Leitsatz (amtlich)
a) Über die Entlastung des Geschäftsführers darf ein Gesellschafter, mit dem der Geschäftsführer im Entlastungszeitraum für die GmbH ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, jedenfalls dann mit abstimmen, wenn der Beschluß nicht gerade dieses Geschäft betrifft, sondern die Entlastung allgemein ausspricht.
b) Ein Entlastungsbeschluß befreit den Geschäftsführer im allgemeinen nicht von der Pflicht, sich um die Abwendung von Nachteilen zu bemühen, die der Gesellschaft durch ein der Entlastung vorausgegangenes pflichtwidriges Verhalten entstanden sind oder zu entstehen drohen.
c) Hat der Geschäftsführer diese Pflicht verletzt, so mißbrauchen Gesellschafter, die seiner erneuten Entlastung zustimmen, ihr Stimmrecht, wenn sie mit dem Geschäftsführer zum Schaden der Gesellschaft und zum eigenen Vorteil zusammengewirkt haben.
Normenkette
GmbHG §§ 43, 46 Nr. 5, § 47
Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Urteil vom 18.02.1975) |
LG Amberg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Februar 1975 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
An der beklagten GmbH sind die Klägerin und ihr Bruder mit je 150.000 DM und die Geschwister Christian E., Carl-Herwig E. und Maria Theresia W. geb. E. mit je 220.000 DM beteiligt. Die drei Geschwister E. sind zugleich die Gesellschafter der EWE Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH (im folgenden: EWE), die Anfang 1969 gegründet und am 3. Februar 1969 in das Handelsregister eingetragen wurde. Geschäftsführer der Beklagten ist Christian E., Geschäftsführer der EWE sind seine beiden Geschwister.
Durch Vertrag vom 5. Februar 1969 kaufte die EWE von der Stadt A. etwa 15.000 qm Industriegelände zum Preise von 5 DM je qm. Sie errichtete auf einer Teilfläche von 5.000 qm Betriebsgebäude und vermietete sie durch schriftlichen Vertrag vom 9. Dezember 1970 für die Zeit vom 1. März 1970 bis zum 28. Februar 1985 zum monatlichen Mietzins von 8.000 DM, der entsprechend dem Preisindex für die Lebenshaltung jährlich angepaßt werden soll, als Produktionsstatte an die durch Christian ECU vertretene Beklagte. In einer Versammlung vom 12. Dezember 1969 erteilten die Gesellschafter der Beklagten dem Geschäftsführer für das Geschäftsjahr 1968/1969 (1.7.1968 bis 30.6.1969) Entlastung.
Über den Antrag, den Geschäftsführer auch für das folgende Geschäftsjahr 1969/70 zu entlasten, wurde in der Gesellschafterversammlung vom 15. Dezember 1970 abgestimmt. Die Klägerin und ihr Bruder stimmten dagegen, alle drei Geschwister E. dafür. Nachdem die Klägerin diesen Beschluß durch Klage angefochten hatte, stimmten die Gesellschafter am 30. März 1971, diesmal ohne Mitwirkung des Geschäftsführers, aber sonst mit demselben Ergebnis, erneut über die Entlastung ab.
Die Klägerin hat beantragt, die beiden Entlastungsbeschlüsse vom 15. Dezember 1970 und vom 30. März 1971 für nichtig zu erklären. Sie hat geltend gemacht, nicht nur Christian E., sondern auch seine Geschwister hätten bei diesen Beschlüssen als Partner eines Rechtsgeschäfts mit der Beklagten kein Stimmrecht gehabt, jedenfalls aber ihr Stimmrecht mißbraucht. Sie hätten nämlich hinter dem Rücken ihrer Mitgesellschafter zusammen mit dem Geschäftsführer darauf hingearbeitet, daß die ihnen gehörige EWE das Industriegelände billig erworben und an die Beklagte vermietet habe, ohne den Preisvorteil und die Zinsvergünstigungen für die Förderungsdarlehen zur Bebauung an sie weiterzugeben. Bei pflichtgemäßer Geschäftsführung hätte die Beklagte selber das Grundstück kaufen und so in den Genuß jener Vorteile kommen können.
Die Beklagte hat erwidert, die Kaufverhandlungen zwischen der Stadt A. und der EWE seien längst abgeschlossen gewesen, als sich für die Beklagte ein weiterer Raumbedarf ergeben habe. Die Beklagte habe auch gar nicht über genügend Mittel verfügt, um das Objekt selbst erwerben und bebauen zu können. Der durch Sachverständige ermittelte Mietzins sei angemessen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anfechtungsklage weiter.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hält die Gesellschafter Carl-Herwig E. und Maria Theresia W. für berechtigt, bei den mit der Klage angefochtenen beiden Gesellschafterbeschlüssen mitzustimmen. Bei diesen Beschlüssen gehe es nicht um ein Rechtsgeschäft mit diesen Gesellschaftern im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG, sondern um die Entlastung des Geschäftsführers, bei der nur dieser selbst vom Stimmrecht ausgeschlossen sei. Durch ihre Stimmabgabe hätten die beiden Gesellschafter auch nicht ihr Stimmrecht mißbraucht. Ob Christian E. im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb der EWE seine Pflichten als Geschäftsführer der Beklagten verletzt habe, könne offenbleiben, weil alle Gesellschafter durch den Entlastungsbeschluß vom 12. Dezember 1969 darauf verzichtet hätten, Rechte hieraus herzuleiten. In Betracht komme allenfalls, daß der Geschäftsführer die Betriebsgrundstücke, die er für die Beklagte endgültig durch schriftlichen Vertrag vom 9. Dezember 1970 von der EWE gemietet habe, schon während des hier in Frage stehenden Entlastungszeitraums, nämlich von März bis Juni 1970, für die Beklagte in Besitz genommen und dafür monatlich 7.500 oder 8.000 DM Miete an die EWE abgeführt habe. In der Billigung dieses Verhaltens durch die beiden Mehrheitsgesellschafter liege aber kein Handeln zum eigenen Vorteil und zum Nachteil der Beklagten, weil die Miete angemessen gewesen sei und die Geschwister E. mit ihr lediglich die Früchte ihrer wirtschaftlichen Betätigung außerhalb der beklagten Gesellschaft geerntet hätten.
Diese Beurteilung hält den Revisionsangriffen nicht in allen Punkten stand.
1. Richtig ist allerdings, daß sich ein Stimmrechtsausschluß für die Gesellschafter E. hier nicht aus § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG herleiten läßt. Zwar könnten diese Gesellschafter bei der Beschlußfassung über einen Mietvertrag zwischen der EWE, die ihnen allein gehört, und der Beklagten als persönlich Beteiligte dem Stimmverbot des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG unterliegen (vgl. hierzu das zwischen denselben Parteien ergangene und an demselben Tag verkündete Urteil des Senats II ZR 81/76). Ein solcher Vertrag war aber nicht Gegenstand der mit der Klage angefochtenen Entlastungsbeschlüsse. Diese Beschlüsse betrafen vielmehr den Geschäftsführer persönlich; sie brachten die allgemeine Billigung seiner Geschäftsführung und das Vertrauen in sie zum Ausdruck und wirkten ihm gegenüber wie ein Verzicht auf erkennbare Ersatzansprüche (Urt. d. Sen. v. 15.12.75 – II ZR 17/74, WM 1976, 204 zu I 1; v. 30.10.58 – II ZR 253/56, LM GmbHG § 46 Nr. 4). Ob ein Stimmrechtsausschluß für den an einem Geschäft beteiligten Gesellschafter dann in Betracht kommt, wenn das vom Geschäftsführer bereits rechtsgültig abgeschlossene Geschäft ausdrücklich genehmigt werden soll (so Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 161 ff gegen RGZ 115, 246, 249) oder wenn in dem Entlastungsbeschluß zugleich die Genehmigung eines Vertrags liegt, dessen Wirksamkeit mindestens streitig ist (vgl. Urt. d. Sen. v. 29.3.73 – II ZR 139/70, LM GmbHG § 47 Nr. 20 zu 5), kann auf sich beruhen. Hier besteht weder Streit über die äußere Gültigkeit der mietvertraglichen Vereinbarungen mit der EWE, noch beschränkte sich der Entlastungsbeschluß gerade auf dieses Rechtsgeschäft. In einem solchen Fall ist grundsätzlich nur der Geschäftsführer selbst von der Teilnahme an der Abstimmung über seine Entlastung ausgeschlossen (Zöllner a.a.O., S. 262/263).
Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob mit der Revision eine gesamtschuldnerische Haftung der Geschwister Eibes wegen gemeinschaftlicher Schädigung der Beklagten in Betracht zu ziehen ist. Denn die Entlastung des Geschäftsführers Christian E. ließ etwaige Ersatzansprüche gegen seine Geschwister unberührt; für einen Erlaßvertrag mit der umfassenden Wirkung des § 423 BGB besteht kein Anhalt.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Stimmrechtsmißbrauch durch die Geschwister E. sei nicht dargetan.
a) Nach dem Vortrag der Klägerin, der, weil vom Berufungsgericht nicht abschließend geprüft, für die Revisionsinstanz als wahr zu unterstellen ist, bestand bei der Beklagten schon 1968 ein Raumbedarf zur Ausweitung ihres Betriebs. Dieser Bedarf hätte mit dem von der Stadt A. abgegebenen Gelände zu besonders günstigen Bedingungen befriedigt werden können; die zum Kauf und zur Bebauung des Grundstücks notwendigen Mittel wären vorhanden oder zu beschaffen gewesen. In Kenntnis dieser Umstände, und ohne die Klägerin und deren Bruder als Mitgesellschafter davon zu unterrichten, trat Christian E. an die Stadt A. heran, um das Grundstück für die erst noch zu gründende EWE zu erwerben, zu bebauen und dann an die Beklagte zu vermieten. Dadurch, daß er der Stadt die Ansiedlung der Beklagten mit der Errichtung von Produktionsstätten in Aussicht stellte, verschaffte er der EWE einen außerordentlichen Preisvorteil und Förderungsmittel in Gestalt zinsverbilligter Darlehen. Diese Vorteile hätten bei pflichtmäßiger Geschäftsführung der Beklagten selbst zugute kommen können.
b) Legt man diese Darstellung zugrunde, so hatte Christian E. seine Pflicht zu sorgfältiger Geschäftsführung (§ 43 Abs. 1 GmbHG) verletzt. Denn ein Geschäftsführer muß in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren Wohl und Wehe und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Auge haben (Urt. d. Sen. v. 8.5.67 – II ZR 126/65, LM BGB § 626 Nr. 14). Bestand daher Aussicht, Gelände, das die Beklagte für ihren Betrieb brauchte, günstig für sie zu erwerben, so hatte sich der Geschäftsführer mit aller Sorgfalt darum zu bemühen. Davon durfte er nur dann absehen, wenn das Objekt für die Beklagte offensichtlich nicht in Betracht kam oder die Gesellschafter sich nach erschöpfender sachlicher Unterrichtung dagegen ausgesprochen hatten; beides war nach dem Vortrag der Klägerin nicht der Fall. Selbst wenn die Beklagte allein nicht genügend Mittel für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks gehabt hätte, wäre zu prüfen gewesen, ob das Vorhaben nicht wenigstens in Partnerschaft mit der EWE oder einem anderen Geldgeber durchgeführt werden konnte. Im Zweifel war eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Keinesfalls durfte der Geschäftsführer hinter dem Rücken der Klägerin und ihres Bruders das Geschäft einem anderen Unternehmen zuschieben, an dem er selbst beteiligt ist und das als Vermögensverwaltungsgesellschaft das Gelände gar nicht für eine eigene Produktion benötigte, sondern es mit Gewinn an die Beklagte vermieten sollte, für die das vorteilhafte Angebot eigentlich bestimmt war.
c) Hieraus könnte die Beklagte freilich gegen ihren Geschäftsführer unmittelbar keine Ersatzansprüche herleiten, wenn in dem Entlastungsbeschluß vom 12. Dezember 1969 ein Verzicht auf diese Ansprüche läge. Das wäre dann der Fall, wenn nicht nur die Geschwister E., sondern auch die anderen Gesellschafter den anspruchsbegründenden Sachverhalt voll gekannt hätten oder aus den ihnen unterbreiteten Unterlagen hätten entnehmen können. Dann hätten Carl-Herwig E. und Frau W. zwar eine Pflichtverletzung ihres Bruders, an der sie selbst beteiligt gewesen waren, zum Schaden der Beklagten gedeckt. Hierauf könnte sich aber die Klägerin nach ihrer gleichlautenden Stimmabgabe mit Rücksicht auf den insoweit wirksamen Entlastungsbeschluß nicht mehr berufen. Von einer solchen Sachlage geht das Berufungsgericht aus, indem es feststellt, sämtliche Gesellschafter hätten am 12. Dezember 1969 von dem Grundstückskauf der EWE und den damit verbundenen Vergünstigungen gewußt. Demgegenüber hat die Klägerin jedoch behauptet und unter Beweis gestellt, sie und ihr Bruder seien weder über die genauen Bedingungen dieses Geschäfts noch über die Absicht der Geschwister Eibes unterrichtet gewesen, die für die Betriebsansiedlung gewährten Vergünstigungen ausschließlich der EWE zugute kommen zu lassen (Schriftsatz vom 16.10.72, S. 5, 6; vgl. auch S. 6, 7 der Klageschrift). Trifft dies zu, so entfällt schon aus diesem Grunde die Folgerung des Berufungsgerichts, der Entlastungsbeschluß vom 12. Dezember 1969 decke zugleich das spätere Verhalten des Geschäftsführers bei der Anmietung des neuen Betriebsgrundstücks für die Beklagte.
d) Das Ergebnis wäre aber auch dann kein anderes, wenn die Gesellschafter den Geschäftsführer in Kenntnis aller wesentlichen Vorgänge für das Geschäftsjahr 1968/1969 entlastet hätten. In diesem Falle könnte die Beklagte ihren Geschäftsführer zwar nicht mehr auf Ersatz der Vermögensvorteile in Anspruch nehmen, die ihr dadurch entgangen sind, daß er ihr das günstige Angebot der Stadt A. vorenthalten hat, also insbesondere auf Erstattung nunmehr unvermeidlicher Mehrkosten für die Beschaffung der zusätzlich benötigten Betriebsgebäude. Das bedeutet jedoch nicht, daß Christian E. für die Zukunft der aus § 43 GmbHG folgenden Pflicht enthoben gewesen wäre, die Interessen der Beklagten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers zu wahren und deshalb wenigstens dafür zu sorgen, daß die schädlichen Folgen seines vorausgegangenen Zuwiderhandelns für die Beklagte so gering wie möglich blieben. Denn die Entlastung konnte sein pflichtwidriges Verhalten nicht in dem Sinne zu einem rechtmäßigen stempeln, daß auch alle daraus hervorgehenden künftigen Handlungen oder Unterlassungen, mit denen er die EWE weiterhin begünstigte, im voraus vom Einverständnis der Gesellschafter gedeckt gewesen wären. Eine so weitgehende Bedeutung ist dem Entlastungsbeschluß ohne besondere, deutlich auf einen entsprechenden Willen aller Gesellschafter hinweisende Anhaltspunkte nicht beizumessen, zumal die Klägerin und ihr Bruder ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, daß die von Staat und Gemeinde für eine Betriebsansiedlung gewährten Vorteile der Gesellschaft und nicht nur einzelnen Gesellschaftern zugute kommen müßten (Briefe vom 24.3. und 22.4.1969).
Die Entlastung für das Geschäftsjahr 1968/1969 gab daher dem Geschäftsführer keinen Freibrief dafür, der EWE zu helfen, die unrechtmäßig zu ihren Gunsten geschaffene Lage auch im folgenden Geschäftsjahr auf Kosten der Beklagten auszunutzen. Dies hat Christian E. aber getan, indem er schon von März 1970 an für das nunmehr von der Beklagten genutzte Grundstück einen Mietzins an die EWE zahlte, mit dem diese den vollen Gewinn aus ihrem Erwerb zog. Dabei ist nach dem Vortrag der Klägerin davon auszugehen, daß diese Zahlungen nicht nur, wie das Berufungsgericht meint, vorläufigen Charakter haben sollten, sondern ein Stück der Verwirklichung eines von Anfang an geplanten Vorhabens bildeten, das mit der Unterzeichnung eines langfristigen Mietvertrags am 9. Dezember 1970 seinen Abschluß fand.
Nach der Berechnung der Klägerin entspricht der von der Beklagten gezahlte Mietzins für den Teil des Grundstücks (ohne Gebäude), den sie von der EWE gemietet hat, einem Grundstückspreis von 25 oder 27 DM je qm, wogegen die EWE an die Stadt A. nur 5 DM je qm gezahlt hatte. Das ergibt einen Mehrbetrag von monatlich über 900 DM, wobei laufende Mietzinserhöhungen infolge der Indexklausel noch nicht berücksichtigt sind. Damit erzielt die EWE allein an Bodenmiete, verglichen mit ihren Erwerbskosten, einen beträchtlichen Gewinn, der bei pflichtgemäßem Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten dieser selbst als Ersparnis hätte zugute kommen können.
Zwar ist der von der EWE geforderte Mietzins nach den Feststellungen des Berufungsgerichts objektiv angemessen, wenn man ihn mit der – offenbar ohne Rücksicht auf die Erwerbs- und Zinsvergünstigungen ermittelten – Kostenmiete vergleicht. Es mag auch sein, daß eine solche Forderung trotz der Doppelstellung der Geschwister E. als Gesellschafter der EWE und der Beklagten dann nicht zu beanstanden gewesen wäre, wenn die EWE auf einwandfreie Weise Eigentümerin der Grundstücke geworden wäre. Hatte aber Christian E. diesen Eigentumserwerb unter Verstoß gegen seine Pflichten als Geschäftsführer der Beklagten zustande gebracht, so setzte er durch jene Mietvereinbarungen die unerlaubte Unterstützung der EWE fort, indem er es ihr ermöglichte, den unter Umgehung der Beklagten erlangten Vermögensvorteil voll auszuschöpfen. Stattdessen hätte er sich, um seiner vorher vernachlässigten Sorgfaltspflicht als Geschäftsführer nunmehr zu genügen, darum bemühen müssen, der Beklagten die Früchte des ihr entgangenen Geschäfts in Gestalt von Mietvergünstigungen mit zukommen zu lassen, was eine angemessene Entschädigung der EWE für deren Kapital- und Arbeitseinsatz nicht ausschloß.
e) Solche Bemühungen wären nach Lage der Sache auch nicht aussichtslos gewesen. Denn nach dem Klagevortrag hatten die Geschwister E. beim Ankauf des Grundstücks für die EWE zum Schaden der Beklagten zusammengewirkt und die darin liegende Pflichtverletzung des Geschäftsführers gemeinsam ausgenutzt. Damit hatten sie die Grenzen einer zulässigen Wahrnehmung eigener Interessen überschritten und gegen ihre Treuepflicht als Gesellschafter verstoßen. Infolgedessen hätten sich Carl-Herwig E. und Frau W. einem Verlangen des Geschäftsführers, bei der Vermietung des Grundstücks an die Beklagte den ihr zugefügten Schaden auszugleichen, nicht verschließen dürfen.
Daß Christian E. ein solches Verlangen gestellt habe, ist nicht vorgetragen. Dieses Versäumnis bedeutet einen erneuten Pflichtenverstoß, den die Gesellschafter mit ihrem Entlastungsbeschluß vom 12. Dezember 1969 noch nicht gebilligt hatten, auf den sich die Beklagte aber bei Wirksamkeit der mit der Klage angefochtenen späteren Beschlüsse nicht mehr berufen könnte.
f) Bei dieser Sachlage durften die Gesellschafter Carl-Herwig E. und Frau W. die Entlastung ihres Bruders für das Geschäftsjahr 1969/1970 nicht mit ihren Stimmen durchzusetzen suchen. Denn das lief darauf hinaus, Christian E. der Verantwortung auch für sein weiteres, von ihnen mit getragenes rechtswidriges Verhalten zum Nachteil der Beklagten zu entziehen und ihn zu ermutigen, auch in Zukunft einseitig die Interessen der EWE und nicht die der Beklagten zu verfolgen. Darin läge unter den von der Klägerin behaupteten Umständen ein Mißbrauch des Stimmrechts zum gemeinsamen Vorteil der Geschwister Eibes, der den Entlastungsbeschluß anfechtbar machen würde (vgl. § 243 Abs. 2 AktG).
3. Eine abschließende Entscheidung hängt hiernach von weiteren tatsächlichen Feststellungen insbesondere darüber ab, ob die Behauptungen der Klägerin zu dem umstrittenen Grundstücksgeschäft zutreffen. Deshalb ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Stimpel, Fleck, Dr. Kellermann, Bundschuh, Dr. Skibbe
Fundstellen
Haufe-Index 1778300 |
Nachschlagewerk BGH |