Leitsatz (amtlich)
Ein Organverhältnis mit Ergebnisabführungsvereinbarung zwischen einer natürlichen Person, die einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und einen Gewerbebetrieb unterhält, als Organträger und einer von ihr beherrschten und von ihr finanziell abhängigen Kapitalgesellschaft kann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn die Kapitalgesellschaft zwar organisatorisch der den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und den Gewerbebetrieb zusammenfassenden "Güterverwaltung" eingegliedert ist, es der Kapitalgesellschaft aber an einer wirtschaftlichen Eingliederung in den Gewerbebetrieb der natürlichen Person fehlt.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine GmbH - als Organ der "Güterverwaltung F." anzusehen und deshalb auf Grund des zwischen ihr und der Güterverwaltung bestehenden Ergebnisabführungsvertrages für das Streitjahr (1965) nur mit ihrem eigenen Einkommen (den nichtabzugsfähigen Steuern vom Einkommen und Vermögen) zu veranlagen sei.
Nachdem die bis zum Veranlagungszeitraum 1964 einschließlich für die Besteuerung der Klägerin zuständig gewesene Finanzbehörde das Vorliegen eines Organverhältnisses mit Ergebnisabführungsvertrag anerkannt hatte, verneinte der für die Besteuerung ab dem Veranlagungszeitraum 1965 zuständige Revisionskläger (das FA) das Vorliegen eines Organverhältnisses, da es an dem Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin in die Güterverwaltung nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung fehle. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg; das FG gab der zu ihm erhobenen Klage (insoweit) statt. Es führte aus:
Der gemeinsame Ländererlaß über die Nichtanwendung des Urteils des BFH I 280/63 vom 17. November 1966 (BFH 87, 253, BStBl III 1967, 118) - für Bayern vom 26. Mai 1967 (BStBl II 1967, 163) - sei als Anpassungsregelung vom Gericht zu beachten. - Im übrigen sei das Gericht auf Grund der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Organverhältnisses vorlägen. Die finanzielle Eingliederung der Klägerin in die Güterverwaltung ergebe sich daraus, daß der Gutsherr F Alleingesellschafter der Klägerin, die organisatorische Eingliederung daraus, daß der Genannte der Geschäftsführer der Klägerin sei, deren kaufmännische Verwaltung von ihm über die Güterverwaltung wahrgenommen werde. Die wirtschaftliche Eingliederung, die die Tätigkeit des Organs als einen Teil der Tätigkeit des Organträgers ausweisen müsse, ergebe sich aus dem Zusammenwirken der Klägerin und der Güterverwaltung. Die Klägerin - die vornehmlich Grabsteine und Steinplatten aus Importgestein herstelle, zum geringen Teil aber auch die Steinbrüche der Güterverwaltung ausbeute - überlasse ihren Gesteinsabfall (Schotter) der Güterverwaltung zur Verbesserung ihrer Wirtschaftswege im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und beziehe ihr Verpackungsmaterial aus dem Sägewerk der Güterverwaltung; sie beschäftige im Winter saisonbedingt in der Landwirtschaft freigesetzte Arbeitnehmer der Güterverwaltung und stelle zur Erntezeit ggf. dem landwirtschaftlichen Betrieb ihre Arbeitnehmer zur Verfügung. Sie beziehe elektrischen Strom und Wasser über die Güterverwaltung, was dieser wiederum den Strombezug zu einem vergünstigten Tarif ermögliche; ferner benütze sie auch den Fuhrpark der Güterverwaltung.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des FA mit dem Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und die Körperschaftsteuer entsprechend der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 1968 auf 9 936 DM festzusetzen. Zur Begründung führt das FA aus:
Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin betreibe unter der eingetragenen Firma "Güterverwaltung F." die Land- und Forstwirtschaft mit einem Sägewerk als forstwirtschaftlichem Nebenbetrieb sowie eine Brauerei und Mälzerei mit brauereieigenen Gaststätten; die Klägerin selbst betreibe die vom FG wiedergegebene Tätigkeit in der vom FG dargestellten Weise. Die Güterverwaltung erstelle zwar für ihren gesamten Bereich eine einheitliche Bilanz; sie werde jedoch nur mit ihren Einkünften aus der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Sägewerks als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, mit ihren übrigen Einkünften aber als mit solchen aus Gewerbebetrieb besteuert (Hinweis auf das BFH-Urteil IV 299/61 U vom 16. Dezember 1965, BFH 84, 530, BStBl III 1966, 193). Die Klägerin müsse aber, solle sie als Organ eines anderen Unternehmens angesehen werden, in den gewerblichen Betrieb dieses anderen Unternehmens eingegliedert sein. Ihre Eingliederung in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Güterverwaltung reiche hierzu nicht aus. Ihre Tätigkeit und die Tätigkeit der im Rahmen der Güterverwaltung betriebenen Brauerei seien jedoch ihrer Art nach so verschieden, daß von einer wirtschaftlichen Eingliederung des Betriebes der Klägerin in den gewerblichen Betrieb der Güterverwaltung nicht gesprochen werden könne. Auch darin, daß die Klägerin die Steinbrüche der Güterverwaltung ausbeute, daß sie elektrischen Strom und Wasser von der Güterverwaltung beziehe, könne ein Dienen der Klägerin gegenüber der Güterverwaltung nicht erblickt werden; vielmehr diene die Güterverwaltung umgekehrt insoweit der Klägerin, was auch für die Überlassung des Fuhrparks der Güterverwaltung an sie zu gelten habe.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie läßt vortragen:
Während das FA sich für seine Auffassung vom Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung auf das BFH-Urteil I 119/56 U vom 25. Juni 1957 (BFH 65, 181, BStBl III 1957, 303) stütze, beziehe sich die Klägerin auf die Auslegung dieses Begriffs im BFH-Urteil V R 89/66 vom 22. Juni 1967 (BFH 89, 402, BStBl III 1967, 715). Danach bedeute "wirtschaftliche Eingliederung", daß die Organgesellschaft gemäß dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem es fördernd und ergänzend, wirtschaftlich tätig sei. Schwerpunktunternehmen der Güterverwaltung bzw. des Alleininhabers des Unternehmens sei die Brauerei, ein Gewerbebetrieb als Organträger. - Im übrigen erfordere der Grundsatz des Vertrauensschutzes die Anerkennung des Organverhältnisses, nachdem seine steuerrechtliche Wirksamkeit noch im Rahmen einer Betriebsprüfung im Jahre 1965 bestätigt worden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
1. Entscheidend ist die Frage, ob die Klägerin in den Betrieb der Güterverwaltung - neben ihrer finanziellen und organisatorischen Eingliederung - auch wirtschaftlich eingegliedert ist, ob allein schon das Vorhandensein eines eigenen gewerblichen Betriebes bei der Güterverwaltung die Feststellung einer solchen Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Güterverwaltung gestattet, d. h. die Frage nach dem Vorliegen der für die Anerkennung eines Organverhältnisses erforderlichen Voraussetzungen in der Person des potentiellen Organträgers.
2. Dem Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Güterverwaltung ist durch die vom FG festgestellten Tatsachen genügt; in diesen ist die Klägerin nach Art einer reinen Geschäftsabteilung eingegliedert; ein eigenes Handeln auf eigene Rechnung und Gefahr ist ausgeschlossen. Wie der erkennende Senat entschieden hat, kann eine Kapitalgesellschaft als Organ dem Organträger auch dadurch wirtschaftlich dienen, daß sie allein Vermögen verwaltet und Beteiligungen hält (BFH-Urteil I R 90/67 vom 21. Januar 1970, BFH 98, 168, BStBl II 1970, 348).
Dies reicht jedoch für sich allein nicht aus, ein Organverhältnis zwischen der Klägerin und der Güterverwaltung mit steuerrechtlicher Wirkung anzuerkennen. Denn mangels einer besonderen Beziehung der Tätigkeit der Klägerin zu demjenigen Betrieb, aus dem die Güterverwaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, der Brauerei, ist die steuerrechtliche Anerkennung eines Organverhältnisses zu verneinen.
Wie § 7a KStG 1968 nunmehr ausdrücklich vorschreibt, mußte auch bereits in der Zeit vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift der Organträger nicht nur ein gewerbliches Unternehmen betreiben; die Organgesellschaft mußte auch in gerade dieses Unternehmen nach Art einer reinen Geschäftsabteilung eingegliedert sein (vgl. BFH-Urteil IV 322/64 U vom 12. August 1965, BFH 83, 245, BStBl III 1965, 589, nach dem beim Organträger ein geschäftliches Unternehmen im Sinne der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG gegeben sein muß, ein freiberuflich Tätiger - Rechtsanwalt - mithin nicht als Organträger anerkannt werden kann, und I 252/64 vom 17. Dezember 1969, BFH 98, 152, BStBl II 1970, 257 [260], nach dem der Organträger eine gewerbliche Tätigkeit selbst entfalten muß und es nicht genügt, daß er - gewerbesteuerrechtlich - kraft Rechtsform als Gewerbebetrieb gilt, eine Auffassung, an der der erkennende Senat auch im Urteil I R 122/66 vom 15. April 1970, BFH 99, 123, BStBl II 1970, 554, ausdrücklich festgehalten hat). Diese Forderung ist im Streitfalle nicht erfüllt.
Ist danach die Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Brauerei möglich, so hat doch weder das FG Tatsachen festgestellt noch die Klägerin Tatsachen vorgetragen, die einen Schluß auf ihre wirtschaftliche Eingliederung in den Betrieb der Brauerei erlaubten. Der Umstand, daß sie ihre Gewinne an die Brauerei abführt, reicht hierzu nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, daß sie als Glied einer wirtschaftlichen Kette ihre Aufgabe erfüllt, sich selbst als einen notwendigen Teil in dem Aufbau des wirtschaftlichen Komplexes "Brauerei" darstellt.
3. Geht man mit dem gemeinsamen Ländererlaß davon aus (vgl. auch BFH-Urteil I 252/64, a. a. O.), daß - wie bereits nach dem Urteil des RFH VI 673/37 vom 1. Dezember 1937 (RStBl 1938, 182) - der Gewinn einer Kapitalgesellschaft über die Anerkennung eines Organverhältnisses zu einer natürlichen Person nicht der Körperschaftsteuer, sondern der Einkommensteuer unterliegt, so kann das doch nicht auch dazu führen, daß der Gewinn einer Kapitalgesellschaft seinen Charakter als gewerblicher Gewinn verliert und sich in der Hand des Organträgers zu Einkünften aus selbständiger Arbeit (vgl. BFH-Urteil IV 322/64 U, a. a. O.) oder - wie im Streitfalle - zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft verwandelt. Der Umstand, daß die Güterverwaltung außer einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch einen Gewerbebetrieb, die Brauerei, umfaßt, macht sie selbst noch nicht zu einem Gewerbebetrieb, auch wenn sie neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch solche aus Gewerbebetrieb zu verzeichnen hat, denen sie die Gewinne der Klägerin zurechnet.
4. Auch der Gedanke des Vertrauensschutzes greift nicht durch. Das Vorliegen der Voraussetzungen für ein steuerrechtlich anzuerkennendes Organverhältnis ist für jeden Veranlagungszeitraum neu zu prüfen, da mit den tatsächlichen Gegebenheiten sich auch das Vorliegen dieser Voraussetzungen ändern kann. Wenn die bis zum Veranlagungszeitraum 1964 einschließlich zuständig gewesene Behörde in nicht zutreffender Würdigung dieser Voraussetzungen die Klägerin als Organgesellschaft anerkannt hat, so sind daraus für den vorliegenden Streitfall keine für sie günstige(re)n Schlußfolgerungen zu ziehen.
Fundstellen
Haufe-Index 413276 |
BStBl II 1972, 722 |
BFHE 1972, 81 |