Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Übertragung der nicht ausgenutzten Anspruchsberechtigung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 EigZulG auf Folgeobjekt
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt ein Ehegatte von seinem verstorbenen Ehegatten infolge Erbfalls den Miteigentumsanteil an der gemeinsamen Wohnung hinzu und wird Alleineigentümer, kann er nach der Neuregelung durch das HBeglG 2004 Eigenheimzulage bis zum Ende des Förderzeitraums für das gesamte Objekt erhalten, auch wenn er bereits für ein anderes Objekt eine Förderung in Anspruch genommen hatte. Entfällt wegen Aufgabe der Eigennutzung die Voraussetzung für die weitere Inanspruchnahme der Eigenheimzulage, kann er hinsichtlich des nicht ausgenutzten Förderzeitraums die Eigenheimzulage aber nicht für ein Folgeobjekt beanspruchen. Für diesen Fall gilt der Ausschluss der Objektverbrauchsregelung in § 6 Abs. 2 Satz 4 EigZulG nicht.
Normenkette
EigZulG § 6 Abs. 1, 2 Sätze 1, 3-4; EStG §§ 10e, 26 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr am 22. August 1999 verstorbener Ehemann hatten für ein in gemeinschaftlichem Eigentum stehendes Haus in der Zeit von 1989 bis 1997 die Wohneigentumsförderung nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen. Seit 1997 hatten sie für ein weiteres Objekt Eigenheimzulage bezogen. Das zuständige Finanzamt hob mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. Oktober 1999 die Festsetzung der Eigenheimzulage ab 2000 mangels Eigennutzung auf.
Die Klägerin erwarb 1999 ein Grundstück mit einem noch zu errichtenden Einfamilienhaus für 290 000 DM, das sie seit 18. März 2000 selbst bewohnt. Hierfür begehrte sie als Folgeobjekt vergeblich ab dem Jahr 2000 Eigenheimzulage. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, da sie als Miteigentümerin des eigengenutzten Hauses bereits Abzugsbeträge nach § 10e EStG in Anspruch genommen habe, sei mit dem Tod des Ehemannes Objektverbrauch eingetreten. Das Zweitobjekt könne deshalb ebenso wenig weiter gefördert werden wie ein Folgeobjekt.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage als unbegründet ab. Es war der Auffassung, das FA habe zu Recht Objektverbrauch bei der Klägerin bejaht. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1499 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin eine Verletzung des § 6 Abs. 2 Satz 3 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) geltend.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und Eigenheimzulage ab dem Veranlagungszeitraum 2000 zu gewähren.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin steht die beantragte Eigenheimzulage nicht zu, weil bei ihr bereits Objektverbrauch eingetreten ist.
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für ein Objekt (Wohnung, Ausbau oder Erweiterung) in Anspruch nehmen. Eheleute erhalten die Förderung ―ungeachtet der Eigentumsverhältnisse― für zwei Objekte (§ 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG). Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, steht jeder Anteil an dieser Wohnung einer Wohnung gleich (§ 6 Abs. 2 Satz 1 EigZulG). Sind Ehegatten Eigentümer der Wohnung, gilt jedoch die Wohnung nur als ein Objekt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG), solange bei ihnen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen. Entfallen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung, sind die Miteigentumsanteile wieder als selbständige Objekte zu behandeln. Der suspendierte Objektverbrauch lebt wieder auf (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundesfinanzhof ―BFH―, Beschluss vom 2. Februar 2000 X B 80/99, BFH/NV 2000, 945; BFH, Urteil vom 15. März 2000 X R 56/97, BFHE 191, 334, BStBl II 2000, 419, jeweils m.w.N.), so dass mit dem Tod eines Ehegatten keine Förderberechtigung für ein zweites Objekt mehr besteht.
Entfallen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG durch den Tod eines Ehegatten und erwirbt der überlebende Ehegatte an der beiden Eheleuten gehörenden Wohnung infolge des Erbfalls einen Miteigentumsanteil hinzu, kann er aber nach § 6 Abs. 2 Satz 3 EigZulG, der wortgleich aus der früheren Regelung in § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG übernommen worden ist, den auf diesen Anteil entfallenden Fördergrundbetrag weiter in der bisherigen Höhe in Anspruch nehmen. Diese Regelung schützt das Vertrauen des überlebenden Ehegatten auf das Fortbestehen der von beiden Eheleuten gewählten Förderung, indem die Miteigentumsanteile an der eigengenutzten Wohnung trotz Wegfalls der Zusammenveranlagungsvoraussetzungen wie zuvor (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG) als ein Objekt behandelt werden (BFH-Beschluss vom 20. März 2002 IX B 160/01, BFH/NV 2002, 903, m.w.N.). Nach der bisherigen Regelung und Rechtsprechung konnte der überlebende Ehegatte die Förderung für den eigenen und den infolge Erbfalls hinzu erworbenen Anteil aber nur dann weiterhin in Anspruch nehmen, wenn er zuvor noch keine Förderung für ein anderes Objekt beansprucht hatte (BFH, Beschluss vom 31. Mai 2000 X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461, m.w.N.).
Nach § 6 Abs. 2 Satz 4 EigZulG i.d.F. des Art. 6 Nr. 3 des Haushaltsbegleitgesetzes (HBeglG) 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 3076) ist die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, dass der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für ein Objekt erhalten kann, bei Hinzuerwerb des Anteils an einer begünstigten Wohnung infolge Erbfalls jedoch nicht (mehr) anzuwenden. Wenn die Klägerin die Wohnung weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzt hätte, hätte ihr daher der Fördergrundbetrag bis zum Ende des Förderzeitraums zugestanden, obwohl sie bereits für ein anderes Objekt die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG erhalten hatte.
Der Ausschluss der Objektverbrauchsregelung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 EigZulG i.d.F. des HBeglG 2004 gilt aber nur für den Fall, dass der überlebende Ehegatte das ererbte Objekt weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzt und hierfür Eigenheimzulage in Anspruch nimmt. Entfällt wegen Aufgabe der Eigennutzung die Voraussetzung für die weitere Inanspruchnahme der Eigenheimzulage für das ererbte Objekt, kann er hinsichtlich des nicht ausgenutzten Förderzeitraums die Eigenheimzulage nicht für ein weiteres Objekt (Folgeobjekt, § 7 EigZulG) beanspruchen, wenn er bereits früher eine Förderung i.S. des § 6 Abs. 3 EigZulG erhalten hat. Der Erwerb eines Folgeobjekts ist nicht mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils vom Ehegatten infolge Erbfalls gleichzusetzen. Denn das Folgeobjekt ist ein eigenständiges Objekt i.S. des § 2 EigZulG (§ 7 Satz 2 EigZulG), das nicht mit der zuvor gemeinsam mit dem Ehegatten genutzten Wohnung als identisch anzusehen ist.
Wird daher nach dem Tod des Ehegatten ein weiteres Objekt erworben, gilt wieder die Grundregel des § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, dass Eigenheimzulage nur für ein Objekt in Anspruch genommen werden kann.
Dies entspricht auch dem Zweck des neu eingefügten § 6 Abs. 2 Satz 4 EigZulG, der Härten vermeiden will, die durch den Wegfall der Eigenheimzulage infolge des Todes eines Ehegatten eintreten können, wenn die Eheleute beim Erwerb der Wohnung die Eigenheimzulage in ihre Finanzierungsüberlegungen einbezogen haben. Dieser Gesichtspunkt kommt nicht zum Tragen, wenn nach dem Tod des Ehegatten die Eigennutzung der Wohnung vor Ablauf des Förderzeitraums aufgegeben und ein anderes Objekt angeschafft wird.
2. Dieser Auslegung widerspricht nicht Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Es besteht kein aus Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitender Anspruch darauf, als geschiedener oder verwitweter Ehegatte mit fortdauernden Ehegemeinschaften gleich behandelt zu werden (Bundesverfassungsgericht ―BVerfG―, Beschluss vom 26. Februar 1993 2 BvR 164/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 408; vgl. auch Kammerbeschluss vom 19. Juli 2004 1 BvR 1174/04, Deutsche Steuer-Zeitung 2004, 685, mit dem die Verfassungsbeschwerde gegen den BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 903 nicht zur Entscheidung angenommen worden ist). Auch Gründe des Vertrauensschutzes gebieten keine Gleichbehandlung. Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin das Objekt erst nach dem Tod ihres Ehegatten erworben hat. Darüber hinaus macht das Gesetz deutlich, dass die Förderung der Ehegatten nur unter den Voraussetzungen für zwei Objekte gewährt wird, dass die Ehe fortbesteht und die Ehegatten die in § 26 Abs. 1 EStG genannten Voraussetzungen erfüllen. Die Klägerin wird durch den Tod ihres Ehegatten nicht schlechter gestellt als andere nicht verheiratete Anspruchsberechtigte. Es steht im Ermessen des Gesetzgebers, wie er die Eigenheimförderung ausgestaltet. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerfG vom 26. April 1998 1 BvL 84/86, BVerfGE 78, 104, 121, m.w.N.) hat er im Bereich der darreichenden Verwaltung einen weiten Gestaltungsspielraum, der lediglich durch das Willkürverbot begrenzt wird (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 III R 33/01, BFHE 201, 379, BStBl II 2003, 322, unter II. 3. a, m.w.N.).
3. Da die Klägerin für ihren Miteigentumsanteil am gemeinsamen Haus bereits die Förderung nach § 10e EStG in Anspruch genommen hatte, ist mit dem Tod ihres Ehemannes Objektverbrauch eingetreten und die Förderberechtigung für ein weiteres Objekt entfallen.
Fundstellen
Haufe-Index 1252095 |
BFH/NV 2004, 1695 |
BStBl II 2005, 86 |
BFHE 2005, 288 |
BFHE 207, 288 |
BB 2004, 2566 |
DB 2005, 538 |
DStRE 2004, 1463 |
DStZ 2004, 852 |
HFR 2005, 9 |