Leitsatz (amtlich)
Die Gründung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen dem Vater und seinen minderjährigen Kindern bedarf der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers. Der Vater ist insoweit von der Vertretung seiner Kinder ausgeschlossen. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn eine Beteiligung der Kinder am Verlust ausgeschlossen ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; BGB §§ 181, 1629, 1795, 1822 Nr. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob die Gründung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen dem Vater und seinen minderjährigen Kindern der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und der Genehmigung des Vertrages durch das Vormundschaftsgericht bedarf.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Am 18. Dezember 1966 schloß der Kläger mit seinen drei minderjährigen - in den Jahren 1956, 1957 und 1962 geborenen - Kindern einen privatschriftlichen Vertrag über die Gründung einer typischen stillen Gesellschaft. Beim Vertragsabschluß wurden die Kinder durch ihre beiden Eltern vertreten. Die Mittel, die die Kinder als stille Gesellschafter mit je 30 000 DM in die Gesellschaft einlegten, waren ihnen von ihren Eltern schenkweise zugewendet worden dergestalt, daß 45 000 DM von dem in der Bilanz zum 1. Januar 1967 des als Einzelkaufmann firmierenden Vaters ausgewiesenen Kapitalkonto abzubuchen und weitere 45 000 DM dem in der gleichen Bilanz für die als Angestellte im Betrieb ihres Ehemannes mitarbeitende Mutter ausgewiesenen Darlehnskonto zu belasten waren. Damit seien - so der Vertrag - die Schenkungen vollzogen.
Die Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafter war auf je 10 v. H. des nach Abzug eines Voraus' für den tätigen Gesellschafter verbleibenden Gewinns bemessen und auf mindestens 5 v. H., höchstens 15 v. H. der Kapitalbeteiligung limitiert. Eine Verlustbeteiligung war ausgeschlossen. Die auf sie entfallenden Gewinnanteile durften die stillen Gesellschafter "zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten der Beteiligten" entnehmen. Ihre Informations- und Kontrollrechte nach den Vorschriften der §§ 118, 338 HGB und 716 BGB konnten die stillen Gesellschafter nur mit Zustimmung "der Geschäftsführung" ausüben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) erkannte bei Durchführung der Veranlagung der Kläger für die Streitjahre den Vertrag nicht als rechtswirksam an. Die nach erfolglosem Einspruch zum FG erhobene Klage wurde insoweit abgewiesen. Noch während des finanzgerichtlichen Verfahrens legten die Kläger einen notariellen Vertrag vom 18. Dezember 1970 vor, der im wesentlichen den Inhalt des privatschriftlichen Vertrags vom 18. Dezember 1966 wiederholt, das Recht der stillen Gesellschafter bezüglich der Verfügung über ihre Gewinnanteile jedoch nicht (mehr) begrenzt. Bei Abschluß dieses Vertrages waren die minderjährigen Kinder durch den Prozeßbevollmächtigten der Kläger als vom zuständigen Amtsgericht bestellten Pfleger vertreten. Mit der Einholung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung war der amtierende Notar beauftragt worden.
Das FG führte aus:
Die steuerrechtliche Anerkennung eines Vertrages zur Gründung einer stillen Gesellschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern setze voraus, daß der Vertrag inhaltlich klar und eindeutig sei und daß die Vertragschließenden alle Folgerungen aus ihm gezogen hätten; zu diesen Folgerungen gehöre auch die Beachtung der für den Vertragsabschluß geltenden Formvorschriften des bürgerlichen Rechts (Urteil des BFH vom 25. September 1969 IV R 179/68, BFHE 97, 298, BStBl II 1970, 114). Der Abschluß des Vertrages vom 18. Dezember 1966 verstoße gegen das Verbot des Selbstkontrahierens in § 181 BGB und §§ 1629, 1795 BGB, da die Ausnahme - die reine Erfüllung einer Verbindlichkeit - nicht gegeben sei. Das Vorliegen einer Erlaubnis zum Selbstkontrahieren lasse sich weder aus der Verkehrsüblichkeit noch aus dem elterlichen Gewaltverhältnis herleiten. Was insoweit für die Einrichtung eines Sparkassenbuchs gelte, sei für die Schenkung eines (insbesondere eines belasteten) Grundstücks bereits umstritten. Mit dem Abschluß eines stillen Gesellschaftsvertrages gingen den Kindern nach § 1602 BGB ihre Unterhaltsansprüche gegenüber den Eltern insoweit verloren, als die auf sie entfallenden Gewinnanteile zu ihrem Unterhalt ausreichten. Schließlich bewirke die Genehmigung des Vertrages (vom 18. Dezember 1970) durch den Ergänzungspfleger nicht die auch steuerrechtliche Anerkennung des Vertrages vom 18. Dezember 1966 für die Streitjahre (BFH-Urteil vom 4. Juli 1968 IV 136/63, BFHE 92, 474, BStBl II 1968, 671).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Kläger mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkünfte der Kinder aus stiller Beteiligung nicht den Klägern, sondern deren minderjährigen Kindern zuzurechnen. Zur Begründung lassen sie vortragen:
Die Rechtsauffassung des FG stehe im Widerspruch zu den BFH-Urteilen vom 1. August 1952 III 285/51 U (BFHE 56, 683, BStBl III 1952, 262) und vom 9. September 1954 IV 574/53 U (BFHE 59, 275, BStBl III 1954, 317), nach denen die Vorschrift des § 181 BGB der Rechtswirksamkeit einer Schenkung des Steuerpflichtigen an seine minderjährigen Kinder grundsätzlich nicht entgegenstehe. Die Rechtswirksamkeit folge aus dem elterlichen Gewaltverhältnis (so auch Rosenau, BB 1969, 356). Die gleiche Auffassung vertrete auch der BGH im Urteil vom 27. September 1972 IV ZR 225/69 (BGHZ 59, 236).
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA hat zwischenzeitlich nach Durchführung einer Betriebsprüfung unter dem 16. Mai 1972 berichtigende Bescheide für die Streitjahre erlassen. Die Kläger haben beantragt, sie gemäß §§ 123, 68 FGO zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens zu machen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Den Klägern ist darin zuzustimmen, daß die Vorschrift des § 181 BGB nach neuester Rechtsauslegung den Vertreter nicht nur nicht hindert, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen Rechtsgeschäfte vorzunehmen, die ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen, sondern es ihm auch gestattet, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen Rechtsgeschäfte vorzunehmen, die dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen. Diese Rechtsauslegung stellt für Sonderfälle, in denen die Gefahr des Interessenkonflikts und damit der Schädigung des einen oder anderen Teiles (der durch die Vorschrift des § 181 BGB begegnet werden soll) vom Sachverhalt her offensichtlich nicht gegeben und daher ein Schutz der Interessen des Vertretenen nicht erforderlich ist, auf den Zweck der Vorschrift ab (BGH-Urteil vom 19. April 1971 II ZR 98/68, BGHZ 56, 97, für Rechtsgeschäfte des geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH mit sich selbst; BGH-Urteil IV ZR 225/69 für den Fall, daß das In-sich-Geschäft dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt).
Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zwischen dem Vater und seinen noch minderjährigen Kindern grundsätzlich kein Rechtsgeschäft, das den Kindern lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Auch bei der Gründung einer typischen stillen Gesellschaft - selbst unter Ausschluß der Beteiligung der Kinder am Verlust - bleibt die Tatsache bestehen, daß die Kinder verpflichtet sind, die schenkweise überlassenen Beträge als Einlage so zu leisten, daß sie "in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts" übergehen (§ 335 HGB). Damit sind die Beträge dem wirtschaftlichen Schicksal des Unternehmens des Vaters (wieder) verbunden.
Obwohl nach § 1643 Abs. 1 BGB die Eltern zu Rechtsgeschäften für das Kind grundsätzlich in gleichem Umfang wie ein Vormund der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts bedürfen, d. h. unter anderem damit auch zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, "der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird" (§ 1822 Nr. 3 BGB; Urteil des OLG Bremen vom 6. April 1972 2 U 92/71, NJW 1972, 1952, 1954), bedarf der Abschluß eines stillen Gesellschaftsvertrages bei einmaliger Kapitalbeteiligung und ohne Beteiligung am Verlust (§ 336 Abs. 2 HGB) der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht (vgl. BGH-Urteil vom 28. Januar 1957 III ZR 155/55, NJW 1957, 672; Knopp, Gründung stiller Gesellschaften bei Beteiligung Minderjähriger, NJW 1962, 2181). Ihre Begründung findet diese Auffassung in der tatsächlichen Annäherung der Stellung des stillen Gesellschafters in diesem Falle an die Stellung eines partiarischen Darlehnsgebers.
Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß der Vater, der grundsätzlich ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung gemeinsam mit der Mutter die minderjährigen Kinder bei Abschluß eines typischen stillen Gesellschaftsvertrages mit einem Dritten vertreten darf (§§ 1626, 1627 BGB), auch dann zur Vertretung seiner Kinder berechtigt ist, wenn er selbst der (andere) Partner des mit den Kindern (abzuschließenden) abgeschlossenen typischen stillen Gesellschaftsvertrages ist. Dem steht die Vorschrift des § 181 BGB entgegen (vgl. § 1795 Abs. 2 BGB), weil der Abschluß eines solchen Vertrages für die Kinder die Verpflichtung zur Leistung einer Einlage in sein Unternehmen begründet, d. h. ihnen nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Das gilt auch dann, wenn der Vater ihnen die zur Leistung ihrer Einlagen erforderlichen Mittel selbst schenkt. Die Zuziehung eines - für jedes der Kinder besonders zu bestellenden - Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB) war danach geboten; der Vertrag vom 18. Dezember 1966 war infolge Verstoßes gegen das Verbot des § 181 BGB rechtsunwirksam.
2. Obwohl es zur Gültigkeit "eines Vertrages, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird", der notariellen Beurkundung des Versprechens bedarf (§ 518 Abs. 1 BGB), wird der Mangel der Form durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB). Ob die Umbuchung der als Einlagen der Kinder zu leistenden Beträge von dem Kapitalkonto des Vaters und dem Darlehnskonto der Mutter auf Sonderkonten der Kinder als Bewirkung der versprochenen Leistung, das heißt als Vollzug des Schenkungsversprechens anzusehen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Der Senat muß diese Frage jedoch unentschieden lassen, da ihre Beantwortung für die Streitentscheidung nicht tragend sein kann, die Revision vielmehr schon aus den Gründen zu 1. keinen Erfolg haben konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 70804 |
BStBl II 1974, 289 |
BFHE 1974, 85 |