Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrere voneinander abweichende Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer als klar und eindeutig
Leitsatz (NV)
Eine Vereinbarung, die eine Kapitalgesellschaft mit ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer schließt, kann auch bei Vorliegen mehrerer, voneinander abweichender Vereinbarungsfassungen klar und eindeutig sein, wenn nach außen klar zu erkennen ist, auf welche Fassung es maßgeblich ankommt.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren beherrschender Gesellschafter K ist. Diesem wurde am 2. Januar 1987 eine schriftliche Pensionszusage (für Alters-, Invaliden-, Witwen- und Waisenrente) erteilt, für die die Klägerin eine Rückstellung bildete. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) anerkannte diese Rückstellung -- dem Grunde, nicht jedoch der Höhe nach -- erst vom Streitjahr 1989 an. Betreffend die Streitjahre 1987 und 1988 behandelte das FA sie als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), weil K im Zeitpunkt der Erteilung der Zusage nicht wirksam vom Verbot des Abschlusses von In-sich-Geschäften gemäß §181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit worden sei. Diese Befreiung und ihre Eintragung in das Handelsregister waren erst am 8. Juni bzw. am 19. Juli 1989 erfolgt.
Das Finanzgericht (FG) schloß sich dem FA insoweit an. Es gab der Klage lediglich in jenem Umfang statt, in dem das FA die für die Witwenpension ab 1989 gebildete Rückstellung der Höhe nach gekürzt hatte. Dabei ging das FG -- nach Durchführung einer Beweisaufnahme -- davon aus, daß die Klägerin ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine entsprechende Zusage in klarer und eindeutiger Weise erteilt habe. Zwar habe sie zwei Versionen der Pensionszusage vom 2. Januar 1987 vorgelegt, die sich teilweise im Wortlaut unterschieden und gegenseitig widersprächen. Die Beweisaufnahme habe indes ergeben, daß die jüngere Version die tatsächlich vereinbarte gewesen sei, so daß im Ergebnis gegen die steuerliche Anerkennung der Zusage keine Bedenken bestünden.
Ihre Revision stützt die Klägerin auf die Senatsurteile vom 23. Oktober 1996 I R 71/95 (BFHE 181, 328) und vom 11. Februar 1997 I R 58/96 (BFH/NV 1997, 803).
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide unter Berücksichtigung einer Pensionsrückstellung von ... DM (1987) und ... DM (1988) zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Der erkennende Senat geht davon aus, daß die Klägerin lediglich insoweit Revision eingelegt hat, als ihrer Klage durch das FG nicht entsprochen worden ist. Die so verstandene Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur vollen Klagestattgabe.
1. Unter einer vGA i. S. des §8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Dezember 1991 I R 49/90, BFHE 166, 545, BStBl II 1992, 434). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender Gesellschafter, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. Senatsurteile vom 22. September 1976 I R 68/74, BFHE 120, 200, BStBl II 1977, 15; vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vom 13. März 1991 I R 1/90, BFHE 164, 255, BStBl II 1991, 597).
2. Von diesen Grundsätzen ausgehend steht zwischen den Beteiligten allein noch in Streit, ob die dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin gegebene Pensionszusage hinreichend klar und eindeutig gewesen ist. Dies hat das FG nach Durchführung der Beweisaufnahme in nicht zu beanstandender Weise bejaht. Wenn das FA demgegenüber meint, allein an dem Umstand, daß die Beweisaufnahme erforderlich gewesen sei, erweise sich die Unklarheit der Vereinbarung, so kann dem nicht gefolgt werden. Zwar hat die Klägerin nach den Feststellungen des FG zwei voneinander abweichende Versionen der K gegebenen Pensionszusage vorgelegt, die beide unter dem 2. Januar 1987 datieren. Schließt eine Kapitalgesellschaft zeitgleich zwei sich widersprechende Vereinbarungen mit ihrem beherrschenden Gesellschafter- Geschäftsführer ab, so kann es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlen, allerdings nur dann, wenn nicht zu erkennen ist, welche von beiden die maßgebliche ist (Senatsurteil vom 24. Mai 1989 I R 90/85, BFHE 157, 168, BStBl II 1989, 800). So verhält es sich im Streitfall jedoch nicht. Nach den Feststellungen des FG ist die zunächst -- am 2. Januar 1987 -- gefertigte und unterschriebene Fassung der Pensionszusage wenige Tage später durch eine andere Fassung ersetzt und diese sodann der Berechnung der Pensionsrückstellung zugrunde gelegt worden. An der erforderlichen Klarheit mangelte es folglich nicht. Daß das FG es für notwendig hielt, über die Frage danach, auf welche Zusagefassung es maßgeblich ankam, Beweis zu erheben, ändert daran nichts. In welcher Weise der Nachweis über die getroffene Vereinbarung erbracht wird, ist grundsätzlich unbeachtlich, vorausgesetzt, sie tritt, wie im Streitfall, nach außen erkennbar in Erscheinung (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 24. Juli 1990 VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90; vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645; Blümich/Rengers, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 15. Aufl., §8 KStG Rz. 311; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 5. Aufl., §8 Rz. 125, jeweils m. w. N. zur Rechtsprechung).
Das davon im Ergebnis abweichende Urteil des FG ist aufzuheben. Die von der Klägerin gebildete Pensionsrückstellung zieht keine vGA nach sich und ist anzuerkennen. Die angefochtenen Steuerbescheide sind entsprechend zu ändern. Dem FA wird aufgegeben, die Steuerbeträge zu errechnen (§100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Fundstellen
Haufe-Index 67424 |
BFH/NV 1998, 1375 |