Leitsatz (amtlich)
1. Wird bei Begründung von Wohnungseigentum durch Teilungserklärung (§§ 2 und 8 WEG) eine Eigentumswohnung verkauft, bevor die Wohnungsgrundbücher angelegt worden sind, so steht die zunächst noch fehlende Wirksamkeit der Teilungserklärung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WEG) der Entstehung der Grunderwerbsteuerschuld nicht entgegen, sofern nicht die Entstehung des Wohnungseigentums zur aufschiebenden Bedingung des Kaufvertrages gemacht worden ist.
2. Auch die Verschaffung von Wohnungseigentum kann als flächenweise Aufteilung i. S. des § 7 Abs. 1 GrEStG anzusehen sein.
2. Für das Vorhandensein einer aus mehreren Grundstücken zusammengesetzten wirtschaftlichen Einheit, die durch einen aus mehreren Verträgen bestehenden Teilungsvorgang i. S. des § 7 Abs. 1 GrEStG flächenweise aufgeteilt wird, kommt es auf die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt an, in dem der Teilungsentschluß gefaßt wird.
Normenkette
GrEStG § 2 Abs. 3 S. 1, § 7 Abs. 1; WEG §§ 2, 8
Tatbestand
I.
Am 20. Februar 1973 schloß der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zwei notariell beurkundete Verträge, durch die er Alleineigentümer je einer Eigentumswohnung werden sollte. Seine Vertragspartner waren vier Personen, die zusammen mit ihm 1971 zu Miteigentum nach Bruchteilen (Anteil des Klägers 1/10) die beiden Baugrundstücke erworben hatten, auf denen inzwischen mit dem Bauvorhaben begonnen worden war. Als Bauherr trat eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auf, der außer dem Kläger und seinen Vertragspartnern noch weitere Personen angehörten.
Eine Teilungserklärung gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) war am 17. Oktober 1972 abgegeben worden. Ihr grundbuchmäßiger Vollzug erfolgte am 26. Februar 1973.
Nach dem Wortlaut der Verträge verkauften die Vertragspartner des Klägers diesem im Umfange ihrer Inhaberschaft (9/10) ihre Miteigentumsanteile, verbunden mit dem dazugehörigen Sondereigentum an den beiden Wohnungen, wobei sie sich verpflichteten, das Bauvorhaben zügig durchzuführen. Als Kaufpreis waren 114 000 DM bzw. 130 000 DM vereinbart.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte mit zwei Steuerbescheiden vom 12. Oktober 1973 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer fest. Die Bemessungsgrundlagen hatte das FA in der Weise ermittelt, daß es die vereinbarten Kaufpreise im Hinblick auf § 6 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) um jeweils 1/10 gekürzt hatte. In den Einspruchsentscheidungen vom 25. April 1974 machte das FA die Kürzung wieder rückgängig und erhöhte die Steuerfestsetzungen auf 7 980 DM bzw. 9 100 DM.
Die Klagen, mit denen der Kläger völlige Freistellung von der Grunderwerbsteuer erreichen will, wurden durch das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das FG führte aus, den Klagen habe unabhängig davon der Erfolg versagt werden müssen, ob man ausschließlich von einem Erwerb von Bruchteilseigentum ausgehe oder ob man statt dessen annehme, der Kläger habe zusätzlich, soweit er bereits Bruchteilseigentümer gewesen sei, die rechtliche bzw. wirtschaftliche Verwertungsbefugnis erlangt. Im Falle einer Würdigung des Sachverhalts als bloßen Erwerb von Miteigentumsanteilen entfalle die Steuerbarkeit nicht etwa im Hinblick darauf, daß beim Vertragsabschluß die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt gewesen seien. Unterstelle man dagegen die Ansicht des Klägers als richtig, daß vor Abschluß der beiden Verträge der Kläger und die übrigen Miteigentümer der GbR die rechtliche oder wirtschaftliche Möglichkeit eingeräumt hätten, die beiden Baugrundstücke auf eigene Rechnung zu verwerten, so könnten die beiden Verträge dahin ausgelegt werden, daß Vertragsgegenstand die Schaffung eines Anspruchs auf Übertragung des zivilrechtlichen Miteigentums gewesen sei und außerdem, soweit die Eigentumswohnungen dem Kläger bereits nach Bruchteilen gehört hätten, die Begründung der rechtlichen und wirtschaftlichen Macht für den Kläger, die Eigentumswohnungen auf eigene Rechnung zu verwerten. Unter diesen Umständen würde eine Freistellung von der Steuer gemäß § 7 GrEStG nur dann in Betracht kommen, wenn sämtliche Eigentumswohnungen eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 2 Abs. 3 GrEStG dargestellt hätten und wenn diese Einheit flächenmäßig aufgeteilt worden wäre, was jedoch nicht der Fall sei. Ein - teilweiser - Klageerfolg im Hinblick auf § 6 Abs. 2 GrEStG scheitere mindestens daran, daß durch das FA nicht Grunderwerbsteuer im Umfange des Anteils des Klägers am Vermögen der GbR erhoben worden sei.
Mit der Revision beantragt der Kläger, ihn unter Aufhebung des angefochtenen Urteils von der Grunderwerbsteuer freizustellen. Er macht geltend, das FG habe materielles Recht verletzt.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Sache wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Im Hinblick auf den Wortlaut der beiden Verträge vom 20. Februar 1973 ist die Auffassung des FG nicht zu beanstanden, Vertragsgegenstand sei der Erwerb von ideellen Anteilen an den beiden Eigentumswohnungen, so daß der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG hierdurch verwirklicht worden ist. Nach der zitierten Vorschrift unterliegen der Grunderwerbsteuer die sich auf inländische Grundstücke beziehenden Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung begründen. Mit Grundstücken in diesem Zusammenhang sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts gemeint (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Hierunter fällt auch das Wohnungseigentum, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 15. Dezember 1954 II 114/54 U, BFHE 60, 135, BStBl III 1955, 53). Nichts anderes gilt für ideelle Anteile am Wohnungseigentum (vgl. zu diesem Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 36. Aufl., Überbl. v. WEG § 1 Anm. 2 B d bb).
a) Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, beim Vertragsschluß seien die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt gewesen. Zwar entsteht das durch Teilung begründete Wohnungseigentum (§ 2 WEG) nicht vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG). Daraus folgt jedoch nicht, daß unter den gegebenen Verhältnissen Grunderwerbsteuer noch nicht hätte anfallen können. Auch über einen den Grundstükken gleichgestellten, erst künftig entstehenden Gegenstand kann ein gültiger, zur Übertragung verpflichtender und darum steuerbarer Vertrag geschlossen werden (vgl. Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 1 Rdnr. 56 und § 2 Rdnr. 79). Dementsprechend hat der erkennende Senat für den vergleichbaren Fall des Verkaufs eines noch nicht vermessenen Trenngrundstücks entschieden, daß auch unter solchen Umständen mit Vertragsabschluß Grunderwerbsteuer anfallen kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. August 1975 II R 40/73, BFHE 117, 99, 101, BStBl II 1976, 32). Etwas anderes ließe sich allenfalls dann annehmen, wenn die Entstehung des Wohnungseigentums zur aufschiebenden Bedingung der Verträge gemacht worden wäre, wofür es jedoch an zureichenden Anhaltspunkten fehlt.
b) Entsprechendes gilt für den Einwand des Klägers, daß zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Eigentumswohnungen möglicherweise noch nicht errichtet waren. Zwar kann vor der Herstellung des Gebäudes noch kein Wohnungseigentum entstehen (vgl. Palandt, a. a. O., § 8 WEG Anm. 3 und § 3 Anm. 2). Dies schließt jedoch nicht aus, daß schon vorher Kaufverträge mit der Verpflichtung zur Übertragung von Wohnungseigentum oder von ideellen Anteilen an diesem geschlossen werden, die mit ihrem Zustandekommen Grunderwerbsteuer auslösen.
2. Dem FG kann jedoch nicht darin gefolgt werden, daß bereits aufgrund der getroffenen Feststellungen sicher wäre, die Steuer dürfe nicht gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG unerhoben bleiben. Danach wird für den Fall, daß Miteigentümer ein ihnen gehörendes Grundstück flächenweise teilen, die Steuer insoweit nicht erhoben, als der Wert des Teilgrundstückes, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist. Eine flächenweise Teilung in diesem Sinne kann auch dann gegeben sein, wenn das Miteigentum an einem Grundstück in der Weise beschränkt wird, daß jedem Miteigentümer Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz eingeräumt wird, das gleichermaßen real wie Flächeneigentum ist (vgl. Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, a. a. O., § 7 Rdnr. 1 b). Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Miteigentümer nach § 3 WEG vorgehen oder ob sie zunächst eine Teilung gemäß § 8 WEG durchführen, welche die Verteilung der Sondereigentumseinheiten nur vorbereitet (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1978 II R 92/76, BFHE 127, 67, BStBl II 1979, 343). Ferner braucht nicht schädlich zu sein, daß die Verträge vom 20. Februar 1973 nicht selbst Teilungsverträge sind, sofern sie sich als Bestandteile eines umfassenderen Teilungsvorganges ansehen lassen, was vom FG nicht untersucht worden ist. Bei der Schaffung des § 7 Abs. 1 GrEStG mag zwar in erster Linie daran gedacht worden sein, daß die Teilung im grunderwerbsteuerlichen Sinne durch einen einzigen Akt, den Abschluß eines schuldrechtlichen Teilungsvertrages (vgl. Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, a. a. O., § 7 Rdnr. 1 c), zustande kommt. Dies schließt jedoch nicht aus, die Vorschrift auch in solchen Fällen anzuwenden, in denen die Teilung durch mehrere aufeinanderfolgende Verträge geschieht (vgl. Urteil des FG Düsseldorf vom 29. Juni 1965 III 18/63 Verk, Entscheidungen der Finanzgerichte 1965 S. 549 - EFG 1965, 549 -), wenn dem Teilungsvorgang insgesamt ein einheitlicher Entschluß zugrunde liegt (vgl. BFHE 127, 67, BStBl II 1979, 343) und wenn in zeitlicher und sachlicher Hinsicht ein Zusammenhang besteht. Schließlich könnte es ohne Bedeutung sein, daß möglicherweise nicht jeder Miteigentümer Wohnungseigentum erlangt hat. Die Vergünstigung kann auch dann eingreifen, wenn jeder der am Miteigentum beteiligten Personen ein Anspruch auf einen entsprechenden Teil des Grundstücks eingeräumt wird und anschließend eine oder einige den ihnen zugesprochenen Grundstücksteil in Natur erhalten, die anderen aber im Zuge der Teilung den Grundstücksteil durch die Miteigentümergemeinschaft - im Innenverhältnis zu ihren Gunsten - veräußern lassen. Voraussetzung ist, daß ein einheitlicher Entschluß zur entsprechenden Teilung des gesamten Grundstücks vorliegt (vgl. BFHE 127, 67, BStBl II 1979, 343).
Im vorliegenden Fall kann es weiter darauf ankommen, ob der zu verteilende Gegenstand im grunderwerbsteuerlichen Sinne als ein einziges Grundstück (s. hierzu Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, a. a. O., § 7 Rdnr. 14 bis 17) anzusehen ist, wobei die Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG ausschlaggebend sein kann, wonach mehrere zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörende Grundstücke, auf die sich ein Rechtsvorgang bezieht, als ein Grundstück behandelt werden. Hierzu hat das FG ebenfalls keine zureichenden Feststellungen getroffen. Das FG hat zwar erörtert, ob die errichteten Eigentumswohnungen zusammen eine einzige wirtschaftliche Einheit bildeten, und hat diese Frage verneint. Den entsprechenden Überlegungen liegen jedoch offensichtlich die Verhältnisse zugrunde, die erst nach Wirksamkeit der Teilungserklärung und wohl sogar erst nach Errichtung der Gebäude gegeben waren. Maßgebend war jedoch ein früherer Zeitpunkt. Zwar kommt es bei der Grunderwerbsteuer als einer Stichtagssteuer auch für die Frage der Zuerkennung von Vergünstigungen grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld an, so daß im allgemeinen das Datum des Erwerbsvorganges maßgebend ist (vgl. BFH-Beschluß vom 10. Dezember 1968 II B 24/68, BFHE 94, 291, 293). Nach Sinn und Zweck der Vergünstigungsregelung bei Umwandlungen von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum sind jedoch der Beantwortung der Frage nach dem Vorhandensein eines einzigen Grundstücks bzw. einer einzigen, aus mehreren Grundstücken bestehenden wirtschaftlichen Einheit (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG) die Verhältnisse zugrunde zu legen, wie sie gegeben waren, als der Aufteilungsbeschluß gefaßt worden ist. Dabei wird im vorliegenden Fall vor allem zu berücksichtigen sein, daß damals möglicherweise mit dem Bau noch gar nicht begonnen oder die Errichtung der Gebäude noch nicht sehr weit fortgeschritten war, so daß die Existenz einer wirtschaftlichen Einheit vor allem von den Verhältnissen beim Grund und Boden abhängig gewesen sein kann. Ferner kann in diesem Zusammenhang als Indiz bedeutsam sein, daß für die beiden 1971 erworbenen Baugrundstücke auf den 1. Januar 1973 ein einheitlicher Einheitswert festgestellt worden ist, wie vom Kläger geltend gemacht wird.
Fundstellen
Haufe-Index 73623 |
BStBl II 1980, 667 |
BFHE 1981, 100 |