, BStBl II 1981, 228, liege nicht vor. In diesem Fall sei die Schwimmhalle nicht mit dem Wohnhaus verbunden gewesen; sie sei an außenstehende Personengruppen stundenweise überlassen worden.
2. Die Entscheidung des FG könne sich hingegen auf das BFH-Urteil vom 18. Dezember 1986 V R 176/75 (BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350) und auf den BFH-Beschluß vom 21. Mai 1987 V S 11/85 (BFH/NV 1987, 536) stützen.
3. Bei natürlichen Personen sei die private Sphäre von der unternehmerischen Sphäre abzugrenzen. Im Streitfall liege das Schwimmbad in einem Wohnhaus, das im Eigentum der Kläger und der Eltern stehe. Das Bad werde an Familienangehörige und an einen engen Bekanntenkreis überlassen. Ein Entgelt, wie von den Klägern vorgetragen, liege nicht vor, vielmehr sei davon auszugehen, daß sich die Kläger mit den Nutzern des Schwimmbades im außerunternehmerischen Bereich einvernehmlich auf eine Kostenbeteiligung verständigt hätten. Die Überlassung des Bades sei damit in der Privatsphäre der Kläger erfolgt.
4. Die von den Klägern gewählte Gestaltung sei lebensfremd; sie könne auch als Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten beurteilt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980 kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.
a) Ein Vermieter ist regelmäßig Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1980, da er typischerweise eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen selbständig ausübt (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1991 V R 116/86, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269).
Bestätigt wird diese Beurteilung indirekt durch § 4 Nr.12 Satz 1 UStG, der Vermietungsleistungen von der Umsatzsteuer befreit.
Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Kläger das Schwimmbad tatsächlich vermietet, also Vermietungsleistungen erbracht und Entgelte bezogen oder zu erwarten gehabt haben. Die schriftliche Vereinbarung vom 24. April 1987 ist allenfalls ein Indiz, entscheidend ist die tatsächliche Handhabung. Nicht ausreichend aufgeklärt sind die einzelnen Modalitäten und die tatsächliche Abwicklung der Schwimmbadüberlassung.
Die vertragsgemäße Durchführung der getroffenen Vereinbarungen sowie deren Angemessenheit sind dagegen insoweit ohne Bedeutung; ein Fremdvergleich findet nicht statt (BFH-Urteil vom 22.Juni 1989 V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913).
b) Sollten die Kläger Unternehmer sein, könnten sie ggf. die geltend gemachten Aufwendungen ihrem Unternehmen zuordnen. Die Entscheidung über die Zuordnung zum Unternehmen hat der Unternehmer zu treffen (BFH-Urteil vom 25. März 1988 V R 101/83, BFHE 153, 171, BStBl II 1988, 649). Hierbei reicht es aus, daß der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1985 V R 25/78, BFHE 145, 255, BStBl II 1986, 216). Die Zuordnung hängt nicht davon ab, in welchem Bereich der Gegenstand überwiegend eingesetzt wird. Die Bestimmungsfreiheit des Unternehmers findet jedoch dort ihre Grenzen, wo eine Leistung nach den gesamten Umständen allein für die nichtunternehmerische (ggf. private) Nutzung bestimmt ist (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1986 V R 176/75, BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350, 352). Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 11.Juli 1991 Rs.C-97/90, Umsatzsteuer-Rundschau 1991, 291) ist diese Frage anhand der gesamten tatsächlichen Verwendung des Gegenstandes zu entscheiden (vgl. auch BFH-Urteil vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916). Diese Konstellation hat der BFH z.B. in einem Fall angenommen, in dem ein Steuerberater seinen Angestellten während der Arbeitszeit die Mitbenutzung des Bades gestattet hatte (BFH-Beschluß in BFH/NV 1987, 536).
c) Der Senat kann auch nicht entscheiden, ob die geltend gemachten Vorsteuerbeträge der Höhe nach berechtigt, insbesondere von wem die Aufwendungen getragen wurden und ob sie ausschließlich dem Schwimmbad zuzuordnen sind (dazu vgl. BFH-Urteile vom 16. Oktober 1980 V R 51/76, BFHE 132, 119, BStBl II 1981, 228; vom 20. Juli 1988 X R 8/80, BFHE 154, 255, BStBl II 1988, 1012). Die Sache war daher auch aus diesem Grund an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen