Leitsatz (amtlich)
Ob ein Wirtschaftsgut nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG einem gewerblichen Betrieb "zu dienen bestimmt ist", richtet sich nach der Zweckbestimmung durch den Eigentümer bzw. den Verfügungsberechtigten, sofern die Zweckbestimmung nach außen erkennbar und der Wille des Eigentümers bzw. des Verfügungsberechtigten mit den tatsächlichen Gegebenheiten und insbesondere mit der Verkehrsauffassung vereinbar ist.
Normenkette
VStG § 3 Abs. 1 Nr. 8; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 67 Abs. 1 Nr. 8
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Kläger und Revisionsbeklagter) ist ein Berufsverband in der Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins. Er unterhält zur Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgaben ein Prüfungs- und Forschungsinstitut. Die Einrichtungen werden in unbedeutendem Umfang auch für Arbeiten benutzt, die nicht dem Zweck des Berufsverbands dienen.
Das FA (Beklagter und Revisionskläger) erblickte in dieser Nebentätigkeit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und veranlagte den Steuerpflichtigen mit seinem gesamten Vermögen zur Vermögensteuer auf den 1. Januar 1963. Es erfaßte nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung auch den Wert der Maschinen und der sonstigen technischen Einrichtung des Instituts und das Büroinventar.
Der Steuerpflichtige hielt die technische Einrichtung und das Büroinventar für nicht vermögensteuerpflichtig. Sein Einspruch hatte jedoch keinen Erfolg.
Das FG gab der Klage statt und hob durch das in den EFG 1967 S. 219 veröffentlichte Urteil den Vermögensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung ersatzlos auf. Es führte aus, die technische Einrichtung und das Büroinventar seien kein sonstiges Vermögen im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG, da sie nicht einem gewerblichen Betrieb zu dienen bestimmt seien. Maßgebend sei die Zweckbestimmung durch den Eigentümer. Im Streitfall hätten die Wirtschaftsgüter nach dem Willen des Steuerpflichtigen den Verbandszwecken des Vereins zu dienen. Es komme nicht darauf an, daß die Arbeit des Instituts den gewerblichen Interessen der Mitglieder zugute komme.
Das FA legte gegen das Urteil Revision ein mit dem Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und den Vermögensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung wieder herzustellen. Es rügt unrichtige Anwendung des § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG und führt dazu aus: Wenn man der Zweckbestimmung durch den Eigentümer maßgebende Bedeutung beimesse, so seien nur solche Wirtschaftsgüter einem gewerblichen Betrieb zu dienen bestimmt, die in einen nach dem Stichtag zu eröffnenden Gewerbebetrieb des Eigentümers eingebracht werden sollten. Der Gesetzgeber hätte keinen Anlaß gehabt, derart seltene Fälle gesetzlich zu regeln. Würden die unter § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG fallenden Wirtschaftsgüter danach abgegrenzt, ob sie gegenwärtig oder später in einem Gewerbebetrieb verwandt werden, so würden gleichartige und zum Stichtag gleichgenutzte Wirtschaftsgüter unterschiedlich besteuert, je nachdem, ob der auf eine betriebliche Verwendung gerichtete Wille des Eigentümers am Stichtag bereits gefaßt und erkennbar sei. Dies führe zu einer willkürlichen Besteuerung, die der Gesetzgeber nicht beabsichtigt haben könne. Der Wille des Eigentümers sei zudem in den meisten Fällen objektiv nicht feststellbar. § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG müsse daher auch solche Wirtschaftsgüter erfassen, die nicht unmittelbar für betriebliche Zwecke gebraucht werden sollten, die aber nach ihrer Beschaffenheit und nach dem ihnen zugedachten Verwendungszweck objektiv dazu bestimmt seien, einem gewerblichen Betrieb zu dienen. Die objektive Bestimmung zu betrieblichen Zwecken sei in der Regel nach der Art der Wirtschaftsgüter, nach ihrer Zusammensetzung und ihrer Funktion zueinander zu beurteilen. Sie sei zu bejahen, wenn die Wirtschaftsgüter so organisiert seien, daß sie ohne wesentliche Veränderung die Grundlage eines Gewerbebetriebes sein könnten. Die Güter seien dann im Sinne von § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG dazu bestimmt, einem gewerblichen Betrieb zu dienen. Die Vorschrift habe den Sinn, die Wirtschaftsgüter der Vermögensteuer zu unterwerfen, die in ihrer Organisation einem Betriebsvermögen glichen, die aber nicht betrieblich, sondern vereinsintern (satzungsmäßig) oder mittelbar gewerblich genutzt würden. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. Das Institut des Steuerpflichtigen könnte in der Form, in der es bestehe, ohne wesentliche Veränderung von einem gewerblichen Unternehmen übernommen werden und es könnte morgen die Leistungen, die es heute vereinsintern erbringe, als werbendes Unternehmen ausführen, wie es bereits jetzt in einem geringfügigen Umfang geschehe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 8 VStG sind Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter von der Vermögensteuer befreit, wenn ihr Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Unterhalten sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der nicht dem Verbandszweck dient, sind sie in vollem Umfang vermögensteuerpflichtig. Der Steuerpflichtige ist im Streitfall ein Berufsverband ohne öffentlich-rechtlichen Charakter, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Er unterliegt jedoch mit seinem gesamten Vermögen der Vermögensteuer, da er unstreitig - wenn auch nur in einem geringen Umfang - einen nicht dem Vereinszweck dienenden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.
Die technische Einrichtung und das Büroinventar des Instituts gehören bewertungsrechtlich nicht zum Betriebsvermögen, weil sie hauptsächlich den internen Interessen des Vereins und nur nebenbei in geringem Umfang dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Steuerpflichtigen dienen (vgl. § 54 Abs. 1 BewG; Abschn. 5 Abs. 3 Satz 1 VStR 1963; Troll, Besteuerung von Verein, Stiftung und Körperschaft des öffentlichen Rechts S. 180). Sie sind daher bei der Veranlagung zur Vermögensteuer nur zu erfassen, wenn sie nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG zum sonstigen Vermögen gehören. Dies hat das FG zu Recht verneint.
Nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG zählen zum sonstigen Vermögen die Wirtschaftsgüter, die einem gewerblichen Betrieb zu dienen bestimmt sind, tatsächlich an dem für die Veranlagung zur Vermögensteuer maßgebenden Zeitpunkt aber einem derartigen Betrieb des Eigentümers nicht dienen, falls ihr Wert 1 000 DM übersteigt. Ob Wirtschaftsgüter einem gewerblichen Betrieb "zu dienen bestimmt sind", richtet sich nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift nach der "Bestimmung", die der Eigentümer oder ein sonstiger Verfügungsberechtigter ihnen gegeben hat. Sie unterliegen mithin als Teil des sonstigen Vermögens der Vermögensteuer, wenn sie nach dem Willen des Eigentümers in einem gewerblichen Betrieb verwandt werden sollen, an dem für die Vermögensteuerveranlagung maßgebenden Zeitpunkt aber nicht in einem Betrieb des Eigentümers eingesetzt sind. In diesem Sinn hat der Gesetzgeber die Worte "zu dienen bestimmt", z. B. auch in § 29 Abs. 5 BewG, § 3a Nr. 1 Satz 2 VStG und § 33 BewG 1965 gebraucht (vgl. zu § 29 Abs. 5 BewG: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts III C 168/65 vom 27. Juni 1968, HFR 1969 S. 248; vgl. zu § 3a VStG: Abschn. IV des übereinstimmenden Runderlasses der Finanzminister - Finanzsenatoren - der Länder vom 16. Juli 1962, BStBl II 1962, 150, und Zeiss, Die Vermögensteuer der öffentlichen Unternehmen und Anstalten nach § 3a VStG S. 26 ff., sowie zu § 33 BewG 1965: Abschn. 1.05 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Richtlinien für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vom 17. November 1967, BStBl I 1967, 397).
Die vom FA in der Revisionsbegründung vertretene Auffassung, unter § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG fielen auch solche Wirtschaftsgüter, die objektiv für Zwecke eines gewerblichen Betriebes geeignet und nach ihrer Art, nach ihrer Zusammensetzung und ihrer Funktion zueinander so organisiert seien, daß sie ohne wesentliche Veränderung die Grundlage eines Gewerbebetriebes sein könnten, läßt sich mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbaren. Wenn der Gesetzgeber dem § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG diesen Sinn hätte geben wollen, so hätte er dies deutlich kenntlich machen müssen, etwa mit den Worten "zu dienen geeignet". Dem FA ist allerdings darin beizutreten, daß die Zweckbestimmung als innere Willensentscheidung des Eigentümers - wie auch sonst bei der Bestimmung von wirtschaftlichen Einheiten im Bewertungsrecht - nur insoweit von Bedeutung ist, als sie nach außen hin erkennbar ist und der Wille des Eigentümers mit den tatsächlichen Gegebenheiten und insbesondere mit der Verkehrsauffassung vereinbar ist (vgl. die zur Frage der wirtschaftlichen Einheit ergangenen Urteile des RFH III 294/30 vom 10. April 1930, RStBl 1930, 298, und des BFH III 148/54 U vom 15. Oktober 1954, BFH 60, 1, BStBl III 1955, 2, sowie Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 50 BewG Anm. 4 Abs. 2 und § 2 BewG 1965 Anm. 49). Die Auffassung des FA würde dazu führen, daß auch die eingerichtete Werkstatt eines Bastlers der Vermögensteuer unterliegen würde. Das kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Er wollte vielmehr die Vermögensteuerpflicht aller Teile von wirtschaftlichen Einheiten, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen, in § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG nur auf die Wirtschaftsgüter ausdehnen, die nach ihrer vom Eigentümer gegebenen Zweckbestimmung ebenfalls einem gewerblichen Betrieb dienen sollen, tatsächlich aber an dem für die Veranlagung zur Vermögensteuer maßgebenden Zeitpunkt einem derartigen Betrieb des Eigentümers nicht dienen. Dies führt entgegen der Ansicht des FA nicht zu einer willkürlichen Besteuerung.
§ 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG betrifft demnach vor allem die Fälle, in denen der Eigentümer Wirtschaftsgüter für einen eigenen gewerblichen Betrieb angeschafft hat, er aber den Betrieb an dem für die Vermögensteuerveranlagung maßgebenden Zeitpunkt noch nicht aufgenommen hat. Die Vorschrift umfaßt ebenfalls Wirtschaftsgüter eines vom Eigentümer aufgegebenen Betriebes, die zum obigen Stichtag noch nicht im Wege der Liquidation veräußert oder in einen anderen Betrieb des Eigentümers überführt wurden. Die Gegenstände müssen aber nicht unbedingt den Zwecken eines eigenen Betriebes dienen oder gedient haben. Nach der Rechtsprechung des Senats fallen unter § 67 Abs. 1 Nr. 8 BewG vielmehr auch die Güter, die nach dem Willen des Eigentümers in fremden Betrieben verwendet werden sollen, wie etwa eine Straßenwalze, die von dem Eigentümer, einem Arbeitnehmer, an Bauunternehmer vermietet wird, soweit eine solche Vermietung wegen des Hinzutretens besonderer Umstände nicht als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzusehen und deshalb als eigener gewerblicher Betrieb zu werten ist (vgl. BFH-Urteil III 42/63 vom 24. Februar 1967, BFH 88, 247, BStBl III 1967, 362). Diese Fälle sind nicht so selten und so unbedeutend, daß sie einer gesetzlichen Regelung nicht zugänglich wären.
Entsprechend diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht die Vermögensteuerveranlagung des Steuerpflichtigen auf den 1. Januar 1963 und die Einspruchsentscheidung des FA ersatzlos aufgehoben, da die technische Einrichtung und das Büroinventar nach dem Willen des Steuerpflichtigen für vereinsinterne Zwecke bestimmt waren. Daß sie in geringfügigem Ausmaß (zu 4,91 %) für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Steuerpflichtigen mit benutzt wurden, fällt nicht ins Gewicht.
Bei Nichtansatz der technischen Einrichtung und des Büroinventars ergibt sich zum 1. Januar 1963 ein negatives Vermögen. Eine Vermögensteuerveranlagung auf diesen Stichtag entfällt daher.
Fundstellen
Haufe-Index 68917 |
BStBl II 1970, 298 |
BFHE 1970, 365 |