Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwendung zur Ausbildung des Beschenkten
Leitsatz (amtlich)
Die Umschreibung eines Sparkassenbuchs auf ein Kind führt zu einer Schenkung unter Lebenden, bei der die Befreiungsvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG 1951 (§ 18 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG 1959) nicht anzuwenden ist, wenn die Verwendung zu Ausbildungszwecken im Zeitpunkt der Schenkung nicht möglich und künftig nicht sichergestellt ist. (Vgl. Urteil vom 26.10.1960 II 296/58 = 1. Rechtsgang)
Normenkette
ErbStG 1951 § 18 Abs. 1 Nr. 14; ErbStG 1959 § 18 Abs. 1 Nr. 15
Gründe
Die Sache ist im zweiten Rechtsgang. Der Senat hatte im ersten Rechtsgang das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und den Fall zu erneuter Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Grund für die Aufhebung war nicht ausreichende Begründung der Annahme, daß die vom Erblasser unterschriebene Vollmacht zur Umschreibung seines Sparguthabens auf die Beschwerdeführerin (Bfin.) in Verbindung mit der Erklärung über seine Verfügungsbefugnis die eventuell vorangegangene mündlich erklärte Schenkung des Guthabens beseitigt habe. Wenn das Finanzbericht im weiteren Verfahren nicht mehr Erwerb von Todes wegen, sondern Schenkung unter Lebenden annehmen sollte, müsse erneut die Anwendung des § 10 Abs. 1 Ziff. 14 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1951 geprüft werden. Im Streitfall sprächen gewisse Umstände dafür, daß Vorwegnahme der Erbfolge vorliege. In diesem Falle käme die Steuervergünstigung des § 18 Abs. 1 Ziff. 14 a.a.O. nicht in Betracht. Das Finanzgericht hat in dem nunmehr angefochtenen Urteil die Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederum als unbegründet zurückgewiesen. In den Urteilsgründen ist im wesentlichen ausgeführt, es könne angenommen werden, daß der Erblasser der Bfin. sein Sparguthaben mit Übergabe seines Sparbuches schenken wollte. Mit der Unterschrift unter die Vollmachtserteilung zur Umschreibung des Sparbuches auf die Bfin. habe er seine Absicht verwirklicht und sei danach zu Verfügungen über das Sparguthaben nicht mehr berechtigt gewesen. Da hiernach Schenkung vorliege, sei die Anwendung des § 18 Abs. 1 Ziff. 14 a.a.O. zu prüfen. Die Steuerbefreiung erfordere Zuwendung zur Ausbildung des Bedachten. Wenn die Verwendung für Ausbildungszwecke im Zeitpunkt der Schenkung noch nicht möglich, jedoch in Zukunft mit einer derartigen Verwendung zu rechnen sei, müsse die Verwendung der Zuwendung für diesen Zweck sichergestellt werden. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht gegeben. Die Bfin. sei zur Zeit der Schenkung noch nicht 13 Jahre alt gewesen. Sie habe noch für mindestens 1 1/2 Jahre der allgemeinen Schulpflicht unterlegen. Kosten für die vorgesehene Ausbildung als Sportlehrerin wären erst in einigen Jahren entstanden. Im übrigen fehle jede rechtliche Bindung für die Verwendung des Guthabens zu Ausbildungszwecken. Im Streitfalle habe der Erblasser bzw. Schenker die Bfin. am 8. März 1956 zur Alleinerbin seines Nachlasses und ihre Eltern zu Ersatzerben eingesetzt und der Mutter der Bfin. für diese das Sparbuch etwa sieben Monate später ausgehändigt. Hiernach handele es sich im Streitfall um die Vorwegnahme der Erbfolge. Eine solche sei nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nicht als Zuwendung zu Ausbildungszwecken anzusehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Bfin. Es werden Verstöße gegen den klaren Inhalt der Akten, wesentliche Verfahrensmängel und Rechtsirrtümer gerügt.
Die Rb. hat keinen Erfolg.
Wenn das Finanzgericht auf Grund seiner Würdigung des Sachverhalts zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die zweckentsprechende Verwendung des Guthabens nicht sichergestellt worden sei, liegt hierin kein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Es liegt auch kein Widerspruch darin, daß das Finanzgericht zwar die Aushändigung des Sparkassenbuches an die Mutter der Bfin. und die Erklärung des Schenkers, das Geld solle für die Ausbildung der Bfin. angelegt werden, für zutreffend gehalten … andererseits … jedoch die Sicherstellung der zweckentsprechenden Verwendung verneint hat. Die von der Bfin. gerügte Unterlassung der Vernehmung der Frau R. durch das Finanzgericht, von der im Rechtsmittelverfahren bereits zwei Erklärungen vorgelegt worden waren, stellt entgegen der Auffassung der Rb. keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Es spricht nichts dafür, daß das Finanzgericht, wenn es Frau R. vernommen hätte, zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts gekommen wäre. Das Finanzgericht hat nunmehr die Rechtsansicht vertreten, daß eine Schenkung unter Lebenden vorliege. Es verneint jedoch die Anwendung des § 18 Abs. 1 Ziff. 14 ErbStG, da im Streitfall Vorwegnahme der Erbfolge vorliege und überdies die Verwendung der Zuwendung für die Ausbildung rechtlich nicht sichergestellt gewesen sei. Im Zeitpunkt der Zuwendung habe auch kein genügender Anlaß zu Aufwendungen für die geplante Ausbildung der damals noch nicht 13 Jahre alten Bfin. vorgelegen. Bei Vorwegnahme des Erbganges entfällt die Steuerbegünstigung des § 18 Abs. 1 Ziff. 14 a.a.O. (§ 18 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG 1959). Auf die Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 79/22 vom 19. Dezember 1922, Mrozek-Kartei, Erbschaftsteuergesetz 1919, § 42 Abs. 1 Ziff. 2, Rechtsspruch 11; V e A 839/32 vom 11. November 1932, Mrozek-Kartei, Erbschaftsteuergesetz 1925, § 18 Nr. 14, Rechtsspruch 13, und III e A 1/34 vom 11. April 1935, Slg. Bd. 37 S. 343 = Mrozek-Kartei, Erbschaftsteuergesetz 1925, § 18 Nr. 14, Rechtsspruch 22, wird Bezug genommen. Das Finanzgericht hat die Umstände dargelegt, aus denen es auf die Vorwegverteilung des Nachlasses geschlossen hat. Diese Schlußfolgerung läßt weder einen Rechtsirrtum noch einen sonstigen Aufhebungsgrund erkennen. Da es sich hierbei um eine Frage der tatsächlichen Feststellung handelt, ist sie für den Senat bindend (§ 288, 296 der Reichsabgabenordnung, vgl. insoweit auch Urteil des Reichsfinanzhofs III e A 1/34 vom 11. April 1935). Im übrigen hatte der Senat auch bereits in seinem Urteil (I. Rechtsgang) vom 26. Oktober 1960 auf gewisse Umstände hingewiesen, die dafür sprächen, daß im Streitfalle Vorwegnahme des künftigen Erbganges vorliege. Es erübrigt sich hiernach, auf die weitere Frage einzugehen, ob im Zeitpunkt der Zuwendung des Guthabens ein Anlaß hierzu bestanden hat und ob die spätere zweckentsprechende Verwendung des Sparguthabens sichergestellt worden ist. Hiernach war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen