Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Grundsätze der Rechtsprechung über Pensionsrückstellungen für Anwartschaften beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften gelten nicht, wenn die Gesellschafter- Geschäftsführer Brüder sind, die zu je 50 % an der Gesellschaft beteiligt sind (im Anschluß an das BFH-Urteil I 30/64 vom 5. Juli 1966, BFH 86, 609, BStBl III 1966, 604).
Durch das BFH-Urteil I 30/64, a. a. O., und durch das Urteil des Senats im gegenwärtigen Rechtsstreit ist das BFH-Urteil I 247/62 U vom 16. September 1964 (BFH 80, 488, BStBl III 1964, 650) überholt.
Normenkette
KStG § 6; EStG §§ 5, 6a
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige - Stpfl. -) ist eine GmbH, deren Anteile zu je 50 % zwei Brüdern gehören. Diese sind die Geschäftsführer der Stpfl. Die Stpfl. sagte ihnen am 28. Dezember 1957 eine Invalidenrente, eine Altersrente und eine Witwenrente zu. Auf Grund dieser Zusage bildete die Stpfl. Pensionsrückstellungen, denen sie im Streitjahr 1958 den Betrag von 9800 DM zuführte. Der Revisionskläger (Finanzamt - FA -) lehnte diese Zuführung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) über Pensionsrückstellungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften ab.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Berufung hin setzte das Finanzgericht (FG) unter änderung des angefochtenen Steuerbescheids die Körperschaftsteuer für das Streitjahr auf 0 DM fest.
Zur Begründung führte das FG aus: Da die Urteile des BFH I 11/58 S vom 5. Mai 1959 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 69 S. 286 - BFH 69, 286 -, BStBl III 1959, 369) und I 4/59 S. vom 4. August 1959 (BFH 69, 299, BStBl III 1959, 374) erst gegen Ende des Jahres 1959 durch Veröffentlichung im BStBl bekanntgemacht worden seien, hätten sich die bisher auf die anerkannte Rückstellungsfähigkeit vertrauenden Steuerpflichtigen erst von diesem Zeitpunkt an auf die geänderte Rechtslage einrichten können. Für 1958 hätten sie an der getroffenen Disposition - geringere Gehaltsbezüge im Hinblick auf die Pensionszusage - nichts mehr ändern können. Dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes komme entscheidende Bedeutung zu. Daher sei die im Jahre 1958 gemachte weitere Zuführung zur Pensionsrückstellung anzuerkennen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des bestehenden Rechts (§ 6 Abs. 1 KStG, § 4 Abs. 1, §§ 5, 6, 6 a EStG). Das FA vertritt die Auffassung, nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH bestehe kein Schutz des Vertrauens auf die Fortgeltung einer bestimmten Rechtsauffassung. Bei der Stpfl. seien lediglich die Rückstellung für die Witwenrente und nach den Grundsätzen des BFH-Urteils I 193/62 S vom 15. Dezember 1965 (BFH 84, 557, BStBl III 1966, 202) die Rückstellung für die Invalidenrente zu berücksichtigen. Aber auch von dem Rechtsstandpunkt aus, den das FG eingenommen habe, sei die volle Zuführung zur Pensionsrückstellung von 9800 DM nicht anzuerkennen. Denn die Stpfl. habe während des Berufungsverfahrens ein versicherungsmathematisches Gutachten einer Lebensversicherungsgesellschaft vorgelegt, nach der geringere Rückstellungen in Betracht kämen, als sie die Stpfl. in den Jahren 1957 und 1958 angesetzt habe.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Körperschaftsteuer dem angefochtenen Steuerbescheid entsprechend auf 2558 DM festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung des FG, der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gebiete es, die streitigen Zuführungen zur Pensionsrückstellung der Stpfl. auch noch für das Streitjahr anzuerkennen (vgl. das Urteil des BFH I R 111/66 vom 30. November 1966, BStBl III 1967, 154). Die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH über Pensionsrückstellungen für Anwartschaften beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer sind aber aus einem anderen Grund nicht anzuwenden. Jeder der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der Stpfl. ist an der Gesellschaft mit Anteilen von nicht mehr als 50 % des Stammkapitals beteiligt. Die je 50 % betragende Beteiligung der beiden Gesellschafter- Geschäftsführer gewährt keinem von ihnen eine beherrschende Stellung. Die besonderen Verhältnisse, die bei Ehegatten und abhängigen Kindern ein mit den Interessen des Hauptgesellschafters gleichlaufendes Interesse begründen können, sind bei erwachsenen Kindern (vgl. Urteil des BFH I 30/64 vom 5. Juli 1966, BFH 86, 609, BStBl III 1966, 604), aber auch bei Brüdern nicht gegeben (vgl. auch BFH-Urteil I 65/64 vom 5. Juli 1966, BFH 86, 646, BStBl III 1966, 605).
In dem Urteil I 247/62 U vom 16. September 1964 (BFH 80, 488, BStBl III 1964, 650) hat der Senat entschieden, daß für Gesellschafter-Geschäftsführer, die zu 50 % an einer GmbH beteiligt sind, Rückstellungen für Pensionszusagen nicht gebildet werden können, wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem Pensionsvertrag berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, bei Erreichung der vorgesehenen Altersgrenze als Geschäftsführer von der Geschäftsführung zurückzutreten. Diese Entscheidung ist durch das Urteil I 30/64 a. a. O. und durch das Urteil des Senats im gegenwärtigen Rechtsstreit überholt. Obwohl die Stpfl. im Berufungsverfahren ein Gutachten einer Lebensversicherungsgesellschaft vorgelegt hat, aus dem sich auch für das Streitjahr niedrigere Pensionsrückstellungen ergeben als sie die Stpfl. gebildet hat, hat das FG die von der Stpfl. ursprünglich angesetzte Pensionsrückstellung zum Abzug zugelassen, ohne sich mit dem neuen versicherungsmathematischen Gutachten und dem Vortrag der Stpfl., die die Ergebnisse dieses Gutachtens im Schriftsatz vom 25. Mai 1965 anerkannt hat, zu befassen. Darin liegt ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führt.
Fundstellen
Haufe-Index 412377 |
BStBl III 1967, 153 |
BFHE 1967, 343 |
BFHE 87, 343 |
BB 1967, 239 |
DB 1967, 363 |
DStR 1967, 199 |