Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer von Außendienstmitarbeitern
Leitsatz (NV)
Bei einem Diplomingenieur, der seine berufliche Tätigkeit als leitender Vertriebsingenieur und Verkaufsleiter für einen Hersteller größerer Klimaanlagen teils im Außendienst und teils zu Hause verrichtet, kann der unbeschränkte Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer nicht allein mit der Begründung versagt werden, ein nicht unerheblicher Teil der beruflichen Tätigkeit sei im Außendienst verrichtet worden (hier: Außendienst an 130 Tagen).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 Hs. 2, § 9 Abs. 5
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, wann ein häusliches Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bildet.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr (1996) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist bei einer Firma, die größere Klimaanlagen für gewerbliche Abnehmer herstellt, als leitender Vertriebsingenieur und Verkaufsleiter angestellt. Im Streitjahr war er an ca. 130 Arbeitstagen im Außendienst unterwegs, um Kunden und Interessenten aufzusuchen. Die erforderlichen Büroarbeiten erledigte er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Bei seinem Arbeitgeber stand ihm kein Arbeitsplatz zur Verfügung.
Die für das häusliche Arbeitszimmer mit der Einkommensteuer-Erklärung 1996 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 4 437 DM erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lediglich in Höhe von 2 400 DM als Werbungskosten an. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass das häusliche Arbeitszimmer des Klägers im Streitjahr nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung gebildet habe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1183 veröffentlicht.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, das FG habe den Begriff des Betätigungsmittelpunkts in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Dass ein Steuerpflichtiger den weit überwiegenden Teil seiner beruflichen Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichte, sei den gesetzlichen Vorgaben nach nicht Voraussetzung eines unbeschränkten Werbungskostenabzugs.
Die Kläger beantragen, den angefochtenen Einkommensteuerbescheid aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 2 037 DM neu festzusetzen.
Das FA tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, bildet den Betätigungsmittelpunkt i.S. der Abzugsbeschränkung, wenn dort die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Tätigkeiten verrichtet werden (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFH/NV 2003, 688, Der Betrieb ―DB― 2003, 808; VI R 104/01, BFH/NV 2003, 691, DB 2003, 807; VI R 28/02, BFH/NV 2003, 693, DB 2003, 805). Maßgeblich ist dabei der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung, während dem zeitlichen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers nur eine indizielle Bedeutung zukommt. Insbesondere kann das häusliche Arbeitszimmer auch dann den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten zeitlich überwiegen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die genannten Entscheidungen Bezug genommen.
2. a) Das FG ist von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen. Es hat ausgeführt, dass ein Steuerpflichtiger, der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer unbeschränkt geltend machen will, dort in zeitlicher Hinsicht den weit überwiegenden Teil seiner (beruflichen) Tätigkeiten verrichtet haben müsse. Zwar wird in den Entscheidungsgründen darüber hinaus auch auf qualitative Gesichtspunkte abgestellt. Die diesbezüglichen Ausführungen sind aber ebenfalls von der Vorstellung des FG geprägt, dass dem zeitlichen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers eine entscheidende Bedeutung zukomme.
b) Die Sache ist nicht spruchreif. Im zweiten Rechtsgang wird das FG nach Maßgabe der Ausführungen des erkennenden Senats in den genannten Urteilen vom 13. November 2002 festzustellen haben, ob das häusliche Arbeitszimmer des Klägers den qualitativen Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit gebildet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 982819 |
BFH/NV 2003, 1418 |