Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein Grundstück, das der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes an eine Erdölgewerkschaft zur Anlage von umzäunten Betriebsvorrichtungen offensichtlich langfristig verpachtet, gehört zum Grundvermögen.
Normenkette
BewG § 29 Abs. 1, § 33/1, § 51 Abs. 2, § 69/1, § 51/3, § 69/2
Tatbestand
Streitig ist, ob das vom Bf. an eine Erdölgesellschaft verpachtete Land weiter zum landwirtschaftlichen Vermögen oder zum Grundvermögen gehört.
Der Bf. ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes. Er hat einer Erdölgewerkschaft einzelne Grundstücke gegen eine Jahrespacht überlassen. Die Gewerkschaft ist berechtigt, diese Flächen für ihre Bohr- und Gewinnungsbetriebe zu benutzen, Anlagen und Bauwerke zu errichten, und die Grundstücke solange in Anspruch zu nehmen, wie es aus betrieblichen Gründen notwendig ist. Bei Rückgabe ist das Land in den früheren Zustand zu versetzen; auf Verlangen des Grundeigentümers sind Bauwerke, Anlagen und Einrichtungen von der Gewerkschaft zu beseitigen. Auf Grund entsprechender Vereinbarungen wurden in den Jahren 1951 und 1952 mehrere tausend Quadratmeter und im Jahre 1955 weitere Flächen überlassen.
In der Inanspruchnahme der verschiedenen Teilstücke für Zwecke der Erdölgewinnung sah das Finanzamt eine änderung der Nutzungsart. Es schied sie zum 1. Januar 1953 und weitere Teilstücke zum 1. Januar 1956 aus der landwirtschaftlich genutzten Fläche aus, und bewertete sie in einer neuentstandenen wirtschaftlichen Einheit als unbebaute Grundstücke (Industriegelände). Die Bewertung erfolgte nach dem gemeinen Werte.
Wie eine Besichtigung der einzelnen Suchfelder ergab, sind alle der Gewerkschaft überlassenen Flächen mit festen, dauerhaften Drahtzäunen umgeben und auf stark und gut befestigten Wegen (Straßen) zu erreichen. Auf den Betriebsflächen sind nicht nur ölpumpen, sondern auch verschiedene sonstige Betriebsvorrichtungen wie ölbassins, Rohrleitungen und dergleichen geschaffen.
Der Bf. verlangte Aufhebung der beiden Bescheide und Verbleiben der Flächen beim landwirtschaftlichen Vermögen, da die Flächen trotz der - seiner Ansicht nach nur vorübergehenden - anderweitigen Benutzung dem Charakter nach einem landwirtschaftlichen Hauptzwecke dienten. Das Errichten der Betriebsplätze stelle für den landwirtschaftlichen Betrieb eine erhebliche Arbeitsbelastung dar.
Der Einspruch hatte Erfolg. Auf die Berufung des Vorstehers des Finanzamts wurden die Bescheide auf den 1. Januar 1953 und auf den 1. Januar 1956 wiederhergestellt. Das Finanzgericht führte aus: Das gesamte, seitens der Gewerkschaft von verschiedenen Landwirten gepachtete Gelände werde zur Erdölförderung genutzt. Nach dem Umfange und Ausbau der Anlagen könne die Inanspruchnahme dafür nicht als vorübergehend angesehen werden. Die Zweckbestimmung sei entscheidend. Die Zurechnung zum Grundvermögen ergebe sich aus § 51 Abs. 2 und 3 des Bewertungsgesetzes (BewG).
Mit der Rb. macht der Bf. geltend, er nutze einen Teil des verpachteten Geländes landwirtschaftlich, da ihm die Gewerkschaft bei den Förderplätzen mitverpachtete Zwischenstücke überlassen habe. Das Vordergelände nutze er zur Heugewinnung bzw. zum Wenden und Umkehren bei der Bestellung der äcker. Die übrigen Flächen innerhalb der abgegrenzten Förderplätze würden von der Gewerkschaft und ihren Werksangehörigen landwirtschaftlich genutzt.
Der Vorsteher des Finanzamts sieht in diesen Ausführungen ein verspätetes tatsächliches Vorbringen, das nach § 288 AO unzulässig sei. Im übrigen bittet er um Aufrechterhaltung des Urteils des Finanzgerichts.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Verpachtung der Teilstücke beruht auf § 135 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865. Die Nachfeststellung einer neuentstandenen wirtschaftlichen Einheit als Grundvermögen auf den 1, Januar 1953 und die Fortschreibung auf den 1. Januar 1956 gemäß §§ 23 Abs. 1 Ziff. 1 und 22 Abs. 1 Ziff. 1 BewG sind dann Rechtens, wenn die verpachteten Teilgrundstücke nicht als landwirtschaftliches Vermögen, sondern als Grundvermögen zu bewerten sind. Die Ausführungen des Finanzgerichts lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Die tatsächlichen Feststellungen enthalten keinen Verstoß gegen den Akteninhalt. Die Umzäunung des Betriebsgeländes sowie die Anlage von ölpumpen, Erdölbassins und Bohrtürmen lassen eindeutig erkennen, daß diese Grundstücke nicht mehr zum landwirtschaftlichen Vermögen gehören. § 30 Abs. 1 BewG steht dem nicht entgegen; es handelt sich vielmehr um Industrieland, das der Erdölgewerkschaft für betriebliche Zwecke zur Verfügung gestellt wurde (Hinweis auf § 51 Abs. 2 BewG). § 30 Abs. 1 BewG bezieht sich nur auf andere Vermögensunterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, nicht auf andere Vermögensarten. Von einer nur kurzfristigen, vorübergehenden Entfremdung kann bei überlassung des Geländes an eine Erdölgesellschaft, die von vornherein mit hohen Investitionen und auf zeitlich weite Sicht arbeitete, nicht die Rede sein. Die Ausführungen des Bf. in der Rechtsbeschwerdebegründung über die landwirtschaftliche Nutzung teils durch ihn selbst, teils durch die Gewerkschaft oder deren Angehörige, stellen ein neues tatsächliches Vorbringen dar. In den Schriftsätzen zur Einspruchsbegründung ist über eine spezielle landwirtschaftliche Nutzung des verpachteten Landes nichts ausgeführt. Im Berufungsverfahren wurden darüber ebenfalls keine Ausführungen gemacht, außer der allgemeinen Redewendung, "es habe sich an dem Charakterbild der Landschaft als landwirtschaftlicher Fläche nichts geändert". Die Vereinbarung zwischen dem Bf. und der Gesellschaft vom 24. September 1951, die als Muster zu den Akten eingereicht wurde, enthält keinen Hinweis über eine etwaige landwirtschaftliche Nutzung des "zur Anlegung eines Bohr- bzw. Förderplatzes" überlassenen Grundstückes; vielmehr ist ausdrücklich auf § 135 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes, der die Abtretung für den Betrieb des Bergbaues regelt, Bezug genommen. Es muß somit gemäß §§ 288, 296 AO bei der Tatsachenfeststellung verbleiben, die das Finanzgericht vorgenommen hat. Davon abgesehen ist nicht zu verkennen, daß es sich sowohl nach dem überlassungsvertrage als auch nach der tatsächlichen Gestaltung an den Stichtagen um Gelände handelte, das der Gewerkschaft nach ihrem Belieben für betriebliche Zwecke zur freien Verfügung stand.
Fundstellen
Haufe-Index 410293 |
BStBl III 1962, 24 |
BFHE 1962, 57 |
BFHE 74, 57 |