Leitsatz (amtlich)
Gewerbesteuerlich ist eine Unternehmenseinheit auf Grund von Unternehmeridentität zwischen einer Kommanditgesellschaft, die aus natürlichen Personen besteht, und einer GmbH & Co. KG nicht möglich.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
Streitig ist im Veranlagungszeitraum 1966, ob zwischen der Klägerin, einer KG, und einer GmbH & Co. KG gewerbesteuerlich eine Unternehmenseinheit bestand.
Die Klägerin betreibt ein Hoch- und Tiefbauunternehmen. Im Streitjahr waren an ihr der Kaufmann A als Komplementär und seine Mutter, Frau B, als Kommanditistin beteiligt. Das Beteiligungsverhältnis betrug 50 : 50.1964 hatten die beiden Gesellschafter die GmbH und die GmbH & Co. KG gegründet. 1966 waren an der GmbH & Co. KG die GmbH als Komplementärin und die beiden Gesellschafter A + B als Kommanditisten beteiligt. Das Stammkapital der GmbH in Höhe von 50 000 DM befand sich zu gleichen Teilen ebenfalls in Händen der Gesellschafter A + B. Gegenstand der GmbH & Co. KG war nach dem Gesellschaftsvertrag die technische und kaufmännische Betreuung von Bauvorhaben für Wohn- und Gewerbebauten, der Betrieb sowie die Betreuung von Tankstellen, Garagen, Hotels, Wohn- und Studentenheimen, die Vermietung von Wohn- und Gewerberäumen, die Verwaltung von Grundbesitz, der Bau von Eigentumswohnungen, die Vermittlung von Grundstücken, Finanzierungen, der Erwerb, die Bebauung sowie die Verwertung und Nutzung von Grundstücken aller Art.
In der Gewerbesteuererklärung für 1966 wies die Klägerin einen Gewerbeertrag aus, die GmbH & Co. KG erklärte 1966 einen Verlust. Das FA veranlagte die Klägerin für das Streitjahr nach Erklärung. Mit dem dagegen erhobenen Einspruch machte die Klägerin geltend, daß es sich bei ihrem Unternehmen und der GmbH & Co. KG um ein einheitliches Unternehmen handele, mit der Folge, daß die Betriebsergebnisse beider Unternehmen für die Festsetzung der Gewerbesteuer zusammengefaßt werden müßten. Während des Klageverfahrens wurde der angefochtene Bescheid durch einen Änderungsbescheid ersetzt, der von der Klägerin gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG verneinte die begehrte Unternehmenseinheit im wesentlichen mit folgender Begründung: Der Gewerbesteuer unterliege nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG grundsätzlich jeder Gewerbebetrieb für sich, auch wenn ein einzelner Unternehmer mehrere Gewerbebetriebe in seiner Hand vereinige. Anderes gelte nur, wenn mehrere Betriebe eine Einheit bildeten, wenn also von den Betrieben als einer Unternehmenseinheit gesprochen werden könne. Unternehmenseinheit könne auch zwischen mehreren Personengesellschaften vorliegen, wobej die GmbH & Co. KG mit der herrschenden Meinung als Personengesellschaft anzusehen sei. Die für die Anerkennung einer Unternehmenseinheit erforderliche Voraussetzung der Identität der Unternehmer sei aber bei der Klägerin und der GmbH & Co. KG nicht erfüllt. Die Rechtsprechung des BFH verlange für die Anerkennung einer gewerbesteuerrechtlichen Unternehmenseinheit ebenso wie für die Unternehmenseinheit im Umsatzsteuerrecht, daß bei allen Gliedgesellschaften die gleichen Gesellschafter im gleichen Verhältnis beteiligt seien. Für die Identität und das gleiche Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter reiche es aber nicht aus, daß A + B an der Klägerin und an der GmbH & Co. KG als Kommanditisten und am Stammkapital der Komplementär-GmbH zu gleichen Anteilen beteiligt seien. Eine Identität der Gesellschafter wäre nur anzunehmen, wenn die Komplementär-GmbH nicht als selbständiger Mitunternehmer, sondern nur die hinter ihr stehenden Gesellschafter als Unternehmer anzusehen wären. Die GmbH sei aber als Kapitalgesellschaft juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie hafte nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Dagegen hafteten die hinter ihr stehenden Gesellschafter nicht. Die Komplementär-GmbH trete steuerrechtlich ebenso wie eine natürliche Person in jeder Hinsicht als gleichwertige und selbständige Mitunternehmerin in Erscheinung. Die hinter ihr stehenden Gesellschafter seien nur Organe der GmbH, hätten aber in ihrer Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter im Verhältnis zwischen den GmbH & Co. KG-Gesellschaftern keine Funktion. Wollte man die GmbH-Gesellschafter aufgrund der Beteiligung an der Komplementär-GmbH als Mitunternehmer der GmbH & Co. KG ansehen, so würde das einen unzulässigen Durchgriff durch die juristische Person darstellen. Deswegen sei nach herrschender Rechtsprechung eine Unternehmenseinheit aufgrund von Unternehmeridentität zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft grundsätzlich nicht möglich, da die Kapitalgesellschaft als selbständiges Gebilde ihre Gesellschafter zurückdränge. Abgesehen davon würde es für die Annahme einer Unternehmenseinheit zwischen der Klägerin und der GmbH & Co. KG nicht genügen, daß die beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter mit derselben Beteiligung am Kapital und am Gewinn hätten. Hinzukommen müßten bestimmte sachliche, namentlich wirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Zusammenhänge, die dazu führten, daß die beiden Unternehmen als ein Gewerbebetrieb anzusehen seien. Im vorliegenden Fall ergänzten und förderten sich zwar die beiden Firmen, indem die Klägerin die Bauvorhaben der GmbH & Co. KG ausführe und letztere die Grundstücke der Klägerin verwalte. Die Tätigkeit der GmbH & Co. KG erschöpfe sich jedoch darin nicht. Im Vordergrund ihrer Tätigkeit stünden vielmehr die Verwertung eigenen und Dritten gehörenden Grundbesitzes sowie die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen. Diese Tätigkeiten seien nicht von der gleichen Art wie die Tätigkeit der Klägerin, die in erster Linie als Bauunternehmen tätig sei. Der Umfang der nicht auf die Klägerin hin orientierten Tätigkeiten der GmbH & Co. KG verbiete es auch, den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den beiden Firmen als derartig eng anzusehen, daß nur von einem Gewerbebetrieb gesprochen werden könne.
Mit der Revision begehrt die Klägerin unter Aufhebung des FG-Urteils und der angefochtenen Verwaltungsakte die gewerbesteuerliche Unternehmenseinheit zwischen ihr und der GmbH & Co. KG anzuerkennen. Zur Begründung trägt sie vor, die Geschäftsführung beider Gesellschaften liege nach den Vereinbarungen der beiden Gesellschafter im Innenverhältnis in den Händen von A.
Das Gesetz enthalte keine Aussage darüber, wer nach der für die Unternehmenseinheit nach § 2 Abs. 1 GewStG erforderlichen Unternehmeridentität als Unternehmer anzusehen sei. Es müsse hierfür der Unternehmerbegriff herangezogen werden, den das GewStG in § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG selbst nenne. Dort heiße es, als Unternehmer gelte derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben werde. Hier werde deutlich, daß für die Unternehmereigenschaft auf das Innenverhältnis abzustellen sei. Entscheidend sei also, für wessen Rechnung das Unternehmen im Innenverhältnis geführt werde. Das seien aber bei beiden Gesellschaften die natürlichen Personen gewesen. Unstreitig hätten zwischen den beiden Unternehmen enge sachliche Zusammenhänge bestanden. Sie selbst habe die Bauvorhaben der GmbH & Co. KG ausgeführt, die GmbH & Co. KG habe den Grundbesitz verwaltet und die Baubetreuung für die Bauten der beiden Gesellschaften durchgeführt. Die Verwertung Dritten gehörenden Grundbesitzes sei bis heute für die GmbH & Co. KG von untergeordneter Bedeutung geblieben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Die Entscheidung des FG ist, soweit sie die Unternehmenseinheit mangels Identität der Gesellschafter der beiden Personengesellschaften verneint hat, rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem Urteil des BFH I 19/59 U vom 5. Mai 1959 (BFH 69, 111, BStBl III 1959, 304) kann eine Unternehmenseinheit zwischen mehreren Personengesellschaften nur bei Gleichheit der Gesellschafter und ihrer Beteiligungsverhältnisse anerkannt werden. Dem tritt der erkennende Senat bei. Daß man von einer Gleichheit der Gesellschafter und Mitunternehmer nicht sprechen kann, wenn bei der einen Personengesellschaft als Komplementärgesellschafter A und als Kommanditist B beteiligt ist, während bei der anderen Personengesellschaft Komplementär eine GmbH ist, deren Anteile sich zu gleichen Teilen in den Händen von A und B befinden, hat das FG im einzelnen zutreffend dargelegt. Für den Senat sind für diese Auffassung vor allem die Gründe maßgebend, die der BFH im Urteil I 251/60 S vom 7. März 1961 (BFH 72, 578, BStBl III 1961, 211) dafür angeführt hat, daß er eine Unternehmenseinheit zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft abgelehnt hat. Diese Gründe, auf die im einzelnen verwiesen wird, müssen hier schon deshalb ebenso Gültigkeit haben, weil die GmbH & Co. KG eine KG darstellt, bei der der alleinige Komplementär die geschäftsführende GmbH ist und eine solche GmbH & Co. KG nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Unternehmerschaft und damit der Gewerbesteuerpflicht den Kapitalgesellschaften als Gewerbebetrieben kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG gleichzustellen ist (vgl. BFH-Entscheidung IV 233, 234/65 vom 17. März 1966, BFH 84, 471, BStBl III 1966, 171). Die GmbH ist kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG gewerbesteuerlich stets (abgesehen vom Fall der Organschaft) selbständiger Unternehmer und deshalb im Rahmen einer GmbH & Co. KG stets auch selbständiger Mitunternehmer mit allen sich daraus ergebenden Folgen, wie sie in der Vorentscheidung aufgezeigt sind. Die an der GmbH beteiligten Personen können also schon kraft Gesetzes anstelle der GmbH nicht als Unternehmer angesehen werden. Da die GmbH als selbständiger Mitunternehmer der GmbH & Co. KG an der Klägerin als Mitunternehmer und Gesellschafter überhaupt nicht beteiligt war, muß die Unternehmeridentität zwischen beiden Gesellschaften verneint werden. Niemandem, auch keiner juristischen Person, kann gewerbesteuerlich ein Unternehmen einer Personengesellschaft zugerechnet werden, an der er nicht als Mitunternehmer beteiligt ist.
Dieses Ergebnis ist auch wirtschaftlich gerechtfertigt. Denn die möglichen Vorteile, die eine reine Personengesellschaft veranlassen, Teile ihres Geschäftsbetriebes auszugliedern und einer GmbH & Co. KG zu übertragen, deren alleiniger Komplementär die GmbH ist, vor allem die risikomindernde Haftungsbeschränkung auch des Komplementärs, beruhen gerade darauf, daß anstelle der natürlichen Person eine GmbH als Komplementär und Hauptunternehmer das ausgegliederte Unternehmen betreibt; sie beruhen also auf einem echten Wechsel in der Unternehmerschaft und damit auf der Aufgabe der Unternehmeridentität. Wer um der mit der Gründung der GmbH & Co. KG verbundenen Vorteile willen die Einheit eines Unternehmens aufgibt, muß auch die aus der Preisgabe dieser Einheit sich ergebenden steuerlichen Nachteile in Kauf nehmen. Er kann sich nicht wegen der Möglichkeit des Verlustausgleichs und des Verlustvortrags auf die aufgegebene Unternehmenseinheit berufen. Etwas anderes würde nur für den Fall gelten, daß die Gesellschafter der einen Gesellschaft nur Angestellte der anderen wären, was zur Annahme der Unselbständigkeit der ersteren Gesellschaft führen würde (vgl. BFH-Entscheidung I 184/60 U vom 18. Oktober 1960, BFH 71, 722, BStBl III 1960, 518). Dieser Sonderfall liegt hier unstreitig nicht vor.
Das FG hat die Unternehmenseinheit auch deshalb abgelehnt, weil die dafür erforderliche zweite Voraussetzung, nämlich die sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Unternehmen, nicht in der Weise vorgelegen habe, daß diese beiden Betriebe als ein Gewerbebetrieb anzusehen gewesen wären. Inwieweit diese auf einer Feststellung tatsächlicher Verhältnisse beruhende und daher in der Revision nur beschränkt nachprüfbare Würdigung des FG möglich war, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden, da bereits die zutreffende Verneinung der Unternehmeridentität die Entscheidung trägt.
Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 413228 |
BStBl II 1972, 794 |
BFHE 1972, 321 |