Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderabschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter nach dem FöGbG bei mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung; keine Begünstigung bei eigener gewerbliche Tätigkeit der investierenden Besitzgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Ein bewegliches Wirtschaftsgut gehört auch dann i.S. von § 2 Nr. 2 FöGbG zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im Fördergebiet, wenn es im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung von dem Besitzunternehmen außerhalb des Fördergebiets dem Betriebsunternehmen im Fördergebiet überlassen wird.
2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn das überlassende Unternehmen zugleich eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit entfaltet.
Normenkette
FördG § 2; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die im Streitjahr 1991 Möbel vertrieb. Ihr seit Oktober 1991 einziger Kommanditist H war auch zugleich alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Im September 1991 kaufte die Klägerin von einer A-Möbel GmbH deren in Sachsen-Anhalt belegenes Firmengelände mit aufstehenden Gebäuden sowie sämtliches Anlagevermögen, Vorräte, Forderungen und Verbindlichkeiten. Grundstück, Gebäude und Betriebseinrichtung verpachtete die Klägerin anschließend an die B-GmbH & Co. KG (B-KG) mit Sitz auf dem gepachteten Gelände, der sie außerdem die Vorräte verkaufte. Einziger Kommanditist der B-KG und alleiniger Gesellschafter der B-GmbH war wiederum H.
Die Klägerin nahm Sonderabschreibungen auf die erworbenen beweglichen Sachanlagen nach § 4 i.V.m. § 2 des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) in Höhe von 656 247 DM in Anspruch und bildete für im Streitjahr bestellte und im Folgejahr gelieferte Wirtschaftsgüter eine Rücklage gemäß § 6 i.V.m. § 2 FöGbG in Höhe von 200 000 DM. In ihrer Feststellungserklärung gab sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb von 1 088 878 DM an.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) hielt die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen nach §§ 4, 6 i.V.m. § 2 FöGbG nicht für erfüllt und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf ./. 232 631 DM fest. In gleicher Höhe wurde auch der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1991 festgestellt.
Einspruch und Klage gegen beide Bescheide hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1460 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FöGbG können Steuerpflichtige für begünstigte Investitionen i.S. der §§ 2 und 3 dieses Gesetzes, die im Fördergebiet durchgeführt werden, u.a. Sonderabschreibungen nach § 4 vornehmen oder Rücklagen nach § 6 bilden. Nach § 2 FöGbG ist die Anschaffung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens u.a. unter der weiteren Voraussetzung begünstigt, dass die Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im Fördergebiet gehören und während dieser Zeit in einer solchen Betriebsstätte verbleiben (§ 2 Nr. 2 FöGbG).
Werden Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von einem nicht im Fördergebiet ansässigen Besitzunternehmen angeschafft und der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassen, sind die Voraussetzungen des § 2 Nr. 2 FöGbG ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Denn die Wirtschaftsgüter gehören nicht zu einer Betriebsstätte des investierenden Steuerpflichtigen im Fördergebiet. Indessen hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu der im Wesentlichen gleich lautenden Regelung in § 2 Satz 1 Nr. 1 des Investitionszulagengesetzes 1991 (InvZulG 1991) entschieden, dass ein Wirtschaftsgut auch dann zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören kann, wenn es im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit betriebsvermögensmäßiger Verflechtung von dem investierenden Besitzunternehmen außerhalb des Fördergebiets an das Betriebsunternehmen im Fördergebiet überlassen wird (Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 50/95, BFHE 188, 176, BStBl II 1999, 607). Im Hinblick darauf, dass § 2 InvZulG 1991 und § 2 FöGbG denselben Zweck verfolgen, nämlich die Investitionskraft im Fördergebiet zu stärken, dort Arbeitsplätze zu schaffen und den einigungsbedingten Transformationsprozess der Wirtschaft zu fördern, müssen beide Vorschriften nach denselben Kriterien ausgelegt werden (a.A. Blümich/ Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 2 FördG Rz. 23 a). Es ist deshalb auch für § 2 FöGbG davon auszugehen, dass die Zugehörigkeitsvoraussetzung der Nr. 2 erfüllt ist, wenn das Wirtschaftsgut von einem Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit betriebsvermögensmäßiger Verflechtung an das Betriebsunternehmen im Fördergebiet überlassen wird.
2. Von dieser Rechtslage sind die Beteiligten und das FG im Streitfall übereinstimmend ausgegangen. Uneinigkeit besteht nur über die Frage, ob die Voraussetzung der betriebsvermögensmäßigen Verflechtung erfüllt ist. Eine betriebsvermögensmäßige Verflechtung liegt nach dem BFH-Urteil vom 16. September 1994 III R 45/92 (BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75) nur vor, wenn in Fällen einer "normalen" Betriebsaufspaltung die Beteiligung der Gesellschafter des Besitzunternehmens an der Betriebs(kapital)- gesellschaft unmittelbar oder mittelbar Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft ist oder in Fällen der umgekehrten Betriebsaufspaltung die Beteiligung der Gesellschafter der Betriebspersonengesellschaft an der Besitz(kapital)gesellschaft oder an der deren Anteile haltenden Obergesellschaft (Sonder-) Betriebsvermögen der Betriebsgesellschaft ist.
Diese Voraussetzungen können im Fall einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung nicht erfüllt sein. Eine solche Form der Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn Besitz- und Betriebsgesellschaft jeweils Personengesellschaften sind, zwischen denen eine personelle Verflechtung besteht, weil die beherrschende Person oder Personengruppe an beiden Gesellschaften beteiligt ist. Die Anteile des Mehrheitsgesellschafters oder der betreffenden Gesellschaftergruppe an der einen Gesellschaft können kein Sonderbetriebsvermögen bei der anderen Gesellschaft sein. Denn nach gegenwärtiger Rechtsauffassung stellt der Anteil an einer Personengesellschaft kein eigenständiges Wirtschaftsgut dar (BFH-Urteile vom 6. November 1985 I R 242/81, BFHE 145, 359, BStBl II 1986, 333; vom 10. Dezember 1991 VIII R 69/86, BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385, Abschn. B. II. Nr. 1). Daraus ist indessen nicht zu folgern, dass nicht auch in diesen Fällen die Voraussetzungen einer betriebsvermögensmäßigen Verflechtung vorliegen können. Im Hinblick auf den Zweck der Steuervergünstigung besteht kein Unterschied zwischen einer "normalen" Betriebsaufspaltung, in der der Anteil an der Betriebskapitalgesellschaft Betriebsvermögen des überlassenden Einzelunternehmers (BFH-Urteil vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60) bzw. Sonderbetriebsvermögen II des Sowohl-als-auch-Gesellschafters bei der Besitzgesellschaft ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19. Januar 1973 III R 27/71, BFHE 108, 551, BStBl II 1973, 438, und vom 31. Oktober 2000 VIII R 85/94, BFHE 193, 532, BStBl II 2001, 185), und der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, bei der die Anteile des Sowohl-als-auch-Gesellschafters an der Betriebsgesellschaft kein Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Besitzgesellschaft sein können. Maßgeblich ist insoweit allein, dass die Verflechtung nicht auf einem rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnis beruht, sondern sich aus der Beteiligung an der Betriebsgesellschaft ergibt (BFH-Beschluss vom 26. März 1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723). Die in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75 genannten Voraussetzungen werden deshalb im Fall der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ebenfalls erfüllt (ebenso BFH-Urteil vom 7. Dezember 2000 III R 35/98, BFHE 194, 294, BStBl II 2001, 316, unter II. 2. b, a.E.).
3. Indessen handelt es sich im Streitfall nicht um eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung. Denn die Klägerin ist bereits originär gewerblich tätig. Aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) folgt, dass auch sämtliche Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Die der B-KG überlassenen Wirtschaftsgüter sind als Gesamthandsvermögen der Klägerin deren originäres Betriebsvermögen. Dementsprechend können die oben erwähnten Grundsätze zur Zuordnung eines Wirtschaftsguts im Rahmen einer Betriebsaufspaltung keine Anwendung finden. Ein Bedürfnis für die abweichende Zuordnung im Investitionszulagenrecht hat der III. Senat des BFH ersichtlich auch nur in den Fällen gesehen, in denen das Besitzunternehmen erst durch die Überlassung der betreffenden Wirtschaftsgüter an das Betriebsunternehmen selbst zum Gewerbebetrieb wird (vgl. hierzu insbesondere das Urteil vom 20. Mai 1988 III R 86/83, BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739). Dem schließt sich der erkennende Senat für die hier zu beurteilenden Zugehörigkeits- und Verbleibensregelungen des FöGbG an. Den diese Frage betreffenden Verfahrenrügen ist folglich nicht weiter nachzugehen.
4. Die Klägerin kann die Steuervergünstigungen nach dem FöGbG danach nur erhalten, soweit sie selbst alle erforderlichen Voraussetzungen des jeweiligen Förderungstatbestands erfüllt.
Dies ist für die überlassenen beweglichen Wirtschaftsgüter zu verneinen, denn sie gehören nicht zu einer Betriebsstätte der Klägerin im Fördergebiet. Insoweit hat das FG zutreffend dahinstehen lassen, ob das Vorbringen der Klägerin zutrifft, sie habe von der B-KG zwei Räume zurückgemietet, in denen Mitarbeiter der Klägerin Managementaufgaben für die B-KG wahrgenommen hätten. Denn selbst wenn danach davon auszugehen wäre, dass die Klägerin eine Betriebsstätte im Fördergebiet unterhalten hätte, würden die dort von der Klägerin genutzten Wirtschaftsgüter aus abgeleitetem Recht als Mieterin der B-KG genutzt. Dementsprechend hat auch die Verfahrensrüge keinen Erfolg, mit der die Klägerin geltend macht, ihr sei diesbezüglich das rechtliche Gehör versagt worden. Für das überlassene Gebäude sind der Klägerin die Sonderabschreibungen nach § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 1 Abs. 2 FöGbG zutreffend und unstreitig gewährt worden. Die Revision konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 885484 |
BFH/NV 2003, 388 |
BStBl II 2003, 272 |
BFHE 2003, 36 |
BFHE 201, 36 |
BB 2003, 830 |
DB 2003, 590 |
DStR 2003, 245 |
DStRE 2003, 320 |
HFR 2003, 380 |