Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Steuerpflichtiger im Rückerstattungsverfahren anstelle der beantragten Herausgabe des gesamten Aktienpaketes auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs nur einen Teil der Aktien herausgegeben, so kann bei der Ermittlung des bei der späteren Veräußerung des Restpaketes erzielten Gewinns der Wert der herausgegebenen Aktien nicht als nachträgliche Anschaffungskosten des Restpaketes behandelt werden.
Normenkette
EStG § 17; EStDV § 53 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1959 die Höhe des Gewinns aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung im Sinn des § 17 EStG.
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) erwarb im Jahre 1939 Aktien der X.-AG (im folgenden AG) im Nennbetrage von 240.000 RM. Die AG berichtigte in den Folgejahren ihr Grundkapital zunächst von 750.000 RM auf 2.250.000 RM, sodann im Zuge der Währungsumstellung 3.000.000 DM, so daß am 21. Juni 1948 der Nennwert der Aktien des Stpfl. 960.000 DM betrug. Das Aktienpaket unterlag der Rückerstattung nach dem Gesetz der britischen Militärregierung Nr. 59 (REG), die im Jahre 1950 für einen Teil und im Jahr 1953 für das gesamte Paket geltend gemacht wurde. 1953 schloß der Stpfl. mit den Rückerstattungsberechtigten vor der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht einen Vergleich. Danach hatte er Aktien im Nennbetrag von 576.000 DM (60 v. H. seines Bestandes) einer Bank zu übereignen, die sich verpflichtete, den Rückerstattungsberechtigten den im Vergleich festgelegten Kurs von 125 v. H. (720.000 DM) zu vergüten. Im Vergleichsprotokoll hieß es dazu: "Mit der Zahlung dieses Betrages sind alle Rückerstattungsansprüche der Antragsteller und alle Rückgewährungsansprüche der Antragsgegner ... gegeneinander ausgeglichen". Der Stpfl. kaufte von der Bank sofort Aktien im Nennbetrage von 116.000 DM durch Zahlung von 119.480 DM zurück. In den Jahren 1953 bis 1957 erwarb er weitere Aktien der AG im Nennbetrag von 251.000 DM gegen Zahlung von 288.520 DM. Durch diese Käufe erhöhte sich sein Aktienbestand auf 751.000 DM, das sind 25,1 v. H. des Grundkapitals. Im Jahre 1959 veräußerte der Stpfl. das gesamte Aktienpaket für 1.775.751 DM.
Der Stpfl. behandelte in der Einkommensteuererklärung 1959 bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns (ß 17 EStG) den Höchstwert, mit dem die zurückerstatteten Aktien in eine steuerliche Eröffnungsbilanz auf den 21. Juni 1948 hätten eingestellt werden können (ß 53 Abs. 3 EStDV 1958), als nachträgliche (zusätzliche) Anschaffungskosten der ihm verbliebenen Aktien.
Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten ab. Es ging von einem - inzwischen unstreitigen - Wert des Gesamtpakets zum 21. Juni 1958 in Höhe von 804.000 DM aus. Davon entfielen auf den zurückerstatteten Teil 482.400 DM (60 v. H.) und auf den verbliebenen Teil 321.600 DM (40 v. H.). Die Anschaffungskosten des 1959 veräußerten Aktienpaketes setzten sich nach Auffassung des Finanzamts somit zusammen aus dem anteiligen Höchstwert von 321.600 DM und den Anschaffungskosten der späteren Zukäufe in Höhe von 119.480 DM und 288.520 DM, zusammen 729.600 DM. Nach diesen Grundsätzen gelangte das Finanzamt nach Berücksichtigung von Kosten und geringfügigen änderungen zu einem Veräußerungsgewinn von 1.092.801 DM.
Das Finanzgericht gab der Sprungberufung des Stpfl. statt. Es führte aus, daß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Nachzahlungen auf Grund der Rückerstattungsgesetze bei Verzicht des Rückerstattungsberechtigten auf die Rückgewähr des entzogenen Gegenstandes als zusätzliche nachträgliche Anschaffungskosten des der Rückerstattung unterliegenden Gegenstandes zu behandeln seien (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 110/54 U vom 15. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 111, Slg. Bd. 60 S. 289; IV 468/54 U vom 10. März 1955, BStBl 1955 III S. 138, Slg. Bd. 60 S. 361; IV 583/54 U vom 22. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 84, Slg. Bd. 62 S. 224). Davon sei auch im Streitfalle auszugehen. Wirtschaftlich mache es keinen Unterschied, ob Geld nachgezahlt oder ob nur ein entsprechender Teil der von dem Rückerstattungsberechtigten beanspruchten Wirtschaftsgüter herausgegeben werde. Die Anschaffungskosten beliefen sich hiernach auf 804.000 DM für das am Währungsstichtag vorhanden gewesene Gesamtpaket und weitere rund 408.000 DM für die Zukäufe. Nach diesen Grundsätzen kam das Finanzgericht zu einem Veräußerungsgewinn von 559.418 DM.
Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Rechtsanwendung.
Der Stpfl. macht erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren die Verfassungswidrigkeit des § 17 EStG und die Rechtsungültigkeit des § 53 Abs. 3 EStDV 1955 geltend. Er führte aus, daß § 17 EStG der Sache nach einen Wertzuwachs, nicht ein Einkommen besteuere. Wertzuwachssteuern seien aber Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis (Art. 105 Abs. 2 Ziff. 1 des Grundgesetzes - GG -) und unterlägen nicht der Gesetzgebung des Bundes. In der mündlichen Verhandlung bezog sich der Stpfl. außerdem auf die in einem Teil des steuerrechtlichen Schrifttums unter dem Gesichtspunkte der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG) bezweifelte Verfassungsmäßigkeit des § 17 EStG. Er wandte sich dagegen, daß die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns an das Vorliegen einer Beteiligung von mehr als 25 v. H. des Nennkapitals der Kapitalgesellschaft anknüpfe und erblickt darin eine willkürliche Differenzierung. Der Stpfl. hielt auch die Vorschrift des § 53 Abs. 3 EStDV 1958 für rechtsunwirksam, da sie nicht auf einer hinreichend bestimmten Ermächtigung des Verordnungsgebers, die Berechnung der Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG zu regeln, beruhe. Außerdem macht er geltend, daß als nachträgliche Anschaffungskosten nicht der Höchstwert der zurückerstatteten Aktien (482.400 DM), sondern der tatsächliche Wert im Zeitpunkt der Rückerstattung (720.000 DM) anzusetzen sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
I. Der Bundesfinanzhof ist in seiner Rechtsprechung stets von der Verfassungsmäßigkeit des § 17 EStG ausgegangen (vgl. Urteil des erkennenden Senats IV 330/57 U vom 21. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 409, Slg. Bd. 71 S. 429). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen.
Die Vorschrift des § 17 EStG muß im Zusammenhang des Systems der Doppelbelastung der von einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne durch die Körperschaftsteuer und, bei Ausschüttung an die Gesellschafter, durch die Einkommensteuer bei den Gesellschaftern gesehen werden. Ohne § 17 EStG könnte der Inhaber eines Einzelunternehmens die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns (ß 16 Abs. 1 EStG) dadurch vermeiden, daß er zunächst unter Einbringung des Einzelunternehmens zu Buchwerten eine Kapitalgesellschaft gründete und dann die erworbenen Anteile veräußerte. Zwar hat der Reichsfinanzhof im Urteil VI A 1559/32 vom 12. April 1934 (RStBl 1934 S. 838) den nach der Einbringung in die Kapitalgesellschaft bei der Veräußerung der Gesellschaftsanteile erzielten Gewinn als nachträglichen gewerblichen Gewinn angesehen. Das hinderte den Gesetzgeber jedoch nicht, die Vorschrift des § 17 EStG zu erlassen oder aufrechtzuerhalten. Kapitalgesellschaften, deren Anteile sich nur in wenigen Händen befinden, verzichten häufig auf mögliche Gewinnausschüttungen. Der Verzicht auf Ausschüttungen führt zu einem höheren Wert der Anteile an der Kapitalgesellschaft. Dieser Mehrwert tritt in Erscheinung, wenn die Anteile veräußert werden. Ohne § 17 EStG würden auch bei Beteiligungen Gewinne, die von Kapitalgesellschaften erzielt, aber nicht an ihre Gesellschafter ausgeschüttet wurden, der Einkommensbesteuerung und damit der vom Gesetzgeber allgemein gewollten Doppelbelastung entgehen. Auf das Vorhandensein einer Doppelbelastung sind die Einkommensteuer- und Körperschaftsteuertarife abgestellt. Der Umstand, daß solche thesaurierten Gewinne bei Auflösung der Kapitalgesellschaft zur Steuer herangezogen werden können (vgl. § 53 Abs. 2 EStDV) schließt nicht aus, daß eine steuerpflichtige Realisierung von Gewinnen schon bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen angenommen wird.
Der Gesetzgeber bewegte sich deshalb zumindest im Rahmen seines Ermessensspielraums, wenn er § 17 EStG als eine notwendige Ergänzung der Vorschriften der §§ 15, 16 EStG ansah. Das trifft auch auf die Festlegung der maßgebenden Quote von 25 v. H. des Nennkapitals als Voraussetzung für das Vorliegen einer wesentlichen Beteiligung zu. Bei der Zugrundelegung dieses Satzes ging der Gesetzgeber offenbar davon aus, daß mit dem Besitz eines Anteils von mehr als 25 v. H. - entsprechend der für eine Schachtelbeteiligung erforderlichen Quote - eine gewisse Machtstellung in der Gesellschaft verbunden ist, die den Anteilsinhaber wirtschaftlich als Mitunternehmer erscheinen läßt (vgl. die amtliche Begründung zu § 30 Abs. 3 EStG 1925, abgedruckt bei Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925, Zweiter Band S. 372 f.). In der Tatsache allein, daß die handelsrechtliche Sperrminorität mit einer Beteiligung von 25 v. H. verbunden ist und die Versteuerung einen Anteilsbesitz von mehr als 25 v. H. voraussetzt, rechtfertigt nicht den Vorwurf einer willkürlichen Differenzierung.
Es trifft zu, daß bei § 17 EStG (früher § 30 Abs. 3 EStG 1925) der Gedanke einer besonderen Besteuerung des Wertzuwachses eine Rolle spielt (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 884/28 vom 28. November 1928, RStBl 1929 S. 85; Urteil des Bundesfinanzhofs IV 544/56 U vom 10. Januar 1957, BStBl 1957 III S. 74, Slg. Bd. 64 S. 190). Daraus folgt jedoch nicht, daß diese Vermögenszuwachsgewinn-Besteuerung dem Wesen der Einkommensteuer widerspricht. Das ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte der deutschen Einkommensteuer. Das erste Reichseinkommensteuergesetz von 1920 ging von der in der Finanzwissenschaft entwickelten sogenannten Reinvermögenszuwachs-Theorie aus (vgl. Fasselt, Wertsteigerungen und Veräußerungsgewinne im Einkommensteuerrecht, S. 36 ff.). Der Grundsatz der Erfassung eines realisierten Wertzuwachses als Gewinn im Sinn des EStG liegt seit dem EStG 1925 vor allem der Besteuerung des Gewinns der buchführenden Landwirte, Gewerbetreibenden und Freiberufler zugrunde. Bei ihnen wird der Gewinn auf der Grundlage eines Vermögensvergleiches ermittelt (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG). Derselbe Gedanke kommt in den Vorschriften über die Erfassung privater Spekulationsgewinne zum Ausdruck (ß 23 EStG). Auch im ausländischen Steuerrecht bildet die Erfassung eines Vermögenszuwachses herkömmlich einen Tatbestand der Einkommensbesteuerung (vgl. Neumark, Theorie und Praxis der modernen Einkommensbesteuerung, S. 44 ff.; Fasselt, a. a. O. S. 134 ff.). Da somit § 17 EStG einen echten Einkommensteuertatbestand regelt, treffen die vom Stpfl. erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu.
II. Auch der Einwand, § 53 Abs. 3 EStDV 1958 sei wegen Ungültigkeit der ihm zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung rechtsunwirksam, greift nicht durch. Der Senat ist, wenn er zu dem Ergebnis käme, daß die Ermächtigung nichtig sei, nur dann berechtigt und verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und nach Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es bei der Entscheidung auf die Gültigkeit des Gesetzes ankommt. Das ist nicht der Fall. Denn der Senat käme beim Fehlen einer Vorschrift des Inhalts des § 53 Abs. 3 EStDV 1958 im Wege der Auslegung des Gesetzes zu demselben Ergebnis.
Die Vorschrift des § 17 EStG geht von dem Gedanken aus, daß Gewinne, die bei der Veräußerung von im Privatbesitz befindlichen wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erzielt werden, weitgehend ebenso wie Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben oder Mitunternehmeranteilen gewerblicher Betriebe (§§ 15, 16 EStG) ermittelt und erfaßt werden sollten. Da für die Bewertung wesentlicher Beteiligungen, die vor der Währungsumstellung angeschafft worden waren, bei buchführenden Gewerbetreibenden die Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) und seiner Ergänzungsgesetze maßgebend sind, müßte für die Bewertung wesentlicher Beteiligungen im Privatbesitz zum 21. Juni 1948 dasselbe gelten. Ein anderer Maßstab für die Bewertung von im Privatbesitz befindlichen wesentlichen Beteiligungen wäre mit dem Sinn und Zweck des § 17 EStG nicht vereinbar.
III. Die Prüfung der Höhe der für die Berechnung des Veräußerungsgewinns maßgebenden Anschaffungskosten der Aktien ergibt folgendes.
Der Einwand der Stpfl., daß die Vorinstanzen von einem zu niedrigen DM-Bilanzwert ausgegangen seien, da sie das maßgebende Eigenkapital der Aktiengesellschaft um den Betrag von 200.000 DM Kreditgewinnabgabe (KGA) gekürzt und damit gegen Art. 1 des Gesetzes zur Ergänzung des Dritten D-Markbilanzergänzungsgesetzes vom 28. März 1956 (BGBl 1956 I S. 161, BStBl 1956 I S. 211) verstoßen hätten, geht fehl. Es ist unstreitig, daß in der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) der AG die KGA nicht passiviert war. Nach § 2 Abs. 5 Buchst. a des Dritten D-Markbilanzergänzungsgesetzes (3. DMBEG) ist deshalb die KGA bei der Ermittlung des Eigenkapitals abzuziehen. Durch Art. 1 des Ergänzungsgesetzes vom 28. März 1956 wurde dem § 2 Abs. 5 des 3. DMBEG die Vorschrift angefügt, daß für die Ermittlung des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft eine vor Inkrafttreten dieses Gesetzes festgestellte Eröffnungsbilanz auch dann maßgebend bleibt, wenn sie nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geändert oder von dem zuständigen Gesellschaftsorgan aufgehoben und durch eine neue Eröffnungsbilanz ersetzt wird. Von dieser Vorschrift blieb § 2 Abs. 5 Buchst. a des 3. DMBEG unberührt. Sie trifft im übrigen auf den Fall der AG nicht zu, da ihre Eröffnungsbilanz nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht geändert wurde. Die Kürzung des Eigenkapitals um die KGA ist daher nicht zu beanstanden.
Der Wert von 720.000 DM, den die Aktien im Nennbetrag von 576.000 DM hatten, die auf Grund des Vergleiches aus dem Jahre 1953 herausgegeben wurden, ist nicht als Nachzahlung auf das Gesamtpaket oder auf das nach der Rückerstattung verbleibende Restpaket anzusehen. Das REG vom 12. Mai 1949 (Steuer- und Zollblatt 1949 S. 409) sah als hauptsächliche Formen der Rückerstattung die Herausgabe des entzogenen Vermögensgegenstandes (Art. 1 Abs. 2) und die Nachzahlung zur Erreichung eines angemessenen Entgeltes (Art. 13 Abs. 1) vor. Wenn ein Wiedergutmachungsverfahren durch Vergleich abgeschlossen wurde, ist davon auszugehen, daß der Vergleich eine Regelung der Rückerstattung im Sinn der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten enthält. Daran knüpft die steuerliche Behandlung an.
Die Nachzahlung eines angemessenen Kaufpreises für Wirtschaftsgüter, die dem Rückerstattungsverpflichteten verbleiben, wurde in den in der Vorentscheidung angeführten Entscheidungen zu den nachträglichen Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter gerechnet (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs VI 52/55 U vom 25. Januar 1957, BStBl 1957 III S. 75, Slg. Bd. 64 S. 195). Ohne zu diesen Entscheidungen im einzelnen Stellung zu nehmen, können jedenfalls in einer Nachzahlung nur dann nachträgliche Anschaffungskosten gesehen werden, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerbe des Wirtschaftsgutes und den nachträglichen Aufwendungen besteht. Ein solcher Zusammenhang liegt hier nicht vor.
Die Rückerstattungsberechtigten forderten in dem Rückerstattungsverfahren nicht Nachzahlung, sondern Herausgabe des ganzen Aktienpaketes. Im Vergleich verzichteten sie auf 40 v. H. des Pakets. Es handelte sich offenbar um einen Kompromiß, der auf den nicht eindeutigen Prozeßaussichten und auf der sich verschlechternden Wirtschaftslage der AG beruhte. Die aus dem unstreitigen Sachverhalt von der Vorinstanz gezogene Folgerung, daß 60 v. H. des Aktienpakets hingegeben worden seien, damit der Stpfl. das Restpaket behalten könne, trifft also nicht zu. Der Stpfl. behielt das Restpaket, weil die Rückerstattungsberechtigten insoweit auf ihren Anspruch verzichteten, da sie sonst befürchten mußten, daß sie bei Fortführung des Prozesses im Ergebnis einen geringeren Vermögenswert erhalten würden, als ihn ein Anteil von 60 v. H. zur Zeit des Vergleichsabschlusses darstellte. Der Vergleich kann nicht anders beurteilt werden als ein Urteil, das den auf 60 v. H. des Aktienpakets eingeschränkten Rückerstattungsanspruch für begründet erklärte. Es entstanden also aus dem bis dahin einheitlichen Gesamtpaket zwei Aktienpakete mit verschiedenem zivilrechtlichem und steuerrechtlichem Schicksal.
Die vom Finanzgericht in den Vordergrund gestellte wirtschaftliche Betrachtungsweise führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Stpfl. leistete auch keine Nachzahlung im wirtschaftlichen Sinne, sondern gab einen Teil der von dem Antragsteller in Anspruch genommenen Vermögensgegenstände heraus. Schon die Tatsache, daß der überwiegende Teil des Streitobjekts herausgegeben wurde, spricht gegen die Annahme einer Nachzahlung. Wäre die Auffassung des Finanzgerichts zutreffend, so müßte sie auch für den Fall gelten, daß das Wertverhältnis zwischen den herausgegebenen und den behaltenen Aktien sich noch ungünstiger für den Stpfl. gestaltet hätte. Je geringer der dem Stpfl. verbleibende Rest des Gesamtpaketes war, desto weniger sinnvoll wird bei wirtschaftlicher Beurteilung des Vorganges die Annahme, daß der Wert des hingegebenen, überwiegenden Teiles des Aktienpaketes zusätzliche Anschaffungskosten des kleineren Restpaketes darstelle. Man würde zu Phantasiewerten für die Anschaffungskosten der verbleibenden Beteiligung gelangen, die mit dem wahren Wert zu irgendeinem Zeitpunkt unvereinbar sind und keine vernünftige Grundlage für die Berechnung von Gewinnen aus späteren Veräußerungen darstellen.
Unerheblich für die rechtliche Beurteilung ist schließlich, ob die Rückerstattungsberechtigten die herausgegebene Beteiligung durch eine von ihnen bezeichnete Bank verwerten ließen oder ob die Verwertung auf Rechnung der Rückerstattungsverpflichteten geschah. Entscheidend kann nur sein, wie es zu der Rückerstattung kam und wie sie sich in der Hauptsache vollzog. Aus den beigezogenen Akten des Rückerstattungsverfahrens, die auch den Vorinstanzen vorlagen, geht hervor, daß in dem Prozeß bis zuletzt die Herausgabe des gesamten Aktienpaketes streitig war, das Gericht einen Vergleichsvorschlag machte, wonach nur noch 60 v. H. des Paketes herauszugeben seien, und daß die Parteien sich schließlich mit diesem Vorschlag einverstanden erklärten. Die Akten ergeben weiter, daß der Stpfl. den Anteil des Aktienbestandes herausgab, um alsbald einen Teil dieser Aktien zurückzuerwerben. Der Stpfl. zog in dem bisherigen Steuerverfahren keine Folgerungen aus der von ihm in der Rechtsbeschwerdeinstanz aufgestellten Behauptung, er sei durch den Vergleich praktisch im Besitz aller Aktien bestätigt worden und seine Verpflichtung habe sich nur darauf bezogen, den Wert von 60 v. H. des Gesamtpaketes in bar an die Rückerstattungsberechtigten auszuzahlen. Denn wenn diese Deutung des Vorganges der Rückerstattung zuträfe, hätte der Stpfl. die darin liegende Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung im Sinn des § 17 EStG mit der Steuererklärung für 1953 dem Finanzamt zur Prüfung der Frage, ob ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstanden sei, unterbreiten müssen. Das hat er nicht getan.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Anschaffungskosten der Restbeteiligung ohne Rücksicht auf das 1953 abgeschlossene Rückerstattungsverfahren zu bemessen sind. Maßgebend ist der nach § 53 Abs. 3 EStDV 1958 anzusetzende Wert.
Fundstellen
Haufe-Index 411353 |
BStBl III 1964, 624 |
BFHE 1965, 416 |
BFHE 80, 416 |