Leitsatz (amtlich)
Der Beschluß der Gesellschafterversammlung, einen Gesellschafter-Geschäftsführer abzuberufen, kann – obgleich von der Satzung gedeckt – anfechtbar sein, wenn sich alle Gesellschafter einig waren, eine Abberufung solle nur mit Zustimmung des betroffenen Geschäftsführers erfolgen können.
Normenkette
GmbHG § 47
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.02.1985; Aktenzeichen 14 U 185/83) |
LG Kassel |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Februar 1985 (14 U 185/83) aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die am 18. Juli 1973 gegründete Beklagte ist die persönlich haftende Gesellschafterin der F. & N. K. GmbH & Co KG, die sich im wesentlichen mit Tunnelbauten beschäftigt. Von dem Stammkapital der Beklagten in Höhe von DM 125.000,– halten die Gesellschafterin Ursula L.
DM 75.000,– und ihr Sohn Klaus L. sowie der Kläger je DM 25.000,–. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages ist jeder Geschäftsführer zur alleinigen Geschäftsführung und Vertretung der Beklagten berechtigt, solange die genannten Personen Geschäftsführer sind. Nach Abs. 3 derselben Bestimmung bedürfen die Geschäftsführer für eine Reihe von Maßnahmen, darunter für „sonstige außergewöhnliche Geschäfte” (Abs. 3 h) der Zustimmung aller Gesellschafter. Nach § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages werden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der anwesenden Stimmen gefaßt. Für eine Reihe einzeln aufgeführter Geschäfte ist 3/4-Mehrheit oder Einstimmigkeit vorgeschrieben.
Bis zum Eintritt der Beklagten am 1. Januar 1974 war die Kommanditgesellschaft ein reines Familienunternehmen. Einzige persönlich haftende Gesellschafterin war Ursula L., einziger Kommanditist Klaus L. Bei Eintritt der Beklagten erhielt auch der Kläger, der für das Unternehmen bereits viele Jahre lang als leitender Angestellter tätig gewesen war, einen Kommanditanteil. Nach dem am 19. April 1974 neu abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag ist die Beklagte einzige persönlich haftende Gesellschafterin mit einer Kapitaleinlage von DM 125.000,–; Kommanditisten sind Ursula L. mit einer Kommanditeinlage von DM 1.575.000,– sowie Klaus Leiter und der Kläger mit Kommanditeinlagen von je DM 150.000,–. Nach § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages bringt die Beklagte „ihre Arbeitskraft, repräsentiert durch ihre Geschäftsführer” ein. Nach § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sind die Gesellschafter verpflichtet, der Kommanditgesellschaft während der Zeit, in der sie ihr angehören, sowie für die Dauer von zwei Jahren nach ihrem Ausscheiden keine Konkurrenz zu machen.
Beide Gesellschaftsverträge enthalten ferner u.a. Bestimmungen, wonach ein ausscheidender Gesellschafter nur den Nominalwert seines Anteils bzw. seines Ausscheidungsguthabens (ohne Berücksichtigung der stillen Reserven und des Firmenwertes) erhält, sowie Nachfolgeregelungen, durch die nach dem Tode der Gesellschafterin Ursula L. eine paritätische Beteiligung der Stämme des Klägers und Klaus L. erreicht werden soll.
Die Beklagte schloß mit dem Kläger einen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer, der zunächst bis zum 31. Dezember 1980 galt und sich jeweils um drei Jahre verlängern sollte, wenn er nicht von einem Vertragspartner unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten mit eingeschriebenem Brief gekündigt wurde.
Auf einer am 22. Januar 1983 abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Beklagten, an der alle Gesellschafter teilnahmen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Ursula L. und bei Stimmenthaltung des Gesellschafters Klaus L. beschlossen, den Kläger mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abzuberufen, seinen Anstellungsvertrag zum 31. Dezember 1983 zu kündigen, ihn mit sofortiger Wirkung zu beurlauben und ihm ein Hausverbot zu erteilen. Entsprechende Erklärungen gab Ursula L. auf Anweisung der Gesellschafterversammlung gleichzeitig gegenüber dem Kläger ab. Die Teilnahme an der Abstimmung wurde dem Kläger mit der Begründung verweigert, als Betroffener sei er nicht stimmberechtigt. Inhaltlich gleiche Beschlüsse wurden mit demselben Stimmenverhältnis in einer unmittelbar darauf abgehaltenen Gesellschafterversammlung auch für die Kommanditgesellschaft gefaßt.
Der Kläger hat gegen den Beschluß der Beklagten vom 22. Januar 1983 Anfechtungsklage erhoben. Außerdem begehrt er nach den in der Berufungsinstanz gestellten Anträgen die Feststellung, daß die ihm gegenüber abgegebenen Erklärungen unwirksam seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Zurückverweisung.
I. 1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann aus § 5 Abs. 3 h der Satzung der Beklagten nicht der Schluß gezogen werden, die Abberufung eines Geschäftsführers erfordere einen einstimmigen Beschluß der Gesellschafterversammlung. Für deren Beschlüsse genüge auch nach der Satzung der Beklagten (§ 7 Abs. 4 Satz 1) grundsätzlich die einfache Stimmenmehrheit. Die Fälle, in denen die Satzung ausnahmsweise eine qualifizierte Stimmenmehrheit vorschreibe, seien in § 7 Abs. 4 Satz 2 und 3 aufgezählt. Die Abberufung eines Geschäftsführers falle nicht darunter.
Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision gehen schon deshalb fehl, weil es sich bei der Entscheidung über die Abberufung eines Geschäftsführers nach § 46 Nr. 5 GmbHG um eine originäre Kompetenz der Gesellschafterversammlung handelt. Das gleiche gilt für die Kündigung des Anstellungsvertrages, wenn, wie im vorliegenden Fall, mit der Beendigung des Dienstverhältnisses zugleich die Beendigung des Organverhältnisses verbunden ist (BGH, Urt. v. 19. Januar 1961 – II ZR 217/58 und vom 18. November 1968 – II ZR 121/67, LM GmbHG § 46 Nr. 3 und 6; vom 1. Februar 1968 – II ZR 212/65, WM 1968, 570). Die Satzung der Beklagten bietet keinen Anhaltspunkt, daß die Gesellschafter für Abberufung und Kündigung, wozu sie berechtigt gewesen wären (vgl. Senatsurteil vom 18. November 1968 – II ZR 121/67, LM GmbHG § 46 Nr. 9), unterschiedliche Zuständigkeiten hätten schaffen wollen. Dementsprechend kann nicht die Rede davon sein, die Gesellschafterversammlung habe bei der Abberufung des Klägers eine Entscheidung, die an sich Sache der Geschäftsführung gewesen wäre, an sich gezogen. Alle Überlegungen, welche die Revision daran knüpft, inwieweit Bindungen, die der Geschäftsführung durch die Satzung auferlegt sind, auch von der Gesellschafterversammlung zu beachten sind, wenn sie Entscheidungen der Geschäftsführung an sich zieht, liegen deshalb jedenfalls für den vorliegenden Fall neben der Sache. Da mithin in dem Gesellschaftsvertrag nicht einmal andeutungsweise zum Ausdruck gekommen ist, daß die Geschäftsführer nur mit Zustimmung aller Gesellschafter abberufen werden können, ist für die Heranziehung von außerhalb der Urkunde gelegenen Umständen bei der Auslegung der Satzung kein Raum. Dies gilt ebenso für das von dem Kläger behauptete Einverständnis der vertragschließenden Parteien, daß seine Abberufung als Geschäftsführer nur mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen dürfe, wie für die Folgerungen, die die Revision für den Fall, daß sich aus § 5 Abs. 3 h der Satzung der Beklagten ein Anzeichen für den Ausschluß der Abberufbarkeit des Klägers ergeben hätte, aus einzelnen Bestimmungen des Kommanditvertrages gezogen wissen will. Subjektive Absichten und Erwägungen der Gesellschafter, die für die Allgemeinheit nicht erkennbar sind, haben für die Auslegung der Satzung außer Betracht zu bleiben (BGHZ 14, 25, 37; Urt. v. 29. September 1954 – II ZR 331/53, LM ZPO § 549 Nr. 25; RGZ 159, 321, 326; h.M., vgl. auch Hueck in Baumbach/Hueck GmbHG, 14. Aufl., § 2 Rdnr. 25–27 m.w.N.).
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, die angefochtenen Beschlüsse seien selbst dann unwirksam, wenn für ihr Zustandekommen die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausgereicht hätte. Die Mehrheitsgesellschafterin Ursula Leiter habe nämlich nicht wirksam mitgestimmt, weil sie in der unter dem 30. Oktober 1982 zugunsten von Prof. Dr. Ludewig ausgestellten Vollmacht die Rechtsverbindlichkeit der von ihr abgegebenen Willenserklärungen von der Unterzeichnung oder schriftlichen Billigung durch ihren Schwiegersohn, Herrn S. oder ihren Steuerberater, Prof. Dr. Lu. abhängig gemacht habe. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, konnte sich Frau L. durch diese Erklärung nicht ihrer rechtlichen Fähigkeit begeben, wirksam Willenserklärungen ohne Zustimmung der in der Vollmacht genannten Personen abzugeben. Auch eine schuldrechtliche Bindung, die Auswirkungen auf den Gesellschafterbeschluß haben könnte, kommt, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, vorliegend nicht in Betracht. Sie würde voraussetzen, daß sich alle Gesellschafter verpflichtet haben, eine Stimmabgabe der Frau L. nur unter den in der Vollmacht festgelegten Voraussetzungen als wirksam zu betrachten. Der Parteivortrag und der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt liefern jedoch keinen Anhaltspunkt, der dazu berechtigen könnte anzunehmen, die Mitgesellschafter hätten mehr getan als Frau L. Erklärung zur Kenntnis zu nehmen, überdies lag eine solche Stimmbindung weder im Interesse der Mitgesellschafter oder der Gesellschaft noch war sie Frau L. von dieser Seite jemals abverlangt worden. Damit ist auch für die Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses kein Raum. Dem Berufungsgericht ist hiernach zuzustimmen, daß im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern nicht mehr als eine Absichtserklärung der Frau L. vorliegt, ihr Abstimmungsverhalten künftig von der Zustimmung der in der Vollmacht genannten Personen abhängig zu machen, die es ihr freistellte, ihre Stimmabgabe im Einzelfall unter diesen Vorbehalt zu stellen oder ihn durch freie Abgabe ihrer Stimme außer acht zu lassen.
Unter diesen Umständen kommt es auf die Hilfsbegründung des Berufungsgerichtes, wonach Prof. Dr. Lu. der Stimmabgabe der Mehrheitsgesellschafterin zumindest stillschweigend zugestimmt habe, und die dagegen erhobenen Einwände der Revision nicht an.
3. Ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse ist es ferner, daß dem Kläger die Mitwirkung an der Abstimmung über seine Abberufung und Kündigung sowie die weiteren gegen ihn verhängten Maßnahmen versagt worden ist. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, der Ausschluß des Klägers von der Abstimmung sei zwar unrichtig gewesen, weil davon auszugehen sei, daß die Abberufung am 22. Januar 1983 ohne wichtigen Grund erfolgen sollte. Dies ändere aber nichts an der Wirksamkeit der an diesem Tag gefaßten Gesellschafterbeschlüsse, weil sie auch dann mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Ursula Leiter gefaßt worden wären, wenn der Kläger mitgestimmt hätte. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, daß jeder Gesellschafter an der Abstimmung über die Abberufung eines Geschäftsführers auch dann teilnehmen darf, wenn es dabei um seine eigene Person geht, solange die Abberufung nicht aus wichtigem Grund erfolgen soll (vgl. Urt. v. 20. Dezember 1982 – II ZR 110/82, NJW 1983, 938 f.; Urt. v. 21. April 1969 – II ZR 200/67, NJW 1969, 1483). Die Vorenthaltung des Stimmrechts führt jedoch wie andere Gesetzesverstöße auch nur dann zur Anfechtbarkeit des Gesellschafterbeschlusses, wenn er auf ihr beruht, wenn also anzunehmen ist, daß der Beschluß bei Berücksichtigung der Stimme des zu Unrecht ausgeschlossenen Gesellschafters nicht zustande gekommen wäre (BGHZ 14, 264, 267 f.; 36, 121, 139; Urt. v. 30. November 1961 – II ZR 136/60, WM 1962, 202, 204; Urt. v. 22. September 1969 – II ZR 144/68, WM 1969, 1281; Hachenburg-Schilling/Zutt, GmbHG, 7. Aufl., § 47 Anh. Rdnr. 86; Zöllner in Baumbach/Hueck § 47 Anh. Rdnr. 68). Die Ursächlichkeit des Verstoßes für das Zustandekommen des Beschlusses wird zwar vermutet (BGHZ 36, 121, 139; 49, 209, 211; Hachenburg-Schilling/Zutt, a.a.O. Rdnr. 85). Diese Vermutung ist jedoch durch die Feststellung des Berufungsgerichts ausgeräumt, der Kläger habe in der Gesellschafterversammlung Gelegenheit gehabt, sich zu der Frage seiner Abberufung zu äußern und dabei deutlich gemacht, daß er mit ihr nicht einverstanden sei, ohne dadurch Frau L. von ihrem Entschluß zur Abberufung des Klägers abbringen zu können. Diese tatrichterliche Feststellung ist fehlerfrei zustande gekommen und für die Revisionsinstanz bindend. Auch die Revision macht keine Umstände geltend, die dafür sprechen könnten, daß die Abberufung des Klägers nicht beschlossen worden wäre, wenn er mitgestimmt hätte. Die von ihr geäußerte Vermutung, die anderen Gesellschafter, insbesondere Frau L., könnten den Argumenten des Klägers mehr Bedeutung beigemessen und anders abgestimmt haben, wenn sie ihn als stimmberechtigt angesehen hätten, ist nicht durch Tatsachen belegt und nicht geeignet, die gegenteiligen tatrichterlichen Feststellungen zu erschüttern.
4. Das Berufungsgericht hat ferner einen inhaltlichen Verstoß der angefochtenen Beschlüsse gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und die gesellschaftliche Treuepflicht, die zu ihrer Unwirksamkeit führen könnten, im Ergebnis zu Recht verneint. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision, die in dem Ausschluß des Klägers von der Geschäftsführung und der Entziehung seines Gehalts einen treuwidrigen Eingriff in mitgliedschaftliche Interessen des Klägers sehen will, gehen schon deshalb fehl, weil die Geschäftsführerstellung des Klägers, wie dargelegt, keine Absicherung in der Satzung der Beklagten erfahren hat und auch sein Anstellungsvertrag ausdrücklich für beide Vertragspartner das Recht vorsieht, das Dienstverhältnis zum Ablauf von jeweils drei Jahren unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zu kündigen. Fehlt es demnach an einem satzungsmäßigen Sonderrecht des Klägers zur Führung der Geschäfte der Beklagten, so kann seine Abberufung und Kündigung auch keinen unzulässigen Eingriff in seine Rechte als Gesellschafter darstellen.
II. 1. Das Berufungsgericht hat jedoch außer acht gelassen, daß die Gesellschafter einer GmbH außerhalb der Satzung untereinander schuldrechtliche Bindungen eingehen können. Derartige Bindungen werden im Schrifttum innerhalb gewisser Grenzen durchweg für zulässig erachtet (vgl. die Zusammenfassung des gegenwärtigen Meinungsstandes bei Zöllner in Baumbach/Hueck, a.a.O., § 47 Rdn. 77 ff). Sie können auch durch das Einverständnis der Gesellschafter begründet werden, die Satzung der Gesellschaft in einem bestimmten Sinne auszulegen (so ausdrücklich Zöllner, a.a.O., Rdnr. 79). Ist die Bindung von sämtlichen Gesellschaftern eingegangen worden, so kann sie auch im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1983 – II ZR 243/81, WM 1983, 334). Es ist kein Grund ersichtlich, warum für das Einverständnis, daß die Abberufung eines Gesellschafters aus seiner Stellung als Geschäftsführer nur mit seiner Zustimmung erfolgen soll, etwas anderes gelten müßte. Die zweifelnden Ausführungen von Mertens (Hachenburg-Mertens, GmbHG, 7. Aufl., § 38 Rdnr. 31, 32) betreffen nur die Frage, ob sich die Gesellschaft als solche gegenüber ihrem Geschäftsführer entgegen § 38 GmbHG ohne entsprechende Satzungsbestimmung im Sinne einer Einschränkung der freien Widerruflichkeit der Bestellung, insbesondere durch eine Abmachung im Anstellungsvertrag, binden kann.
Unter diesem Gesichtspunkt war der in der Berufungsbegründung durch die Vernehmung des beurkundenden Notars unter Beweis gestellte Vortrag des Klägers, zwischen den Gesellschaftern habe bei Vertragsschluß Einverständnis darüber bestanden, daß die Abberufung eines Gesellschafters aus seiner Stellung als Geschäftsführer nur mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen könne, entscheidungserheblich. Die von der Revision gerügte Ablehnung dieses Beweisantrages als unsubstantiiert durch das Berufungsgericht ist jedenfalls in Ermangelung eines Hinweises, der den Kläger zur Konkretisierung seines Vertrages veranlassen konnte, verfahrensfehlerhaft.
III. Der dem Verfahren des Berufungsgerichts damit anhaftende Fehler muß zur Aufhebung des Urteils in vollem Umfang führen. Denn die Unwirksamkeit des Beschlusses über die Abberufung des Klägers würde auch die weiteren gleichzeitig gegen ihn beschlossenen Maßnahmen, Kündigung seines Dienstverhältnisses, sofortige Beurlaubung und Verhängung eines Hausverbots, ergreifen.
1. Zwar wäre, wie die Regelung der Kündigung im Anstellungsvertrag des Klägers zeigt, eine Kündigung dieses Vertrages auch dann zulässig gewesen, wenn die Abberufung des Klägers nicht möglich war. Sie hätte in diesem Falle etwa den Sinn haben können, auf dem Wege einer Änderungskündigung die Anstellungsbedingungen neu auszuhandeln und festzulegen. Im vorliegenden Fall stehen die Beschlüsse über die Abberufung des Klägers und die Kündigung seines Anstellungsvertrages jedoch in einem so engen Zusammenhang, daß nicht festgestellt werden kann, daß die Kündigung auch dann beschlossen worden wäre, wenn der Kläger nicht abberufen werden konnte. Außerdem könnte eine solche Kündigung unter den gegebenen Umständen nur den Zweck haben, den ohne seine Zustimmung als Geschäftsführer nicht abberufbaren Kläger durch Auflösung seines Dienstverhältnisses und Entziehung seines Gehalts zu seiner Zustimmung und damit zur Aufgabe zu nötigen. Ein solches Vorgehen verstieße gegen die eingegangene Bindung, ihn nicht ohne seine Zustimmung abzuberufen.
2. Die Beschlüsse, den Kläger mit sofortiger Wirkung zu beurlauben und ein Hausverbot gegen ihn auszusprechen, konnten ebenfalls mit einfacher Stimmenmehrheit von der Gesellschafterversammlung gefaßt werden. Wie der Senat verschiedentlich ausgesprochen hat (Urt. v. 17. April 1958 – II ZR 222/56; Urt. v. 19. Januar 1961 – II ZR 217/58; Urt. v. 18. November 1968 – II ZR 121/67, WM Nr. 3, 6 und 9 zu § 46 GmbHG; Urt. v. 1. Februar 1968 – II ZR 212/65, WM 1968, 570) umfaßt die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer auch die Regelung des Anstellungsverhältnisses, falls dieses zusammen mit der Bestellung zum Geschäftsführer oder mit der Abberufung aus diesem Amt geordnet wird. Eine Regelung des Dienstverhältnisses, wenn auch mit gleichsam negativem Vorzeichen, nimmt die Gesellschafterversammlung auch dann vor, wenn sie gleichzeitig mit der Abberufung und Kündigung beschließt, den Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung zu beurlauben und ihm das weitere Betreten der Geschäftsräume der Gesellschaft zu untersagen. Vorzeitige Beurlaubung und Hausverbot sind in diesem Falle keine Maßnahmen der Geschäftsführung, die isoliert von der Lösung des Organ- und Anstellungsverhältnisses gesehen werden können. Sie sind vielmehr in unmittelbarer Weise (Neu-)Ordnung des durch Abberufung und Kündigung inhaltlich veränderten und in das Stadium des Auslaufens eingetretenen Dienstverhältnisses. Sie bilden deshalb mit den über den Widerruf der Organstellung und die Kündigung gefaßten Beschlüssen ebensosehr ein Ganzes wie diese untereinander zu einer Einheit verbunden sind. Aus diesem Grunde ist es sachgerecht, wenn auch sie in entsprechender Anwendung des § 46 Nr. 5 GmbHG in die Beschlußzuständigkeit der Gesellschafterversammlung fallen. Für die im Zusammenhang mit der Kündigung von der Gesellschafterversammlung beschlossene sofortige Beurlaubung eines Geschäftsführers ist dies unmittelbar einleuchtend. Es kann ebensowenig Sache eines Geschäftsführers sein, seinen Mitgeschäftsführer vorzeitig von seinen fortbestehenden Geschäftsführungspflichten zu entbinden, wie es seine Aufgabe ist, über dessen Kündigung zu entscheiden. Für ein gleichzeitig ausgesprochenes Verbot, sich in den Geschäftsräumen der Gesellschaft aufzuhalten, kann nichts anderes gelten, weil es dabei lediglich um eine zwar nicht zwingende, davon aber auch nicht losgelöst zu sehende Konsequenz aus der gleichzeitig ausgesprochenen Kündigung und sofortigen Beurlaubung des Geschäftsführers geht.
Inhaltliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Beschlusses über die Verhängung des Hausverbotes bestehen nicht. Der Beschluß verletzt den Kläger, sofern seine Abberufung als Geschäftsführer und die Kündigung seines Anstellungsvertrages wirksam sind, nicht in seinen Rechten als Gesellschafter. Der Besitz von Geschäftsanteilen einer GmbH berechtigt nicht dazu, die Geschäftsräume des Unternehmens zu betreten und sich dort aufzuhalten. Die Rüge der Revision, durch das Hausverbot werde dem Kläger das Recht auf Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft genommen, die regelmäßig in den Geschäftsräumen zu gewähren sei, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, der Beschluß über die Verhängung des Hausverbotes sei ungeachtet seines weitergehenden Wortlautes nicht so zu verstehen, daß er den Kläger auch an der Wahrnehmung seiner Rechte als Gesellschafter, insbesondere an der Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und der Ausübung der ihm nach § 51 a GmbHG zustehenden Einsicht in die Geschäftsbücher, hindern solle. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Hausverbot ist ausschließlich im Zusammenhang mit der Ablösung des Klägers als Geschäftsführer beschlossen worden. Es spricht nichts dafür, daß die Mitgesellschafter des Klägers nicht nur die sich daraus ergebenden Folgen regeln, sondern ihn darüber hinaus auch die ihm nach Gesetz und Satzung als Gesellschafter zustehenden Rechte streitig machen wollten. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat darüber zwischen den Parteien niemals Streit bestanden. Nach alledem hält sich die Deutung, die das Berufungsgericht dem Beschluß über das Hausverbot gegeben hat, jedenfalls innerhalb der Grenzen zulässiger tatrichterlicher Auslegung.
Aus dem inneren und zeitlichen Zusammenhang mit der Abberufung und Kündigung des Klägers folgt jedoch, daß auch seine sofortige Beurlaubung und das Hausverbot nicht beschlossen worden wären, wenn die Abberufung des Klägers aufgrund entgegenstehender Abmachungen aller Gesellschafter nicht ohne seine Zustimmung möglich war. Außerdem wären diese Maßnahmen auch sachlich nicht mit dem Fortbestand seines Rechts und seiner Pflicht zur Führung der Geschäfte der Beklagten vereinbar.
3. Waren seine Mitgesellschafter nicht berechtigt, den Kläger ohne seine Zustimmung abzuberufen, so sind auch die ihm gegenüber zur Ausführung der beschlossenen Maßnahmen abgegebenen Erklärungen unwirksam. Zwar leidet der Vollzug der von der Beklagten gefaßten Beschlüsse, wie das Berufungsgericht mit zutreffender Begründung festgestellt hat, nicht an einem Mangel in der Verlautbarung. Die Fehlerhaftigkeit der zugrundeliegenden Beschlüsse muß aber auch auf die Wirksamkeit der zu ihrem Vollzug abgegebenen Erklärungen durchschlagen (vgl. Scholz- Karsten Schmidt, GmbHG, 6. Aufl., § 46 Rdnr. 71 m.w.N.). Damit kann auch die Abweisung der Feststellungsklage keinen Bestand haben, so daß die Sache in vollem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Unterschriften
Dr. Kellermann, Dr. Bauer, Bundschuh, Hesselberger, Röhricht
Fundstellen
Haufe-Index 1778294 |
BB 1987, 218 |
BB 1987, 503 |
NJW 1987, 1890 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1987, 293 |