Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung von Mietverträgen zwischen Ehegatten; Kosten zur Errichtung eines Gebäudes auf dem Grund und Boden des Ehegatten
Leitsatz (NV)
1. Der ertragsteuerlichen Anerkennung eines Mietvertrags zwischen Ehegatten steht nicht entgegen, daß die Ehefrau den vermieteten Gegenstand vor der Vermietung aufgrund einer Schenkung des Ehemanns erworben hat.
2. Eine Aktivierung der Kosten für die Errichtung des Gebäudes auf dem Grund und Boden der Ehefrau kommt nicht in Frage, wenn feststeht, daß entweder die vom Ehemann aufgewendeten Kosten erstattet werden oder der Ehemann auf die Erstattung schenkweise verzichtet.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Einzelunternehmen und ist außerdem als Kommanditist an einer KG beteiligt; Komplementär der KG ist eine GmbH, deren Gesellschafter der Kläger ist. Seine Ehefrau (Frau W) erwarb im Jahre 1969 ein Grundstück. Sie und der Kläger vereinbarten hinsichtlich dieses Grundstücks am 20. Januar 1970 schriftlich:
,,Frau W. . . . beabsichtigt, auf dem Grundstück . . . ein Haus zu errichten, das zum Teil durch die . . . KG und . . . (den Kläger) gemietet wird. Zwischen den Eheleuten . . . wird daher vereinbart, daß Frau W. . . . die notwendigen Mittel bekommt. Eine Abrechnung wird nach restloser Fertigstellung mit Rechnungslegung vorgenommen."
Bauherr des gemäß dieser Vereinbarung hergestellten Gebäudes mit Wohnungen und Büroräumen war der Kläger. Er stellte die Bauanträge. Die Handwerkerrechnungen lauteten auf seinen Namen und wurden von ihm bezahlt. Bei der Einheitsbewertung wurde das Gebäude Frau W zugerechnet. Durch schriftlichen Mietvertrag vom 14. Mai 1971 vermietete Frau W Teile des Grundstücks an den Kläger, zum Teil auch zur Mitbenutzung durch die KG.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) aktivierte die anteiligen Herstellungskosten der gewerblich genutzten Räume in Höhe von rund 141 000 DM in den Bilanzen des Klägers und setzte Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 3,5 v. H. ab. Die Mietzahlungen erkannte das FA in den Einkommensteuerbescheiden und Gewerbesteuermeßbescheiden 1971 bis 1976 nicht als Betriebsausgaben an. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg.Mit der Klage beantragte der Kläger, die Veranlagungen ohne Aktivierung der Gebäude durchzuführen und die Mietzahlungen als Betriebsausgaben abzusetzen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, daß der Kläger durch die auf eigene Kosten erfolgte Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ein Nutzungsrecht an den ihm zu betrieblichen Zwecken überlassenen Gebäudeteilen erworben habe, das er aktivieren müsse; die Mietzahlungen seien privat veranlaßt und deshalb keine Betriebsausgaben.
Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt hinsichtlich der Einkommensteuer zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
1. Mietet der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut, das er betrieblich nutzt, so sind die Mietzahlungen nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Voraussetzung für diese ertragsteuerrechtliche Beurteilung ist, daß der Steuerpflichtige nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Wirtschaftsguts ist und daß ferner, falls Vermieterin seine Ehefrau ist, die Erfordernisse erfüllt sind, die ertragsteuerrechtlich an die Anerkennung von Verträgen zwischen Ehegatten gestellt werden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), daß zwischen Ehegatten abgeschlossene Verträge ertragsteuerrechtlich nur zu berücksichtigen sind, wenn der Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen worden ist, sein Inhalt den zwischen Fremden üblichen Regelungen vergleichbar und der Vertrag diesem Inhalt gemäß tatsächlich vollzogen worden ist (siehe z. B. Urteile vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555, und vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60; beide Urteile m. w. N.). Bei Mietverträgen steht der steuerrechtlichen Anerkennung grundsätzlich nicht entgegen, daß der Ehemann den vermieteten Gegenstand vor Vermietung seiner Ehefrau zivilrechtlich wirksam geschenkt hat; dies ergibt sich aus den von der Rechtsprechung zur Schenkung von Darlehensforderungen entwickelten Grundsätzen (siehe hierzu BFH-Urteil vom 1. Juni 1978 IV R 109/74, BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618); danach kommt es für die ertragsteuerrechtliche Relevanz des Mietvertrages zwischen Ehegatten nicht darauf an, auf welchem Rechtsgrund der Erwerb des vermieteten Objekts beruht. Ist nach diesen Kriterien der zwischen den Ehegatten abgeschlossene Mietvertrag ertragsteuerrechtlich nicht anzuerkennen, sind die Mietzahlungen nicht betrieblich veranlaßt und damit nicht abziehbare private Lebenshaltungskosten nach § 12 Nr. 2 EStG.
2. Nach diesen Grundsätzen sind die Mietzahlungen des Klägers dem Grunde nach bei der Ermittlung der Gewinne und Gewerbeerträge als Betriebsausgaben zu behandeln. Der Kläger ist - wie unter den Parteien unstreitig ist - nicht wirtschaftlicher Eigentümer der an ihn vermieteten Gebäudeteile. Ferner liegen nach den Feststellungen des FG und dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers die Voraussetzungen für die ertragsteuerrechtliche Anerkennung des Mietverhältnisses dem Grund und der Höhe nach vor (Überlassung der Nutzung der Gebäudeteile auf der einen Seite und Entgeltszahlung auf der anderen Seite). Der für die Prüfung der ertragsteuerrechtlichen Wirksamkeit des Mietvertrags anzustellende Fremdvergleich hat sich - wie ausgeführt - nicht auf den Tatbestand des (unentgeltlichen) Erwerbs der vermieteten Gebäudeteile zu erstrecken. Die Mietzahlungen sind danach bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen; andererseits erhöhen sie die Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus Vermietung und Verpachtung.
3. Nach der Rechtsprechung des BFH (siehe z. B. Urteile vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244, und vom 20. November 1980 IV R 117/79, BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68) kann ein Steuerpflichtiger die von ihm zur Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden getragenen Kosten wie ein materielles Wirtschaftsgut aktivieren, wenn ihm das Gebäude zur unentgeltlichen Nutzung überlassen worden ist. Ob dies auch gilt, wenn der Steuerpflichtige das auf seine Kosten errichtete Gebäude aufgrund eines zwischen ihm und dem Eigentümer abgeschlossenen Mietvertrags nutzt, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Denn aus der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau am 20. Januar 1970 getroffenen Vereinbarung ergibt sich, daß hier eine Aktivierung der vom Kläger aufgewendeten Kosten nicht in Betracht kommt. Wird aufgrund der Vereinbarung vom 20. Januar 1970 eine Abrechnung vorgenommen und werden die Herstellungskosten an den Kläger erstattet, so handelt es sich um einen rechtsgeschäftlichen Leistungsaustausch aus privaten Gründen, der eine Aktivierung nicht zuläßt. Nicht anders ist es, wenn sich der Kläger und seine Ehefrau entgegen dem Wortlaut des Vertrags darin einig waren, daß eine Erstattung der Aufwendungen nicht erfolgen sollte, oder wenn sich der Kläger später zu einem Verzicht auf die Erstattung entschlossen hat. In diesem Fall liegt eine Schenkung vor, die sich ertragsteuerrechtlich ebenfalls im privaten Bereich vollzieht und die Gewinnermittlung des Gewerbebetriebs des Klägers unberührt läßt.
4. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, daß das FG-Urteil aufzuheben ist. Hinsichtlich der Gewerbesteuermeßbetragssachen 1971 bis 1976 ist der Klage stattzugeben. Die Gewerbesteuermeßbeträge sind nach Maßgabe der Urteilsgründe unter Änderung der angefochtenen Bescheide durch das FA gemäß Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I, 446, BStBl I, 174) neu festzusetzen. Hinsichtlich der Einkommensteuersachen 1971 bis 1976 kann der Senat nicht entscheiden; denn es ist nach den Feststellungen des FG unklar, ob und inwieweit die Mieten bei den Einkünften der Ehefrau des Klägers aus Vermietung und Verpachtung bereits erfaßt sind und wie die AfA bei diesen Einkünften ermittelt worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 61659 |
BFH/NV 1988, 21 |