Entscheidungsstichwort (Thema)
(Preisnachlaß beim Erwerb vom Arbeitgeber als Arbeitslohn)
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt der Arbeitnehmer einer Anlagenvermittlungsgesellschaft von dieser Anlageobjekte und erhält er hierfür einen als Vermittlungsprovision bezeichneten Preisnachlaß, der gewöhnlichen Kunden nicht eingeräumt wird, so stellt der Preisnachlaß steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
Orientierungssatz
1. Die Zuwendung eines geldwerten Vorteils aus dem Dienstverhältnis kann auch darin liegen, daß der Arbeitgeber Gegenstände an seine Arbeitnehmer zu verbilligten Preisen verkauft; der Vorteil besteht hierbei in dem Unterschiedsbetrag zwischen dem konkreten Kaufpreis und dem örtlichen Mittelpreis (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG), den der Arbeitnehmer ansonsten zum Erwerb des Gegenstandes aufwenden müßte (vgl. BFH-Urteil vom 19.4.1974 VI R 107/70).
2. Daß ein Vorteil nur dann als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren ist, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlaßt ist, bedeutet nicht, daß die Leistung des Arbeitgebers für eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers erbracht sein muß. Maßgebend ist vielmehr, daß sich die Einnahme des Arbeitnehmers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG 1981 § 19 Abs. 1; LStDV 1981 § 2; EStG 1981 § 8 Abs. 2 S. 1, Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 15.10.1987; Aktenzeichen 5 K 242/86) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als kaufmännischer Angestellter bei einer Anlagenvermittlungsgesellschaft beschäftigt. Von dieser erwarb er im Streitjahr 1983 einen Anteil an einem Immobilienfonds sowie eine Eigentumswohnung. Die Arbeitgeberin gewährte dem Kläger durch Preisnachlaß eine Vermittlungsprovision von insgesamt 24 397,25 DM, die sie dem Lohnsteuerabzug unterwarf und auf der Lohnsteuerkarte des Klägers als Arbeitslohn auswies. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte den Kläger dementsprechend zur Einkommensteuer.
Die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Behandlung der Provision als steuerpflichtigen Arbeitslohn wandte, blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 75 veröffentlichten Urteils im wesentlichen aus: Zum Arbeitslohn gehöre grundsätzlich auch die verbilligte Überlassung von Waren durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer, wenn die Vorteilsgewährung auf dem Dienstverhältnis beruhe. Vorliegend hätte ein gewöhnlicher Kunde keine Vermittlungsprovision erhalten. Dem Kläger sei ein Sondervorteil zugewendet worden, dessen Ursache in dem Arbeitsverhältnis liege.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Preisnachlaß sei nicht in seinem Interesse, sondern --zwecks Werbung und Absatzsteigerung-- im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse seiner Arbeitgeberin gewährt worden; eine Entlohnung des jeweiligen Arbeitnehmers sei damit nicht bezweckt gewesen. Außerdem habe er die von ihm gezeichneten Objekte zum gleichen Preis erhalten wie auch außerhalb des Betriebs stehende selbständige Handelsvertreter. Der Preisnachlaß sei nicht in dem Arbeitsverhältnis, sondern in einer sonstigen geschäftlichen Verbindung begründet gewesen. Selbst wenn man eine Einnahme bejahe, sei ihm diese nicht aus seinem individuellen Dienstverhältnis zugeflossen. Er habe Finanzierungsunterlagen im Innendienst bearbeitet, nicht aber die von seiner Arbeitgeberin vertriebenen Kapitalanlagen vermittelt. Im übrigen entspreche es der langjährigen Praxis der Finanzverwaltung, daß geldwerte Vorteile aus verbilligtem Bezug z.B. von Kraftfahrzeugen nicht zu versteuern seien, sofern der Arbeitnehmer den Gegenstand eine gewisse Zeit zum persönlichen Gebrauch verwende.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer für das Jahr 1983 auf null DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat den Preisnachlaß, den der Kläger beim Erwerb der Anlageobjekte von seiner Arbeitgeberin erhalten hatte, ohne Rechtsverstoß als steuerpflichtige Lohnzuwendung angesehen.
1. Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß zum Arbeitslohn auch geldwerte Vorteile gehören, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen (§ 19 des Einkommensteuergesetzes 1981 --EStG--, § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1981 --LStDV--). Die Zuwendung eines geldwerten Vorteils aus dem Dienstverhältnis kann auch darin liegen, daß der Arbeitgeber Gegenstände an seine Arbeitnehmer zu verbilligten Preisen verkauft; der Vorteil besteht hierbei in dem Unterschiedsbetrag zwischen dem konkreten Kaufpreis und dem örtlichen Mittelpreis (vgl. § 8 Abs.2 Satz 1 EStG), den der Arbeitnehmer ansonsten zum Erwerb des Gegenstandes aufwenden müßte (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19.April 1974 VI R 107/70, BFHE 115, 98, BStBl II 1975, 383).
2. Die Ausführungen, mit denen das FG den objektiven Zusammenhang zwischen den in Form des Preisnachlasses dem Kläger zugeflossenen Vorteil und dem Arbeitsverhältnis des Klägers bejaht hat, sind nicht zu beanstanden. Preisnachlässe in einer Höhe, wie sie auch im normalen Geschäftsverkehr eingeräumt werden, stellen zwar keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Denn da auch andere Personen als die Arbeitnehmer des Verkäufers den Vorteil erhalten können, wird dieser nicht i.S. von § 19 Abs.1 Nr.1 EStG "für" eine Beschäftigung und damit nicht nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis gewährt (vgl. BFH-Urteil vom 2.Februar 1990 VI R 15/86, BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472). Zu Unrecht beruft sich jedoch der Kläger darauf, der ihm gewährte Preisnachlaß sei deshalb nicht in dem Arbeitsverhältnis begründet, weil er die Objekte zum gleichen Preis erhalten habe wie außerhalb des Unternehmens stehende Handelsvertreter, welche die Vermittlung der Anlageobjekte betrieben hätten. Bei seiner Sachverhaltswürdigung hat das FG darauf abgestellt, daß einem gewöhnlichen Kunden der Preisnachlaß in Gestalt der Vermittlungsprovision nicht gewährt worden wäre. Ausgehend von dieser Feststellung, gegen die begründete Revisionsrügen nicht erhoben worden sind, konnte das FG rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangen, daß der Kläger einen Sondervorteil erhalten hatte, dessen Ursache in dem Arbeitsverhältnis begründet war. Der Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis des Klägers wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß auch selbständig tätige Vermittler im Erfolgsfalle Provisionen und bei Eigengeschäften einen entsprechenden Preisnachlaß erhielten. Da die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin als Käufer und Verkäufer keinen Anlaß für den Preisnachlaß gaben, ist dieser ausschließlich aus dem Arbeitsverhältnis zu erklären.
3. Die Annahme einer Lohnzuwendung wird im Streitfall auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger meint, allein die Arbeitgeberin habe ein Interesse an der Gewährung des Preisnachlasses gehabt. Allerdings liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers getätigt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 21.Februar 1986 VI R 21/84, BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406, mit weiteren Nachweisen). Im Streitfall hatte zwar die Arbeitgeberin des Klägers ein Interesse daran, daß ihre Arbeitnehmer die von ihr vertriebenen Anlageobjekte und nicht diejenigen der Konkurrenz erwarben. Dem stand jedoch das Interesse des Klägers gegenüber, marktgängige Immobilienanlagen verbilligt überlassen zu bekommen. Dieser Vorteil des Klägers tritt gegenüber dem eigenen Interesse seiner Arbeitgeberin nicht in den Hintergrund. Die Gewährung des Vorteils liegt daher nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Arbeitgeberin. Die entgegenstehende Entscheidung des FG Rheinland- Pfalz (EFG 1987, 559), auf die der Kläger sich beruft, hat der erkennende Senat mit Urteil vom 30.Juni 1989 VI R 130/87 (BFH/NV 1990, 493) aufgehoben.
4. Die Annahme einer Lohnzuwendung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger nicht mit der Vermittlung der von seiner Arbeitgeberin vertriebenen Kapitalanlagen befaßt war, sondern eine anderweitige Tätigkeit im Innendienst ausübte. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 17.September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39) ist ein Vorteil nur dann als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlaßt ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Leistung des Arbeitgebers für eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers erbracht sein muß (BFH-Urteil vom 22.März 1985 VI R 26/82, BFHE 143, 539, BStBl II 1985, 641). Maßgebend ist vielmehr, daß sich die Einnahme des Arbeitnehmers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 7.Dezember 1984 VI R 164/79, BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164, 167, 1.Sp.). Dies aber ist hier der Fall.
5. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der ihm eingeräumte Preisnachlaß sei deshalb nicht als Arbeitslohn zu behandeln, weil nach der langjährigen Praxis der Finanzverwaltung geldwerte Vorteile aus dem verbilligten Bezug z.B. von Kraftfahrzeugen nicht versteuert würden. Abgesehen davon, daß Verwaltungsanweisungen keine Rechtsnormen sind und deshalb für die Gerichte keine Bindungswirkung entfalten, ist die von der Verwaltung früher praktizierte steuerliche Begünstigung des Erwerbs von sog. Jahreswagen durch die Neuregelung des § 8 Abs.3 EStG ab 1990 hinfällig geworden. Dieser Vorschrift ist entgegen der Auffassung des Klägers gerade zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei verbilligter Überlassung von Waren an Arbeitnehmer das Vorliegen von Arbeitslohn bejaht; denn ansonsten hätte es nicht der eingeschränkten Steuerbefreiung gemäß § 8 Abs.3 Satz 2 EStG bedurft.
Fundstellen
Haufe-Index 64310 |
BFH/NV 1992, 69 |
BStBl II 1992, 840 |
BFHE 168, 191 |
BFHE 1993, 191 |
BB 1993, 711 |
BB 1993, 711-712 (LT) |
DB 1992, 2175 (L) |
DStR 1992, 1283 (KT) |
DStZ 1992, 601 (KT) |
HFR 1992, 535 (LT) |
StE 1992, 491 (K) |