Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 23 Abs.2 GrEStG BW (*= § 7 GrEStG 1940) bezieht sich auf das einzelne Grundstück i.S. des § 2 GrEStG BW und nicht auf alle Grundstücke einer Gesamthand.
2. Ein größerer zusammenhängender Komplex verschiedener Grundstücke mit aneinandergebauten Mietshäusern, die zu verschiedenen Zeiten errichtet worden sind und deren Be- und Entsorgung vielfältig miteinander verbunden ist, bildet auch dann keine wirtschaftliche Einheit, wenn der Grundstückskomplex gemeinschaftlich verwaltet wird und für alle Mieter eine gemeinschaftliche Tiefgarage vorhanden ist.
Orientierungssatz
1. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit ist ein sog. Typusbegriff (vgl. BFH-Urteil vom 15.6.1983 III R 40/82), der im Gegensatz zu einem abstrakten Begriff noch offen ist (Lit.). Aufgabe der Rechtsprechung ist es, im Einzelfall aus dem Gesamtbild der Einzelerscheinungen zu entscheiden, ob sie dem maßgebenden Typus (hier dem Typus der wirtschaftlichen Einheit) zuzuordnen sind. Das Revisionsgericht hat zu prüfen, ob dem Tatsachengericht bei dieser Zuordnung ein Fehler unterlaufen ist.
2. Wegen der unterschiedlichen Zielsetzung des § 2 BewG und des § 2 Abs. 3 GrEStG sind unterschiedliche Ergebnisse bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, denkbar. In der Regel wird aber das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nach beiden Gesetzen zu bejahen oder zu verneinen sein. Eine Bindung an die bei der Bewertung getroffene Entscheidung besteht in keinem Falle. Auch für die Grunderwerbsteuer ist davon auszugehen, daß für die Zuordnung zum Typus der wirtschaftlichen Einheit die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zugehörigkeit maßgebend sind, wobei den objektiven Merkmalen ggf. der Vorrang einzuräumen ist (vgl. BFH-Urteil vom 15.6.1983 III R 40/82). Aus der Tatsache, daß mehrere Grundstücke desselben Eigentümers unter verschiedenen Nummern des Bestandsverzeichnisses auf einem Grundbuchblatt eingetragen sind, können keine Folgerungen im Hinblick auf das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit gezogen werden. Allerdings entsteht durch Vereinigung oder Zuschreibung von Grundstücken (§ 890 BGB i.V.m. §§ 5, 6 GBO) ein Grundstück i.S. des bürgerlichen Rechts und damit auch des Grunderwerbsteuerrechts.
Normenkette
GrEStG BW § 2; FGO § 96 Abs. 1; GrEStG BW § 23 Abs. 2; GrEStG § 2 Fassung: 1940-03-29, § 7 Abs. 2 Fassung: 1940-03-29; GrEStG 1983 §§ 2, 7 Abs. 2; BGB § 890; GBO §§ 4-6; BewG 1965 § 2
Tatbestand
Die Kläger waren in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Eigentümer von sieben Grundstücken i.S. des bürgerlichen Rechts, von denen sechs auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter verschiedenen Nummern des Bestandsverzeichnisses eingetragen waren.
Die drei Kläger zu 1 waren zu je 1/15, die übrigen vier Kläger zu je 1/5 an der GbR beteiligt.
Die Grundstücke A.Straße 144-154 (sechs der sieben Grundstücke) lagen unmittelbar nebeneinander und bildeten einen einheitlichen Grundstückskomplex. Bei den Häusern Nrn.144, 146, 148, 150, 154 handelte es sich dabei um eine durch Baustil und Alter untergliederte fünfgeschossige Gebäudereihe, die, von dem Erdgeschoß abgesehen, zu Wohnzwecken genutzt wurde. Die Gebäude 146a und 144/1 waren dreigeschossige Hinterhofgebäude. Autoabstellplätze befanden sich für alle Gebäude in einer Tiefgarage hinter den Gebäuden 148 und 150. Die Zufahrt zur Tiefgarage und zu den einzelnen Grundstücken führte über einen Durchlaß hinter dem Gebäude 156.
Die Gebäude 146 und 146a sind 1914 errichtet worden, die Gebäude 144 und 144/1 im Jahre 1925, das Gebäude 154 im Jahre 1926, und die Gebäude 148 und 150 im Jahre 1963.
In versorgungsmäßiger Hinsicht waren die einzelnen Gebäude auf vielfältige Weise miteinander verbunden.
Durch Kündigung vom 27.Juni 1974 schieden vier Gesellschafter (die Gesellschafter zu 1 und 2) zum 31.März 1975 aus der GbR aus, worauf diese von den verbliebenen Gesellschaftern aufgelöst wurde. Am 1.Juli 1976 wurde ein notariell beurkundeter Auseinandersetzungsvertrag geschlossen, durch den die Grundstücke der GbR auf die ausgeschiedenen und die verbliebenen Gesellschafter aufgeteilt wurden. Spitzen wurden in Geld ausgeglichen.
Die Kläger zu 1 erhielten in GbR die Grundstücke A.Straße 144 und 144/1 sowie das Teilgrundstück A.Straße 146a,
die Klägerin zu 2 das nicht zu dem zusammenhängenden Grundstückskomplex gehörende Grundstück in der B.Straße, das Teilgrundstück A.Straße 146, sowie ein kleines Grundstück von 20 qm,
die Klägerin zu 3 das Teilgrundstück A.Straße 150,
die Klägerin zu 4 das Teilgrundstück A.Straße 148,
die Klägerin zu 5 das Grundstück A.Straße 154.
Eingetragen wurde eine Reihe von Grunddienstbarkeiten zugunsten der Nachbargrundstücke.
Das beklagte Finanzamt (FA) zog durch fünf Steuerbescheide vom 2.November 1976 die grunderwerbsteuerrechtlichen Folgerungen aus der Auseinandersetzung der GbR. Die fünf Erwerbe wurden jeweils zu 1/5 gemäß § 22 Abs.2 des früheren Baden-Württembergischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) von der Grunderwerbsteuer freigestellt. Die begehrte völlige Freistellung der Erwerbe lehnte das FA ab.
Die von den Klägern eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidungen führten vielmehr jeweils (nach vorheriger Ankündigung) zu einer Verböserung.
Die Kläger haben Klage erhoben und die Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen beantragt.
Zur Begründung haben sie ausgeführt:
Aus dem Sinn der §§ 22 und 23 GrEStG sei zu entnehmen, daß Grunderwerbsteuer nicht anfallen solle, wenn die Grundstücke einer Miteigentümergemeinschaft real geteilt würden. Unabhängig hiervon hätten die Grundstücke (abgesehen von dem Grundstück in der B.Straße) eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Dies ergebe sich daraus, daß sie flächenmäßig zusammenlägen, die Grenzen teilweise überbaut seien, gemeinsame Ver- und Entsorgungsleitungen vorhanden seien und nur durch die Fülle gegenseitiger Dienstbarkeiten die unabhängige Nutzung der nunmehr geteilten Grundstücke aufrechtzuerhalten sei.
Zu berücksichtigen sei auch, daß alle Grundstücke gemeinsam verwaltet worden seien. Der gesamte Grundbesitz stamme von dem Vater des verstorbenen C.D. Die Baubehörde habe überdies 1976 im Rahmen der Teilung eine Baulasterklärung dahin verlangt, daß alle Grundstücke i.S. des Bauordnungsrechts dauernd als planerische Einheit behandelt werden.
Das Finanzgericht (FG) hat eine Augenscheinseinnahme durchgeführt.
Die Klage ist abgewiesen worden. Das FG hat zur Begründung ausgeführt, daß § 23 GrEStG nicht anwendbar sei, da die von den Klägern übernommenen Grundstücke vor der Teilung grunderwerbsteuerrechtlich keine wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 Abs.3 GrEStG gebildet hätten. Die Aufteilung mehrerer Grundstücke unter die gesamthänderischen Miteigentümer werde durch § 23 Abs.2 GrEStG nicht begünstigt.
Die Kläger haben Revision eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den Klageanträgen zu erkennen. Ihre Revision haben sie wie folgt begründet:
Das angefochtene Urteil sei zu Unrecht nicht auf § 22 GrEStG eingegangen. Im übrigen sei das FG rechtsfehlerhaft zu der Auffassung gelangt, daß die aufgeteilten Grundstücke keine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten.
Das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg ist auf Aufforderung des Senats dem Revisionsverfahren beigetreten. Es hat sich insbesondere zu der vom erkennenden Senat gestellten Frage geäußert, ob an der bisherigen Auffassung festzuhalten sei, wonach sich die Regelung des § 23 Abs.2 GrEStG jeweils nur auf die Teilung eines Grundstückes i.S. des § 2 GrEStG beziehe, oder ob auch die Auffassung denkbar sei, daß § 23 Abs.2 GrEStG auch in den Fällen der Aufteilung aller Grundstücke einer Gesamthand angewendet werden könne.
Das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg hat in dem ersteren Sinne Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist als unbegründet zurückzuweisen.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger führt die Anwendung des § 22 GrEStG (*= § 6 GrEStG 1940) auf den vorliegenden Fall nicht zur völligen Freistellung der fünf Erwerbsvorgänge von der Grunderwerbsteuer. Sie bewirkt nur, daß die Steuer in Höhe von jeweils 20 v.H. unerhoben bleibt, wie dies der vom FA in den angefochtenen Steuerbescheiden vertretenen Auffassung entspricht. Abzustellen ist dabei jeweils auf das einzelne Grundstück i.S. des § 2 GrEStG.
Nach der Systematik des GrEStG, die weitgehend den bürgerlich- rechtlichen Vorgegebenheiten folgt, müßte an sich beim Erwerb eines Grundstückes durch die Gesellschafter einer Personengesellschaft in vollem Umfang Grunderwerbsteuer erhoben werden, weil in diesen Fällen der Tatbestand des § 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG (Abschluß eines Rechtsgeschäftes, das den Übereignungsanspruch begründet) verwirklicht wird. Die Erhebung der vollen Grunderwerbsteuer wurde aber in diesen Fällen deshalb nicht für gerechtfertigt gehalten, weil der Gesellschafter, der das Grundstück als Alleineigentümer erwirbt, bereits vorher als Gesamthänder Beteiligter, allerdings beschränkt durch die Beteiligung der anderen Gesellschafter, gewesen ist. Insoweit, als der erwerbende Gesellschafter bereits Beteiligter war, sollte die Grunderwerbsteuer deshalb unerhoben bleiben. Erhoben werden aber sollte sie nach dieser Vorschrift insoweit, als sich die Eigentumsrechte der jeweiligen Erwerber durch den Wegfall der Beteiligungen der anderen Gesellschafter verstärkten. Entsprechendes galt für den Erwerb eines Grundstückes durch mehrere Gesellschafter, die sich zu einer neuen Personengesellschaft zusammenschlossen (vgl. § 22 Abs.3 GrEStG).
Soweit in § 22 GrEStG der Anteil des Erwerbers an der übertragenden Gesamthand angesprochen wird, ist jeweils der verhältnismäßige Anteil an der Gesamthand gemeint und nicht der wertmäßige Anteil am gesamten Grundbesitz der übertragenden Gesamthand (vgl. hierzu auch das Beispiel 3 bei Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11.Aufl., § 6 Tz.3).
Bestätigt wird dies durch die Regelung des § 23 Abs.2 GrEStG (*= § 7 Abs.2 GrEStG 1940), die nur dann einen Sinn ergibt, wenn § 22 (*= § 6 GrEStG 1940) in dem hier dargestellten Sinne ausgelegt wird. Im übrigen ist die Auslegung des § 22 GrEStG niemals streitig gewesen.
2. Die Kläger können die völlige Freistellung ihrer Erwerbe auch nicht über § 23 Abs.2 GrEStG erreichen. Denn es liegt keine flächenmäßige Teilung eines der bisherigen GbR gehörenden Grundstückes durch die an der Gesellschaft beteiligten Personen, sondern die Aufteilung aller sieben Grundstücke der GbR auf die Gesellschafter vor, die durch § 23 Abs.2 GrEStG nicht begünstigt wird. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß dabei zwei Grundstücke geteilt wurden.
§ 23 Abs.2 GrEStG hätte allerdings dann angewendet werden können, wenn die aufgeteilten Grundstücke in der Hand der GbR eine wirtschaftliche Einheit und deshalb ein Grundstück i.S. des Grunderwerbsteuerrechts gebildet hätten. Das aber war nicht der Fall.
a) Durch § 23 Abs.2 GrEStG wird die Umwandlung von gesamthänderischem Miteigentum in Flächeneigentum der einzelnen Gesellschafter grunderwerbsteuerrechtlich begünstigt. Die Vorschrift bezieht sich nach ihrem Wortlaut jeweils auf die flächenmäßige Teilung eines Grundstücks im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne (§ 23 Abs.2 i.V.m. § 2 GrEStG). Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt das Urteil vom 30.Juli 1980 II R 19/77, BFHE 131, 100, 103, BStBl II 1980, 667).
Der erkennende Senat hat geprüft, ob nicht eine Änderung der Rechtsprechung dahingehend in Betracht gezogen werden sollte, daß die genannte Vorschrift auch in den Fällen anwendbar sein könnte, in denen der gesamte Grundbesitz einer Gesamthand in der Weise aufgeteilt wird, daß jeder Gesellschafter ein gleichwertiges Grundstück erhält. Er ist jedoch nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß eine solche Auslegung des § 23 Abs.2 GrEStG nicht der Systematik des Grunderwerbsteuerrechts entspricht, die sich durchgehend jeweils auf ein Grundstück i.S. des § 2 GrEStG bezieht.
Auch die Entstehungsgeschichte des früheren § 7 GrEStG 1940, der Vorgängervorschrift des § 23 GrEStG, enthält keine Anhaltspunkte, die eine Änderung der Rechtsprechung stützen könnten. Wenn es in der Begründung zu § 7 (vgl. RStBl 1940, 399) heißt, diese Vorschrift regle die flächenweise Aufteilung eines Grundstücks, das einer Gesamthand gehöre, und wenn weiter vom Übergang von Flächenstücken eines Grundstückes die Rede ist, so läßt sich daraus nur folgern, daß die Teilung eines Grundstückes i.S. des § 2 GrEStG gemeint gewesen ist.
Angesichts der Regelungen des GrEStG, die sich jeweils auf ein Grundstück i.S. des § 2 GrEStG beziehen, vermag der Senat auch nicht zu erkennen, daß der Gesetzgeber die Grenzen seiner gesetzgeberischen Freiheit dadurch überschritten hätte, daß er sich bei der Regelung des § 7 Abs.2 GrEStG 1940 ebenfalls auf den Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG bezogen hat. Eine Verletzung des Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich.
b) Die von der Revision bekämpfte Auffassung des FG, daß die verschiedenen Grundstücke der aufgelösten GbR keine wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 Abs.3 GrEStG bildeten und deshalb § 23 Abs.2 GrEStG nicht anwendbar sei, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Der erkennende Senat folgt dem III.Senat darin, daß der Begriff der wirtschaftlichen Einheit ein sog. Typusbegriff ist (vgl. das Urteil vom 15.Juni 1983 III R 40/82, BFHE 139, 201, 202, BStBl II 1983, 752), der im Gegensatz zu einem abstrakten Begriff noch offen ist (vgl. Tipke, Steuerrecht, 8.Aufl., S.88; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5.Aufl., S.446). Aufgabe der Rechtsprechung ist es, im Einzelfall aus dem Gesamtbild der Einzelerscheinungen zu entscheiden, ob sie dem maßgebenden Typus (hier dem Typus der wirtschaftlichen Einheit) zuzuordnen sind. Das Revisionsgericht hat zu prüfen, ob dem Tatsachengericht bei dieser Zuordnung ein Fehler unterlaufen ist. Dies ist nicht der Fall.
Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit wird nicht nur in § 2 Abs.3 GrEStG, sondern auch in § 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) verwendet, wo es darum geht, daß jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten ist. Da die Zielsetzung der Vorschrift des § 2 BewG eine andere ist als die des § 2 Abs.3 GrEStG, sind unterschiedliche Ergebnisse bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, denkbar. Im Regelfall wird aber davon ausgegangen werden können, daß das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nach beiden Gesetzen entweder zu bejahen oder zu verneinen ist. Eine Bindung an die bei der Bewertung getroffene Entscheidung besteht allerdings in keinem Falle.
Auch im Grunderwerbsteuerrecht ist davon auszugehen, daß für die Zuordnung zum Typus der wirtschaftlichen Einheit die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zugehörigkeit maßgebend sind (§ 2 Abs.1 Satz 3 BewG), wobei den objektiven Merkmalen ggf. der Vorrang einzuräumen ist (vgl. BFHE 139, 201, 203, BStBl II 1983, 752).
Dies alles hat das FG beachtet. Es hat ausgeführt, daß eine Zusammenfassung mehrerer Grundstücke zu einem einheitlichen Zweck vorliegen müsse, der sich äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlage, durch welche die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufgehoben werde, wobei auch dem subjektiven Willen eine wesentliche Bedeutung zukomme. Der subjektive Wille dürfe allerdings nicht im Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen. Damit hat das FG den Typus der wirtschaftlichen Einheit im Grundsatz zutreffend umschrieben.
Auch bei der Zuordnung der einzelnen Feststellungen zu dem Typus der wirtschaftlichen Einheit läßt sich ein Rechtsfehler nicht feststellen.
Daß das Grundstück in der B.Straße allein schon wegen seiner räumlichen Trennung von den anderen Grundstücken nicht zu einer größeren wirtschaftlichen Einheit gehört, ist ohne weiteres einsichtig. Das FG hat aber auch im übrigen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zu Recht verneint.
Dem FG ist insbesondere darin zu folgen, daß die Aneinander- reihung von Wohnblöcken in großstädtischer Lage allein nicht ausreicht, um das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zu bejahen, wobei es hier unerörtert bleiben kann, ob dies auch gilt, wenn eine Reihe von Wohnblöcken gleichzeitig nach einem einheitlichen Plan errichtet wird. Denn im vorliegenden Fall sind die Häuser zu verschiedenen Zeiten mit nicht übereinstimmender Ausgestaltung errichtet worden.
Die Zweckbestimmung der Vermietung war unter den genannten Umständen nicht zwingend eine einheitliche für den gesamten Wohnkomplex, sondern eine gleichgerichtete für die einzelnen zu verschiedenen Zeiten errichteten Häuser. Derartige gleichartige Zweckbestimmungen reichen aber nicht aus, um hinsichtlich verschiedener Einheiten eine einheitliche Zweckbestimmung anzunehmen.
Hieraus ergibt sich, daß die Art der Zweckbestimmung ggf. Auswirkungen auf den Umfang einer wirtschaftlichen Einheit hat. So werden mehrere zu einem landwirtschaftlichen Betrieb oder zu einem Fabrikkomplex gehörende Grundstücke wegen der notwendigen einheitlichen Zweckbestimmung eher eine wirtschaftliche Einheit bilden als verschiedene, nebeneinander liegende jeweils für sich nutzbare Mietwohngrundstücke mit gleichgerichteter Zweckbestimmung.
Bei den Mietwohngrundstücken spricht grundsätzlich die selbständige Nutzbarkeit der einzelnen Grundstücke gegen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, dies jedenfalls dann, wenn die mehreren Grundstücke nicht als eine Einheit bebaut worden sind. Unter diesen Umständen hat das FG zu Recht auf die Entstehungsgeschichte der Gebäude abgestellt.
Nicht zu beanstanden ist auch, daß das FG dem Umstand kein besonderes Gewicht beigemessen hat, daß die Ver- und Entsorgung der Grundstücke in mancher Hinsicht miteinander verbunden ist. Angesichts der städtebaulichen Entwicklung mit der zunehmenden Schaffung zentraler Anlagen z.B. für die Fernheizung usw., kann diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht für die Bejahung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zukommen; es sei denn, daß hierdurch eine wirtschaftliche Zusammengehörigkeit eingetreten ist, wie in dem Falle in BFHE 139, 201, BStBl II 1983, 752. Dies war jedoch nicht der Fall.
Auch die zahlreichen Grunddienstbarkeiten, die eingetragen oder geändert werden mußten, sind kein entscheidendes Argument für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit. Hier zeigen sich nur die Probleme einer großstädtischen Bebauung.
Schließlich führt auch die gemeinschaftliche Tiefgarage nicht zur Bejahung der wirtschaftlichen Einheit.
Der Hinweis auf die gemeinschaftliche Verwaltung der Grundstücke betrifft ein subjektives Element, dem angesichts der gegen die wirtschaftliche Einheit sprechenden objektiven Merkmale kein entscheidendes Gewicht zukommen kann. In gleicher Weise könnten auch Grundstücke gemeinschaftlich verwaltet werden, die räumlich nicht zusammenliegen.
Schließlich hat auch der Hinweis der Kläger auf die Baulastvereinbarung keinen Erfolg. Es geht hier lediglich um eine baurechtliche Frage, nicht jedoch um die Frage der wirtschaftlichen Einheit.
Der Senat hat noch geprüft, ob etwa daraus, daß die Mehrzahl der Grundstücke unter verschiedenen Nummern des Bestandsverzeichnisses auf einem Grundbuchblatt eingetragen worden waren, irgendwelche Folgerungen im Hinblick auf das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit gezogen werden können. Er verneint diese Frage. Voraussetzung für die Führung eines gemeinschaftlichen Grundbuchblattes ist lediglich, daß mehrere Grundstücke demselben Eigentümer gehören und Verwirrung nicht zu besorgen ist (vgl. § 4 Abs.1 der Grundbuchordnung --GBO--). Für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich daraus nichts.
Allerdings besteht für die Eigentümer im Einzelfall die Möglichkeit der Vereinigung oder Zuschreibung von Grundstücken (§ 890 des Bürgerlichen Gesetzbuches i.V.m. §§ 5, 6 GBO), wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. In einem solchen Falle entsteht ein Grundstück i.S. des bürgerlichen Rechts und damit auch des Grunderwerbsteuerrechts (§ 2 Abs.1 GrEStG). Daraus können jedoch für den vorliegenden Fall keine Folgerungen gezogen werden. Zunächst steht nicht einmal fest, ob es der früheren GbR möglich gewesen wäre, eine solche Vereinigung der Grundstücke herbeizuführen. Im übrigen hat sie eine derartige Maßnahme nicht durchgeführt.
Fundstellen
Haufe-Index 60960 |
BStBl II 1985, 336 |
BFHE 143, 152 |
BFHE 1985, 152 |
BB 1985, 1650-1652 (ST) |
DStR 1985, 448-448 (L) |
HFR 1985, 326-327 (ST) |