Leitsatz (amtlich)
Gehört zum Betriebsvermögen des Unternehmers ein landwirtschaftliches Grundstück, das verpachtet ist und dessen Einheitswert Betriebsmittel des Pächters mitumfaßt, ist der Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG vom vollen (Gesamt-) Einheitswert, nicht nur vom Verpächteranteil, zu berechnen.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1; GewStDV § 20 Abs. 2; BewG a.F. §§ 29-30; GrStG § 7 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist die zutreffende Berechnung des Kürzungsbetrags nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG im Falle der Verpachtung eines zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden landwirtschaftlichen Grundstücks, für das gemäß § 30 Abs. 2 BewG a. F. ein Gesamteinheitswert gebildet worden ist. Während die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) die Kürzung um 3 v. H. vom vollen Einheitswert (Gesamteinheitswert) vorgenommen wissen will, ist der Revisionsbeklagte (FA) der Ansicht, daß der Kürzungsbetrag mit 3 v. H. lediglich vom Verpächteranteil zu berechnen ist. Einspruch und Berufung der Steuerpflichtigen gegen die nur den Verpächteranteil berücksichtigenden einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre 1958 bis 1960 blieben (insoweit) ohne Erfolg. Das FG führt aus:
Die Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG besage nichts über die Berechnung des Kürzungsbetrages in denjenigen Fällen, in denen ein zum Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmers gehörendes Grundstück zum Zwecke der Wertermittlung für die Einheitswertfeststellung des landwirtschaftlichen Vermögens (§ 29 BewG a. F.) mit Wirtschaftsgütern zusammengefaßt worden sei, die nicht dem gewerblichen Unternehmer (als dem Eigentümer des Grundstücks) gehörten (§ 30 Abs. 2 BewG a. F.). Die Vorschrift, deren Zweck die Vermeidung einer zweimaligen Erfassung des Grundstücksertrags einmal durch die Gewerbeertragsteuer und zum anderen daneben durch Grundsteuer sei, könne in diesen Fällen jedoch nicht dahin verstanden werden, daß die Kürzung vom vollen Einheitswert des landwirtschaftlichen Vermögens (als des landwirtschaftlichen Betriebs: §§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 2 BewG a. F.) vorzunehmen sei, d. h. auch denjenigen Teil des Einheitswerts als Berechnungsgrundlage einschließe, der sich auf die dem Pächter gehörenden Wirtschaftsgüter beziehe. Denn im gewerblichen Gewinn des Verpächters eines landwirtschaftlichen Grundstücks sei der Ertrag von Wirtschaftsgütern, die ihm nicht gehören und auch nicht von ihm betrieblich genutzt werden, nicht enthalten. Die Steuerpflichtige sei daher hinsichtlich der dem Pächter ihres landwirtschaftlichen Grundstücks gehörenden landwirtschaftlichen Betriebsmittel gewerbeertragsteuerlich nicht belastet.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene, als Revision zu behandelnde Rb., zu deren Begründung die Steuerpflichtige folgendes vortragen läßt:
Die Entscheidung stehe in Widerspruch zum klaren Wortlaut der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG, dessen Bedeutung der BFH in der Entscheidung I 120/53 U vom 19. Oktober 1954 (BFH 59, 415, BStBl III 1954, 370) - gegenüber einem höheren Wertansatz in der DM-Eröffnungsbilanz (§ 16 Abs. 2 DMBG) - noch einmal besonders betont habe. Der Einheitswert für den zum Betriebsvermögen der Steuerpflichtigen gehörenden landwirtschaftlichen Betrieb umfasse zwar den Pächteranteil mit. Die für Zwecke der Vermögensteuer vorzunehmende Aufteilung des Einheitswerts führe aber nur dazu, daß die Wertanteile als Einheitswerte zu gelten hätten (§ 30 Abs. 2 Satz 3 und 4 BewG a. F.); sie könne aber nicht den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebs selbst ändern.
Der Ertrag eines verpachteten landwirtschaftlichen Grundstücks bestehe im Pachtzins. Aus diesem sei die Grundsteuer zu zahlen, die wegen der Einbeziehung des Pächteranteils in den Einheitswert je nach dem Wert der beim Pächter vorhandenen Betriebsmittel unterschiedlich hoch sei. Gleichwohl könne man nicht sagen, daß die auf den Pächteranteil entfallende Grundsteuer den Ertrag aus den Betriebsmitteln des Pächters betreffe. Diese gäben zwar den Besteuerungsmaßtab ab; belastet sei aber der Pachtzins, aus dem die Grundsteuer aufgebracht werden müsse, dessen Berechnung aber die Betriebsmittel des Pächters nicht berücksichtige.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und der Bescheide vom 12. Februar 1964.
Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, daß nach § 20 Abs. 2 GewStDV der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nur der entsprechende Teil des Einheitswerts zugrunde zu legen ist, wenn ein Grundstück nur zum Teil zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehört. Dies kann aber nicht auch dann gelten, wenn der Einheitswert einer wirtschaftlichen Einheit, wie hier eines landwirtschaftlichen Betriebs, über den Wert des Grund und Bodens - als des zum Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmers gehörenden Grundstücks - hinaus weitere Betriebsmittel umfaßt, die zwar der Bewirtschaftung des Betriebs dienen, aber nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören.
Da der Ertrag eines zum Betriebsvermögen ganz oder teilweise gehörenden Grundstücks von der Gewerbeertragsteuer sowie auch von der Grundsteuer erfaßt wird, wird nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen bei der Feststellung des Gewerbeertrags pauschal um 3 v. H. "des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes" gekürzt. Die Maßgeblichkeit des Einheitswerts des Grundbesitzes für die Berechnung des Kürzungsbetrags steht nach dem maßgeblichen Wortlaut des Gesetzes außer Zweifel (vgl. auch BFH-Urteil I 120/53 U, a. a. O.). Was im einzelnen zum Einheitswert des Grundbesitzes gehört, ergibt sich in Fällen wie dem vorliegenden aus den Vorschriften des BewG. Dieses bestimmt in § 30 Abs. 2 a. F., daß in den landwirtschaftlichen Betrieb Betriebsmittel, die der Bewirtschaftung des Betriebs dienen, auch dann einzubeziehen sind, wenn sie nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören. Die Vorschrift begründet damit eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 2 Abs. 2 BewG, demzufolge mehrere Wirtschaftsgüter als eine Wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht kommen, als sie demselben Eigentümer gehören. Der nach dieser Vorschrift festgestellte Gesamteinheitswert (einschließlich der in ihn einbezogenen fremden, dem Eigentümer des Grund und Bodens nicht gehörenden Betriebsmittel) ist für die Berechnung der Grundsteuer maßgebend (§ 10 GrStG; Gürsching-Stenger, Grundsteuergesetz, Anm. 9 § 7). Eine Aufteilung des Einheitswerts des landwirtschaftlichen Betriebs (als des Gesamteinheitswerts) findet nach dem Gesetz lediglich für Zwecke der Vermögensteuer statt (§ 30 Abs. 2 Satz 3 BewG a. F.; Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Anm. 2 zu § 30; Rößler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl., Anm. 4 zu § 30) sowie für Zwecke der Haftung für die Grundsteuer (§§ 7 Abs. 1 Nr. 2, 8 Nr. 2 GrStG; Gürsching-Stenger, Grundsteuergesetz, Anm. 6 zu § 8). Wenn auch in der Regel der Verpächter mit dem Pächter eine Vereinbarung über die Bezahlung der Grundsteuer trifft, so ist diese Vereinbarung doch rein privatrechtlicher Natur und ändert an der öffentlich-rechtlichen Stellung des Verpächters als Steuerschuldner nichts. Daneben begründet das Gesetz in § 8 Nr. 2 GrStG lediglich die öffentlichrechtliche Haftungspflicht des Pächters für den auf seinen Anteil entfallenden Teil der Steuer.
Da somit im Streitfall die Steuerpflichtige für die nach dem Gesamteinheitswert des landwirtschaftlichen Betriebs berechnete Grundsteuer allein aufzukommen hat, ist auch die Entlastung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG mit 3 v. H. des Gesamteinheitswerts zu berechnen. Etwas anderes kann auch aus dem Urteil des RFH I 149/42 vom 12. Januar 1943 (RStBl 1943, 283) nicht hergeleitet werden. Wie der Senat mit Urteil I 5/65 vom 17. Januar 1968 (BFH 91, 365, BStBl II 1968, 353) entschieden hat, ist ein Erbbaurecht ein selbständiges grundstücksgleiches Recht, das nicht das Schicksal des Grundstücks teilt, auf dem es ruht. Dem entspricht es, wenn der RFH in dem Urteil I 149/42 (a. a. O.) für die Berechnung des Kürzungsbetrags nur den Wert des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Erbbaurechts und der vom Unternehmer aufgrund dieses Rechts errichteten Gebäude für maßgeblich erklärt und nicht auf den Wert des Grund und Bodens einschließlich der aufstehenden Gebäude abgestellt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 68027 |
BStBl II 1968, 479 |
BFHE 1968, 231 |