Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein unfertiges Gebäude, so kann er die Steuervergünstigung des § 7b EStG 1949 nur für die Aufwendungen zur Fertigstellung des Gebäudes, nicht jedoch für den Erwerbspreis des Gebäudes in Anspruch nehmen.
Normenkette
EStG § 7b
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) kaufte im Jahre 1949 ein unfertiges Einfamilienhaus nebst Garage. Von dem Kaufpreis für die Gebäude in Höhe von 22.000 DM entfielen 19.000 DM auf das Wohnhaus. Die Kosten der Fertigstellung durch den Bf. betrugen 9.395,97 DM.
Das Finanzgericht hat die Steuervergünstigung des § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur für die von dem Bf. zur Fertigstellung des Wohnhauses aufgewendeten Beträge von 9.395,97 DM gewährt. Den weitergehenden Antrag, die Steuervergünstigung auch für den Kaufpreis für das Wohngebäude zuzubilligen hat es mit der Begründung abgelehnt, daß insoweit keine Herstellungs-, sondern Anschaffungskosten vorlägen.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde (Rb.) des Steuerpflichtigen ist unbegründet.
Der erkennende Senat hat in dem Urteil IV 349/52 U vom 6. November 1952 (Bundessteuerblatt 1953 III S. 9) ausgeführt, daß es bei der Schaffung des § 7b EStG die Absicht des Gesetzgebers war, den dringend notwendigen Wohnungsbau zu fördern und zur Herstellung zusätzlichen Wohnraums durch steuerliche Vergünstigungen anzuregen. § 7b EStG dürfe nicht gesondert betrachtet werden, sondern nur im Zusammenhang mit § 7 EStG. Hiernach könnten "Anschaffungskosten" keinesfalls eine Begünstigung nach § 7 b EStG erfahren, sondern nur "Herstellungskosten".
Der Bf. hat nach seiner Einlassung für den Erwerb des unfertigen Wohngebäudes 19.000 DM aufgewendet. Er hat hierfür ein insoweit nicht von ihm selbst, sondern von dem Verkäufer errichtetes unfertiges Wohngebäude erworben. Die 19.000 DM sind somit keine Herstellungs- sondern Anschaffungskosten. Siehe auch Hartmann-Böttcher-Höfer, Einkommensteuer, Bl. VII F Nachtrag 1 zu IV c sowie Einkommensteuer-Richtlinien 1950 Abschn. 64 Abs. 2.
Der Anteil des Bf. an der Errichtung des Gebäudes beschränkt sich auf die Aufwendungen, die er zur Fertigstellung geleistet hat. Mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu fingieren, daß der Bf. das ganze Haus errichtet habe, erscheint nicht tragbar. Der Senat gibt in seiner Rechtsprechung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise einen breiten Raum. Fehlt jedoch ein Tatbestandsmerkmal, das der Gesetzgeber als unerläßliche Voraussetzung einer Steuervergünstigung geschaffen hat, so kann sein Vorhandensein nicht auf dem Wege der wirtschaftlichen Betrachtungsweise konstruiert werden.
Das Urteil IV 349/52 U vom 6. November 1952 spricht nicht gegen die vorstehenden Ausführungen. In diesem Falle bestand das Entgelt für den Grundstückserwerb in der Verpflichtung, ein Haus aufzubauen. In der Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Erwerber des ideellen Anteils selbst das ganze Haus mit eigenen Mitteln aufgebaut. Seine Aufwendungen stellen daher in vollem Umfange Herstellungskosten dar.
Der Rb. war mithin der Erfolg zu versagen.
Fundstellen
Haufe-Index 424189 |
BStBl III 1953, 242 |
BFHE 1954, 631 |
BFHE 57, 631 |