Entscheidungsstichwort (Thema)
GbR als Besitzgesellschaft bei Betriebsaufspaltung; Betriebsaufspaltung bei umgekehrten Beteiligungsverhältnissen der einzigen Gesellschafter
Leitsatz (NV)
- Haben Eheleute ein Grundstück zu Bruchteilen erworben, um es an eine GmbH, an der sie im umgekehrten Verhältnis wie an dem Grundstück beteiligt sind, für deren betriebliche Zwecke zu verpachten, dann handelt es sich bei dem Zusammenschluss der Eheleute in der Regel um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nicht nur um eine Gemeinschaft, weil die Eheleute die Doppelkonstruktion bewusst gewählt haben, um ihre über den Rahmen einer Vermietung und Vermögensverwaltung hinausgehenden gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen.
- Der für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche einheitliche geschäftliche Betätigungswille ist auch dann gegeben, wenn die einzigen Gesellschafter des Besitz- und Betriebsunternehmens in der Weise an beiden Unternehmen beteiligt sind, dass der eine Gesellschafter über die Mehrheit der Anteile am Besitzunternehmen verfügt, der andere dagegen über die Mehrheit der Anteile am Betriebsunternehmen (Bestätigung der Rechtsprechung in dem Urteil vom 24. Februar 2000 IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417).
Normenkette
EStG §§ 15, 21; BGB §§ 705, 741; FGO § 110 Abs. 1 S. 1, § 120 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 2000, 1121) |
Tatbestand
Die Eheleute AB und BB erwarben im Jahr 1979 gemeinsam ein Grundstück. Die Ehefrau wurde Miteigentümerin zu 4/5 und der Ehemann zu 1/5. Die Eheleute errichteten auf dem Grundstück eine Werkstatt mit Büro. Das Grundstück verpachteten sie an eine GmbH, die durch Vertrag vom 22. Januar 1979 durch formwechselnde Umwandlung aus einer KG hervorgegangen war, deren einzige Gesellschafter die Eheleute waren. Am Stammkapital der GmbH ist der Ehemann zu 80 v.H. und die Ehefrau zu 20 v.H. beteiligt. Die GmbH betreibt auf dem Grundstück einen Handel und Reparaturbetrieb. Der Ehemann ist ihr zur Einzelvertretung berechtigter Geschäftsführer.
Aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahre 1982 war der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) zu der Auffassung gelangt, es liege eine Betriebsaufspaltung vor. Er erließ entsprechende Feststellungsbescheide für die Jahre 1979 und 1980 über gewerbliche Einkünfte. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und stellte durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom … Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fest. Es war der Meinung, es liege keine Betriebsaufspaltung vor, weil die Stimmanteile der Eheleute mit Rücksicht auf den grundgesetzlichen Schutz der Ehe nicht zusammengerechnet werden dürften.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung im Jahre 1995 vertrat das FA erneut die Auffassung, es liege eine Betriebsaufspaltung vor. Es erließ gegenüber der GbR (Klägerin und Revisionsklägerin ―Klägerin―) einen Sammel-Gewinnfeststellungsbescheid für die Jahre 1989 bis 1993, in dem es gewerbliche Einkünfte feststellte.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die GbR Klage und begehrte die Feststellung von Einkünften aus Vermietung, hilfsweise eine Bescheidänderung mit der Maßgabe, dass die Wirtschaftsgüter per 1. Januar 1989 mit den Teilwerten eingelegt werden.
Das FG sah die Eheleute als Kläger an und wies die Klage als unbegründet ab. Es entschied, im Streitfall liege eine personelle Verflechtung vor, weil die Kläger eine Personengruppe bildeten, der beide Unternehmen vollständig gehörten und die deshalb in der Lage sei, einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen in beiden Unternehmen durchzusetzen. Es könne offen bleiben, ob es sich bei dem Besitzunternehmen ―wie ursprünglich vorgetragen― um eine GbR oder um eine Gemeinschaft nach Bruchteilen handele; denn Träger des Besitzunternehmens könne auch eine Gemeinschaft nach Bruchteilen sein. Der Hilfsantrag sei unbegründet, weil das Grundstück am 1. Januar 1981 notwendiges Betriebsvermögen gewesen sei. Nur für die Jahre 1979 und 1980 habe das Grundstück ―trotz des unveränderten Sachverhalts― aufgrund des rechtskräftigen FG-Urteils zum Privatvermögen gehört. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1121 veröffentlicht.
Die Klägerin rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den angefochtenen Feststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu ändern und die Einkünfte erklärungsgemäß als solche aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … DM festzustellen, hilfsweise, den Bescheid mit der Maßgabe zu ändern, dass die Wirtschaftsgüter per 1. Januar 1989 mit den Teilwerten eingelegt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teils unbegründet, teils unzulässig. Sie ist unbegründet, soweit die Klägerin die Abweisung des Hauptantrags durch das FG beanstandet; sie ist unzulässig, soweit die Klägerin sich gegen die Abweisung ihres Hilfsantrags wendet.
I. Das FG hat die Klageschrift dahin ausgelegt, dass die Gesellschafter der GbR die Klage nicht im Namen der Gesellschaft oder ggf. der Bruchteilsgemeinschaft, sondern im eigenen Namen erhoben haben. Diese Ansicht teilt der Senat nicht.
1. Eine Auslegung der Klageschrift, die der Senat ohne Bindung an die Feststellungen des FG selbst vornehmen kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306, m.w.N.), ergibt, dass die Gesellschafter nicht im eigenen Namen, sondern namens der GbR als deren Geschäftsführer (vgl. § 709 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―) Klage erhoben haben. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Klageschrift, wonach Klägerin die GbR ist. Außerdem ist der Einspruch gegen den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid ausdrücklich für die GbR eingelegt worden. Dementsprechend ist auch die Einspruchsentscheidung des FA gegen die GbR ergangen.
Die wortlautgemäße Auslegung der Klageschrift entspricht im Streitfall auch dem Interesse der Gesellschafter der GbR. Denn zur Erhebung der vorliegenden Klage war nur die Gesellschaft selbst, vertreten durch ihre beiden Gesellschafter als Geschäftsführer, berechtigt.
Ist ―wie im Streitfall― Streitgegenstand ein Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, so ist nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der für den Streitfall maßgebenden Fassung des Grenzpendlergesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1395, BStBl I 1994, 440) die Gesellschaft oder Gemeinschaft selbst, vertreten durch ihre Geschäftsführer, klagebefugt, und zwar in gesetzlicher Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter bzw. Gemeinschafter (vgl. Senatsurteil in BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306, m.w.N.). Ein eigenes Klagerecht haben die Gesellschafter oder Gemeinschafter, solange sie nicht ausgeschieden sind und die Gesellschaft oder Gemeinschaft fortbesteht, nur in Fragen, die die Gewinnverteilung betreffen (§ 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO) oder die sie persönlich angehen (§ 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Beides trifft nicht zu, wenn Streitgegenstand die Feststellung der Art der Einkünfte auf der Ebene der Gesellschaft, hilfsweise die Feststellung eines niedrigeren Gewinns der Gesellschaft oder Gemeinschaft durch die Berücksichtigung höherer Absetzungen für Abnutzung ist.
2. Die im Laufe des Klageverfahrens streitig gewordene Frage, ob die Klägerin eine GbR (§ 705 BGB) ist oder ob sie bei zutreffender rechtlicher Würdigung als Bruchteilsgemeinschaft (§ 741 BGB) einzustufen ist, hat das FG ausdrücklich offengelassen. Der Senat geht davon aus, dass die Eheleute eine GbR i.S. des § 705 BGB gegründet haben. Dem steht nicht entgegen, dass sie keinen schriftlichen Vertrag geschlossen haben. Denn ein Vertrag über die Gründung einer bürgerlichen rechtlichen Gesellschaft kann auch stillschweigend durch konkludentes Handeln geschlossen werden (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 9. Oktober 1974 IV ZR 164/73, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1974, 2278; Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., S. 40).
Im Streitfall folgt der konkludente Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, durch den die Eheleute sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes i.S. des § 705 BGB verpflichtet haben, aus denselben Umständen, aus denen sich die Entscheidung der Vorinstanz als richtig erweist, dass die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung aufgrund eines einheitlichen Betätigungswillens der hinter beiden Unternehmen stehenden beiden Personen gegeben sind (vgl. dazu unten unter Abschn. II. 3. der Entscheidungsgründe). Zwar kann Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung nach allgemeiner Meinung auch eine Bruchteilsgemeinschaft sein (vgl. etwa BFH-Urteile vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296; vom 26. November 1992 IV R 15/91, BFHE 171, 490, BStBl II 1993, 876; vom 1. Oktober 1996 VIII R 44/95, BFHE 182, 327, BStBl II 1997, 530). Sind aber an beiden Unternehmen die selben Personen beteiligt, dann verfolgen sie im Falle einer bewusst gewählten Doppelkonstruktion, wie sie im Streitfall vorliegt (vgl. dazu unten unter II. 3. der Entscheidungsgründe), mit ihrem Engagement in dem Besitzunternehmen den über den Rahmen einer Vermietung und Vermögensverwaltung hinausgehenden und ihnen beiden gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck, die gewerbliche Tätigkeit ihres gemeinsamen Betriebsunternehmens zu unterstützen und zu fördern.
Für die Annahme, dass die Eheleute durch konkludentes Handeln eine BGB-Gesellschaft begründet haben, ist auch unschädlich, dass sie das Grundstück zu Bruchteilen (4/5 und 1/5) und nicht zur gesamten Hand erworben haben. Denn eine gemeinschaftliche Zweckverfolgung verlangt nicht unbedingt, dass die für diese Zwecke eingesetzten Vermögensgegenstände zur gesamten Hand gehalten werden; es genügt auch die schuldrechtliche Widmung einer von allen oder einzelnen Gesellschaftern in Bruchteilsgemeinschaft gehaltenen Sache für den Gesellschaftszweck (vgl. BGH-Urteil vom 10. Januar 1955 II ZR 294/53, Betriebs-Berater ―BB― 1955, 203; Erman/Westermann, Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 10. Aufl., 2000, § 718 Rn. 2; Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch ―MünchKomm―, Bd. 5, Schuldrecht, Besonderer Teil III, 3. Aufl., § 718 Rn. 11 und Vor § 705 Rn. 100 und § 705 Rn. 221 bis 223; Staudinger/ Langhein, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch, 13. Aufl., 1996, § 741 Rn. 12; Staudinger/Keßler, 12. Aufl., 1991, Vorbem. zu §§ 705 Rn. 85 und 172).
Danach ist im Streitfall das Rubrum des FG-Urteils dahin zu berichtigen, dass Klägerin die GbR ist. Diese ist auch Beteiligte des Revisionsverfahrens.
II. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gegeben sind und die Verpachtung des mit einer Werkstatt nebst Büro bebauten Grundstücks an die GmbH im Streitjahr 1989 zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) geführt hat.
Die Vermietung von Wirtschaftsgütern wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann als eine über eine reine Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Unternehmen (Besitzunternehmen) mit dem mietenden Unternehmen (Betriebsunternehmen) sachlich und personell verflochten ist (Betriebsaufspaltung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; BFH-Urteil vom 13. November 1997 IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254).
1. Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn es sich bei dem vermieteten Wirtschaftsgut für das Betriebsunternehmen um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt. Bei einem Grundstück ist das der Fall, wenn es für die Betriebsführung der Betriebsgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteile vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621, m.w.N., und vom 23. Januar 2001 VIII R 71/98, BFH/NV 2001, 894).
Diese Voraussetzung ist im Streitfall durch die Verpachtung des zum Betrieb eines Handels und Reparaturbetriebes erforderlichen und von der Klägerin für diese Zwecke errichteten Betriebsgebäudes nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz erfüllt. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
2. Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Nur dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines gewöhnlichen Vermieters.
Dieser Wille tritt am klarsten hervor, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind (sog. Beteiligungsidentität). Es genügt aber auch, dass die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, im Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen, also eine sog. Beherrschungsidentität vorliegt (vgl. grundlegend BFH-Beschluss in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).
Eine personelle Verflechtung ist auch für den Fall angenommen worden, dass an beiden Unternehmen ausschließlich dieselben Personen beteiligt sind, wenngleich in unterschiedlicher Höhe am Betriebsunternehmen, jedoch zu gleichen Teilen am Besitzunternehmen (vgl. BFH-Urteile vom 23. November 1972 IV R 63/71, BFHE 108, 44, BStBl II 1973, 247; vom 17. März 1987 VIII R 36/84, BFHE 150, 356, BStBl II 1987, 858; vom 18. März 1993 IV R 96/92, BFH/NV 1994, 15; vom 24. Februar 1994 IV R 8-9/93, BFHE 174, 80, BStBl II 1994, 466).
Nach dem BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 IV R 62/98 (BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417) ist ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille auch dann gegeben, wenn die einzigen Gesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise an beiden Unternehmen beteiligt sind, dass der eine Gesellschafter über die Mehrheit der Anteile am Besitzunternehmen verfügt, der andere dagegen über die Mehrheit der Anteile am Betriebsunternehmen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 2. März 2000 IV B 34/99, BFH/NV 2000, 1084). In diesen Fällen ist nach Auffassung des IV. Senats eine personelle Verflechtung anzunehmen, weil der Zusammenschluss derselben Personen in zwei Unternehmen nicht Ausdruck eines nur zufälligen Zusammenkommens, sondern eines bewusst geplanten Zusammenschlusses zur Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zweckes sei; während des Bestehens der Doppelgesellschaft gebiete die wirtschaftliche Notwendigkeit ein gemeinsames Handeln, weil nicht zu vereinbarende Entscheidungen bei Besitz- und Betriebsunternehmen praktisch das Ende der Doppelgesellschaft bedeuten würden. Unerheblich sei, ob die beiden mit entgegengesetzten Mehrheitsverhältnissen an dem Besitz- und Betriebsunternehmen beteiligten Personen Eheleute seien. Denn der Interessengleichklang ergebe sich nicht aus der ehelichen Beziehung, sondern aus dem zweckgerichteten Zusammenschluss derselben Personen in beiden Unternehmen.
Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung aus den vom IV. Senat im Einzelnen angeführten Gründen an. Im Falle der bewusst gewählten Doppelkonstruktion kann es nicht darauf ankommen, ob einer der beiden Gesellschafter in beiden Unternehmen seinen Willen rechtlich durchsetzen kann. Vielmehr ist hier der tragende Gesichtspunkt für die Annahme eines einheitlichen Betätigungswillens der bereits in dem Urteil in BFHE 174, 80, BStBl II 1994, 466 als wesentlich hervorgehobene Gesichtspunkt, dass eine Missachtung der Interessen des am Betriebsunternehmen nur geringfügig beteiligten Gesellschafters zur Blockierung der Willensbildung im Besitzunternehmen und damit zum Zerbrechen der ―bewusst gewählten― Doppelkonstruktion führen würde. Beruht die Annahme eines einheitlichen Betätigungswillens aufgrund einer bewusst gewählten Doppelkonstruktion aber nicht auf der rechtlichen Beherrschungsmöglichkeit, sondern auf dem tatsächlich bestehenden Interessengleichklang, dann kann auch nicht entscheidungserheblich sein, ob es sich bei dem Zusammenschluss in dem Besitzunternehmen um eine Bruchteilsgemeinschaft handelt, bei der die Stimmenmehrheit den Ausschlag gibt (vgl. § 745 BGB), oder um eine BGB-Gesellschaft, bei der Einstimmigkeit erforderlich ist (vgl. § 709 Abs. 1 BGB). Maßgebend ist vielmehr der tatsächliche Interessengleichklang, der in dem Fortbestehen des Miet- oder Pachtverhältnisses auch äußerlich zum Ausdruck kommt.
3. Danach ist im Streitfall eine personelle Verflechtung gegeben. Die Eheleute haben zur Verfolgung ihrer gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen bewusst die Doppelkonstruktion einer Betriebs- und Besitzgesellschaft mit einer Beteiligung von 80 v.H. zu 20 v.H. und umgekehrt geplant und durchgeführt. Denn sie hatten ihr Gewerbe zunächst gemeinsam als Mitunternehmer in der Rechtsform einer KG betrieben. Sie haben diese im Jahr 1979 in eine GmbH umgewandelt und ein Grundstück gekauft, um darauf zum Zwecke der Verpachtung an die GmbH eine Werkstatt mit Büro zu errichten. Voraussetzung für den erstrebten wirtschaftlichen Erfolg im Rahmen dieser Konstruktion war das gemeinsame Handeln der Eheleute mit einer gemeinsamen Zielrichtung in beiden Unternehmen. Solange das Pachtverhältnis fortbesteht, ist von einem gleichgerichteten Handeln und damit von einem einheitlichen Betätigungswillen der Eheleute auszugehen.
4. a) Dem Erlass des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheides für 1989 und der Qualifizierung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb steht auch nicht entgegen, dass das Schleswig-Holsteinische FG betreffend die Feststellung von Einkünften für 1979 und 1980 rechtskräftig entschieden hat, dass die Klägerin keine gewerblichen Einkünfte, sondern solche aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Denn nach § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO binden rechtskräftige Urteile nur, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Streitgegenstand war aber nur die Feststellung der Einkünfte für 1979 und 1980.
b) Das FA war auch nicht nach Treu und Glauben an der Feststellung gewerblicher Einkünfte für das Streitjahr 1989 gehindert. Die Klägerin kann keinen Vertrauensschutz daraus ableiten, dass das FA im Anschluss an das Urteil des FG bei der Einkommensteuerveranlagung der Eheleute jahrelang Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angenommen hat. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass das FA nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung (vgl. § 25 Abs. 1 EStG) in jedem Veranlagungszeitraum die Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen hat. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben. Das gilt selbst dann, wenn die frühere Auffassung in einem Betriebsprüfungsbericht niedergelegt oder über eine längere Zeitspanne vertreten worden ist. Eine Bindung an die bisherige Rechtsauffassung tritt auch nicht allein dadurch ein, dass der Steuerpflichtige auf deren Fortbestand vertraut und in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 21. Oktober 1992 X R 99/88, BFHE 170, 41, BStBl II 1993, 289, unter Nr. 5 der Gründe, m.w.N.; vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578, unter 2. b der Gründe).
Zwar kann sich eine Bindung des FA nach Treu und Glauben dadurch ergeben, dass das FA eine Zusage gegeben oder in anderer Weise einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BFH-Urteile vom 19. November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520, unter 4. der Gründe; in BFHE 170, 41, BStBl II 1993, 289). Derartige Verhaltensweisen oder Äußerungen des FA, die einen Vertrauenstatbestand hätten hervorrufen können, sind im Streitfall aber nicht ersichtlich.
III. Die Revision ist unzulässig, soweit die Klägerin im Revisionsverfahren ihren Hilfsantrag weiter verfolgt. Die Zulässigkeit der Revision richtet sich im Streitfall gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) nach § 120 FGO in seiner bis zum 1. Januar 2001 gültigen Fassung (FGO a.F.).
Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO a.F. muss in der Revision oder der Revisionsbegründung die Rechtsnorm bezeichnet werden, die nach Ansicht des Revisionsklägers durch das angefochtene Urteil verletzt worden ist. Darüber hinaus erfordert es der Zweck der Begründungspflicht, das Revisionsgericht zu entlasten und Inhalt, Umfang und Ziel des Revisionsangriffs von vornherein klarzustellen, dass der Revisionskläger neben der verletzten Rechtsnorm die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angibt, die nach seiner Ansicht das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Die Revisionsbegründung muss aus sich heraus erkennen lassen, dass der Revisionskläger anhand der Gründe des erstinstanzlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat (BFH-Urteile vom 28. April 1987 IX R 7/83, BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814, m.w.N.; vom 20. April 1999 VIII R 81/94, BFH/NV 1999, 1457).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall hinsichtlich des Hilfsantrags, der einen eigenständigen Streitgegenstand betrifft, nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin in der Revisionsbegründungschrift zusammenfassend die Begründung wiedergegeben, mit der das FG ihren Hilfsantrag abgewiesen hat. Sie hat sich jedoch inhaltlich mit diesem Teil des finanzgerichtlichen Urteils mit keinem Wort auseinandergesetzt. Sie hat weder die ihrer Meinung nach verletzte Norm bezeichnet noch sonst zu erkennen gegeben, weshalb das finanzgerichtliche Urteil insoweit ihrer Meinung nach rechtsfehlerhaft sein soll.
Im Übrigen könnte die Revision insoweit im Ergebnis selbst dann keinen Erfolg haben, wenn sie zulässig wäre. Denn die Entscheidung des FG, dass die verpachteten Wirtschaftsgüter in der Anfangsbilanz zum 1. Januar 1989 mit denjenigen Werten anzusetzen sind, die sich bei ordnungsgemäßer Fortführung einer gedachten Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1981 ergeben hätten, entspricht den Grundsätzen, die der BFH in dem Urteil in BFH/NV 1998, 578 aufgestellt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 662238 |
BFH/NV 2002, 185 |
DStRE 2002, 345 |
HFR 2002, 199 |