Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Wirtschaftsgut vermietet, das einem gewerblichen Betrieb zu dienen bestimmt ist, im Bewertungszeitpunkt aber einem derartigen Betrieb des Eigentümers nicht dient, so begründet die Tatsache der Vermietung allein keine gewerbliche Betätigung.
Normenkette
BewG § 54/1, § 95/1, § 67 Abs. 1 Nr. 8, § 110/1/8
Tatbestand
Der Revisionskläger erwarb im Jahre 1956 aus dem Veräußerungserlös eines ihm gehörenden landwirtschaftlichen Anwesens eine Dieselstraßenwalze. Er beabsichtigte von vornherein, die Walze Bauunternehmungen zur Vermietung anzubieten; der Revisionskläger war am Bewertungsstichtag als Hilfsarbeiter bei einer Werft in X beschäftigt.
Im Jahre 1956 suchte der Revisionskläger mehrere Bauunternehmen auf, um ihnen die Straßenwalze zur Miete anzubieten; die Anschriften der Unternehmer hatte er dem Telefonbuch entnommen. Außerdem hatte er die Straßenwalze durch Zeitungsinserate zur Vermietung angeboten. Es gelang ihm, die Walze im Jahre 1956 während einer Dauer von sechs Monaten an einen Bauunternehmer gegen eine monatliche Miete von 800 DM zu vermieten; der Mieter holte die Walze beim Revisionskläger ab, stellte den Walzenführer und übernahm während der Mietdauer die Wartung der Walze. Es gelang dem Revisionskläger, die Walze zu den gleichen Bedingungen dem gleichen Unternehmer während dreier Monate im Jahre 1957 zu vermieten. Während der übrigen Zeit des Jahres 1957 wurde die Walze nicht genutzt, weil der Bauunternehmer keine entsprechenden Aufträge hatte. Ab Monat Mai des folgenden Jahres vermietete der Revisionskläger die Walze an einen anderen Unternehmer gegen eine jährliche Pauschalvergütung; das Entgelt war unabhängig davon, ob der Mieter die Walze gebrauchte. Der Mieter stellte den Walzenführer; ihm oblag auch die Instandhaltung der Walze.
Am 15. Mai 1956 meldete der Revisionskläger die Vermietung der Straßenwalze als Gewerbe der Gemeinde. Am 5. Juni 1956 teilte er die Betriebseröffnung nach § 165 d Abs. 2 AO dem Finanzamt (FA) mit.
Dem den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildenden Bescheid betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1957 vom 11. Februar 1959 liegt nur die Straßenwalze als bewertbares Wirtschaftsgut zugrunde; das mit der Revision beklagte FA stellte den Einheitswert auf 40.000 DM fest. Mit dem Einspruch wandte der Revisionskläger ein, er habe keinen gewerblichen Betrieb. Die Vermietung der Walze allein stelle keine gewerbliche Betätigung dar; einen von ihm ursprünglich eingestellten Walzenführer habe er im Dezember 1956 entlassen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit der Berufung wiederholte der Revisionskläger im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen; das Finanzgericht (FG) wies die Berufung als unbegründet zurück.
Mit der Revision verfolgt der Revisionskläger seine bisherige Rechtsauffassung weiter und beantragt, das Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung und den Einheitswertbescheid zum 1. Januar 1957 vom 11. Februar 1959 aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Die seit 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. ist begründet.
I. - Das FA und das FG haben zu Unrecht angenommen, der Revisionskläger habe am Stichtag einen gewerblichen Betrieb unterhalten. In dem von der Vorinstanz angezogenen Urteil des BFH III 324/57 U vom 5. September 1958 (BFH 68, 187, BStBl III 1959, 74) hat der Senat unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung (III 108/52 U vom 8. Mai 1953, BFH 57, 503, BStBl III 1953, 194) ausgeführt, ein verpachtetes gewerbliches Unternehmen, bei dem die wesentlichen Betriebsgegenstände (Gegenstände des Anlagevermögens) mitverpachtet seien, gelte als selbständiger gewerblicher Betrieb des Eigentümers im Sinne des § 54 des Bewertungsgesetzes (BewG). Der Senat hat jedoch hinzugefügt, die Vermietung oder Verpachtung einzelner Wirtschaftsgüter stelle in der Regel keinen gewerblichen Betrieb dar; solche einzelnen Wirtschaftsgüter seien meist als sonstiges Vermögen im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG zu erfassen.
II. - Die angefochtene Entscheidung wird von dem Gedanken getragen, die einer vorgefaßten Absicht entsprechende nachhaltige Vermietung eines Wirtschaftsgutes, das an sich einem gewerblichen Betriebe zu dienen bestimmt ist, stelle einen gewerblichen Betrieb dar. Das FG führt aus, der Berufungsführer (Kläger) habe nicht einen gewerblichen Betrieb verpachtet; er übe vielmehr einen solchen Betrieb seit der Gründung ununterbrochen aus. Gegenstand seines gewerblichen Betriebes sei die gewerbsmäßige Vermietung seiner Straßenwalze. Durch die nachhaltig betriebenen Mietgeschäfte wolle er Gewinne erzielen; durch diese Geschäfte beteilige er sich am Wirtschaftsverkehr. Für den Begriff des gewerblichen Betriebsvermögens im Sinne des § 54 BewG komme es nicht darauf an, in welcher Weise ein Wirtschaftsgut einem Betriebe diene; entscheidend sei allein, daß es dem Betrieb in irgendeiner Form diene und dem Betriebsinhaber gehöre.
III. - Die Vorinstanz hat damit den Begriff der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verkannt; die angefochtene Entscheidung muß aufgehoben werden. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt nach dem Urteil IV 399/55 U vom 1. August 1957 (BFH 65, 322, BStBl III 1957, 355) vor, wenn das Unternehmen als solches, d. h. durch eine sachlich selbständige, in sich abgeschlossene und für sich bestehende Tätigkeit nach außen in Erscheinung tritt und sich an die Allgemeinheit wendet. Vor allem durch dieses Merkmal unterscheidet sich die gewerbliche Betätigung von der bloßen Nutzung und Verwaltung eigenen Vermögens. Auf dieser Rechtsauffassung beruht die im Urteil III 324/57 U a. a. O. vertretene Ansicht über die bewertungsrechtliche Einordnung einzelner Wirtschaftsgüter, die als solche vermietet oder verpachtet sind.
Wird ein Wirtschaftsgut vermietet, das einem gewerblichen Betrieb zu dienen bestimmt ist, im Bewertungszeitpunkt aber einem derartigen Betrieb des Eigentümers nicht dient, so begründet die Tatsache der Vermietung allein keine gewerbliche Betätigung; in einem solchen Fall wird nur eigenes Vermögen genutzt. Dies gilt auch dann, wenn schon beim Erwerb des Wirtschaftsgutes die Absicht bestand, es durch Vermietung zu nutzen. Eine gewerbliche Betätigung (Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) liegt auch dann noch nicht vor, wenn das Wirtschaftsgut erneut vermietet wird, weil bisherige Mieter, die das Wirtschaftsgut für eine längere Zeit gemietet hatten, das Mietverhältnis auflösen, weil sie das Wirtschaftsgut in ihrem Betriebe nicht mehr verwenden wollen oder - mangels entsprechender Aufträge - nicht mehr verwenden können. Die Tatsache allein, daß der Eigentümer das Wirtschaftsgut wiederholt und verschiedenen Mietern überläßt, begründet keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Hierauf hat es keinen Einfluß, daß der Eigentümer durch Anzeigen in Zeitungen oder mittels persönlicher Vorsprachen bei den möglichen Interessenten Mieter zu finden trachtet. Derartige Maßnahmen liegen im Rahmen der nutzbringenden Verwaltung eigenen Vermögens.
Eine bloße Nutzung eigener Vermögenswerte liegt nicht mehr vor, wenn zu der mietrechtlichen Gebrauchsgewährung (§ 535 BGB) besondere Umstände hinzutreten, die eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr begründen. Solche Umstände können z. B. darin bestehen, daß die Mietsache unter Ausnutzung der günstigsten Marktlage zu jeweils nur kurzfristiger Nutzung an Interessenten überlassen wird. Bei Vermietung einer Straßenwalze könnte es auch bedeutsam sein, ob der Walzenführer als Arbeitskraft von dem Vermieter gestellt wird und/oder ob die Pflege und Wartung der Walze ihm selbst obliegt.
IV. - Die Sache ist spruchreif. Auch die Einspruchsentscheidung und der Einheitswertbescheid zum 1. Januar 1957 werden aufgehoben.
Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz rechtfertigen den Schluß, daß der Revisionskläger durch die Vermietung der Straßenwalze einen gewerblichen Betrieb nicht unterhalten, vielmehr nur eigenes Vermögen genutzt hat, das nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG zu erfassen ist. Die Feststellungen des FG ergeben, daß der Revisionskläger die Walze durch nicht nur kurzfristige Vermietung an Bauunternehmer nutzen wollte und auch genutzt hat. Der Wechsel des Mieters war nicht durch den Revisionskläger veranlaßt. Der alte Mieter hatte keine Verwendung für die Mietsache mehr. Aus diesem Grund suchte der Revisionskläger einen anderen Mieter, dem er die Walze gegen eine pauschale Jahresvergütung überließ. Die Schlußfolgerung des FG, aus den Inseraten in Zeitungen und Zeitschriften und aus Vorsprachen bei Baufirmen zum Zwecke der Vermietung der Walze ergebe sich, der Revisionskläger sei nach außen als gewerbsmäßiger Vermieter der Walze aufgetreten, ist angesichts des festgestellten Sachverhalts rechtlich fehlerhaft. Dem Revisionskläger war es, wie der vom FG festgestellte Sachverhalt ergibt, um eine längerfristige Vermietung zu tun. Der Versuch allein, einen Mieter durch Anzeigen und mittels persönlichen Kontakts zu finden, kann eine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr nicht begründen.
Fundstellen
Haufe-Index 412492 |
BStBl III 1967, 362 |
BFHE 1967, 247 |
BFHE 88, 247 |