Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem im UStG erklärten Willen des Gesetzgebers unterliegt jede Einfuhr von Gegenständen der Ausgleichsteuer, soweit nicht eine Freistellung von der Ausgleichsteuer nach § 4 Ziff. 1a und b sowie § 15 UStG Platz greift.
2. Der Klammerzusatz: "(Ausgleichsteuer)" in § 1 Ziff. 3 UStG hat keine materiell-rechtliche Bedeutung in dem Sinne, daß die Ausgleichsteuer allein schon deshalb immer dann nicht erhoben werden darf, wenn ein Ausgleich inländischer Belastung mit Umsatzsteuer im Einzelfalle nicht erforderlich ist.
3. Der Senat hält an dem Rechtssatz 4 zum Urteil VII 108/58 U vom 15. Oktober 1959 (BStBl 1959 III S. 486, Slg. Bd. 69 S. 604) fest, daß die Belastung der Einfuhr von Waren mit der Ausgleichsteuer auch in den Fällen nicht gegen Art. 3 GG verstößt, in denen der Umsatz gleichartiger Waren im Inland nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
Normenkette
GG Art. 2-3, 12, 14, 25; UStG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 § 1; UStG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 § 4 Ziff. 1; UStG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 § 4 Ziff. 19; UStG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 § 7 Abs. 4; UStG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 § 15; UStG i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 § 18 Abs. 1 Ziff. 3
Tatbestand
Die Bfin. hat am 2. März 1959 frische Hühnereier zum freien Verkehr abfertigen lassen, die sie von einer Außenhandelsgesellschaft im Zollausland erworben hatte.
Streitig ist, ob für diese Eier im Hinblick auf die am 1. April 1956 in Kraft getretene Änderung von § 4 Ziff. 19 UStG Ausgleichsteuer zu Recht erhoben worden ist.
Sowohl der hiergegen gerichtete Einspruch als auch die Berufung blieben erfolglos.
I.
Mit der Rb. wird unter Wiederholung und teilweiser Ergänzung des bereits in dem vorangegangenen Verfahren Vorgebrachten im wesentlichen folgendes geltend gemacht:
1. a) Nachdem durch das Achte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 (BGBl 1956 I S. 882) mit der Änderung der Ziff. 19 im § 4 UStG landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Wirkung vom 1. April 1956 von der Umsatzsteuer befreit seien, sei somit auch die Berechtigung zur Erhebung der Ausgleichsteuer bei der Einfuhr solcher Erzeugnisse -- hier also der Hühnereier -- weggefallen; denn es sei
b) der im UStG klar zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, daß die Ausgleichsteuer als ein Teil der Umsatzsteuer (Hinweis auf § 1 Ziff. 1 bis 3 UStG) ausschließlich bezwecke, die Vorbelastung deutscher Waren der gleichen oder vergleichbaren Art mit einer Umsatzsteuer dadurch auszugleichen, daß für eingeführte Waren die der Umsatzsteuer entsprechende Ausgleichsteuer erhoben wird. Das ergebe sich sowohl aus allen Kommentaren zum UStG als auch aus dem Gutachten des Bundesfinanzhofs V z D 2/54 S vom 21. Oktober 1954 (BStBl 1955 III S. 57) und der amtlichen Begründung des UStG von 1932; dies gehe eindeutig auch
c) aus der Fassung des Gesetzes selbst hervor. Der Klammerzusatz in § 1 Ziff. 3 UStG: (Ausgleichsteuer) stelle eine Legaldefinition von Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer dar und müsse bei der Handhabung der Bestimmungen über die Ausgleichsteuer ausnahmslos Beachtung finden. Damit habe der Gesetzgeber auch sein eigenes Ermessen hinsichtlich der Ausgestaltung der Ausgleichsteuer gebunden mit der Folge, daß
d) Vorschriften, die nicht mit dem vom Gesetzgeber ausgesprochenen Grundsatz des Ausgleichs umsatzsteuerlicher Vorbelastung zu vereinbaren seien, keine Gültigkeit hätten und daß das Fehlen von Befreiungsvorschriften (Unterlassung der Aufnahme in die Freiliste 1 -- § 4 Ziff. 1b UStG -- von seiten der Bundesregierung) nicht die Wirkung haben könne, daß damit die Ausgleichsteuerfreiheit entfalle, wenn sie nach dem vom Gesetzgeber aufgestellten Grundsatz geboten und damit rechtens sei. Das müsse ausnahmslos auch für jeden einzelnen Fall gelten; denn das verlange der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Steuerpflichtigen. Die Importeure könnten über die Erhebung der Ausgleichsteuer nicht schlechter gestellt werden als die für gleichartige Waren von der inneren Umsatzsteuer freigestellten Abgabepflichtigen; daher stellten
e) § 4 Ziff. 1b letzter Satz in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UStG keine Ermächtigung der Bundesregierung im üblichen Sinne, sondern eine Verpflichtung dar, deren Nichterfüllung keine Rechtsfolgen zu Lasten des einzelnen Staatsbürgers haben könne; wenn
f) die Auffassung richtig wäre, daß der Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer, die Vorbelastung vergleichbarer Inlandsgüter auszugleichen, nach dem Willen des Gesetzgebers im Einzelfalle nicht erfüllt zu werden brauchte, so gäbe es praktisch überhaupt keine Grenzen und Anhaltspunkte mehr dafür, wann die Ausgleichsteuer erhoben werden könne und wann nicht. Der Willkür des Verordnungsgesetzgebers wären in dieser Hinsicht irgendwelche gesetzlichen Grenzen nicht gezogen. Das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung wäre damit ausgehöhlt; die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UStG wäre sinnlos; bei dieser Auslegung würde auch
g) § 7 Abs. 4 letzter Halbsatz UStG verfassungswidrig sein, da er dann nicht den Anforderungen des Art. 80 des Grundgesetzes (GG) genügen würde. Er lege zwar Inhalt und Ausmaß der erteilten Ermächtigung fest; es fehle aber an der Bestimmung des Zwecks. Diese Lücke könne nur ausgefüllt werden, wenn der Zweck der Ermächtigung dem Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer entnommen werden könne. Bejahe man aber die Notwendigkeit, in diesem Zusammenhang für die Auslegung einer Vorschrift des UStG auf den Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer abzustellen, so müsse man dies ebenso hinsichtlich der hier zur Entscheidung stehenden Frage tun.
2. a) Die Verpflichtung, die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen von der Ausgleichsteuer zu befreien, soweit für die entsprechenden einheimischen Erzeugnisse die Umsatzsteuer fortgefallen sei, ergebe sich für den Gesetzgeber und die Bundesregierung auch aus dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) vom 30. Oktober 1947, dem die Bundesrepublik beigetreten sei. Dabei sei gegenüber der Ansicht des Finanzgerichts, es handle sich bei dem UStG um sogenanntes Vorbehaltsrecht, darauf hinzuweisen, daß das UStG schon im Zeitpunkt des Beitritts der Bundesrepublik seinem Wortlaut nach sich zum Verbot der Diskriminierung ausländischer Waren gegenüber entsprechenden inländischen Erzeugnissen bekannt habe. Das UStG sei aber bereits im Zeitpunkt des Beitritts der Bundesrepublik zum GATT in dem hier interessierenden Bereich falsch ausgelegt und gesetzwidrig gehandhabt worden. Etwas Derartiges werde aber durch den Vorbehalt des GATT bezüglich der Behandlung früheren Rechts nicht abgedeckt; jedenfalls gelte
b) die Verpflichtung der Bundesregierung zum GATT-konformen Verhalten. Die Auffassung, daß durch derartige völkerrechtliche Vereinbarungen keine unmittelbaren subjektiven Rechte der Staatsbürger der Mitgliedstaaten begründet würden, sei im Schwinden begriffen. Nach Art. 25 GG gingen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts den Gesetzen vor und erzeugten Rechte und Pflichten unmittelbar für die Staatsbürger. Dazu gehöre auch der Satz: pacta sunt servanda -- hier bezogen auf das GATT-Verbot der Diskriminierung. Jedenfalls verlange der Grundsatz des Vertrauensschutzes, daß der Staatsbürger sich auf die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen verlassen dürfe. Die Ermessensfreiheit des Gesetzgebers sei hier durch die Selbstbindung eingeschränkt, so daß auch die allgemein anerkannten Grundsätze der Verwaltungslehre und der Rechtsprechung über die Rechtsfolgen der Selbstbindung anzuwenden seien.
3. a) Die rechtswidrige Belastung der von der Bfin. eingeführten Hühnereier mit Ausgleichsteuer stelle auch eine Verletzung von Grundrechten dar, wobei es für das Ergebnis gleichgültig sei, ob die Verletzung durch das Gesetz selbst geschehe, oder aber eine Folge unrichtiger, d. h. die Grundrechte verletzender Handhabung eines an sich verfassungskonformen Gesetzes sei. Bei richtiger Auslegung des UStG, wie sie von der Bfin. vertreten werde, verstoße dieses in dem für den Streitfall in Betracht kommenden Normenbereich nicht gegen das GG. Vertrete man jedoch den Standpunkt, daß die Handhabung des Gesetzes, wie sie im Streitfalle geschehen und durch das Finanzgericht bestätigt worden sei, tatsächlich der vom Gesetzgeber gewollten Regelung entspreche, so sei das UStG insoweit nicht verfassungskonform, weil es die Grundrechte verletze; im konkreten Fall stelle die Erhebung der Ausgleichsteuer nach der Auffassung der Bfin.
b) einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte der Art. 2, 12 und 14 GG dar.
Der Bundesgesetzgeber habe dadurch, daß er sich bei der Erhebung der Ausgleichsteuer dazu bekannte, in den Fällen eine Ausgleichsteuer zu erheben, in denen eine vergleichbare Inlandsware mit Umsatzsteuer belastet sei, im Sinne von Art. 19 Abs. 1 GG und des GATT-Abkommens sich selbstgebunden. Es bestehe kein sachlich gerechtfertigter und kein vernünftiger Grund, warum entgegen Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer im Streitfalle eine Ausgleichsteuer hätte erhoben werden dürfen; vor allem aber verletze die Heranziehung zur Ausgleichsteuer entgegen der Ansicht des Finanzgerichts hier in besonderem Maße den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG.
II.
Der Bundesminister der Finanzen, der wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits dem Verfahren beigetreten ist, führt folgendes aus:
1. Es sei zwar richtig, daß zur Auslegung von Gesetzen auch ihre Entstehungsgeschichte herangezogen werden könne. Bevor dies aber in Betracht komme, sei das Gesetz zunächst aus sich heraus auszulegen. Berücksichtige man dies, dann sei für ein Zurückgreifen auf die Entstehungsgeschichte im vorliegenden Falle kein Raum.
Der Gesetzgeber habe in § 1 Ziff. 3 UStG eindeutig bestimmt, daß die Einfuhr von Gegenständen in das Inland der Ausgleichsteuer unterliege. Da der Gesetzgeber nur die in § 4 Ziff. 1 UStG geregelten Steuerbefreiungen als Ausnahme von der vorgenannten Regelung zugelassen habe, unterlägen alle Gegenstände, die nicht unter die genannte Befreiung fallen, der Ausgleichsteuer. Diese Ansicht vertrete auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung VII 108/58 U vom 15. Oktober 1959 (BStBl 1959 III S. 486, Slg. Bd. 69 S. 604).
Auch der Hinweis der Bfin. auf die Regelung in § 7 Abs. 4 UStG, wonach die Ausgleichsteuer in den Fällen, in denen nach § 7 Abs. 2 UStG die Umsatzsteuer für inländische Waren ermäßigt wurde, auf den gleichhohen Hundertsatz herabgesetzt wurde, könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar sei die Entwicklung der Steuersätze der Ausgleichsteuer mit denen der Umsatzsteuer im wesentlichen parallel gelaufen. Jedoch kenne die Umsatzsteuer nicht den erhöhten Satz von 6 % der Ausgleichsteuer. Ebensowenig könne der ermäßigte Umsatzsteuersatz für den Großhandel von 1 % auf die Ausgleichsteuer angewendet werden. Man könne also aus der Regelung der Steuersätze nur auf den Willen des Gesetzgebers schließen, daß in diesen oben angeführten Fällen ihre Höhe gleich sein solle, aber nicht, wie die Bfin. es tue, daß dadurch der Wille des Gesetzgebers deutlich zum Ausdruck käme, Ausgleichsteuer dürfe für eingeführte Gegenstände nur dann erhoben werden, wenn für die gleiche oder vergleichbare Ware Umsatzsteuer erhoben würde. Der Wortlaut des § 7 UStG gebe keinen Anhalt dafür, daß die grundlegende Bestimmung des § 1 Ziff. 3 UStG in diesem Sinne eingeschränkt werden solle.
2. Auch der Einwand der Bfin., die Erhebung der Ausgleichsteuer entbehre in Fällen wie dem vorliegenden der gesetzlichen Grundlage, weil in § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UStG der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck komme, daß der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewahrt werden solle, könne nicht durchdringen. Dabei übersehe die Bfin., daß in § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UStG zwar von der Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Rede sei, daß aber eine zum Erlaß von Rechtsverordnungen erteilte gesetzliche Ermächtigung niemals den Inhalt haben könne, das Gesetz selbst zu ändern. Der ausdrücklich erklärte Wille des Gesetzgebers, daß die Einfuhr sämtlicher Waren der Ausgleichsteuer unterliegt -- mit Ausnahme der in § 4 Ziff. 1a und b ausgesprochenen Steuerbefreiungen --, könne durch eine Rechtsverordnung nach § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UStG nicht verletzt werden. Die Bundesregierung wäre also nicht in der Lage, die im vorliegenden Falle gerügte ungleiche Behandlung im Verordnungswege zu beseitigen.
Unrichtig sei auch die Behauptung der Bfin., der Willkür des Verordnungsgebers sei unter diesen Umständen keine Grenze gesetzt; denn von dem Grundsatz, daß alle Gegenstände bei der Einfuhr der Ausgleichsteuer unterliegen, könne der Verordnungsgeber nur Ausnahmen im Rahmen des § 4 Ziff. 1a und b treffen. Inhalt, Ausmaß und Zweckbestimmung dieser Ermächtigung seien aber genau normiert, so daß von einer Willkür nicht die Rede sein könne.
Ferner sei der Steuersatz für die Ausgleichsteuer in § 7 Abs. 4 UStG nicht in allen Fällen dem Satz der Umsatzsteuer für die betreffenden inländischen Waren angepaßt. Vielmehr werde Ausgleichsteuer bei einzelnen Gegenständen auch dann in Höhe von 4 % erhoben, wenn die betreffenden inländischen Waren unter bestimmten Voraussetzungen einem niedrigeren Umsatzsteuersatz unterliegen (§ 7 Abs. 2 Ziff. 2a UStG). Außerdem sehe § 7 Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz UStG vor, daß bei bestimmten Gegenständen eine Ausgleichsteuer zu einem höheren Steuersatz als dem allgemeinen Ausgleichsteuersatz von 4 % zu zahlen sei. In vielen Fällen werde auch durch die Ausgleichsteuer kein vollständiger Ausgleich erzielt.
Aus dem Wortlaut der Vorschriften über die Ausgleichsteuer und ihrem Sinnzusammenhang ergebe sich deshalb, daß der Gesetzgeber dem Gedanken des Ausgleichs der umsatzsteuerlichen Vorbelastung nicht mit allen Konsequenzen, sondern nur ganz allgemein, nämlich lediglich durch die Bezeichnung "Ausgleichsteuer" in § 1 Ziff. 3 UStG, gesetzlichen Ausdruck verliehen hat. Dann könne es aber auch nicht dem Gesetz widersprechen, wenn bei der Einfuhr von frischen Hühnereiern Ausgleichsteuer von 4 % erhoben wird, obwohl die Lieferung gleichartiger Waren durch einen landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb im Inland von der Umsatzsteuer befreit sei.
3. Was den Hinweis der Bfin. auf die sich aus dem GATT für die Bundesrepublik ergebenden Verpflichtungen anlange, so sei es zwar richtig, daß die Bundesrepublik die Ausgleichsteuer für Hühnereier senken müsse, nachdem gemäß § 4 Ziff. 19 UStG Gegenstände, die innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebs im Inland erzeugt werden, von der Umsatzsteuer befreit seien. Sie müsse dieser Verpflichtung durch eine Änderung des Gesetzes, nämlich einer Senkung der Steuersätze der Ausgleichsteuer nachkommen. Schon daraus ergebe sich, daß die international bestehende Verpflichtung dem einzelnen Staatsbürger gegenüber erst mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung wirksam werden könne. Unmittelbare Rechtsansprüche ständen dem einzelnen Staatsbürger aus dem GATT nicht zu (Hinweis auf das bereits erwähnte Urteil des Bundesfinanzhofs VII 108/58 U vom 15. Oktober 1959).
4. Aus den Gründen dieses Urteils ergebe sich auch die Widerlegung der von der Bfin. vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwände. Zudem sei aus dem vom Vertreter der Bfin. in diesem Verfahren abschriftlich vorgelegten Schriftwechsel mit dem Bundesverfassungsgericht über eine von ihm in einer anderen Sache eingelegte Verfassungsbeschwerde, bei der es im grundsätzlichen um die gleichen Fragen wie im vorliegenden Rechtsstreit gegangen sei, zu ersehen, daß auch das Bundesverfassungsgericht die von der Bfin. vorgebrachten Rechtsausführungen für unzutreffend halte. Es habe demgemäß die Verfassungsbeschwerde auf Grund von § 91a Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (BGBl 1951 I S. 243) in der Fassung vom 21. Juli 1956 (BGBl 1956 I S. 662) verworfen.
Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung der Ausgleichsteuer im UStG eben bewußt eine Regelung im Sinne einer pauschalen Besteuerung der Einfuhren getroffen, die mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit der wirtschaftlichen Tatbestände eine einfache Berechnung der Abgabe und Abfertigung der Waren gewährleiste.
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat keinen Erfolg.
I.
1. Der Senat hatte bereits in seinem Bescheid vom 11. März 1959 und Urteil vom 15. Oktober 1959 VII 108/58 U (BStBl 1959 III S. 486, Bundeszollblatt -- BZBl -- 1960 S. 62, Slg. Bd. 69 S. 604), auf die auch der Bundesminister der Finanzen in seiner Erwiderung auf die Rb. hingewiesen hat, Veranlassung, zu dem auch den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildenden rechtlichen Grundproblem Stellung zu nehmen. Es handelt sich um die Frage, ob sich aus Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer zwingend die Rechtsfolge ergibt, daß diese Steuer bei der Einfuhr von Waren aus dem Zollausland immer dann nicht erhoben werden darf, wenn für die eingeführte Ware kein Anlaß für einen Ausgleich inländischer Umsatzsteuervorbelastung gegeben ist, ohne daß es dabei darauf ankommen soll, ob einer der im Gesetz normierten Befreiungstatbestände (Abgabenfreiheit nach den Vorschriften des Zollrechts oder Aufnahme in die Freiliste 1 -- § 4 Ziff. 1a und b und § 15 UStG --) vorliegt oder nicht. Der Senat hat diese Frage damals verneint (Hinweis insbesondere auf die Ziffern 3 bis 5 des Bescheids und Ziff. 2 des Urteils). Er hat das Problem auf Grund der von der Bfin. im vorliegenden Verfahren gemachten Ausführungen erneut geprüft und ist aus den nachstehenden Gründen zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Veranlassung besteht, von der früher bereits vertretenen Rechtsauffassung abzuweichen.
2. Es trifft zu, daß sich der Gesetzgeber bei der Schaffung der Ausgleichsteuer von dem Gedanken hat leiten lassen, daß aus dem Ausland eingeführte Waren vor den im Inland hergestellten gleichartigen oder vergleichbaren Waren umsatzsteuerlich nicht bessergestellt sein sollten. Denn diese Waren tragen in der Regel keine der umsatzsteuerlichen Belastung entsprechende ausländische Vorbelastung, weil die meisten ausländischen Staaten (ebenso wie auch Deutschland) ihre Exportwaren in irgendeiner Form von der inländischen Umsatzsteuer ganz oder teilweise entlasten. Dem dadurch entstehenden Konkurrenzdruck auf dem deutschen Inlandsmarkt durch einen Ausgleich der unterschiedlichen Umsatzsteuerbelastung entgegenzuwirken, ist Aufgabe des als "Ausgleichsteuer" bezeichneten Teils der Umsatzsteuer (Hinweis auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs V z D 2/54 S vom 21. Oktober 1954, BStBl 1955 III S. 57, BZBl 1955 S. 48, Slg. Bd. 60 S. 146, und die dort aufgeführte Literatur).
Aus dieser der Ausgleichsteuer zugrunde liegenden Konzeption des Gesetzgebers, die auch in der Benennung der Steuer im § 1 Ziff. 3 UStG als Klammerzusatz ihren Ausdruck gefunden hat, können aber nicht so weitgehende Folgerungen abgeleitet werden, wie die Bfin. sie zieht; denn in welcher Form und in welchem Umfang der Gesetzgeber den von ihm erstrebten Ausgleich gestalten wollte, läßt sich allein aus dem im Gesetz selbst zum Ausdruck gekommenen erklärten Willen des Gesetzgebers erkennen. Dieser spricht aber nach Ansicht des Senats nicht für, sondern gegen die von der Bfin. vertretene Ansicht.
3. Eindeutig geht dies aus § 1 Ziff. 3 UStG selbst hervor. Dort ist die Einfuhr von Gegenständen in das Inland ohne jede Einschränkung der Umsatzsteuer unterworfen. Der Klammerzusatz "(Ausgleichsteuer)" kann nicht -- wie die Bfin. meint -- dahin ausgelegt werden, er schränke den vorausgegangenen klaren Gesetzesbefehl dahin ein, daß die Einfuhr von Gegenständen der Umsatzsteuer nur dann unterliege, wenn im konkreten Einzelfalle die Erhebung der Ausgleichsteuer durch die Notwendigkeit eines umsatzsteuerlichen Ausgleichs gewissermaßen gerechtfertigt werde. Es würde jeder gesetzgeberischen Übung widersprechen, eine den vorangegangenen Grundsatz der allgemeinen Besteuerung der Einfuhr so entscheidend und weittragend einschränkende Regelung in nichts anderem zum Ausdruck zu bringen als in einem Klammerzusatz, zumal es denkbar leicht gewesen wäre, den von der Bfin. behaupteten Willen des Gesetzgebers klar wiederzugeben.
Der Klammerzusatz hat vielmehr lediglich den Sinn, unter Kennzeichnung des allgemeinen Charakters der Ausgleichsteuer diese als selbständigen, sich nach besonderen materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften richtenden dritten Teil der Umsatzsteuer gegenüber der übrigen Umsatzbesteuerung namentlich abzugrenzen.
4. Daß dem so ist, ergibt sich auch klar aus der vom Gesetzgeber festgelegten weiteren Gestaltung des Ausgleichsteuerrechts. Wäre die Auffassung der Bfin. von der Bedeutung des Klammerzusatzes in § 1 Ziff. 3 UStG richtig, dann hätte es wohl mehr als nahegelegen, daß der Gesetzgeber dieser bedeutsamen Einschränkung hinsichtlich der Erhebung der Ausgleichsteuer wenigstens bei der weiteren Ausgestaltung dieser Steuer Rechnung getragen und sie in einer die praktische Handhabung des Gesetzes ermöglichenden Weise zum Ausdruck gebracht hätte. Aber weder die Befreiungsvorschriften in § 4 Ziff. 1 noch § 15 UStG enthalten etwas Derartiges. Gerade bei den Befreiungsvorschriften wäre aber -- die Auffassung der Bfin. als richtig vorausgesetzt -- eine klare Willensäußerung des Gesetzgebers über das Verhältnis dieser Bestimmungen zu dem von der Bfin. behaupteten angeblich allgemein geltenden Grundsatz, daß nur im Falle der Notwendigkeit eines Steuerausgleichs im Einzelfall Ausgleichsteuer erhoben werden dürfe, unumgänglich erforderlich gewesen. Statt dessen formuliert § 4 UStG eindeutig:
"Von den unter § 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: ..." Die Bfin. will diesen klaren Wortlaut -- wohl nur für die Ziff. 1 des § 4, der die Befreiungsvorschriften für die Ausgleichsteuer enthält -- so verstanden wissen, als ob er mit der Einschränkung zu lesen sei: Soweit die Besteuerung der Einfuhr nicht schon nach dem im § 1 Ziff. 3 zum Ausdruck gekommenen Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer zu unterbleiben hat.
Es kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber derart wichtige, für die Handhabung des Gesetzes im Sinne der von der Bfin. vertretenen Auffassung unumgängliche Überlegungen mit Stillschweigen übergangen und der Auslegung durch die Exekutive überlassen haben sollte. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, daß die Ansicht der Bfin. hinsichtlich des speziellen Ausgleicherfordernisses für die Erhebung der Ausgleichsteuer im Einzelfalle sich nicht aus dem Gesetz ableiten läßt. Das ändert nichts daran, daß die Ausgleichsteuer im ganzen, d. h. in der weit überwiegenden Mehrzahl aller Fälle dem Ausgleich der umsatzsteuerlichen Belastung zwischen den in der Regel nicht belasteten ausländischen und den in der Regel umsatzsteuerlich belasteten inländischen Waren dienen soll und tatsächlich dient. Der Gesetzgeber konnte und mußte sich -- worauf noch einzugehen sein wird -- unter Verzicht auf eine perfektionistische Lösung seines Grundgedankens mit einer annähernden Erreichung seines Zieles begnügen, wenn er die Ausgleichsteuer überhaupt praktikabel gestalten wollte.
Wenn die Bfin. sich in diesem Zusammenhang zur Stützung ihrer Ansicht auf das oben bereits erwähnte Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 21. Oktober 1954 beruft, so ist dem entgegenzuhalten, daß dieses Gutachten im Zusammenhang mit den darin angestellten rechtlichen Erwägungen zwar auch auf den Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer hinweist, daß dieser Hinweis aber dazu diente, den Grundtatbestand der Ausgleichsteuer, nämlich den der Einfuhr abzugrenzen gegenüber der -- im Zollrecht in gewissen Fällen gleichbehandelten -- Abfertigung zum freien Verkehr von zu Zollgut gewordenem Freigut. Für die von der Bfin. im vorliegenden Rechtsstreit vertretene Auffassung hinsichtlich der rechtlichen Wirkungen des Ausgleicherfordernisses der Ausgleichsteuer läßt sich aber daraus nichts herleiten.
5. Die Bfin. vertritt -- im Gegensatz zu der im Vorstehenden dargelegten Auffassung des Senats -- den Standpunkt, es sei der objektivierte Wille des Gesetzgebers, daß die Ausgleichsteuer in jedem Falle dem Ausgleich für die Belastung vergleichbarer Inlandsware mit Umsatzsteuer dienen müsse, und sie folgert daraus, daß nicht nur jede Handhabung und Auslegung der Bestimmungen über die Ausgleichsteuer, die diesem Zweck zuwiderlaufen, rechtswidrig, sondern daß auch alle Bestimmungen selbst, die nicht im Einklang mit dem Gesetzeszweck stehen -- so wie ihn die Bfin. auffaßt --, ungültig seien. Eine Erhebung der Ausgleichsteuer könne also nur in Betracht kommen, wenn und soweit -- und zwar auch im Einzelfalle -- der vom Gesetzgeber gewollte Belastungsausgleich erforderlich sei. Eine Ausgleichsteuer, die diesem starren, auf reiner Rechtstheorie beruhenden Grundsatz entspricht, ist aber nach Ansicht des Senats auf der Grundlage der innerdeutschen Umsatzbesteuerung als eine durch die Zollstellen praktikable Einfuhrsteuer nicht denkbar. Schon die Frage danach, wann eine inländische Ware im Sinne des vorstehenden Grundsatzes als mit Umsatzsteuer belastet oder nicht belastet anzusehen ist, zeigt die Problematik eines solchen Vorhabens. Da der von der Bfin. vertretene Grundsatz nach ihrer Auffassung geltendes Recht ist, mithin alle etwa entgegenstehenden Vorschriften ungültig, aber diesem Grundsatz voll Rechnung tragende Vorschriften nicht vorhanden sind, müßten die abfertigenden Zollstellen bei jeder Einfuhr zunächst nach eigener Vorstellung darüber befinden, ob eine Erhebung der Ausgleichsteuer zulässig ist. Daraus ergibt sich schon, daß der Gesetzgeber dies de lege lata jedenfalls nicht gewollt haben kann. Es ist aber auch füglich zu bezweifeln, ob dieser Grundsatz sich gegenüber einer inländischen Mehrphasenumsatzsteuer mit einer einigermaßen einfachen (einmaligen) Einfuhrbesteuerung überhaupt vollständig verwirklichen ließe.
Die Bfin. begehrt Freistellung von der Ausgleichsteuer für die von ihr eingeführten Eier, weil wegen der Änderung der Ziff. 19 im § 4 UStG durch das Achte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1956 landwirtschaftliche Erzeugnisse von der Umsatzsteuer befreit seien. Schon diese Behauptung trifft so nicht zu. Von der Umsatzsteuer befreit sind durch diese Vorschrift nur "die Lieferungen und der Eigenverbrauch von Gegenständen, die innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebs im Inland erzeugt werden, wenn der Erzeuger die Gegenstände selbst liefert ...", jedoch nicht die weiteren Umsätze. Hierauf hat auch der Vertreter des Bundesministers der Finanzen in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Selbst wenn man demgegenüber den Einwand der Bfin. in der mündlichen Verhandlung, es komme im Verhältnis zur Ausgleichsteuer nur auf die Steuerbefreiung des ersten Umsatzes, d. h. des der inländischen landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe an, als richtig unterstellt, so ist damit für die Auffassung der Bfin. noch nichts gewonnen. Denn ein Teil der inländischen Eierproduktion stammt aus Betrieben, die nicht als landwirtschaftliche Betriebe im Sinne von § 4 Ziff. 19 UStG gelten, weil sie nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen (Hinweis auf § 46 Abs. 2 UStDB). Eier sind nach der für den Streitfall geltenden Rechtslage also keineswegs schlechthin von der umsatzsteuerlichen Vorbelastung befreite inländische Erzeugnisse.
Denkt man den von der Bfin. vertretenen Standpunkt, daß Ausgleichsteuer nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann und insoweit erhoben werden dürfe, als ein Belastungsausgleich erforderlich ist, folgerichtig zu Ende, so hätte das mit Rücksicht auf die Gestaltung der deutschen Umsatzsteuer als einer -- obendrein differenzierten -- Mehrphasensteuer zur Folge, daß für die Erhebung der Ausgleichsteuer im Einzelfalle geprüft werden müßte, ob eine und welche umsatzsteuerliche Vorbelastung für den eingeführten Gegenstand auf der Handelsstufe gegeben ist, auf der der Gegenstand eingeführt wird. Die Bfin. hat die von ihr eingeführten Eier im Streitfalle von einer ausländischen Außenhandelsgesellschaft erworben, also nicht unmittelbar von einem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Einfuhr auf Grund eines Erwerbs unmittelbar von einem solchen wäre aber erforderlich gewesen, um mit der Bfin. behaupten zu können, eine umsatzsteuerlich vergleichbare Ware wäre im Inland steuerfrei. Eier sind -- im ganzen gesehen -- auch nach der Änderung der Ziff. 19 im § 4 UStG, wie bereits erwähnt, im Inland keine Ware ohne umsatzsteuerliche Vorbelastung; ihre durchschnittliche Vorbelastung mit Umsatzsteuer hat sich lediglich durch die Steuerbefreiung des ersten Umsatzes bei landwirtschaftlichen Betrieben verringert. Der Bundesminister der Finanzen hat daher mit Recht darauf hingewiesen, daß auch unter dem Gesichtspunkt der GATT-Verpflichtungen nur eine Ermäßigung des Steuersatzes für landwirtschaftliche Erzeugnisse in Betracht komme, wozu es einer Gesetzesänderung bedürfe, da für eine Aufnahme in die Freiliste 1, die sich, wie aus § 4 Ziff. 1b UStG hervorgehe, nach anderen Gesichtspunkten richte, keine rechtliche Möglichkeit gegeben sei. Nach allem ist festzustellen:
a) Nach dem im UStG erklärten Willen des Gesetzgebers unterliegt jede Einfuhr von Gegenständen der Ausgleichsteuer, soweit nicht eine Freistellung von Ausgleichsteuer nach § 4 Ziff. 1a und b sowie § 15 UStG Platz greift;
b) der Klammerzusatz: "(Ausgleichsteuer)" im § 1 Ziff. 3 UStG hat keine materiell-rechtliche Bedeutung in dem Sinne, daß die Ausgleichsteuer allein schon deshalb immer dann nicht erhoben werden darf, wenn ein Ausgleich inländischer Belastung mit Umsatzsteuer im Einzelfalle nicht erforderlich ist.
Geht man von dieser nach Ansicht des Senats allein möglichen, weil allein mit den steuerlichen Gegebenheiten und den realisierbaren Ansichten des Gesetzgebers zu vereinbarenden Auffassung aus, so erweisen sich auch die Einwände der Bfin. unter A I Ziff. 1 f und g als überspitzt und nicht durchschlagend. Sinn und Zweck der Ausgleichsteuer sind bei der Handhabung der Ermächtigungen aus §§ 4 Ziff. 1b und 7 Abs. 4 UStG vom Verordnungsgeber durchaus zu berücksichtigen, aber eben nur innerhalb des vom Gesetzgeber selbst gezogenen Rahmens eines allein zu verwirklichenden allgemeinen Ausgleichs, der aus Gründen der Praktikabilität der Ausgleichsteuer gelegentliche Unebenheiten im Einzelfall als unvermeidbar einschließen muß.
II.
1. Im Ergebnis nicht anders zu beurteilen sind auch die Einwände der Bfin., soweit sie sich auf die durch die Bundesrepublik übernommenen GATT-Verpflichtungen stützen (A I 2). Hierzu ist zunächst festzustellen, daß die Bfin. dabei, wie bereits erwähnt, von der irrigen Voraussetzung ausgeht, Eier seien nach der Änderung der Ziff. 19 in § 4 UStG von jeder umsatzsteuerlichen Vorbelastung im Inland freigestellte Gegenstände. Die umsatzsteuerliche Gesamtbelastung von inländischen Eiern hat sich lediglich verringert. Daher kann eine Aufnahme in die Freiliste 1 also unter diesem Gesichtspunkt, auch vom Standpunkt des GATT her gesehen, materiell nicht verlangt werden. In Betracht kommen kann nur -- wie auch bereits erwähnt -- eine entsprechende Herabsetzung des Steuersatzes. Hierzu bedarf es einer Gesetzesänderung.
Keine der im UStG enthaltenen Ermächtigungen an die Bundesregierung zum Erlaß von Rechtsverordnungen kommt also für die Realisierung der GATT-Verpflichtungen in diesem Fall in Betracht, auch nicht § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UStG. Eine Maßnahme, die eines vorbereiteten Gesetzgebungsaktes zu ihrer Verwirklichung bedarf, kann aber nicht -- wie die Bfin. meint -- unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes einzelner Staatsbürger, etwa durch die Organe der Exekutive oder der Gerichtsbarkeit vorweggenommen werden.
2. Auch der Hinweis der Bfin. in der mündlichen Verhandlung auf Art. 25 GG kann nicht zu dem von ihr erstrebten Ergebnis führen. Die Bfin. glaubt, aus dieser Bestimmung des GG, wonach die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind, den Gesetzen vorgehen und Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets erzeugen, einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Anwendung des in den GATT-Vereinbarungen enthaltenen Diskriminierungsverbots auf ihren hier streitigen Steuerfall herleiten zu können. Das trifft nicht zu.
Die Vereinbarungen des GATT selbst sind keine allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG, sondern auf multilateraler Basis für die Vertragsstaaten festgelegte Regeln des internationalen Außenhandelsrechts, zu deren Einhaltung die Bundesrepublik auf Grund ihres Beitritts zum GATT verpflichtet ist. Sie enthalten also keine Rechtsnormen, aus denen die Staatsbürger der Mitgliedstaaten unmittelbare Rechtsansprüche herleiten können, wie der Bundesfinanzhof bereits wiederholt entschieden hat (Hinweis z. B. auf Ziff. 7 des bereits öfters erwähnten Bescheids VII 108/58 U vom 11. März 1959).
Der Grundsatz "pacta sunt servanda" gehört zwar zu den in Art. 25 GG angesprochenen allgemeinen Regeln des Völkerrechts. Er besagt als geltendes Bundesrecht zunächst nur, daß die Bundesrepublik verpflichtet ist, die von ihr eingegangenen Verträge zu halten. Aber selbst wenn man darüber hinaus aus Art. 25 GG folgert, daß auch die Bewohner des Bundesgebiets daraus Rechte herleiten können, so könnten sich diese -- dem Inhalt dieser völkerrechtlichen Norm entsprechend -- nur darauf erstrecken, die Bundesrepublik zu einer Befolgung ihrer Verpflichtungen anzuhalten. Solche Ansprüche könnten also allenfalls den Inhalt einer gegen die Bundesrepublik gerichteten Leistungsklage bilden, de lege lata aber nicht im Verfahren vor den Steuergerichten geltend gemacht werden.
III.
Was schließlich die Einwände der Bfin. wegen der Verletzung der Grundrechte anlangt, die deren Prozeßvertreter durch Vorlage des von ihm in einer anderen, im wesentlichen das gleiche Rechtsproblem betreffenden Sache mit dem Bundesverfassungsgericht geführten Schriftwechsels noch weiter konkretisiert hat, so hat das Bundesverfassungsgericht diese Einwände, wie sich aus diesem Schriftwechsel und aus der Verwerfung der damals eingelegten Verfassungsbeschwerde ergibt, nicht als stichhaltig befunden. Es ging dabei letztlich um die Frage, ob es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Grundrechte der Art. 2, 3, 12 und 14 GG verwehrt sei, im überwiegenden Interesse einer volkswirtschaftlich notwendigen Ausgleichsbesteuerung umsatzsteuerlich in der Regel nicht belasteter Gegenstände bei der Einfuhr eine, vom einzelnen Ausgleicherfordernis absehende, weil nur so praktikable Regelung zu schaffen, bei der zwar im allgemeinen und in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle der erforderliche Ausgleich herbeigeführt, bei der aber zwangsläufig einzelne Fälle nicht notwendigen Ausgleichs unberücksichtigt bleiben müssen. Soweit dabei insbesondere eine Verletzung des Art. 3 GG gerügt wird, verweist der Senat auch auf Ziff. 5 seines oben erwähnten Bescheids vom 11. März 1959, dessen Rechtsdarlegungen er nach nochmaliger Prüfung unter Hinweis auf seine Ausführungen unter B I 5 dieses Urteils auch für den Streitfall aufrechterhält. Der Senat hält daher an dem Rechtssatz 4 des Urteils VII 108/58 U vom 15. Oktober 1959 fest, daß die Belastung der Einfuhr von Waren mit der Umsatzausgleichsteuer auch in den Fällen nicht gegen Art. 3 GG verstößt, in denen der Umsatz gleichartiger Waren im Inland nicht der Umsatzsteuer unterliegt.
Aber selbst wenn man der Auffassung der Bfin. folgen, d. h. eine Grundgesetzverletzung annehmen wollte, so könnte dies nicht die von der Bfin. erstrebte Folge haben. Mit Recht hat die Vorinstanz darauf hingewiesen, daß dann nur die Gesetzesbestimmung nichtig sein könnte, die den grundgesetzwidrigen Zustand herbeigeführt hat. Das wäre -- immer die Auffassung der Bfin. als zutreffend unterstellt -- Ziff. 19 des § 4 UStG. Denn durch seine Änderung ist der von der Bfin. behauptete und beanstandete Zustand der ungleichen Behandlung angeblich gleicher Tatbestände verursacht worden. Wäre dem aber so, so könnte die Bfin. gerade aus diesem Grunde die von ihr begehrte Freistellung von der Ausgleichsteuer nicht verlangen.
IV.
Nach den vorangegangenen Ausführungen erweist sich die Rb. als nicht stichhaltig. Sie war daher als unbegründer zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1961, 411 |
BFHE 1962, 399 |