Leitsatz (amtlich)
a) Landesverbänden steht gegen den Vorstand ihres Dachverbandes auf dessen Verbandsversammlung ein Auskunftsrecht nach §§ 27 Abs. 3, 666 BGB über alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Dachverbandes zu.
b) Einem solchen vereinsrechtlichen Informationsrecht der Mitglieder unterliegen grundsätzlich auch die Angelegenheiten einer vom Dachverband zur Auslagerung seines wirtschaftlichen Betriebes als GmbH gegründeten und betriebenen Tochtergesellschaft, soweit sie auch für den Dachverband objektiv von erheblicher wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung sind. Dieses Informationsrecht findet seine Grenze nur in einem (vorrangigen) berechtigten Geheimhaltungsinteresse des Dachverbandes zur Abwehr einer zu besorgenden Gefahr für ihn selbst oder die Tochtergesellschaft mbH (entsprechend § 51 a Abs. 2 GmbHG).
Normenkette
BGB § 27 Abs. 3, § 666; GmbHG § 51a Abs. 2
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 21.01.2002) |
LG München I (Urteil vom 01.03.2001) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Januar 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I, 24. Zivilkammer, vom 1. März 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin wurde 1985 als GmbH gegründet, um aus dem gemeinnützigen Vereinsbereich der „Deutsche Billardunion e.V.” (im folgenden: DBU) den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zum Zwecke gewinnbringender Vermarktung des Billardsports auszugliedern. Gesellschafter der Klägerin sind die DBU als Dachverband des deutschen Billardsports mit einem Geschäftsanteil von 40 Prozent sowie drei der ihm als Mitglieder angehörenden Landesverbände (Baden-Württemberg, Westfalen und Niederrhein) mit einem Geschäftsanteil von je 20 Prozent. Alle in der DBU zusammengeschlossenen 17 Landesverbände sind in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert. Der Beklagte – der Bayerische Landesverband – war bis zur Veräußerung seines Gesellschaftsanteils am 26. Juni 1997 ebenfalls Gesellschafter der Klägerin. Im Zusammenhang mit den ihr von der DBU überlassenen Vermarktungsrechten unterliegt die Klägerin Gewinnabführungspflichten: von dem erwirtschafteten Gewinn sind 50 Prozent an die DBU und 25 Prozent an die übrigen Gesellschafter abzuführen, die restlichen 25 Prozent kann der Geschäftsführer – neben seinem Gehalt – als Tantieme beanspruchen.
Zwischen dem Beklagten und der Klägerin sowie der DBU besteht seit längerem vielfältiger Streit, der seine Ursache vor allem in der Vereinigung der Ämter des Geschäftsführers der Klägerin und des Präsidenten der DBU in der Person von W. R. hat: aufgrund der Machtfülle R.s befürchtet der Beklagte eine Beeinträchtigung der Rechte und finanziellen Belange der DBU. So versandte der Vorstand des Beklagten u.a. im zeitlichen Vorfeld von Mitgliederversammlungen der DBU in den Jahren 1995, 1999 und 2000 als „vertraulich” gekennzeichnete Schreiben an sämtliche – also auch die nicht als Gesellschafter an der Klägerin beteiligten – Landesverbände und an die DBU, in denen das Verhalten der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers angegriffen und eine Diskussion auf den jeweiligen Verbandstagen angekündigt wurde. Im Rundschreiben vom 15. Juni 1995 erhob der Beklagte u.a. den Vorwurf, R. habe im Zusammenwirken mit dem Vizepräsidenten der DBU auf Gesellschafterversammlungen der Klägerin eine Neuregelung der Führungsverhältnisse mit erheblichen finanziellen Folgen für die Mitglieder der DBU durchzusetzen versucht: danach habe er als Geschäftsführer der Klägerin gegen Abfindung von 150.000,00 DM ausscheiden, gleichzeitig als hauptamtlicher Generalsekretär bei der DBU gegen ein Gehalt von über 100.000,00 DM eingestellt werden und zusätzlich als Berater der Klägerin gegen ein Jahreshonorar von 60.000,00 DM fungieren wollen, während der Vizepräsident der DBU die Geschäftsführung der Klägerin habe übernehmen sollen. Die Mitgliederversammlung der DBU vom 24. Juni 1995 verwies die Angelegenheit in eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Klägerin unter Beteiligung sämtlicher Landesverbände; diese erklärte am 7. Januar 1996 die Sache schließlich für erledigt.
Im Rundschreiben vom 12. Mai 1999 führte der Beklagte zur Begründung des für die Mitgliederversammlung angekündigten Antrags Nr. 3 u.a. aus, der Geschäftsführer der Klägerin habe sich unter Verstoß gegen das Gesetz und seinen Anstellungsvertrag für die Geschäftsjahre 1995 – 1997 Urlaubsabgeltungen von insgesamt über 54.000,00 DM ausgezahlt; dem Schreiben war eine Kopie des „Arbeitsvertrages” des Geschäftsführers beigefügt, in dem als „Arbeitgeber” neben der Klägerin auch die DBU aufgeführt ist. Da sämtliche Anträge des Beklagten wegen verspäteter Einreichung auf dem Verbandstag 1999 nicht behandelt wurden, übersandte der Beklagte den Landesverbänden mit Schreiben vom 11. Mai 2000 nochmals inhaltsgleiche Ankündigungen für die Mitgliederversammlung 2000; trotz rechtzeitiger Einreichung nahm die DBU die Anträge nicht in die Tagesordnung auf. Mit Urteil vom 27. Januar 2001 hat das Schiedsgericht der DBU festgestellt, daß die DBU verpflichtet war, die Anträge in die Tagesordnung aufzunehmen und an die Teilnehmer zu versenden.
Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Unterlassung der Weitergabe bestimmter vertraulicher Interna an Dritte und an Landesverbände, die nicht ihre Gesellschafter sind, begehrt. Sie ist der Ansicht, der Beklagte dürfe Kenntnisse, die er aus seiner früheren Gesellschafterstellung bei der Klägerin habe, nur ihren Gesellschaftern offenbaren. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung wandte sich die Klägerin nur gegen die Klageabweisung hinsichtlich der Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, folgende vertrauliche Interna, soweit es sich um Umstände handelt, die zur Zeit der Gesellschafterstellung des Beklagten bei der Klägerin bis 26. Juni 1997 eingetreten sind, an diejenigen Landesverbände der DBU weiterzugeben, die nicht als Gesellschafter an der Klägerin beteiligt sind:
- Arbeitsverträge und Geschäftsführerverträge des Herrn R. und Arbeitsverträge von evtl. weiteren Mitarbeitern der Klägerin sowie deren Gehälter;
- Entwürfe von Arbeitsverträgen von Herrn R. und evtl. weiteren Mitarbeitern der Klägerin;
- Jahresabschlüsse der Klägerin mit Ausnahme veröffentlichungspflichtiger Teile sowie entsprechende Entwürfe von Jahresabschlüssen der Klägerin;
- Verträge und Vertragsentwürfe zwischen der Klägerin und Nichtgesellschaftern der Klägerin;
- Protokolle und Inhalte aus Protokollen von Gesellschafterversammlungen der Klägerin;
- Steuermodelle und Leistungsaustauschmodelle betreffend die Klägerin und deren Entwürfe;
- Wiedergabe von Gesprächsinhalten aus nicht-öffentlichen Gesellschafterversammlungen der Klägerin, die aus den Protokollen von nicht-öffentlichen Gesellschafterversammlungen der Klägerin ersichtlich sind, sowie
- internes Zahlenmaterial und sonstige Geschäftsunterlagen, die ausschließlich den Gesellschaftern der Klägerin als Grundlage der Entscheidungsfindung zugänglich gemacht wurden oder werden und die durch eindeutige Kennzeichnung wie z.B. „Tischvorlage”, „Geschäftsvorlage”, „internes Zahlenmaterial” oder ähnliches ausdrücklich bezeichnet sind.
Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagte habe gegen seine ihm gegenüber der Klägerin obliegende Verschwiegenheitspflicht verstoßen, indem er in den Rundschreiben vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 auch diejenigen Landesverbände der DBU, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, über Einzelheiten der Vergütung des Geschäftsführers der Klägerin informiert habe. Diese Landesverbände seien als Dritte anzusehen, denen gegenüber vertrauliche Interna der Klägerin nicht weitergegeben werden dürften. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die DBU Gesellschafterin der Klägerin sei und die Verbandsversammlung der DBU, der die Landesverbände als deren Mitglieder angehörten, das höchste Vereinsorgan der DBU sei, dem der Vorstand rechenschaftspflichtig sei. Im Spannungsverhältnis zwischen der Verschwiegenheitspflicht nach Gesellschaftsrecht und den „Informations-/Mitgliedschaftsrechten” nach Vereinsrecht sei die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung als grundsätzlich vorrangig anzusehen. Aus den beiden Rundbriefen und dem Prozeßverhalten des Beklagten ergebe sich eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich sämtlicher unter Nr. 1 bis 8 des Urteils aufgeführten Interna der Klägerin. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Durch die mit den beiden Rundschreiben an die Landesverbände weitergegebenen Einzelheiten des bestehenden „Arbeitsvertrags” des Geschäftsführers R. sowie der geplanten Änderungen der Vergütung seiner Leitungstätigkeit für die DBU/Klägerin (Tenor I., 1. Variante in Nr. 1 u. 2 des Berufungsurteils) hat der Beklagte nicht seine Verschwiegenheitspflicht als Gesellschafter der Klägerin verletzt (vgl. unter A). Hinsichtlich der weiteren Klageanträge (Tenor Nr. I., Nr. 1 u. 2 – jew. 2. Variante –, Nr. 3 bis 8 des Berufungsurteils) fehlt es bereits an einer Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr (vgl. unter B).
A. 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach das individuelle Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters nach § 51 a GmbHG umfassend ausgestaltet ist (BGHZ 135, 48, 54). Das Informationsrecht ist, vom Sonderfall des § 51 a Abs. 2 GmbHG abgesehen, prinzipiell unbeschränkt und findet seine Grenze erst bei einer nicht zweckentsprechenden Wahrnehmung (BGHZ aaO; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 51 a Rdn. 20 m.w.N.). Kehrseite dieses umfassenden und sehr weitgehend gestalteten Informationsrechts ist als Ausfluß der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine verstärkte Verschwiegenheitspflicht (allgemeine Meinung, vgl. nur Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 51 a Rdn. 6; Meyer-Landrut/Miller/Niehaus, GmbHG 1987, § 51 a Rdn. 13; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 51 a Rdn. 24). Die Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte ist grundsätzlich pflichtwidrig, und zwar ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne Rücksicht darauf, welche Zwecke mit der Verbreitung der Kenntnisse verfolgt werden (Hachenburg/Hüffer, GmbHG 8. Aufl. § 51 a Rdn. 11; Scholz/K. Schmidt aaO).
2. Rechtsfehlerhaft hat jedoch das Berufungsgericht diejenigen Landesverbände der DBU, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, als gesellschaftsfremde Dritte eingeordnet und dabei die Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht beachtet. Denn sämtliche Landesverbände sind Mitglieder der DBU und damit auch Mitglieder des obersten Organs des Hauptgesellschafters der Klägerin, nämlich der Mitgliederversammlung der DBU; in dieser Eigenschaft können auch diejenigen Landesverbände, die nicht selbst Gesellschafter der Klägerin sind, nicht wie gesellschaftsfremde Dritte behandelt werden. Den Landesverbänden steht als Vereinsmitgliedern der DBU in der Mitgliederversammlung – unabhängig von der Stellung zur Klägerin – ein Auskunftsrecht nach §§ 27 Abs. 3, 666 BGB gegenüber dem Vorstand der DBU (vgl. allgemein Staudinger/Weick, BGB 13. Aufl. § 27 Rdn. 25; KG NJW-RR 1999,1486) über alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Vereins zu (vgl. Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts 8. Aufl. Rdn. 885; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht 8. Aufl. Rdn. 303). Hierzu gehören im vorliegenden Fall auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen der DBU zur Klägerin; denn diese ist – entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts – keine „fremde” GmbH, sondern eine Tochtergesellschaft der DBU, auf die im wesentlichen aus steuerlichen Gründen der wirtschaftliche Betrieb der DBU ausgegliedert und die zur Gewinnabführung – davon zu 50 Prozent an die DBU – verpflichtet ist. Dem (vereinsrechtlichen) Informationsrecht der Landesverbände der DBU unterlagen daher grundsätzlich auch die Angelegenheiten bei der Klägerin als Tochterunternehmen, soweit sie auch für die DBU als Hauptgesellschafterin objektiv von so erheblicher wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung waren, daß sie damit auch zu Angelegenheiten der DBU selbst wurden.
3. Dieses umfassende Informationsrecht der Verbandsversammlung der DBU findet seine Grenze nur in einem etwa vorrangigen berechtigten Geheimhaltungsinteresse der DBU zur Abwehr einer zu besorgenden Gefahr für den Dachverband selbst oder die Klägerin als ihre Tochtergesellschaft (entsprechend § 51 a Abs. 2 GmbHG). In einem derartigen Fall, in dem der Vorstand die Auskunft verweigern könnte, wäre auch der Beklagte als Mitglied der DBU nicht berechtigt gewesen, im Rahmen seines satzungsmäßigen Initiativantragsrechts zur Tagesordnung der jeweiligen Mitgliederversammlung die anderen Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin waren, durch die Rundschreiben über seine Anträge nebst Begründungen zu inneren Angelegenheiten der Klägerin vorab zu informieren. Ein solches vorrangiges Geheimhaltungsinteresse der DBU oder der Klägerin als Tochterunternehmen bestand jedoch – entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Berufungsgerichts – im vorliegenden Fall jedenfalls hinsichtlich der in den Schreiben des Beklagten vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 aufgeführten Einzelheiten nicht.
a) Die im Schreiben vom 15. Juni 1995 erwähnten, auf einer Gesellschafterversammlung der Klägerin besprochenen Veränderungen auf der Leitungsebene durch Wechsel des Geschäftsführers R. in eine hauptamtliche Position bei der DBU betrafen grundlegende strukturelle Fragen des Verhältnisses der Klägerin zur DBU einschließlich der finanziellen Folgen (Vergütung, Abfindung), die ersichtlich schon allein im Hinblick auf die Funktion des Vorstandes der DBU auch in die Zuständigkeit ihrer Mitgliederversammlung fielen und damit zugleich dem uneingeschränkten Informationsrecht der Landesverbände unterlagen. Dementsprechend wurde der Inhalt des Rundschreibens des Beklagten auf dem Verbandstag vom 24. Juni 1995 diskutiert und anschließend auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin in Anwesenheit der Vorstände der Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin waren, offen erörtert.
b) Die Information im Schreiben vom 12. Mai 1999 über Urlaubsabgeltungen, die sich der Geschäftsführer der Klägerin selbst bewilligt hatte, betraf nicht lediglich deren innere Verhältnisse, sondern auch die DBU und deren Mitglieder. Denn zusätzliche Gehaltszahlungen der Klägerin an ihren Geschäftsführer mindern den Gewinn der Klägerin und damit auch die Gewinnabführungsansprüche der DBU gegen die Klägerin. Hinzu kommt, daß die DBU auch formalrechtlich an dem „Arbeitsvertrag” des Geschäftsführers R. auf Arbeitgeberseite neben der Klägerin beteiligt war. Somit waren hinsichtlich dieser Einzelheiten des Dienstverhältnisses – das im übrigen keinen geheimhaltungsbedürftigen Inhalt hat – auch diejenigen Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, informationsberechtigt. Dementsprechend hat das Schiedsgericht der DBU zutreffend festgestellt, daß auch der für einen späteren Verbandstag wiederholte inhaltsgleiche Antrag Nr. 3 in die Tagesordnung hätte aufgenommen und sämtlichen Verbandsmitgliedern zugänglich gemacht werden müssen.
Der Hinweis des Berufungsgerichts, wonach im Aktienrecht Angaben zur Vergütung der Vorstandsmitglieder nicht zu individualisieren sind, vermag nicht zu überzeugen. Es handelt sich dabei um eine – nicht unumstrittene (siehe dazu auch die gegenteilige Anregung im Deutschen Corporate Governance Kodex 4.2.4 Satz 2) – Besonderheit des Aktienrechts.
Einen pflichtwidrigen Verstoß gegen eine Verschwiegenheitspflicht als Gesellschafter der Klägerin hat der Beklagte durch die Versendung der Rundschreiben daher nicht begangen.
B. Hinsichtlich der weitergehenden Klageanträge kann dahinstehen, ob denjenigen Landesverbänden der DBU, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, bezüglich der darin genannten Einzelheiten ein Auskunftsrecht zustehen würde. Denn insoweit läßt sich – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – aus den Schreiben vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 oder aus dem Prozeßverhalten des Beklagten eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr nicht herleiten.
1. Hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs muß die Wiederholungsgefahr objektiv vorliegen. Dabei müssen Indiztatsachen gegeben sein, die den Schluß zulassen, daß eine Wiederholung des Eingriffs wahrscheinlich ist oder doch zumindest eine naheliegende Möglichkeit bildet (Staudinger/Grunsky, BGB 13. Aufl. § 1004 Rdn. 206). Die Frage, ob eine ernstliche Besorgnis weiterer Störungen besteht, ist zwar tatsächlicher Natur; sie ist jedoch in der Revisionsinstanz nachprüfbar, wenn die Urteilsgründe ergeben, daß in dem angefochtenen Urteil von unrichtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen worden ist (BGHZ 14, 163,167). So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat – wie vorstehend unter A ausgeführt – zu Unrecht angenommen, daß der Beklagte durch die Übermittlung der Rundschreiben vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Klägerin verletzt habe. Daher scheidet insoweit schon mangels Erstbegehung eine Wiederholungsgefahr aus.
2. Auch aus dem Prozeßverhalten des Beklagten ergibt sich damit – mangels Erstbegehung – keine Wiederholungsgefahr. Sofern das Berufungsgericht mit seiner nicht näher begründeten Erwägung zum Prozeßverhalten (auch) auf die sog. Erstbegehungsgefahr abstellen wollte, tragen die Feststellungen die Entscheidung jedoch ebenfalls nicht. Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Beklagte werde sich in naher Zukunft in der näher bezeichneten Weise rechtswidrig verhalten (BGH, Urt. v. 15. April 1999 – I ZR 83/97, NJW-RR 1999, 1563, 1564 m.w.N.). Eine Erstbegehungsgefahr kann sich zwar unter Umständen auch aus dem Prozeßverhalten der in Anspruch genommenen Partei ergeben. Die Tatsache allein, daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet; andernfalls würde der Beklagte in der wirksamen Verteidigung seines Rechts, in einem gerichtlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit bestimmter Verhaltensweisen klären zu lassen, und in seinem Recht auf rechtliches Gehör beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 2001 – I ZR 106/99, NJW-RR 2001, 1483, 1484 m.w.N.). Allein aus dem Prozeßverhalten des Beklagten kann somit im vorliegenden Fall nicht auf eine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der übrigen Klageanträge geschlossen werden.
III. Da die Sache aufgrund der bisherigen, umfassenden Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts entscheidungsreif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
Unterschriften
Röhricht, Henze, Goette, Kurzwelly, Münke
Fundstellen
Haufe-Index 891940 |
BGHZ 2003, 339 |
BGHZ, (bis einschl. II. A) |
DB 2003, 442 |
DStR 2003, 847 |
BuW 2003, 208 |
BGHR 2003, 344 |
BGHR |
NJW-RR 2003, 830 |
EWiR 2003, 307 |
NZG 2003, 396 |
Nachschlagewerk BGH |
StuB 2003, 526 |
WM 2003, 345 |
WuB 2003, 533 |
WuB 2003, 543 |
ZIP 2003, 345 |
JuS 2003, 813 |
GmbHR 2003, 295 |
www.judicialis.de 2002 |