Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnanspruch aus Gesellschaftsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Der gesellschaftsvertragliche Gewinnanspruch ist kein Anspruch auf eine regelmäßig wiederkehrende Leistung im Sinne des § 197 BGB; er unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren.
Normenkette
BGB §§ 197, 195, 721; HGB §§ 121-122
Verfahrensgang
LG Düsseldorf |
OLG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. September 1980 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Vater des Klägers und der 1976 verstorbene Ehemann der Beklagten unterhielten bis 1956/57 eine Architektensozietät. Während dieser Zeit errichteten sie auf den der S… AG gehörenden Grundstücken S…straße 1 und K…straße 38 in D… Mietshäuser. Die S… AG räumte ihnen 1949/50 für die Dauer von 35 Jahren das Recht ein, die bebauten Grundstücke unentgeltlich zu nutzen. Sie verwalteten und nutzten diese Grundstücke auch nach Auflösung der Architektensozietät. Die Nutzung endete mit der Veräußerung der beiden Grundstücke durch die Eigentümerin im Jahre 1972.
Mit der im Jahre 1978 erhobenen Klage machte der Kläger aus abgetretenem Recht Forderungen seines Vaters gegen die Beklagte als Alleinerbin ihres Ehemannes aus der gemeinschaftlichen Nutzung der Grundstücke in Höhe von 13.021,80 DM geltend.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 10.530,50 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung beider Parteien – wobei die Beklagte die volle Abweisung der Klage erstrebte und der Kläger die Zahlung weiterer 1.629,25 DM verlangte – das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte nur noch zur Zahlung von 1.530,50 DM nebst Zinsen verurteilt.
Mit der Revision verfolgt der Kläger den vom Berufungsgericht abgewiesenen Teil seines Anspruchs (10.629,25 DM) nebst Zinsen weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat seine Ansprüche in der Berufungsinstanz auf einen Hinweis des Berufungsgerichts in erster Linie auf die Behauptung gestützt, die Nutzung der beiden Grundstücke habe im Jahre 1967 einen Reingewinn von 45.393,30 DM erbracht. Der seinem Vater bisher nicht ausgezahlte Anteil betrage demnach 22.696,65 DM. Das Berufungsgericht hat die Klageforderung aufgrund der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, daß der Vater des Klägers und der verstorbene Ehemann der Beklagten die gemeinsame Verwaltung und Nutzung der Grundstücke nach Auflösung der Architektengemeinschaft in der Weise fortgeführt haben, daß sie den Gewinn aus der Grundstücksnutzung jährlich errechneten und je zur Hälfte an sich auszahlten. Gleichgültig, ob insoweit eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder eine Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff BGB bestanden habe, handele es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Auszahlung des Anteils an dem im Jahre 1967 entstandenen Gewinn um einen Anspruch auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 197 BGB, der in vier Jahren verjähre.
Dem kann nicht gefolgt werden.
1. Nach dem Vorbringen beider Parteien ist davon auszugehen, daß als Grundlage für den Klageanspruch allein das Gesellschaftsverhältnis in Betracht kommt, das zwischen dem Vater des Klägers und dem Ehemann der Beklagten bestand. Diese hatten ursprünglich – wie auch das Berufungsgericht annimmt – eine Architektensozietät in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildet, die die hier in Frage stehende Verwaltung und Nutzung der für die S… AG errichteten Mietshäuser einschloß. Nach der Auflösung der Architektengemeinschaft setzten sie die gemeinsame Verwaltung und Nutzung der Grundstücke unverändert fort. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß insoweit das bestehende Gesellschaftsverhältnis umgewandelt worden ist.
2. Der Anspruch des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Auszahlung des Gewinnanteils verjährt in 30 Jahren (§ 195 BGB), sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt.
Der Begriff der regelmäßig wiederkehrenden Leistung setzt zwar keine stets in gleicher Höhe wiederkehrende Leistung voraus. Das Merkmal „regelmäßig” bezieht sich auf die Termine, nicht auf die Höhe der Leistungen. Die vierjährige Verjährungsfrist kann deshalb selbst dann eingreifen, wenn die Leistungen nach Gesetz oder Parteivereinbarung zu von vornherein bestimmten regelmäßig wiederkehrenden Terminen erbracht werden müssen und dabei so festgelegt sind, daß sie nicht nur zu einem Schwanken in der Höhe, sondern darüber hinaus zum gelegentlichen Ausbleiben der Leistung führen (BGHZ 28, 144, 149). Voraussetzung ist jedoch, daß es sich um eine Verbindlichkeit handelt, die in der fortlaufenden Leistung ihre charakteristische Erscheinung hat. Die Abkürzung der Verjährung bei rückständigen wiederkehrenden Leistungen beruht auf dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt, daß ihre Ansammlung keine Begünstigung verdient. Leistungen, die ihrer Natur nach nicht aus dem Kapitalvermögen des Schuldners, sondern aus dessen jährlichen Einkünften zu tilgen sind, sollen nicht in solcher Höhe anwachsen, daß der sorglos gemachte Schuldner durch deren Einforderung wirtschaftlich gefährdet wird (RGZ 88, 42, 46; BGHZ 289 144, 151). Das trifft auf den Gewinnanteil des Gesellschafters nicht zu.
Soweit der Rechnungsabschluß und damit die Verteilung des Gewinns und Verlusts nicht erst nach der Auflösung der Gesellschaft erfolgt (§ 721 Abs. 1 BGB), wird er regelmäßig zum Schluß eines jeden Geschäftsjahres vorgenommen. In diesen Fällen entsteht dann der Gewinnanspruch periodisch; er setzt aber weiterhin die Aufstellung und Feststellung der Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung voraus. Damit hängt er von einem rechtsbegründenden Akt ab, an dem regelmäßig sämtliche Gesellschafter, also auch der anspruchsberechtigte Gesellschafter selbst, mitzuwirken haben. Die Feststellung der Bilanz ist sowohl Voraussetzung für den Gewinnanspruch des Gesellschafters als auch Ausgangspunkt und Grundlage der künftigen Bilanzen (vgl. Ulmer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechte, § 721 Rdnr. 4 ff m.w.Nachw.). Unter dem Blickpunkt, daß der Gewinnanspruch erst mit der Feststellung der Bilanz entsteht, würde sich daher selbst bei Zugrundelegung der Auffassung des Berufungsgerichts die Frage erheben, ob die Verjährungseinrede deshalb nicht durchgreift, weil nach dem Vorbringen der Parteien nicht angenommen werden kann, der Rechnungsabschluß sei ordnungsgemäß festgestellt worden und für die Gewinnansprüche eine Verjährungsfrist überhaupt schon angelaufen.
Für die Abkürzung der Verjährung von Ansprüchen auf Rückstände regelmäßig wiederkehrender Leistungen ist außerdem ebenso wie bei den Ansprüchen des § 196 BGB maßgebend, daß Geschäfte des täglichen Verkehrs in der Regel nicht längere Zeit im Gedächtnis der Beteiligten gegenwärtig bleibt, daß in kurzer Zeit eine Verdunklung des Sachverhältnisses eintritt, daß der Schuldner nicht nach einer Reihe von Jahren wegen Forderungen in Anspruch genommen werden kann, die vermutlich gezahlt sind, über deren Bezahlung aber ein Nachweis nicht vorhanden ist, und daß es auch im Interesse des Gläubigers liegt, gegenüber einem säumigen Schuldner das Sachverhältnis alsbald klarzustellen und ihm die Gelegenheit zu späteren prozessualen Weiterungen, die mit der Höhe des Streitgegenstandes in keinem Verhältnis stehen, zu entziehen (BGHZ 28, 144, 152). Auch diese Erwägungen stehen der Einbeziehung des Gewinnanteilsanspruchs eines Gesellschafters in die Norm des § 197 BGB entgegen. Der Umstand, daß er erst mit dem konstitutiven Akt der Bilanzfeststellung entsteht, verbietet es, ihn mit den in § 196 BGB angeführten Tatbeständen, mit denen die Geschäfte des täglichen Verkehrs umfaßt werden sollen, gleichzustellen. Ungeachtet seiner periodischen Ermittlung und Entstehung unterliegt deshalb der gesellschaftsvertragliche Gewinnanspruch der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. September 1958 (BGHZ 28, 144), auf das das Berufungsgericht abhebt, steht dieser Würdigung nicht entgegen. Es betrifft keine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilenden Gewinnanteilsansprüche, sondern solche aus einem Patentverwertungsvertrag, die der Bundesgerichtshof dort insbesondere wegen ihrer Nähe zu den Pachtzinsen und Lizenzgebühren ebenso wie diese der verkürzten Verjährungsfrist des § 197 BGB unterstellt hat. Gesichtspunkte dieser Art spielen für die hier in Betracht kommenden Ansprüche keine Rolle.
3. Da hiernach die Einrede der Verjährung nicht durchgreift, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob dem Vater des Klägers ein Anspruch auf Zahlung weiterer 10.629,25 DM nebst Zinsen zusteht, ist nunmehr zu entscheiden. Hierbei wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß das Nutzungsverhältnis schon im Jahre 1972 beendet worden ist und die Beteiligten in der Vergangenheit ersichtlich ohne konkreten Bezug auf den jeweiligen jährlichen Reinertrag Beträge entnommen haben (vgl. die „Aufstellung über Reingewinne der Häuser K…straße und S…straße in den Jahren 1966 bis einschließlich 1972” sowie die vom Steuerberater F… gefertigte „Aufstellung der Privatentnahmen” und dessen Schreiben vom 12.9.1979). Die Frage, ob dem Vater des Klägers noch etwas zukommt, wird deshalb nicht anhand der Überschüsse und Entnahmen im Jahre 1967, sondern allein aufgrund einer Gesamtabrechnung entschieden werden können. Damit die hierzu erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen