Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Steuerpflichtiger eine Rücklage für Preissteigerung (ß 74 EStDV 1955) gebildet, so ist bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens ein Abzug für die sich bei der Auflösung der Rücklage ergebende Steuerbelastung durch Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Notopfer Berlin und Gewerbesteuer nicht zulässig.

 

Normenkette

BewG §§ 62, 103; EStDV § 74

 

Tatbestand

Die GmbH hat in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1955 eine Rücklage für Preissteigerungen gebildet. Bei der Feststellung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1956 ließ das Finanzamt den Abzug der Rücklage vom Vermögen nicht zu. Die Steuerpflichtige begehrte im Rechtsmittelverfahren den Abzug der sich bei der Auflösung der Preisdifferenzrücklage ergebenden Steuerbelastung durch Körperschaftsteuer, Notopfer Berlin und Gewerbesteuer. Sie trug vor, die Preisdifferenzrücklage sei bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise als eine Stundung bereits entstandener Steuern zu betrachten. Es handele sich um eine Billigkeitsmaßnahme, die so aufzufassen sei, daß die Rücklage mit der später zu entrichtenden Steuer belastet sei. Auch in der Deutschen Steuerzeitung 1955 S. 235 sei darauf hingewiesen, daß § 53 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) der Abzugsfähigkeit der Preisdifferenzrücklage in Höhe der auf ihr lastenden Steuerbeträge nicht entgegenstehe. Die auf der Preisdifferenzrücklage ruhenden Steuern könnten zuverlässig ermittelt werden, so daß der Gesichtspunkt, den der Bundesfinanzhof in dem Urteil III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955, BStBl 1955 III S. 278, Slg. Bd. 61 S. 207, hervorgehoben habe, nicht zum Zuge komme.

Die Vorinstanzen haben die Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht führt aus, das Problem der Bewertung der Preisdifferenzrücklage sei im Kern die Frage, ob Wirtschaftsgüter, die in der Steuerbilanz mit stillen Reserven zu Buch ständen, bei der Bewertung im Hinblick auf die zukünftige Belastung mit Einkommensteuern usw. niedriger bewertet werden dürften. Der Abschlag sei unzulässig, weil er kaum durchführbar sei, und die Vorschrift des § 53 a BewDV die Berücksichtigung zukünftiger Steuerlasten nicht gestatte. überdies sei nicht voraussehbar, welche steuerlichen Auswirkungen bei der Auflösung der Rücklagen einträten. Es sei z. B. denkbar, daß ein Steuerpflichtiger in den zukünftigen Jahren keine Gewinne erziele.

In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird zu dem bisherigen Vorbringen darauf hingewiesen, daß für die Bewertung der allgemeine Bewertungsgrundsatz des § 10 des Bewertungsgesetzes (BewG) gelte. Kein Käufer des Gesamtbetriebes würde die Preisdifferenzrücklage zum Nennwert übernehmen, sie vielmehr um die zu übersehende Steuerlast kürzen. Es handele sich bei der Steuerlast um eine auflösend bedingte Last, die wie eine unbedingte abgezogen werden müsse. Auch nach Verlustjahren würden dem Finanzamt Steuerbeträge nicht entgehen, da durch die Auflösung der Rücklage ein etwaiger Verlust beseitigt würde.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Die hier in Rede stehenden Warenvorräte sind mit dem Teilwert anzusetzen und nach dem Akteninhalt auch so bewertet. Es besteht auch kein Streit darüber, daß die Rücklage nicht abzugsfähig ist. Diese hat den Zweck, im Falle von Preissteigerungen eintretende Gewinne einkommensteuerlich nicht in Erscheinung treten zu lassen (Problem der Besteuerung von Scheingewinnen). Wenn die Beschwerdeführerin (Bfin.) meint, die bei der Auflösung der Rücklage wahrscheinlich anfallende Körperschaftsteuer usw. müsse bei der Feststellung des Einheitswertes als Schuld abgezogen werden, so kann der Senat dem nicht folgen. Von dem Rohvermögen können nach § 62 BewG Betriebsschulden abgezogen werden, die am Feststellungszeitpunkt bestehen. Für Steuerschulden sind darüber hinaus durch § 53 a BewDV Sonderbestimmungen getroffen. Daß der § 53 a BewDV gültiges Recht ist, hat der Senat mehrfach zum Ausdruck gebracht (vgl. Urteil III 166/56 U vom 7. März 1958, BStBl 1958 III S. 220, Slg. Bd. 66 S. 568).

Das Finanzgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Zulassung der Preisdifferenzrücklage keine Stundung der Steuer darstellt, wie die Bfin. meint. Die Rücklage bedeutet eine Gewinnminderung, deren Zweck und Wirkung darauf gerichtet ist, die Steuer nicht zur Entstehung kommen zu lassen. Da die Körperschaftsteuer, Einkommensteuer, Notopfer Berlin, Gewerbesteuer nicht entsteht, kann auch keine abzugsfähige Schuld vorhanden sein. Schon unter dem Gesichtspunkt des § 62 BewG ist der Abzug erst in der Zukunft entstehender Schulden nicht zulässig. Darüber hinaus hindert § 53 a BewDV den Abzug, weil die Körperschaftsteuer (Notopfer, Gewerbesteuer) nicht für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum erhoben wird.

Da die Rücklage keine Schuld ist und nur die Aufgabe der Gewinnregulierung hat, ist sie auch nicht zu bewerten. Der Hinweis auf die überlegungen eines Käufers des Betriebes geht fehl. Würde die Bfin. dem Käufer die Warenvorräte zu einem um die Rücklage geringeren Preis überlassen, käme insoweit kein steuerpflichtiger Gewinn und auch keine Körperschaftsteuer zustande. Müßte aber der Käufer den vollen Preis bezahlen, so hätte der Verkäufer den Gewinn zu versteuern. Die anfallende Steuer gäbe dem Käufer keine Veranlassung, den Kaufpreis zu mindern.

Die von der Bfin. zum Vergleich herangezogene Behandlung noch nicht gezahlter Umsatzsteuern bei Außenständen ist eine Frage der Bewertung von Forderungen. Während hier der Umsatz bereits vollzogen ist, wird durch die Rücklage die Entstehung des Gewinnes, der zu einer Körperschaftsteuer führen könnte, verhindert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409372

BStBl III 1959, 288

BFHE 1960, 70

BFHE 69, 70

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