Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
Die jederzeitige Austauschbarkeit eines Grundstücks ist lediglich Indiz für sein besonderes Gewicht als Betriebsgrundlage.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks im Innenbereich der Stadt Z. Ein Teil dieses Grundstücks diente bis zum Jahre 1980 als Sonderbetriebsvermögen der Kläger dem Geschäftsbetrieb einer KG, an der die Kläger ebenfalls je zur Hälfte beteiligt waren.
Der Geschäftsbetrieb der KG umfaßte einen Güternah- und -fernverkehr, einen Möbeltransport und ein Möbellager. Im Laufe des Jahres 1980 wurden die Konzessionen für den Güterfernverkehr einschließlich der dazugehörigen LKW veräußert. Der Möbeltransport und das Möbellager wurden von einer zum Zwecke der Betriebsübernahme gegründeten GmbH fortgeführt, an deren Stammkapital die Kläger ebenfalls je zur Hälfte beteiligt waren. Die Möbelfahrzeuge und das weitere bisherige Umlaufvermögen der KG wurden auf die GmbH übertragen, der betrieblich genutzte Grundstücksteil wurde von den Klägern an die GmbH verpachtet.
Auf diesem Grundstücksteil (458 qm) befanden sich im Zeitpunkt der Verpachtung eine Lager- und Kraftfahrzeughalle sowie mehrere Garagen; der Rest wurde als Hoffläche genutzt. Ein weiterer Grundstücksteil war mit einem Wohngebäude bebaut und diente nur mit einem Büroraum (38 qm mit Empfangsraum für Kunden) betrieblichen Zwecken. Der größte Teil der Aufträge für das Unternehmen wurde von einem Büro außerhalb der Stadt in X beschafft. Im Jahre 1992 wurden Verhandlungen über eine Verlagerung des Betriebs geführt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) kam im Anschluß an eine im Jahre 1984 durchgeführte Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, daß eine Betriebsaufspaltung vorliege und erfaßte ab 1980 die gezahlten Pachtzinsen als Einnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einer aus den Klägern bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese Auffassung vertraten zunächst auch die Kläger. Sie änderten diese jedoch nach Ergehen des Urteils des Senats vom 25. Oktober 1988 VIII R 339/92 (BFHE 154, 539, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1989, 145) für die noch offenen Streitjahre 1985 und 1987 und wiesen darauf hin, daß das Grundstück für die Zwecke des Betriebsunternehmens nicht besonders hergerichtet worden sei. Die GmbH könne ihren Gewerbebetrieb in jeder beliebigen Halle ausüben. Die Lage des Grundstücks im Innenstadtbereich sei für den Betrieb wegen der ungünstigen Verkehrssituation sogar eher schädlich. Die Einsprüche blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die von den Klägern bezogenen Pachtzinsen sind nach den für die Betriebsaufspaltung geltenden Grundsätzen als Einnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu erfassen (§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 4 Abs. 1 EStG).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Betriebsaufspaltung anzunehmen, wenn einer Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft) wesentliche Grundlagen ihres Betriebes überlassen werden (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Besitzunternehmen stehenden Personen ihren Willen auch in der Betriebsgesellschaft durchsetzen können (personelle Verflechtung, vgl. BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).
Die Voraussetzungen der personellen Verflechtung sind im Streitfall gegeben. Die Kläger sind an der Besitzgemeinschaft und der Betriebsgesellschaft zu gleichen Teilen beteiligt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 2. Augsut 1972 IV 87/65, BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796, ständige Rechtsprechung). Träger des Besitzunternehmens kann auch eine Gemeinschaft nach Bruchteilen sein (BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296). Der Senat läßt deshalb offen, ob die gemeinschaftliche Verpachtung des Grundstücks im Streitfall im Rahmen einer GbR vorgenommen wurde.
2. Es liegen auch die Voraussetzungen einer sachlichen Verflechtung vor.
a) Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zumindest eine für dieses wesentliche Betriebsgrundlage überläßt. Grundstücke sind eine wesentliche Grundlage in diesem Sinne, wenn sie zur Erreichung des Betriebszwecks der Betriebsgesellschaft erforderlich sind und besonderes Gewicht für deren Betriebsführung besitzen (BFH-Urteil vom 17. November 1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233 m.w.N.).
b) Der im Streitfall verpachtete Betriebsteil erfüllt diese Voraussetzungen.
aa) Daß er zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich war, ergibt sich aus der Art seines Einsatzes für den Betrieb. Mit Ausnahme des auswärtigen Büros in X - dessen Bedeutung im einzelnen vom FG zwar nicht festgestellt wurde, in dem aber nur ein Teil der Verwaltungsarbeiten erledigt wurde - wurden alle betrieblichen Geschäfte einschließlich der Verwaltung und Geschäftsführung auf diesem Grundstücksteil und dem ihm angegliederten Büroraum abgewickelt.
bb) Das Grundstück war für den Betrieb der GmbH auch von besonderem Gewicht.
Maßgebend hierfür ist das Gesamtbild der tatsächlichen oder beabsichtigten Nutzung (BFH in BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233). Dieses Gesamtbild wird nicht geprägt durch die jederzeitige Austauschbarkeit des Betriebsgrundstücks mit anderen am Markt angebotenen Grundstücken (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 X R 78/91, BStBl II 1993, 718) oder allein durch den besonderen Zuschnitt des Grundstücks bzw. dessen besonderer Gestaltung für die Zwecke des Betriebs (BFH in BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233). Es wird - wie der erkennende Senat in dem zuletzt genannten Urteil ausgeführt hat - vor allem auch bestimmt durch die räumliche Zusammenfassung der für den Betrieb - in seiner bisherigen Form (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014) - erforderlichen Betriebsmittel auf einem Grundstück. Eine solche räumliche Einheit wird hier mittels des Grundstücks hergestellt (für Lager- und Kraftfahrzeughalle, Garagen, Hof- und Ladefläche mit Zufahrt und die Büroräume). Hinzu kommt, daß das Grundstück Teil der wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit des fortgeführten früheren Unternehmens der KG ist und daß bei einem alteingesessenen Unternehmen die Lage ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Geschäftswerts ist.
Fundstellen
Haufe-Index 419289 |
BFH/NV 1994, 228 |