Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Ausfuhr- oder Ausfuhrhändlervergütung muß unabhängig von der bürgerlich-rechtlichen Entstehung steuerlich in dem Zeitpunkt aktiviert werden, in dem die Ausfuhrlieferung bewirkt wird, und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige die vereinnahmten Entgelte als Bemessungsgrundlage gewählt hat.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6 Abs. 1 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1962 die bilanzmäßige Behandlung von Umsatzsteuervergütungsansprüchen (§ 16 UStG, §§ 70 - 80 UStDB 1957 ff.).

Der Revisionsbeklagte (Stpfl.) beantragte laufend für Ausfuhrlieferungen Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Vergütung). In der Bilanz zum 31. Dezember 1962 aktivierte er nur Vergütungsansprüche hinsichtlich solcher Lieferungen, für die er bereits im Jahre 1962 die Entgelte vereinnahmt hatte, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er bereits einen Vergütungsantrag gestellt hatte oder nicht. Das FA aktivierte zusätzlich Vergütungsbeträge von 211,75 DM, die der Stpfl. nach Ansicht des FA auf Grund von Lieferungen im Dezember 1962 erworben hatte. Das Entgelt für diese Lieferungen war im Januar 1963 eingegangen.

Der Einspruch des Stpfl. hatte keinen Erfolg. Das FA aktivierte noch weitere Vergütungsansprüche in Höhe von 1658,65 DM aus Lieferungen im August und Oktober 1962, die von Februar bis Juli 1963 bezahlt worden waren.

Der Stpfl. legte Berufung ein, mit der er sich gegen die Aktivierungen wandte.

Das FG gab dem Stpfl. recht. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, der Umsatzsteuervergütungsanspruch sei ein Wirtschaftsgut, das mit der Entstehung zu aktivieren sei. Entstanden sei der Anspruch nach dem Urteil des BFH IV 310/57 U vom 4. Dezember 1958 (BFH 68,284, BStBl III 1959, 112), sobald alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien, an die das Gesetz die Entstehung des Anspruchs knüpfe. Bei Vergütung nach vereinnahmten Entgelten gehöre die Vereinnahmung des Entgelts zu den materiellen Tatbestandsvoraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs. Der Vergütungsanspruch entstehe dann mit Ablauf des Kalendervierteljahrs oder des Kalendermonats, in dem das Entgelt vereinnahmt worden sei. Die Ansicht des FA, die Vereinnahmung des Entgelts sei nur für die Antragstellung von Bedeutung, könne nicht gebilligt werden. Das FA übersehe, daß gerade die Antragstellung an die Entstehung des Vergütungsanspruchs anknüpfe. Nach der bis zum 30. Juni 1953 geltenden Fassung der UStDB (im folgenden "a. F.") habe es nur die Vergütung nach vereinnahmten Entgelten gegeben. Nach dieser alten Fassung (§§ 70 Abs. 2 Ziff. 4, 77 Abs. 2 Ziff. 5) sei die Vereinnahmung des Entgelts buchmäßig nachzuweisen gewesen, und zwar durch eine Gutschriftsanzeige der den Devisenbetrag abrechnenden Stelle; die Vereinnahmung des Entgelts habe also zu den materiellen Anspruchsgrundlagen gehört. Durch die ab 1. Juli 1953 geltende änderung der UStDB (im folgenden "n. F.") sei nur der Nachweis des Eingangs des Entgelts in Devisen weggefallen. Wenn daneben dem Stpfl. die Möglichkeit gegeben worden sei, eine Vergütung nach vereinbarten Entgelten (Soll-Vergütung) zu wählen, so bedeute das nicht, daß nunmehr eine Aktivierungspflicht schon mit der Vereinbarung bestünde. Vergütungsanspruch und Kundenforderung rührten auch nicht aus einem einheitlich zu beurteilenden Geschäftsvorgang her. Zwar seien mit dem Ausfuhrvorgang in der Regel der Gewinn aus diesem Geschäft nach bilanzsteuerlichen Grundsätzen realisiert und die Kundenforderung zu aktivieren. Der dem Unternehmer aus der Umsatzsteuervergütung zustehende Gewinn sei damit aber noch nicht in ein Stadium getreten, in dem man ihm als realisiert ansehen müsse. Der Vergütungsanspruch sei ein besonderer Anspruch des öffentlichen Rechts, der nur dann erfüllt werden könne, wenn die vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen nachweislich erbracht seien. Auch der Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht gebiete es, nur diejenigen Ansprüche zu aktivieren, die im jeweiligen Vergütungszeitraum auf das Vorhandensein aller gesetzlichen Voraussetzungen und Belegnachweise auch überprüfbar seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage des Stpfl.

Der Senat nahm in dem erwähnten Urteil IV 310/57 U an, ein gegen die Finanzverwaltung gerichteter Vergütungsanspruch nach § 16 UStG 1951 sei ein Wirtschaftsgut im Sinn des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG, das aktiviert werden müsse, sobald alle Voraussetzungen der Entstehung des Anspruchs eingetreten seien. Das sei der Fall, wenn der Stpfl. das Entgelt vereinnahme, auch wenn er den Vergütungsantrag erst später stelle. Der Senat hatte damals keine Veranlassung, die Frage zu prüfen, ob der Anspruch schon zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich schon mit der Bewirkung der Ausfuhrlieferung zu aktivieren gewesen wäre; denn die Aktivierungspflicht war jedenfalls durch die Vereinnahmung des Entgelts ausgelöst worden.

Nach den für die damalige Entscheidung geltenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 16 UStG 1951, §§ 70 - 80 UStDB 1951) kam nur eine Vergütung nach vereinnahmten Entgelten in Betracht. Diese Bestimmungen schienen auch der Vereinnahmung eine gewisse Bedeutung beizumessen. Nach § 70 Abs. 1 UStDB 1951 war der Anspruch auf Ausfuhrhändlervergütung zwar nur an die Bewirkung der Ausfuhrlieferung geknüpft. In § 70 Abs. 2 UStDB hieß es aber, die Vergütung werde nur gewährt unter der Voraussetzung, daß die Vereinnahmung des Entgelts für den ausgeführten Gegenstand durch die Gutschriftanzeige der den Devisenbetrag abrechnenden Stelle belegt werde. Man hätte schon damals annehmen können, daß der Anspruch nach bilanzsteuerlichen Gesichtspunkten bereits mit der Bewirkung der Ausfuhrlieferung hätte aktiviert werden müssen, auch wenn er vorerst noch nicht bemessen und geltend gemacht werden konnte.

Im Jahre 1953 wurden die §§ 70 ff. UStDB neu gefaßt (vgl. Fünfte Verordnung zur änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 5. August 1953, BStBl I 1953, 281). In dem von der Bemessungsgrundlage handelnden § 73 Abs. 2 Satz 1 und entsprechend in § 78 Abs. 1 UStDB n. F. hieß es nunmehr: "An die Stelle des vereinnahmten Entgelts (Isteinnahme) kann nach Wahl des Antragstellers das vereinbarte Entgelt (Solleinnahme) treten". Damit gab der Verordnungsgeber klar zu erkennen, daß ein Vergütungsanspruch jedenfalls schon geltend gemacht werden kann, bevor das Entgelt vereinnahmt ist.

Das zeigt, daß das Entscheidende für die Geltendmachung des Anspruchs die Bewirkung der Ausfuhrlieferung ist. Die Erwägung, daß mit der Bewirkung der Lieferung unter Umständen noch nicht feststeht, ob die Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs im einzelnen vorliegen und buchmäßig nachgewiesen werden können, rechtfertigt keine andere Entscheidung; denn diesen Bedenken hat der Gesetzgeber offenbar keine Bedeutung beigemessen. Sonst hätte er nicht schon die Vereinbarung von Entgelten genügen lassen können. Für die bilanzmäßige Behandlung kommt es nicht darauf an, ob ein Anspruch im bürgerlich-rechtlichen Sinne bereits entstanden ist, sondern es ist allein entscheidend, ob bereits ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut vorliegt. Das ist aber immer, und zwar auch bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch (vgl. die BFH-Urteile I 259/61 S vom 15. Januar 1963, BFH 76, 699, BStBl III 1963, 256 und IV 335/59 S vom 17. Januar 1963, BFH 76, 702, BStBl III 1963, 257) dann der Fall, wenn sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und bei einer Veräußerung des Betriebs bei der Festsetzung des Kaufpreises Berücksichtigung finden würde, bei einem Anspruch auf Ausfuhrhändlervergütung also, wenn die Ausfuhrlieferung bewirkt ist und somit der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen läßt, wird erhoben werden können, es sei denn, daß die Zahlung nicht eingeht. Dieses letztere Risiko ist aber bei jeder Forderung vorhanden. Seine Berücksichtigung ist keine Frage der Aktivierung, sondern der Bewertung (so auch das Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate in Stuttgart, VI 5/66 vom 1. Dezember 1966, EFG 1967, 167).

Die Annahme, daß bereits mit der Bewirkung der Ausfuhrlieferung ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut (Vergütungsanspruch) entstanden ist, rechtfertigt sich auch aus dem Gesichtspunkt der periodengerechten Gewinnermittlung. Der Vergütungsanspruch hängt mit der durch Bewirkung der Ausfuhrleistung aktivierungspflichtigen Gegenforderung zusammen. Er erhöht den Wert der Gegenforderung und muß ebenso wie mit dem Gewinnvorgang zusammenhängende Aufwendungen in diesem Zeitpunkt bilanzmäßig in Erscheinung treten (so auch ein ungenannter Verfasser in Die steuerliche Betriebsprüfung 1962 S. 136, und Berroth, Die steuerliche Betriebsprüfung 1963 S. 300).

 

Fundstellen

Haufe-Index 412777

BStBl III 1967, 763

BFHE 1968, 69

BFHE 90, 69

BB 1967, 1367

DB 1968, 200

DStR 1967, 746

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