Leitsatz (amtlich)
Das den Bediensteten der Deutschen Bundespost gestattete kostenlose Führen privater Ferngespräche auf Dienstapparaten ist bei ihnen ein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1; LStDV § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob in der von der Deutschen Bundespost (Klägerin und Revisionsbeklagte - Klägerin -) ihren Arbeitnehmern gestatteten unentgeltlichen Benutzung von Dienstfernsprechern (mit Ausnahme der Benutzung von Wohnungsdienstanschlüssen) für private Ferngespräche lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu sehen ist.
I. Sachverhalt und Entscheidung des Finanzgerichts
Die Klägerin beschäftigte in den Streitjahren 1964 bis 1968 im Lande Berlin durchschnittlich etwa 22 000 bis 22 400 Arbeitnehmer. Ihnen standen aus dienstlichen Gründen in den Diensträumen durchschnittlich etwa 8 000 bis 8 500 Telefonapparate zur Verfügung. Die Apparate waren teilweise als Einzelapparate in Einzelzimmern vorhanden, teilweise standen einzelnen Arbeitnehmern auch mehrere Dienstapparate zur Verfügung (Telegrammaufnahme, Auskunft usw.). Viele Arbeitnehmer (insbesondere die Postzusteller) verfügten gemeinschaftlich über nur einen Dienstapparat. Die Klägerin erlaubt ihren Bediensteten nach § 12 der Bestimmungen über die dienstlichen Fernsprecheinrichtungen und Dienstgespräche die private Benutzung von Dienstanschlüssen in bestimmten Grenzen. Danach sind private Orts- und Ferngespräche auf Dienstanschlüssen außerhalb der Hauptverkehrsstunden nach Orten, die im Selbstwählferndienst erreichbar sind, gebührenfrei. Private Ferngespräche im handvermittelten Ferndienst sind für Bedienstete der Klägerin gebührenpflichtig; private Auslandsgespräche im Selbstwählferndienst sind ihnen verboten. Im Inland dürfen während der Hauptverkehrsstunden (von 9 Uhr bis 12 Uhr, von 14 Uhr bis 17 Uhr und von 22 Uhr bis 22.30 Uhr) oder zu Zeiten starker Inanspruchnahme der Fernleitungen private Ferngespräche im Selbstwähldienst nicht geführt werden. Private Ferngespräche müssen, soweit sie hiernach erlaubt sind, auf unbedingt notwendige Sprechzeiten beschränkt werden; sie sollen keinesfalls sechs Minuten übersteigen. Es ist den Angehörigen der Klägerin untersagt, private Ferngespräche für Dritte oder im Auftrag Dritter zu führen. Diese Bestimmungen werden jedem Postbediensteten jährlich gegen Unterschriftsleistung bekanntgegeben. Ein Abdruck liegt bei fast jedem Dienstapparat.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) sieht in der Zurverfügungstellung der Dienstfernsprecher für private Ferngespräche im Inland einen geldwerten Vorteil, der als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sei. Das FA ging davon aus, daß die im August 1969 bei der Klägerin in Berlin tätigen 22 352 Arbeitnehmer durchschnittlich für 7 DM jährlich privat von Berlin (West) in das übrige Bundesgebiet telefoniert hätten. Es forderte deshalb von der Klägerin mit Haftungsbescheid vom 2. März 1970 103 266 DM Lohnsteuer nach (22 352 Arbeitnehmer x 7 DM x 5 Jahre = 782 320 DM; darauf Anwendung eines Pauschalsteuersatzes von 13,2 % Lohnsteuer). Der Einspruch hatte in diesem Punkt keinen Erfolg.
Das FG gab der Klage durch das in den EFG 1974, 172, veröffentlichte Urteil statt. Es führte aus, die den Arbeitnehmern der Klägerin gebotene Möglichkeit, Dienstfernsprecher in engem begrenzten Rahmen privat kostenfrei für Gespräche in das übrige Bundesgebiet zu benutzen, sei eine steuerfreie Annehmlichkeit. Zu den lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteilen i. S. des § 2 Abs. 1 LStDV könne zwar auch das kostenfreie Zurverfügungstellen eines Dienstapparates für Privatzwecke gehören. Voraussetzung sei jedoch, daß der Arbeitnehmer auf diese Weise Ausgaben in nicht ganz unbedeutendem Umfang erspart habe, die er sonst aus seinen eigenen Mitteln hätte bestreiten müssen. Eine solche Ersparnis läge im Streitfall nicht vor. Es sei von der glaubhaften Erklärung der Klägerin auszugehen, daß von Berlin aus viel weniger in das übrige Bundesgebiet telefoniert werde und die Kosten längst nicht so hoch seien, als man allgemein annehme. Da das FA dem Gericht kaum nachprüfbare Schätzungsgrundlagen und insbesondere kein statistisches Material unterbreitet habe, sei das Gericht überzeugt, daß die Schätzung des FA viel zu hoch sei. Es sei zu berücksichtigen, daß die Führungskräfte der Klägerin viel lieber von ihren Wohnungsdienstanschlüssen aus in das übrige Bundesgebiet telefonierten, weil solche Gespräche in der Wohnung ungestörter geführt werden könnten. Hierdurch entständen ihnen keine Mehrkosten, da sie den Wert der Privatnutzung ihrer Wohnungsdienstanschlüsse nach einer entsprechenden Vereinbarung der Klägerin mit der Finanzverwaltung nur pauschal dem Lohnsteuerabzug unterwerfen müßten. Es komme hinzu, daß der Wert der Telefongespräche, die ein Arbeitnehmer nicht führen würde, wenn er sie selbst zu bezahlen hätte, die er also nur führe, weil er das von seinem Dienstapparat aus kostenfrei tun könne, ohnehin als steuerfreie Annehmlichkeit anzusehen sei. Hierdurch werde nichts erspart, was als geldwerter Vorteil i. S. des Lohnsteuerrechts zu bewerten sei. Die hiernach verbleibenden echten Ersparnisse einiger Arbeitnehmer der Klägerin seien so gering, daß auch dies nur als bloße Annehmlichkeit anzusehen sei. Dieser Ansicht stehe das Urteil des BFH vom 15. Juni 1973 VI R 85/71 (BFHE 109, 526, BStBl II 1973, 781) nicht entgegen, nach dem die Überlassung eines PKW des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer zur kostenlosen privaten Benutzung auch dann als Sachlohn anzusehen sei, wenn der Arbeitnehmer sich nach seinen Einkommensverhältnissen sonst einen PKW privat nicht anschaffen würde. Diese Überlassung eines PKW sei mit der Mitbenutzung eines Dienstapparates im Dienstzimmer nicht vergleichbar.
II. Revision des Finanzamts
Das FA rügt mit der Revision die Verletzung der §§ 2 und 3 LStDV. Das FG habe den Begriff der Annehmlichkeit offensichtlich verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z. B. die Grundsatzentscheidung vom 26. April 1963 VI 291/62 U, BFHE 77, 35, BStBl III 1963, 329) fielen hierunter nur solche Vorteile aus dem Dienstverhältnis, die keinen objektiven, in Geld ausdrückbaren Mehrwert für den Arbeitnehmer begründeten, wie z. B. betriebliche Waschräume und Sportanlagen. Eine Bereicherung liege hingegen vor, wenn die Arbeitnehmer - wie im Streitfall - bestimmte Ausgaben der Lebensführung ersparten. Es komme entgegen der Ansicht des FG nicht darauf an, ob der Postbedienstete im Streitfall gebührenfreie Ferngespräche von seinem Amtsapparat aus geführt habe, die er von seinem häuslichen Fernsprecher kostenpflichtig nicht führen würde. Nach der Rechtsprechung des BFH seien für die Besteuerung von Sachbezügen allein objektive Merkmale dafür maßgebend, ob einem Arbeitnehmer geldwerte Vorteile zugeflossen seien. Dies könne nicht nach der persönlichen Einstellung, den privaten Verhältnissen und den Bedürfnissen des Arbeitnehmers entschieden werden. Abzulehnen sei auch die Ansicht des FG, die Vorteilsgewährung hielte sich im Streitfall schon deshalb in engen Grenzen, weil die Sprechzeiten gewissen Einschränkungen unterlägen. Das Gericht sei auch zu Unrecht der Erklärung der Klägerin gefolgt, von Berlin aus werde nur relativ wenig in das Bundesgebiet telefoniert, weil durchschnittlich nur 10 v. H. aller Westberliner Fernsprechteilnehmer derartige Ferngespräche führten. Man müsse davon ausgehen, daß die geringe Anzahl von Ferngesprächen vor allem auf Kostenersparnisüberlegungen beruhe. Solche Hinderungsgründe bestünden im Streitfall bei der Kostenfreiheit privater Ferngespräche auf Dienstfernsprechern nicht. Die von den Führungskräften der Klägerin aufzubringende monatliche Pauschalgebühr von 10 DM für die private Benutzung von Wohnungsdienstanschlüssen erstrecke sich nur auf 100 Gebühreneinheiten ... 45 Sekunden. Daher führe sicherlich auch dieser Personenkreis in den Diensträumen viele private Ferngespräche. Es, das FA, habe aus Vereinfachungsgründen ein pauschales Schätzungsverfahren gewählt, weil die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung keine abweichenden Schätzungsvorschläge gemacht habe. Bei voller Anerkennung der einer Schätzung stets innewohnenden Unsicherheit müsse die Schätzung als maßvoll und als nicht überhöht angesehen werden. Es habe dem Umstand angemessen Rechnung getragen, daß einige Postbedienstete private Gespräche im Selbstwählfernverkehr nur selten oder gar nicht geführt hätten.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
III. Einwendungen der Klägerin und Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie meint, zu den steuerfreien Annehmlichkeiten könnten auch solche Vorteile aus dem Dienstverhältnis gehören, die einen objektiven, in Geld ausdrückbaren Mehrwert für den Arbeitnehmer begründeten. So dürften beispielsweise nach Abschn. 13 LStR 1972 die Mengen Tabak und Bier, die die Arbeitgeber einschlägiger Betriebe unentgeltlich und lohnsteuerfrei ihren Arbeitnehmern überlassen dürften, einen Wert von mehr als 50 DM im Monat haben. In der Automobilindustrie könnten Arbeitnehmer ein Auto lohnsteuerfrei zum Nettopreis (80 % des Listenpreises) erwerben mit der Auflage, es erst nach einem Jahr weiterzuveräußern. Dabei spare der Arbeitnehmer lohnsteuerfrei je nach Art des Fahrzeugs Beträge von weit über 1 000 DM. Das Personal von Warenhäusern dürfe im eigenen Betrieb lohnsteuerfrei verbilligt mit Einsparungen von 100 DM oder gar mehreren 100 DM monatlich einkaufen. Nach dem Ergebnis der Besprechung mit den Lohnsteuerreferenten der Länder vom 28. bis 30. Januar 1975 sei die kostenlose Überlassung einer Tageszeitung an Arbeitnehmer von Zeitungsverlagen als Annehmlichkeit anzusehen, und dies auch bei Hauszustellung, wobei allerdings die Zustellungskosten als Arbeitslohn zu versteuern seien. Diese wahrscheinlich althergebrachte Annehmlichkeit in Höhe eines Vorteils von 180 DM jährlich stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes, vor allem nicht bei Lieferung der Zeitungen ins Haus. Eine entsprechende Anwendung auf den Streitfall biete sich um so mehr an, als der Vorteil der Annehmlichkeit weit unter 180 DM im Jahr liege und die zusätzlichen Selbstkosten bei den Zeitungsverlagen wegen der hohen Papierkosten weit höher seien als die geringfügigen Stromkosten bei Ferngesprächen. Nach dem Urteil des FG Hamburg vom 18. November 1974 II 130/73 (EFG 1975, 117) sei auch die alle zwei Wochen erfolgende kostenlose Abgabe von 1 bis 1,5 kg beschädigter Süßwaren an Arbeitnehmer einer Süßwarenfabrik eine steuerfreie Annehmlichkeit.
Das FG habe die Schätzung des FA, nach der der Vorteil eines Postbediensteten 7 DM im Jahr betrage, aufgrund eigener Ermittlungen zu Recht als zu hoch angesehen und einen wesentlich geringeren Betrag als angemessen erachtet. Besteht der einem Arbeitnehmer monatlich zufließende Vorteil nur in Pfennigbeträgen, so könne man nur von einer Annehmlichkeit und nicht von einem geldwerten Vorteil sprechen. Nur die große Zahl der Postbediensteten lasse eine nennenswerte Summe entstehen. Die Zahl der Bediensteten eines Betriebes könne aber kein Kriterium für die Einordnung einer Vergünstigung als "geldwerter Vorteil" oder "Annehmlichkeit" sein.
Anders als bei den übrigen Bundesverwaltungen hätten die Postanschlüsse keine Gebührenzähler. Es sei technisch gleich, ob ein Orts- oder Ferngespräch geführt werde; denn die Leitungen müssen ohnehin vorgehalten werden und unterlägen keiner Abnutzung. Da die Klägerin durch das Verbot des Telefonierens in verkehrsstarken Zeiten sichergestellt habe, daß keine gebührenbringenden Gespräche blockiert werden, entständen ihr durch die Gespräche ihrer Bediensteten im Gegensatz zu den übrigen Verwaltungen keine Kosten, und zwar weder bei Orts- noch bei Ferngesprächen. Das Telefon sei für Postbedienstete ein Arbeitsmittel, da es ständig von 1/3 bis 1/4 ihrer Bediensteten für innerdienstliche Zwecke benutzt werde. Die gelegentliche Benutzung dieses Arbeitsgeräts zu privaten Zwecken, d. h. zu einem Privatgespräch, sei nicht anders zu beurteilen, als wenn z. B. eine Stenotypistin in einer Arbeitspause auf der werkseigenen Schreibmaschine einen Privatbrief schreibe. In beiden Fällen liege kein geldwerter Vorteil, sondern eine bloße Annehmlichkeit vor.
Nach dem BFH-Urteil vom 21. März 1975 VI R 94/72 (BFHE 115, 268, BStBl II 1975, 486) sei die Annahme von Arbeitslohn auch dann abzulehnen, wenn bei einer Vorteilsgewährung wesentlich die Interessen des Arbeitgebers mitsprächen und dieser damit ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse verfolge. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Mit Einführung des Selbstwählfernverkehrs habe sie, die Klägerin, vor der Entscheidung gestanden, ob sie an dem Verbot privater Ferngespräche festhalten und entsprechende technische Überwachungseinrichtungen mit Kosten pro Fernsprechnebenstelle von etwa 100 DM (d. h. im Bundesgebiet insgesamt mit Kosten von über 15 Mio. DM) habe anschaffen sollen. Hinzu kämen noch erhebliche laufende Personalkosten für die Bedienung, Kontrolle und Abrechnung für etwa eine halbe Million Bediensteter im Bundesgebiet. Sie habe einen für sie kostengünstigeren Weg gewählt, indem sie ihren Bediensteten das private Telefonieren im Selbstwählfernverkehr in erheblich eingeschränktem Umfange und nur in verkehrsschwachen Zeiten gestattet habe. Sie habe sich darauf verlassen können, daß dadurch der Fernmeldeverkehr zu den verkehrsstarken Zeiten nicht durch Gespräche von Postbediensteten belastet werde. Damit seien die für das Betriebsklima schädlichen Kontrollen von Gesprächen entfallen, die sonst nötig geworden wären.
Sie habe bisher nicht die genaue Zahl der Arbeitnehmer ermittelt, die von der Möglichkeit des kostenlosen Führens von Telefongesprächen Gebrauch gemacht hätten. Gehe man davon aus, daß in der Regel nur die Arbeitnehmer einzubeziehen seien, die an ihrem Arbeitsplatz einen Fernsprechapparat hätten, so dürfe die Zahl der betroffenen Postbediensteten zwischen 8 000 und 9 000 liegen. Postbedienstete ohne Fernsprecher seien im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten zwar auch zu Privatgesprächen berechtigt; sie führten solche Gespräche jedoch äußerst selten. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß eine Anzahl von Beamten aus betrieblichen Gründen mehrere Dienstapparate zur Verfügung habe, wodurch sich der Kreis der begünstigten Bediensteten entsprechend verringere.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist auf Aufforderung des Senats nach § 122 Abs. 2 Satz 1 FGO dem Verfahren beigetreten. Nach seiner Ansicht liegt in dem kostenlosen Zurverfügungstellen des Dienstfernsprechers für private Ferngespräche ein lohnsteuerpflichtiger Vorteil aus dem Dienstverhältnis.
Entscheidungsgründe
IV. Entscheidung des Senats
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Nach § 19 Abs. 1 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV sind lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind hiervon die vom Arbeitgeber gewährten sog. Annehmlichkeiten ausgenommen.
Zutreffend hat der BdF darauf hingewiesen, daß der erkennende Senat zwischen zwei Arten von Annehmlichkeiten unterscheidet:
a) Eine Annehmlichkeit liegt im allgemeinen vor, wenn ein Vorteil aus der Sicht des Arbeitnehmers (BFH-Urteile vom 24. Januar 1975 VI R 242/71, BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340, und vom 19. September 1975 VI R 161/73, BFHE 117, 58, BStBl II 1975, 888) sich lediglich auf die Art und Weise bezieht, in der der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat und wenn nach der Verkehrsanschauung (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 31. Januar 1975 VI R 130/74, BFHE 115, 115, BStBl II 1975, 423) ein objektiver Betrachter diese Leistungen nicht als individuelle Gegenleistung des Arbeitgebers für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft des einzelnen Arbeitnehmers ansehen würde. Hiernach sind insbesondere Aufwendungen des Arbeitgebers zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes oder zur Erfüllung der Fürsorgepflicht als Annehmlichkeit steuerfrei gelassen worden. Annehmlichkeiten in diesem Sinne sind z. B. die Gestellung von typischer Berufskleidung und von Aufenthalts- und Erholungsräumen, die Bereitstellung von firmeneigenen Badeanlagen, Duschräumen und Betriebskindergärten, und die unentgeltliche Abgabe von Getränken im Betrieb (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 1959 VI 107/57 U, BFHE 69, 406, BStBl III 1959, 412; vom 10. November 1961 VI 197/60 U, BFHE 74, 130, BStBl III 1962, 50, und VI R 291/62 U). Zum Bereich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes im weiteren Sinne und damit zu den steuerfreien Annehmlichkeiten werden in eingeschränktem Umfang auch betriebsübliche Sozialleistungen gezählt (BFH-Urteil VI R 94/72).
b) Des weiteren ist von der Rechtsprechung des Senats das Vorliegen eines Arbeitslohnes verneint worden, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers zwar bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt. Ein derart überwiegendes Eigeninteresse hat der BFH z. B. bei den vom Betrieb durchgeführten Kreislauftrainingskursen (Urteil VI R 242/71), bei den Unterkunfts- und Verpflegungskosten für ehrenamtliche Helfer von Wohlfahrtsverbänden (Urteil vom 28. Februar 1975 VI R 28/73, BFHE 115, 342, BStBl II 1976, 134) und bei den Essensgeldzuschüssen (Urteil VI R 94/72) angenommen. Auch bei der Rabattgewährung an Arbeitnehmer hinsichtlich der Gegenstände des täglichen Bedarfs wird ein ganz überwiegendes Eigeninteresse des Arbeitgebers bejaht (vgl. auch BFH-Urteil vom 15. März 1974 VI R 25/70, BFHE 112, 70, BStBl II 1974, 413).
2. Im Streitfall ist eine Annehmlichkeit i. S. der obigen Ausführungen nicht gegeben.
a) Die kostenlose Benutzung von Dienstfernsprechern für private Ferngespräche dient nicht der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes oder der Erfüllung einer der Klägerin obliegenden Fürsorgepflicht gegenüber ihren Bediensteten. Dieser Vorteil bezieht sich nicht auf die Art und Weise, wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist, und sie macht die eigentliche Arbeitsleistung auch nicht leichter oder angenehmer. Die kostenfreien privaten Ferngespräche sind vielmehr ein Vorteil anläßlich der Dienstausübung und dienen nicht zur besseren Ausgestaltung des Arbeitsplatzes.
Der Arbeitnehmer wird aus seiner Sicht durch das kostenlose Führen privater Ferngespräche objektiv bereichert. Er erspart das Geld, das er sonst aufwenden müßte, um von einer öffentlichen Fernsprechzelle z. B. Bekannte oder Verwandte im übrigen Bundesgebiet anzurufen. Entgegen der Ansicht des FG kommt es nicht darauf an, ob die Bediensteten der Klägerin auf den Dienstfernsprechern häufiger private Ferngespräche in das übrige Bundesgebiet geführt haben, als sie dies getan hätten, wenn sie diese Gespräche hätten bezahlen müssen. Denn eine solche Unterscheidung würde zu einem unzumutbaren Eindringen in die Privatsphäre des Arbeitnehmers und zu nicht nachprüfbaren Ergebnissen führen. Aus diesem Grund hat der BFH es z. B. in den Urteilen vom 21. Juni 1963 VI 306/61 U (BFHE 77, 191, BStBl III 1963, 387) und vom 26. Juli 1974 VI R 170/71 (BFHE 113, 291, BStBl II 1974, 777) abgelehnt, darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer sich ein Auto oder ein Telefon privat angeschafft hätte, wenn der Arbeitgeber ihm nicht dienstlich ein Auto oder ein Telefon in der Wohnung zur Verfügung gestellt hätte.
b) Ist daher in dem kostenlosen Führen von privaten Ferngesprächen auf Dienstfernsprechern in vollem Umfang ein geldwerter Vorteil zu erblicken, so ist dieser Vorteil, wie oben zu 1 b) hervorgehoben, nur dann nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen, wenn der Arbeitgeber hiermit ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt. Dieses Interesse ist im Streitfall zu verneinen. Es mag sein, daß der Klägerin bei einem Verbot privater Ferngespräche durch Einbau entsprechender Überwachungseinrichtungen für deren Bedienung und Kontrolle und für die Abrechnung der privaten Gespräche Kosten in Millionenhöhe entstanden wären. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Abgesehen davon, daß solche Kosten auch anderen Verwaltungen und privaten Betrieben entstehen, wenn auch vielleicht in geringerem Umfang, ist es ohnehin zweifelhaft, ob ein solches Verbot bei der Vielzahl innerdienstlicher Gespräche der Bundespost innerhalb der ganzen Bundesrepublik überhaupt hätte überwacht werden können. Die Klägerin hätte kostensparendere Wege einschlagen können. Sie hätte sich z. B. darauf beschränken können, ihre Bediensteten zur Anzeige privat geführter Ferngespräche zu verpflichten und sie mit ihnen monatlich abzurechnen sowie die Richtigkeit ihrer Angaben durch Stichproben zu überprüfen. Welche von vielen denkbaren Maßnahmen die Klägerin aus betrieblichem Interesse und aus Kostengründen für besser hält, obliegt allein ihrem Ermessen. Steuerlich maßgebend ist im Streitfall allein, daß die Klägerin nicht mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, die kostenaufwendigste Lösung zu wählen, eine lohnsteuerfreie Annehmlichkeit für das gebührenfreie Führen von Ferngesprächen auf Dienstfernsprechern begründen kann.
Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Kontrolle von Telefongesprächen das Betriebsklima der Klägerin mehr beeinträchtigen würde als bei anderen Verwaltungen oder privaten Betrieben, in denen den Arbeitnehmern das kostenlose Führen von privaten Ferngesprächen nicht erlaubt ist. Wie der Senat im Urteil VI R 161/73 hervorgehoben hat, ist bei der steuerlichen Prüfung, ob eine Annehmlichkeit vorliegt, der Gesichtspunkt der Wahrung des sozialen Friedens in der Belegschaft nicht allein entscheidend. Denn es werden z. B. auch bei Tarifrunden und Arbeitskämpfen oft Lohnerhöhungen zugesagt und geldwerte Vorteile den Arbeitnehmern versprochen, um den Betriebsfrieden zu wahren oder wiederherzustellen, ohne daß Leistungen dieser Art deshalb steuerfrei sein müssen.
3. Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.
a) Soweit die Klägerin sich darauf beruft, das FA habe das kostenlose Führen von privaten Ortsgesprächen im Streitfall als Annehmlichkeit angesehen und daher lohnsteuerfrei gelassen, liegt ein anderer Sachverhalt von über den der Senat nicht zu entscheiden hat, da er nicht streitbefangen ist. Er kann es daher dahingestellt sein lassen, ob im Hinblick darauf, daß in Bundesverwaltungen (ausgenommen die Klägerin) nach Abschn. II C Nr. 18 und 19 der Vorschriften über die Einrichtung und Benutzung dienstlicher Fernmeldeanlagen vom 26. Juli 1960 i. d. F. vom 1. März 1967 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1967 S. 90) Privatgespräche von Fernsprechanschlüssen in Diensträumen nur in dringenden Fällen nach näherer Bestimmung der zuständigen Behörde geführt werden dürfen (wobei von Verwaltungsangehörigen des Bundes Gebühren für private Ortsgespräche nicht eingezogen werden, soweit sie sich in vertretbaren Grenzen halten und dadurch eine Überschreitung der Haushaltsmittel nicht eintritt), in der Gestattung solcher privater Ortsgespräche ein Ausfluß der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und deshalb eine steuerfreie Annehmlichkeit gesehen werden könnte.
b) Ob und inwieweit das Diensttelefon ein Arbeitsmittel der Bediensteten der Klägerin ist, kann dahingestellt bleiben, da die Beantwortung dieser Frage keinen Einfluß auf die Entscheidung dieses Rechtsstreits hat. Das Einkommensteuergesetz kennt den Begriff "Arbeitsmittel" nur im Zusammenhang mit - hier nicht streitigen - Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG).
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine steuerfreie Annehmlichkeit auch nicht deshalb zu bejahen, weil ihr durch das kostenlose Führen von Ferngesprächen auf Dienstfernsprechern keine Kosten entstehen, da nur ihr eigenes Leitungsnetz benutzt wird. Es kommt auf diesen Gesichtspunkt nicht an. Maßgebend ist allein, daß die Arbeitnehmer sich durch das kostenlose Telefonieren eigene Ausgaben erspart haben. Diese Beurteilung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH. So hat der erkennende Senat im Urteil vom 20. August 1965 VI 54/64 U (BFHE 84, 279, BStBl III 1966, 101) Freiflüge und verbilligte Flüge, die Fluggesellschaften ihren Angestellten gewähren, auch dann als geldwerten Vorteil angesehen, der der Lohnsteuer unterliegt, wenn den Angestellten nur unverkauft gebliebene Plätze in Flugzeugen angeboten werden. Er hat im Urteil vom 25. September 1970 VI R 85/68 (BFHE 100, 202, BStBl II 1971, 55) in der privaten Benutzung einer von der Bundesbahn ihren Bediensteten kostenlos übergebenen Wohndienst-Fahrkarte grundsätzlich ebenfalls einen steuerpflichtigen Sachbezug gesehen.
d) Soweit die Klägerin sich auf andere Beispiele steuerfreier Annehmlichkeiten beruft, kann sie ebenfalls keinen Erfolg haben.
Der Senat hat zwar im Urteil vom 2. Oktober 1968 VI R 295/67 (BFHE 94, 219, BStBl II 1969, 115) entschieden, daß zu der nicht der Lohnsteuer unterliegenden Annehmlichkeit die kostenlose Abgabe von täglich einem Liter Bier an Arbeiter einer Mälzerei zum Verzehr an der Betriebstätte gehöre. Er hat die Gewährung von Freibier aber nur deshalb als bloße Annehmlichkeit angesehen, weil es sich um einen Betrieb handelte, in dem die Verwendung von Bier zum Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten üblich ist und weil nach Ansicht der Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 13 LStR 1963/1968) ohnehin Getränke und Genußmittel, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum eigenen Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder verbilligt überläßt, nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören. Der Senat hat in der Entscheidung VI R 130/74 außerdem betont, es handle sich bei dem Urteil VI R 295/67 um die besonderen betrieblichen Verhältnisse des dort vorliegenden Einzelfalls. Er ließ im Urteil VI R 130/74 ausdrücklich die Frage dahingestellt, ob der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 13 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 letzter Halbsatz LStR 1970 zu folgen sei, daß der Haustrunk im Brauereigewerbe insoweit nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zu rechnen sei, als er aufgrund eines für die jeweilige Betriebstätte am 1. Januar 1966 örtlich geltenden Tarifvertrags vereinbart sei. Nach Ansicht des Senats ist jedenfalls der Haustrunk im Brauereigewerbe, der über die tarifvertragliche Regelung zum 1. Januar 1966 hinaus leitenden Angestellten gewährt wird, keine steuerfreie Annehmlichkeit mehr.
Fehl geht auch der Hinweis der Klägerin auf die günstigeren Einkaufsmöglichkeiten von Bediensteten eines Warenhauses. Der BFH hat im Urteil VI R 25/70 nicht jede Art von Rabattgewährung an Arbeitnehmer als steuerfreie Annehmlichkeit angesehen. Nur dann, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Vorteile gewährt, die nicht über die Vorteile hinausgehen, die er dritten Personen oder Unternehmen, insbesondere Großkunden oder Dauerkunden, einräumt, kann nach Auffassung des Senats von der Annahme von Arbeitslohn abgesehen werden, weil man dann die Gesamtheit der Belegschaft gleichfalls als Großkunden bzw. Dauerkunden ansehen kann.
Soweit die Klägerin sich darauf beruft, daß Arbeitnehmer in der Automobilindustrie lohnsteuerfreie Sachzuwendungen erhalten, indem sie ein Auto zum Nettopreis (80 % des Listenpreises) mit der Auflage erwerben können, es erst nach einem Jahr weiterzuverkaufen, kann der Senat hierzu nicht Stellung nehmen, weil er über einen solchen Fall hier nicht zu entscheiden braucht und bisher auch nicht entschieden hat. Das gilt auch für die lohnsteuerfreie kostenlose Abgabe beschädigter Süßwaren an Arbeitnehmer einer Süßwarenfabrik und für die nach Auffassung der Lohnsteuerreferenten des Bundes und der Länder als Annehmlichkeit zu wertende kostenlose Überlassung einer Tageszeitung an Arbeitnehmer von Zeitungsverlagen.
e) Der Umstand, daß das FA den Wert des geldwerten Vorteils im Streitfall auf nur 7 DM jährlich bzw. etwa 0,58 DM monatlich je Arbeitnehmer geschätzt hat, kann die Annahme einer steuerfreien Annehmlichkeit ebenfalls nicht rechtfertigen. Wie der Senat im Urteil vom 22. März 1967 VI R 256/66 (BFHE 88, 329, BStBl III 1967, 375) hervorgehoben hat, sind Zuwendungen, die keine Gelegenheitsgeschenke sind, auch dann der Lohnsteuer zu unterwerfen, wenn der Wert der Zuwendungen an sich nicht hoch ist. Damals handelte es sich um Geburtstagsgeschenke an leitende Angestellte von je 25 DM und an andere Arbeitnehmer von je 10 DM.
4. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG bei der rechtlichen Beurteilung der streitigen Telefongespräche von anderen Grundsätzen ausgegangen ist. Das FG hat verkannt, daß es im Streitfall - wie dargelegt - nicht darauf ankommt, in welchem Umfang die Bediensteten der Klägerin private Ferngespräche auf Dienstapparaten nicht führen würden, wenn sie sie selbst bezahlen müßten, und daß ein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil auch dann anzunehmen ist, wenn er nur einen relativ geringen Betrag je Arbeitnehmer ausmacht.
Der Senat weist die Sache an das FG zurück, da das FG keine näheren Feststellungen zum Wert der als lohnsteuerpflichtigen Sachbezug zu behandelnden privaten Ferngespräche getroffen hatte. Der vom FG übernommene Hinweis der Klägerin, es werde von Berlin aus in das übrige Bundesgebiet viel weniger telefoniert und die Kosten seien längst nicht so hoch, als man gemeinhin annehme, ist zu undetailliert; er kann Sachverhaltsfeststellungen nicht ersetzen. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des FA kann es auf diesen Gesichtspunkt ohnehin nicht ankommen, da alle Telefonbenutzer sich in der Regel bei Ferngesprächen wegen der höheren Kosten mehr einschränken werden als bei Ortsgesprächen. Die gebührenfreie Benutzung von Dienstfernsprechern durch Bedienstete der Klägerin ist daher gerade für das Führen von Ferngesprächen von besonderem Interesse.
Sollte das FG mangels ausreichender Unterlagen keine eigene Schätzung bezüglich der Höhe dieses geldwerten Vorteils vornehmen können, so wird es sich auf die Prüfung beschränken müssen, ob der vom FA geschätzte Betrag von durchschnittlich jährlich 7 DM je Arbeitnehmer, der dem Wert von etwa zwei bis drei Ferngesprächen bei einer gestatteten Gesprächszeit bis zu sechs Minuten von Berlin (West) in das übrige Bundesgebiet gleichkommen dürfte, der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Wegen des Verböserungsverbots kann das FG einen höheren Betrag als 7 DM je Arbeitnehmer nicht ansetzen.
Fundstellen
BStBl II 1977, 99 |
BFHE 1977, 379 |