Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerungsrecht für Lizenzeinnahmen, die im Inland unbeschränkt Steuerpflichtige von einer nach schweizerischem Recht errichteten Personengesellschaft mit Sitz in der Schweiz erhalten, an der sie beteiligt sind: Unternehmenstätigkeit i.S. von Art. 7 DBA CHE, Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zu einer Betriebsstätte im abkommensrechtlichen Sinne, Begriff des Handels i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA CHE
Normenkette
DBA CHE Art. 7 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1, 3, Art. 12 Abs. 1, 3, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; AStG § 8; HGB § 1 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine von zwei Gesellschaftern der im Jahre 1970 nach schweizerischem Recht mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz gegründeten Beigeladenen zu 2., einer mit einer KG deutschen Rechts vergleichbaren Personengesellschaft. Im Streitjahr 1977 war die unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin die persönlich haftende Gesellschafterin; Kommanditär war der ―zwischenzeitlich verstorbene― unbeschränkt steuerpflichtige X, dessen Nachlasspflegerin die Beigeladene zu 1. ist. Gegenstand der Beigeladenen zu 2. war das Herstellen, das Verlegen und der Vertrieb von Druckwerken aller Art sowie der Erwerb und der Vertrieb von Verlags- und Autorenrechten.
Neben der Beigeladenen zu 2. bestand in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) die nach hiesigem Recht errichtete D-GmbH & Co. Die Beigeladene zu 2. und die D-GmbH & Co. hatten schon im Jahre 1970 eine Produktions- und Vertriebsvereinbarung abgeschlossen. Danach übernahm die D-GmbH & Co. für die Beigeladene zu 2. die Bücherproduktion und den Büchervertrieb. Ihr wurden die Übersetzungs-, Vervielfältigungs- und Vertreibungsrechte übertragen. Ihr standen auch die Verkaufserlöse zu. Die Beigeladene zu 2. erhielt als Vergütung 115 v.H. des jeweiligen Autorenhonorars.
Außerdem übernahm die Beigeladene zu 2. die Vermittlung von Nebenrechten aus den bei der D-GmbH & Co. liegenden Verlagsrechten auf dem schweizerischen Markt. Dafür erhielt sie eine Provision. Für Bucheinkäufe zur Belieferung des schweizerischen Buchgroßhandels gewährte die D-GmbH & Co. der Beigeladenen zu 2. einen Rabatt auf den Einkaufspreis. Ähnliches galt für Bucheinkäufe der Beigeladenen zu 2. bei der D-GmbH & Co. zwecks Belieferung von Buchgemeinschaften.
Die Beigeladene zu 2. erzielte im Streitjahr Gesamteinnahmen in Höhe von 4 410 604 sfr, und zwar
1. Einnahmen aus Buchverkäufen in Höhe von 3 081 690 sfr,
2. Einnahmen aus Lizenzen in Höhe von 1 114 967 sfr, im Einzelnen:
a) aus direkt vergebenen Lizenzrechten in Höhe von 253 145 sfr,
b) aus vermittelten Lizenzen in Höhe von 636 904 sfr,
c) aus Produktionslizenzen in Höhe von 224 917 sfr,
3. Einnahmen aus Provisionen in Höhe von 7 020 sfr,
4. Zinseinnahmen in Höhe von 44 575 sfr,
5. Boni und Skonti in Höhe von 162 352 sfr.
Die Lizenzeinnahmen resultierten überwiegend aus Buchlizenzen und in Höhe von 3 410,71 sfr aus der sonstigen Verwertung übertragener Autorenrechte (Rundfunk, Fernsehen). Bei den direkt vergebenen Lizenzrechten vergab die Beigeladene zu 2. von ihr erworbene Verlagsrechte ohne Mithilfe Dritter an diverse Lizenznehmer in und außerhalb der Schweiz. Bei den vermittelten Lizenzen handelte es sich um Autorenrechte, die sie erwarb und in der Bundesrepublik unter Zuhilfenahme der D-GmbH & Co. verwertete. Die Lizenzgebühren wurden von dieser ―soweit sie nicht selbst Lizenznehmerin war― eingezogen. Dafür erhielt sie eine Provision von 10 v.H.; die restlichen 90 v.H. der vereinnahmten Lizenzen wurden an die Beigeladene zu 2. weitergeleitet. Bei den Produktionslizenzen verkaufte diese von bestehenden eigenen Autorenrechten lediglich die Buch- und Taschenbuchrechte an die D-GmbH & Co. Durch die Beigeladene zu 2. erfolgte insoweit keine eigene Verwertung (weitere Rechte wie Verfilmung, Funk- und Fernsehaufführungen verblieben bei ihr), sondern sie übertrug insoweit die Verwertung auf die D-GmbH & Co. aufgrund der Produktions- und Vertriebsvereinbarung aus dem Jahre 1970. Bei den Provisionen handelte es sich um Einnahmen, die die Beigeladene zu 2. von der D-GmbH & Co. für die Vermittlung von deren in der Schweiz ansässige Lizenznehmer aufgrund einer Vereinbarung vom Dezember 1970 erhalten hat. Die Zinsen wurden aus Finanztiteln erzielt.
Diese Zinseinnahmen und die Einnahmen aus den Buchverkäufen stammten sämtlich aus der Schweiz, die Lizenzeinnahmen zu 4,78 v.H. aus der Schweiz, zu 72,09 v.H. aus der Bundesrepublik und zu 23,13 v.H. aus Drittstaaten. Die Provisionseinnahmen waren solche aus der Bundesrepublik.
Der Gewinn der Beigeladenen zu 2. belief sich auf 731 299 sfr. Zu Lasten dieses Gewinns wurden u.a. an die beiden Gesellschafter gezahlte Zinsen in Höhe von insgesamt 136 560 sfr sowie an X gezahlte Vergütungen für seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. in Höhe von 400 000 sfr verbucht.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) rechnete die Einnahmen aus der Vergabe von Lizenzrechten und die Zinseinnahmen (ohne die Vermittlungsprovisionen) ―unter Berücksichtigung der anteiligen Betriebsausgaben― den Einkünften i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 1. August 1971 ―DBA-Schweiz― (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) zu. Es ermittelte die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte mit 559 362 DM und die darauf entfallenden und im Inland anzurechnenden Schweizer Steuern mit 223 745 DM (= 40 v.H.). Auf die Klägerin entfielen von den Einkünften 257 273 DM und von den anrechenbaren Schweizer Steuern 102 909 DM, auf X von den Einkünften 302 089 DM und von den anrechenbaren Schweizer Steuern 120 836 DM. Die nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a erster Halbsatz DBA‐Schweiz im Inland steuerfreien Einkünfte aus Handelstätigkeit der Beigeladenen zu 2. stellte das FA mit 591 881 DM fest. Davon entfielen 98 330 DM auf die Klägerin und 493 551 DM auf X.
Mit ihrer gegen den daraufhin ergangenen Feststellungsbescheid 1977 erhobenen Klage begehrte die Klägerin, die Lizenz- sowie die Zinseinnahmen von der deutschen Besteuerung freizustellen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 646 wiedergegebenen Gründen statt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob dieses Urteil auf Revision des FA auf und verwies die Sache an das FG wegen fehlender Sachverhaltsaufklärung zurück (Senatsurteil vom 30. August 1995 I R 112/94, BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563).
Während des erneuten finanzgerichtlichen Verfahrens hat das FA einen geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr erlassen, in dem der Gewinn der Beigeladenen zu 2. in Höhe von 634 610 DM nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA‐Schweiz von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen und der steuerfreie Gewinn im Verhältnis 117 974 DM zu 516 636 DM auf die Klägerin und X aufgeteilt wird; die in der Bundesrepublik steuerpflichtigen Einkünfte wurden mit 516 633 DM festgestellt, wovon 279 004 DM auf die Klägerin und 237 629 DM auf X entfallen. Dieser Bescheid ist von der Klägerin fristgerecht gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht geworden.
Die Klage war überwiegend erfolgreich, sie wurde lediglich im Hinblick auf die Zinseinnahmen als unbegründet abgewiesen. - Das Urteil des FG ist in EFG 2000, 107 abgedruckt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält ―ohne jedoch selbst Revision eingelegt zu haben― ihren bisherigen Klageantrag in der Sache aufrecht, nämlich,
"den Feststellungsbescheid vom 2. November 1998 lautend auf einen Gesamtgewinn von insgesamt 1 151 243 DM aufzuheben und den darin der deutschen Besteuerung unterworfenen Gewinn von 516 633 DM - Anteil X 279 004 DM, Anteil Klägerin 237 629 DM - ebenso wie den Gewinn von 634 610 DM als Gewinn nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1a DBA-S zu qualifizieren und damit von der Steuerpflicht in Deutschland freizustellen, weil der Gewinn der ausschließlichen schweizerischen Besteuerung unterliegt".
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a erster Halbsatz DBA-Schweiz (in der im Streitjahr 1977 geltenden Fassung) werden bei einer in der Bundesrepublik ansässigen Person von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer Gewinne i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz aus eigener Tätigkeit einer Betriebsstätte ausgenommen, soweit sie nachweislich durch Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Gegenständen, Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen, Bank- und Versicherungsgeschäften, Handel oder Erbringung von Dienstleistungen unter Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielt werden. Aus der Regelung folgt, dass nur für Gewinne i.S. von Art. 7 DBA-Schweiz und nicht für Einkünfte im Sinne eines anderen Artikels des DBA-Schweiz zu prüfen ist, ob sie aus einer der einzeln aufgezählten Tätigkeiten erzielt wurden. Außerdem kann nicht jegliche Unternehmenstätigkeit i.S. von Art. 7 DBA-Schweiz unter den Ausdruck "Handel" subsumiert werden. Vor allem ist zu beachten, dass der Ausdruck als ein abkommensrechtlicher verwendet wird, weshalb er vorrangig aus dem Zusammenhang heraus auszulegen ist, in den er gestellt ist.
Ob es sich bei Zinsen und Lizenzgebühren, wie sie im Streitfall geleistet worden sind, um Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz handelt, richtet sich nach Art. 11 und Art. 12 DBA-Schweiz. Danach stellen Zinsen und Lizenzgebühren selbständige Einkunftsarten dar (Art. 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 DBA-Schweiz), die als solche den Unternehmensgewinnen i.S. von Art. 7 DBA-Schweiz grundsätzlich vorgehen (vgl. Art. 7 Abs. 8 DBA-Schweiz). Eine Ausnahme hiervon besteht nur für den Fall, dass die Forderungen oder das Recht oder der Vermögenswert, für die die Zinsen oder die Lizenzgebühren gezahlt werden, tatsächlich zu der (hier: schweizerischen) Betriebsstätte gehören. Entsprechendes gilt, wenn die Zinsen oder Lizenzgebühren nicht aus der Schweiz, sondern aus einem dritten Staat stammen (Art. 21 DBA-Schweiz).
2. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Regelungen hat der Senat das Urteil des FG im 1. Rechtsgang aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen, damit der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden konnte. Der Vorinstanz war aufgegeben worden festzustellen, aus welchem Staat die Darlehenszinsen, Lizenzvergütungen und Vermittlungsprovisionen stammen und in welchem Zusammenhang die ihnen zugrunde liegenden Vermögenswerte mit der unternehmerischen Tätigkeit der schweizerischen Betriebsstätte und der dort ausgeübten unternehmerischen ausgeübten Tätigkeit i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz stehen.
3. Das FG hat dem Rechnung getragen und die im Tatbestand wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen dazu nachgeholt, wie sich insbesondere die Lizenzeinnahmen zusammensetzen und woher die einzelnen Einnahmen stammen. Es ist sodann zu der Erkenntnis gelangt, dass die aus den Verlagsrechten fließenden Lizenzeinkünfte der Regelung des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a erster Halbsatz DBA-Schweiz unterlägen, "sei es, daß diese unmittelbar unter den Ausdruck 'Handel' zu subsumieren sind, sei es daß sie über den Betriebsstättenvorbehalt gemäß Art. 12 Abs. 3 DBA-Schweiz Unternehmensgewinne i. S. des Art. 7 DBA-Schweiz darstellen".
Das FG hat damit die systematischen abkommensrechtlichen Zusammenhänge insoweit verkannt, als es die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz einerseits und des Art. 12 Abs. 3 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz nicht miteinander verknüpft, vielmehr alternativ nebeneinander stellt. Die tatrichterlichen Feststellungen und Schlussfolgerungen ermöglichen gleichwohl eine abschließende Entscheidung durch den Senat; die für die Gewährung der Freistellung gemäß Art. 24 DBA-Schweiz erforderliche tatsächliche Zugehörigkeit der in Rede stehenden Lizenzeinnahmen zu der gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz qualifizierten unternehmerischen Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. in der Schweiz ist vom FG im Ergebnis zu Recht bejaht worden.
a) Unter welchen Umständen ein Vermögenswert tatsächlich zu einer Betriebsstätte im abkommensrechtlichen Sinne gehört, hat der Senat im 1. Rechtsgang ―unter II. 5. des Urteils in BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563, m.w.N.― eingehend dargelegt. Ausschlaggebend ist danach eine funktionale Betrachtungsweise unter Beachtung der zu § 8 des Außensteuergesetzes (AStG) entwickelten Grundsätze (s. auch Senatsurteile vom 23. Oktober 1996 I R 10/96, BFHE 182, 51, BStBl II 1997, 313; vom 21. Juli 1999 I R 110/98, BFHE 190, 118, BStBl II 1999, 812). Lizenzgebühren sind nur dann Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz, wenn es sich um Nebenerträge handelt, die nach der Verkehrsauffassung zu der Tätigkeit gehören, bei der das Schwergewicht der in der Betriebsstätte ausgeübten Unternehmenstätigkeit liegt.
Die Vorinstanz ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat das "Leitbild eines Verlages nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zugrunde" gelegt. Die "klassischen Grundfunktionen des Verlegers" seien die Auswahl des zu verlegenden Werkes sowie die wirtschaftliche Ausnutzung der vom Rechtsinhaber übertragenen Rechte, auch der Handel mit Verwertungsrechten. Diesem Tätigkeitsprofil hat das FG die einzelnen lizenzauslösenden Verwertungsaktivitäten der Beigeladenen zu 2. (direkt vergebene Lizenzen, vermittelte Lizenzen, Produktionslizenzen) gegenübergestellt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verwertungstätigkeiten deren Unternehmen ―sei es als Haupttätigkeit, sei es als Nebentätigkeit― tatsächlich zuzuordnen seien. Es handele sich hierbei um qualifizierte Tätigkeiten i.S. von Art. 24 Abs. 1 DBA-Schweiz, ggf. als Dienstleistung, in erster Linie aber als "Handel". Unter diesem Begriff sei, wie eine schriftliche Anhörung von Personen, die seinerzeit bei den Verhandlungen vor Abschluss des DBA-Schweiz auf Seiten der deutschen Verhandlungsdelegation beteiligt gewesen waren, erbracht habe, der "geschäftsmäßige Austausch von Gütern im Rahmen einer Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr" und damit eine aktive Tätigkeit am Wirtschaftsverkehr verstanden worden. Zwar lasse sich die vielfältige und inhomogene Tätigkeit eines Verlages darunter nur schwer einordnen; die Besonderheiten eines Verlages habe man nicht bedacht. In ihrer Gesamtheit lasse sich die Verlagstätigkeit gleichwohl als Handel, verbunden mit Dienstleistungselementen, verstehen. Gestützt werde dieses Verständnis nicht zuletzt dadurch, dass es sich bei der Beigeladenen zu 2. um einen Verlagsbuchhandel handele.
b) Diese vom FG vorgenommene Gesetzessubsumtion ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Das betrifft zunächst die Einordnung unter den Begriff des Handels i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz. Zwar kann dieser Begriff, wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563 zum Ausdruck gebracht hat, nicht unter unmittelbarer Anwendung des § 1 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches und des dort umschriebenen, erheblich weitergehenden Begriffs des Handelsgewerbes beurteilt werden; der Begriff des Handels ist vielmehr in seinem abkommensrechtlichen Kontext eigenständig auszulegen. Das hat das FG jedoch ―ohne Verstoß gegen die Bindung gemäß § 126 Abs. 5 FGO― berücksichtigt. Es hat den Handel im vorgenannten Sinne als den Austausch von Wirtschaftsgütern verstanden und dabei ―dem Sinn der Merkmale in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz entsprechend, aktive von passiven Tätigkeiten abzugrenzen (vgl. Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, 6. Aufl., § 8 AStG Anm. 42 ff., 44)― nicht nur der Verkauf, vielmehr auch der Erwerb und Weiterverkauf, und nicht nur der Austausch von Sachen, sondern auch der Austausch von Rechten einbezogen (Wassermeyer, a.a.O.). Dass ein Verlag oder ein Verlagsbuchhandel neben einer Handelstätigkeit im engeren Sinne auch weiteren, dienstleistenden Aktivitäten nachgeht, muss dem nicht entgegenstehen. Das FG dehnt den Begriff des Handels dadurch nicht im Sinne eines allgemeinen Handelsgewerbes aus und ordnet dem Handel nicht in unzulässiger Weise Dienstleistungstätigkeiten als wirtschaftlich untergeordnete Nebentätigkeiten funktional zu, sondern sieht bei einem Verlag nur zusätzlich die Merkmale der "Erbringung von Dienstleistungen" i.S. von Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz als eigenständige Tätigkeit als erfüllt an (vgl. ähnlich für Dienstleistungen eines Verlages Menck in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 8 AStG Rz. 64, unter der dritten der von ihm aufgestellten Dienstleistungsuntergruppen; dem folgend Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, a.a.O., § 8 AStG Rz. 60; Wingert/Strohner in Flick/ Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz, Art. 24 Rz. 96; Scherer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbsteuerungsabkommen, Art. 24 DBA-Schweiz Rz. 84). Das FA sieht darin zu Unrecht einen Denkfehler. Der Abkommenswortlaut in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz lässt nicht erkennen, dass hiernach ―so das FA― "ganz offenkundig ausschließlich Vorgänge der Absatzseite eines Unternehmens" betroffen wären, wohingegen die Dienstleistungen eines Verlages gegenüber dem jeweiligen Autoren und damit lediglich auf der "Beschaffungsseite" erbracht würden. Darauf kommt es nicht an; ausschlaggebend ist allein, dass es sich auch bei den erbrachten Dienstleistungen um ein aktives Tun unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr handelt.
bb) Das FA rügt gleichermaßen zu Unrecht, das FG sei nur scheinbar von den Grundsätzen des Senatsurteils in BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563 ausgegangen, habe den Begriff der tatsächlichen Betriebsstättenzugehörigkeit "verbogen" und dadurch § 126 Abs. 5 FGO verletzt.
Zwar hat das FG seiner Sachverhaltswürdigung das "Leitbild eines Verlages nach der allgemeinen Verkehrsauffassung" zugrunde gelegt. Darin liegt jedoch keine unzulässige Sachverhaltsfiktion. Das FG ist lediglich von einem typisierten Ausgangssachverhalt ausgegangen, um anhand dessen die funktionalen Zusammenhänge der in den Autorenverträgen vereinbarten Lizenz- und Verwertungsrechte zu prüfen. Auch dies ist jedoch nicht zu beanstanden. Wie der Senat im Urteil in BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563 vorgegeben hat, ist für die Frage nach dem Vorliegen eines funktionalen Zusammenhangs auf jene Tätigkeit abzustellen, der nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Schwergewicht innerhalb der Betriebsstätte zukommt und der die Zinsen und die Lizenzgebühren nach der Verkehrsauffassung als Nebenerträge zuzuordnen sind. Die allgemeine Verkehrsauffassung als "Durchschnittsmeinung verständiger Menschen bei Beurteilung von Angelegenheiten der fraglichen Art" (so Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 4 AO Tz. 103, m.w.N.) lässt sich ―ggf. durch Beweisaufnahme― ermitteln; ihr liegt aber in jedem Fall immer eine gewisse vorgegebene Sachverhaltstypisierung und -verallgemeinerung zugrunde, an der das tatsächliche Verhalten im jeweiligen Einzelfall zu messen ist (vgl. allgemein Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 88 AO Rz. 16).
Genau in dieser Weise ist das FG im Streitfall vorgegangen. Die Einzelfallwürdigung lässt keine Verstöße gegen die Denkgesetze und Erfahrenswerte erkennen. Gegen sie sind auch keine begründeten Verfahrensrügen vorgebracht worden. Das betrifft auch den Vorwurf, das FG habe das Gebot zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO), zur Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) und das rechtliche Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt, indem es die tatsächliche Zugehörigkeit der mit den Verlagsverträgen verbundenen Rechte zu der Schweizer Betriebsstätte indiziell in der Weigerung verschiedener Autoren bestätigt sieht, Verträge mit einem in der Bundesrepublik ansässigen Verlag abzuschließen. Ausweislich der Urteilsgründe ist dieser Aspekt vom FG lediglich flankierend im Rahmen der Würdigung der Gesamtumstände herangezogen worden; dass es ―unter Verstoß gegen die genannten Verfahrensgebote― den "Eindruck zu erwecken versucht, als ergebe sich die tatsächliche Zugehörigkeit der den Lizenzvergütungen zugrunde liegenden Rechte zur Schweizer Betriebsstätte der Beigeladenen zu 2. als natürliche Folge aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte", ist nicht zu erkennen. - Die Sachverhaltswürdigung des FG ist mithin für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Dass u.U. eine andere Würdigung, ggf. auch eine solche, wie sie vom FA vorgenommen worden ist, möglich gewesen wäre, ändert daran nichts.
4. Die im Klageverfahren weiterhin in Streit befindlichen Darlehenszinsen hat das FG abkommensrechtlich ―anders als die Lizenzeinnahmen― als Anrechnungs- und nicht als Freistellungseinkünfte beurteilt. Die Klägerin beharrt zwar nach wie vor auf ihrer bisherigen, entgegenstehenden Auffassung. Sie hat indes keine Revision, auch keine Anschlussrevision, erhoben, so dass dieser Streitpunkt nicht mehr zu würdigen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 613906 |
DStRE 2001, 600 |