Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erweiterte Kürzung bei Betriebsaufspaltung oder Nutzung des Grundstücks durch Gesellschaft mit persönlich haftendem Doppelgesellschafter
Leitsatz (NV)
1. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung schließt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus.
2. Die erweiterte Kürzung ist nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen, wenn das Grundstück einer Personengesellschaft dient, an der ein Gesellschafter des Grundstücksunternehmens als Mitunternehmer beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls bei persönlich haftenden Gesellschaftern unabhängig davon, ob eine Beteiligung am Vermögen oder Gewinn besteht.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 2, 5
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr (1997) die T-GmbH als Komplementärin und die S-GmbH als Kommanditistin. Die T-GmbH war am Vermögen sowie am Gewinn und Verlust der Klägerin nicht beteiligt. Sie erhielt für die Übernahme der persönlichen Haftung lediglich eine feste Haftungsentschädigung.
Die einzige Tätigkeit der Klägerin bestand im Streitjahr in der Vermietung des in ihrem Alleineigentum stehenden, bebauten Grundstücks K-Straße in H an die W-KG. Die W-KG nutzte das Grundstück für eigenbetriebliche Zwecke im Bereich des Textilhandels. Gesellschafter der W-KG waren die T-GmbH als Komplementärin und die V-KG als Kommanditistin. Die T-GmbH, deren Alleingesellschafterin ebenfalls die V-KG war, war an der W-KG vermögensmäßig nicht beteiligt. Gesellschafter der V-KG waren im Streitjahr als Komplementärin die H-GmbH und als Kommanditistin die U-GmbH mit 75 % sowie Herr X mit 25 %. Alleingesellschafterin der U-GmbH war die S-GmbH.
Im Anschluss an eine Außenprüfung versagte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die für die Streitjahre von der Klägerin beanspruchte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Grundstücksunternehmen i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), weil das Grundstück K-Straße dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters gedient habe. Das FA gewährte stattdessen nur noch die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Bei der Gewinnfeststellung berücksichtigte das FA wegen der sich daraus ergebenden Gewerbesteuernachzahlung eine Rückstellung. Die Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1691 veröffentlichten Gründen hingegen statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt sinngemäß,die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Entgegen der Auffassung des FG kann die Klägerin von der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG keinen Gebrauch machen. Dies ergibt sich entweder daraus, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind, oder aber aus § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG.
a) Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. April 2000 VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359, m.w.N.). Danach ist § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Grundstücksunternehmen infolge einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird dann als gewerbliche Tätigkeit beurteilt und schließt eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus (BFH-Urteile vom 29. März 1973 I R 174/72, BFHE 109, 456, BStBl II 1973, 686; vom 22. Februar 2005 VIII R 53/02, BFH/NV 2005, 1624).
Nach den vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob zwischen der Klägerin und der W-KG eine personelle Verflechtung in dem für eine Betriebsaufspaltung erforderlichen Umfang bestand. Zwar war die S-GmbH an der Klägerin und mittelbar auch an der W-KG beteiligt. Dass die Beteiligung an der W-KG mittelbar über die U-GmbH gehalten wurde, steht einer personellen Verflechtung nicht entgegen, weil auch eine mittelbar über eine Kapitalgesellschaft gehaltene Beteiligung an der Betriebsgesellschaft für eine personelle Verflechtung im Sinne der Grundsätze zur Betriebsaufspaltung ausreicht (BFH-Urteile vom 14. August 1974 I R 136/70, BFHE 114, 98, BStBl II 1975, 112; vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60; vom 29. November 2007 IV R 82/05, BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471). An der alleinigen Kommanditistin der W-KG war aber neben der U-GmbH auch X beteiligt. Dass seine Beteiligung einer Beherrschung der W-KG durch die S-GmbH nicht entgegenstand, erscheint zwar naheliegend, kann aber anhand der getroffenen Feststellungen und vorliegenden Akten nicht mit letzter Sicherheit geklärt werden.
b) Im Ergebnis kann die Existenz einer Betriebsaufspaltung aber dahinstehen, weil auch bei deren Fehlen und damit der Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG die erweiterte Kürzung durch § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG in seiner für das Streitjahr geltenden Fassung (heute § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG) ausgeschlossen war. Nach dieser Vorschrift kann die erweiterte Kürzung nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. "Gesellschafter" im Sinne dieser Regelung ist nach dem Senatsurteil vom 7. August 2008 IV R 36/07 (BFH/NV 2009, 85) jeder persönlich haftende Gesellschafter, und zwar selbst dann, wenn er am Vermögen der Grundstückspersonengesellschaft nicht beteiligt ist und ihm kein Anteil am Gewinn und Verlust dieser Gesellschaft zusteht. Der Senat kann sich aus den in jenem Urteil genannten Gründen der im hiesigen Fall vom FG vertretenen gegenteiligen Ansicht nicht anschließen.
Nach ständiger Rechtsprechung dient Grundbesitz auch dann dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters des Grundstücksunternehmens, wenn das Grundstück von einer Mitunternehmerschaft genutzt wird, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1998 VIII R 77/93, BFHE 187, 326, BStBl II 1999, 168; vom 7. April 2005 IV R 34/03, BFHE 209, 133, BStBl II 2005, 576). Auch in diesem Zusammenhang kommt es jedenfalls bei persönlich haftenden Gesellschaftern lediglich auf die Stellung als Mitunternehmer an. Einer Beteiligung am Vermögen oder Gewinn bedarf es nicht.
Nach diesen Grundsätzen werden die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG dadurch erfüllt, dass die T-GmbH sowohl Mitunternehmerin der Klägerin als auch der W-KG war. Die erweiterte Kürzung kann danach von der Klägerin nicht in Anspruch genommen werden.
2. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2177966 |
BFH/NV 2009, 1279 |
HFR 2009, 997 |