Entscheidungsstichwort (Thema)
Pensionszusage an einen beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführer; notwendige Feststellungen des FG bei einer Klage gegen einen Bescheid nach § 47 KStG
Leitsatz (NV)
1. Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung aufgrund einer Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführer wird steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt, wenn und soweit die Zusage als nachträgliche Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistungen gewährt wird oder unangemessen ist.
2. Das Alter des Gesellschaftergeschäftsführers, die Länge der Wartezeit und die künftige aktive Dienstzeit sind bei der Angemessenheit der Pensionszusage zu prüfen.
3. Die Zeit, in der der Geschäftsführer als Inhaber oder Gesellschafter der Fa. tätig war, ist bei der Angemessenheit nicht zu berücksichtigen.
4. Bei einer Klage gegen einen Bescheid gem. § 47 KStG 1977 muß das FG feststellen, ob das beklagte FA die Ermittlung des vEK, dessen Gliederung, die Zuordnung der bei der Einkommensermittlung nicht abziehbaren Ausgaben, die Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer durch Ausschüttung (§§ 27 ff. KStG) richtig vorgenommen hat.
Normenkette
KStG 1977 § 8 Abs. 1, 3, § 47
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine am 13. Dezember 1974 gegründete GmbH, deren Gesellschafter in den Streitjahren die Zahntechnikermeister (RN) und (AN) - Vater und Sohn - zu je 50 v. H. waren. Beide waren Geschäftsführer. Der Vater RN hatte in langjähriger Tätigkeit ein zahntechnisches Labor aufgebaut, das zunächst als Einzelfirma und später durch Aufnahme des Sohnes AN in der Rechtsform einer KG geführt wurde. Am 1. Januar 1975 trat die Klägerin als Komplementärin in die KG ein. Aufgrund einer Neuordnung zum 1. Januar 1978 wurde das Unternehmen in eine Produktions-GmbH (Klägerin) und eine Besitzgesellschaft nach bürgerlichem Recht, bestehend aus RN und AN, aufgespalten.
Im Zuge der Neuordnung des Unternehmens wurden die Geschäftsführerverträge im November 1977 mit Wirkung zum 1. Januar 1978 neu gefaßt. Danach erhielt der damals 66jährige RN u. a. weiterhin ein monatliches Gehalt von 10 000 DM und zusätzlich ein 13. Gehalt in gleicher Höhe. RN erklärte in der Gehaltsvereinbarung, daß er ausdrücklich auf ein ihm an sich zustehendes höheres Gehalt zugunsten einer angemessenen hohen betrieblichen Altersversorgung verzichte. Die Klägerin erteilte RN eine betriebliche Versorgungszusage von monatlich 7 500 DM. Im Falle der Invalidität sollte die Rente in voller Höhe gewährt, im Falle des Todes als Witwenrente in Höhe von 75 v. H. gezahlt werden. Gleichzeitig wurde eine Wartezeit von drei Jahren festgelegt, beginnend mit Dezember 1974. AN erhielt zum gleichen Zeitpunkt eine Pensionszusage der Klägerin.
Im Hinblick auf die Pensionszusage an RN bildete die Klägerin in den Streitjahren Rückstellungen in Höhe von 232 217 DM (1978) bzw. 582 791 DM (1979).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verneinte nach einer Außenprüfung die betriebliche Veranlassung der Pensionsrückstellung und erhöhte in den geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheiden dementsprechend das Einkommen bzw. den Gewerbeertrag um die Zuführungen zur Pensionsrückstellung. In gleicher Weise änderte er die Feststellungsbescheide gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977).
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 8 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 KStG 1977, § 6 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide 1978 und 1979 sowie die Feststellungsbescheide gemäß § 47 KStG 1977 wieder auf den vor der Außenprüfung festgesetzten Betrag zu ermäßigen, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), soweit die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide 1978 und 1979 betroffen sind. Bezüglich der Feststellungsbescheide zum 31. Dezember 1978 und 31. Dezember 1979 ist die Revision begründet. Mangels tatrichterlicher Feststellungen war die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
A. Die Zuführung zu der Pensionsrückstellung zugunsten des RN war als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der Klägerin in den Streitjahren in voller Höhe hinzuzurechnen (§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG 1977).
1. Unter verdeckten Gewinnausschüttungen sind alle Vorgänge zu verstehen, durch die letztlich Vermögen einer Kapitalgesellschaft den Gesellschaftern bzw. dieser nahestehenden Personen zugeführt wird, wobei eine Beurteilung des Sachverhalts geltend gemacht wird, die diesen nicht als Grundlage einer Ausschüttung erscheinen läßt, vielmehr eine solche ,,verdeckt". Vermögensvorteile werden den Gesellschaftern damit in einer Form zugeführt, in der sie nicht als Ausschüttung erscheinen, sondern unter anderer Bezeichnung verborgen sind. Entscheidend ist damit, ob Leistungen an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis (societatis causa) gewährt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673). Maßstab ist im Regelfall, ob die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zugewandt hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673). Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung aufgrund einer Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer wird steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt, wenn und soweit die Zusage als nachträgliche Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung gewährt wird (Urteil vom 8. Januar 1969 I R 91/66, BFHE 95, 215, BStBl II 1969, 347) oder unangemessen ist (Urteil vom 4. August 1959 I 4/59 S, BFHE 69, 299, BStBl III 1959, 374).
2. Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Anteile der Klägerin zu je 50 v. H. in den Händen des RN und AN lagen und daß diese zu gleicher Zeit Pensionszusagen erhalten hatten, die einer ausreichenden Alterssicherung dienen sollten. Im Hinblick darauf hat das FG RN zutreffend als beherrschenden Gesellschafter behandelt. Zwar ist für die Beherrschung einer Kapitalgesellschaft in der Regel die Beteiligung eines Gesellschafters an den Stimmrechten zu mehr als 50 v. H. erforderlich, weil nur bei einer solchen Mehrheitsbeteiligung Gesellschafterbeschlüsse erzwungen werden können, die im Interesse des beherrschenden Gesellschafters liegen. Ausnahmsweise können aber auch besondere Umstände eine beherrschende Gesellschafterposition im Einzelfall begründen. Dies ist der Fall, wenn mehrere Gesellschafter, die untereinander aufgrund einer Interessenübereinstimmung verbunden sind, die Mehrheit der Stimmrechte besitzen und diese in einer Frage ausüben, die zum Gegenstand der Interessenübereinstimmung gehört (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1976 I R 223/74, BFHE 119, 453, BStBl II 1976, 734; vom 26. Juli 1978 I R 138/76, BFHE 125, 557, BStBl II 1978, 659). Für den Streitfall ergibt sich die Interessenübereinstimmung daraus, daß beiden Gesellschaftern eine Pensionszusage gewährt worden ist. Dabei kommt es entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht darauf an, ob die beiden Zusagen betragsmäßig gleichwertig sind. Auch im Urteil in BFHE 125, 557, BStBl II 1978, 659 hat der erkennende Senat gleichgerichtete Interessen bejaht, obwohl die Gehälter der Geschäftsführer in dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt verschieden hoch waren.
3. Dem FG ist auch darin beizupflichten, daß das Alter des RN und die anrechnungsfähige Dienstzeit für die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, erheblich sind. Bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters wäre die Pensionszusage nicht erteilt worden, da die Klägerin nach allgemeiner Lebenserfahrung nur noch mit einer zeitlich eng begrenzten Tätigkeit des RN rechnen konnte. Auch wenn RN zur Zeit des Anstellungsvertrages noch rüstig und aktiv war, mußte die Klägerin erkennen, daß die allgemeine Arbeitsfähigkeit im Alter von 66 Jahren nachläßt und ernsthafte, plötzliche Erkrankungen zunehmend wahrscheinlicher werden. Die Klägerin ging mit der Zusage ein hohes Risiko kurzfristiger Inanspruchnahme aus der Pensionszusage ein, ein Risiko, das ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Klägerin nicht übernommen hätte.
Es kommt hinzu, daß die Pensionszusage mit einer nur dreijährigen Wartezeit vereinbart wurde, die im Zeitpunkt des Abschlusses der Pensionszusage bereits abgelaufen war. Zudem sollte die aktive Dienstzeit des RN nur noch weitere drei Jahre dauern, so daß in sechs Jahren die Pension erdient werden sollte. Pensionszusagen werden regelmäßig einem Arbeitnehmer erst nach längerer Betriebszugehörigkeit erteilt. Die Zeit, in der RN als Inhaber bzw. Gesellschafter der Firma tätig war, kann bei der Angemessenheit der Pensionszusage nicht eingerechnet werden. Dies würde dem Nachzahlungsverbot zuwiderlaufen. Die Dienste des RN bis Dezember 1974 waren aber dem Gesellschaftsverhältnis und die Erträge den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juni 1977 I R 8/75, BFHE 123, 127, BStBl II 1977, 798, und vom 8. Januar 1975 I R 142/72, BFHE 115, 37, BStBl II 1975, 437).
4. Das FG hat zu Recht einen Vergleich der Bezüge des RN mit Geschäftsführergehältern, wie sie der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen in dem von der Klägerin zitierten Bericht für angemessen hält, abgelehnt. Eine Bezugnahme auf das im ersten Anstellungsvertrag vom 20. Dezember 1974 gewährte Gehalt würde dem Nachzahlungsverbot zuwiderlaufen, weil damals keine Pension zugesagt worden war. Bezüglich der Vereinbarung vom 28. November 1977 hat das FG die Tatsache gewürdigt, daß der Hinweis auf das angeblich zu niedrige Gehalt allein im Hinblick auf die steuerlichen Folgen aufgenommen worden war. An diese tatsächlichen Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
5. Das FG hat in rechtlich vertretbarer Weise aus den Gesamtumständen der Zusage geschlossen, daß sie nicht betrieblich begründet, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt war. Der Antrag, die Sache zur Ermittlung des angemessenen Teils der Pensionszusage zurückzuweisen, kann daher keinen Erfolg haben. Denn ein gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter hätte einem Nichtgesellschafter aus den unter 3. angeführten Gründen keine - auch nicht eine geringere - Pensionszusage erteilt.
B. Die Revision führt hinsichtlich der Feststellungsbescheide gemäß § 47 KStG 1977 zum 31. Dezember 1978 und zum 31. Dezember 1979 zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Das FG hat zu diesen Bescheiden in tatsächlicher Hinsicht keine Feststellungen getroffen. Bei einer Klage gegen einen Bescheid gemäß § 47 KStG 1977 muß das FG feststellen, ob das beklagte FA die Ermittlung des verwendbaren Eigenkapitals, dessen Gliederung, die Zuordnung der bei der Einkommensermittlung nicht abziehbaren Ausgaben, die Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer durch Ausschüttung (§§ 27 ff. KStG 1977) richtig vorgenommen hat. Dies kann der Senat ohne Feststellungen des FG nicht überprüfen (vgl. BFH-Urteile vom 6. Oktober 1976 I R 238/74, BFHE 120, 540, BStBl II 1977, 217; vom 20. August 1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., Anm. 31 zu § 118). Da es dem BFH als Revisionsinstanz gemäß § 118 Abs. 2 FGO verwehrt ist, hinsichtlich der Feststellungsbescheide eigene tatsächliche Feststellungen zu treffen, geht die Sache insoweit nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 415798 |
BFH/NV 1989, 195 |
BFHE 1989, 12 |