Leitsatz (amtlich)
a) § 75 f HGB ist auf Sperrabreden entsprechend anzuwenden, durch die der Arbeitgeber eines nicht-kaufmännischen Arbeitnehmers in einer dem Handlungsgehilfen vergleichbar abhängigen Stellung einen Dritten verpflichtet, den Arbeitnehmer nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen einzustellen. Daher kann ein Vertragsstrafenversprechen zur Sicherung dieser Abrede nicht gerichtlich durchgesetzt werden.
b) Zur entsprechenden Anwendung des § 75 f HGB auf ein Bewachungsunternehmen.
Normenkette
BGB §§ 339, 611; HGB § 75f; GewO § 133f
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.04.1972) |
LG Wiesbaden |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (Main) vom 28. April 1972 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Im Jahre 1970 übernahm die Klägerin für die Beklagte die Bewachung einer Baustelle in W.-S., Der Bewachungsvertrag sah u.a. folgende Regelungen vor:
§ 7
„Die Übernahme oder Abwerbung des von der Auftragnehmerin gestellten Personals in die Lohnregie der Auftraggeberin ist bis zu einem Jahr nach Ausscheiden des Wachpersonals aus den Diensten der Auftragnehmerin nicht gestattet. Im Falle der Zuwiderhandlung wird eine Konventionalstrafe in Höhe von drei Monatsrechnungen vereinbart. Falls Wachpersonal in Übereinstimmung zwischen Auftraggeberin und Auftragnehmerin zur Auftraggeberin wechselt, d.h. dort fest angestellt wird, entfallen die Bestimmungen des gesamten § 7.”
Mit Schreiben vom 20. Oktober 1970 kündigte die Beklagte den Bewachungsvertrag zum 31. Oktober 1970 mit der Begründung, der Wachmann M. sei während des Wachdienstes wiederholt angetrunken gewesen. Zum 1. November 1970 stellte sie den zuvor bei der Klägerin als Wachmann beschäftigten V. ein, nachdem dieser bei der Klägerin am 22. Oktober 1970 gekündigt hatte, und betraute ihn mit Werksschutz- und Bewachungsaufgaben.
Mit der Klage hat die Klägerin u.a. beantragt, die Beklagte zur Zahlung einer Konventionalstrafe von 8.018,15 DM wegen Übernahme des Wachmanns V. zu verurteilen.
Das Landgericht hat dem Klageantrag stattgegeben, das Oberlandesgericht ihn abgewiesen.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Unstreitig hat die Beklagte durch die Einstellung des Wachmanns V. Unterlassungspflichten, die durch § 7 des Bewachungsvertrages geschützt werden sollten, vorsätzlich verletzt. Gleichwohl kann die Klägerin nach Auffassung des Berufungsgerichts die an sich verwirkte Vertragsstrafe nicht durchsetzen, da § 75 f HGB ihrer Klage entgegenstehe. Nach dieser Vorschrift findet weder Klage noch Einrede aus einer Vereinbarung statt, durch die sich ein Arbeitgeber einem anderen Arbeitgeber gegenüber verpflichtet, einen Handlungsgehilfen, der bei diesem im Dienst ist oder gewesen ist, nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen anzustellen. Die Vorschrift erfaßt, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, auch Vertragsstrafenversprechen, die der Sicherung einer solchen Abmachung dienen; auch aus ihnen können Rechte nicht gerichtlich durchgesetzt werden (BGH Urt. v. 13. Oktober 1972 – I ZR 88/71 = Betrieb 1973, 423; Urt. des erkennenden Senats vom heutigen Tag – VI ZR 132/72 – zur Veröffentlichung bestimmt).
Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war V. allerdings nicht Handlungsgehilfe im Sinne von §§ 59, 75 f HGB. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist § 75 f HGB hier jedoch entsprechend anzuwenden.
I.
Gegen diese Auffassung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
Wie der Senat in dem soeben erwähnten Urteil vom heutigen Tag (VI ZR 132/72) dargelegt hat, steht zwar § 75 f HGB sowohl nach Entstehungsgrund als auch der Sache nach in Zusammenhang mit der in den §§ 74–75 e HGB getroffenen Regelung, die unmittelbar nur für die Handlungsgehilfen gilt (BGHZ 24, 165, 167). Demgemäß hebt § 83 HGB ausdrücklich hervor, daß es hinsichtlich der Personen, die in dem Betrieb eines Handelsgewerbes andere als kaufmännische Dienste leisten, bei dem für das Arbeitsverhältnis dieser Personen geltenden Vorschriften bewenden soll (vgl. auch §§ 82 a, 90 a HGB). Indes liegt § 75 f HGB ein Rechtsgedanke zugrunde, der auch im Blick auf das frühere Arbeitsverhältnis von V. zu der Klägerin hier beachtet werden muß.
1. Die Vorschrift des § 75 f HGB soll zunächst verhindern, daß die Anforderungen, die das Gesetz in den §§ 74 ff HGB zum Schutz des Handlungsgehilfen an Vereinbarungen stellt, durch die dieser gegenüber seinem Arbeitgeber Beschränkungen in seiner gewerblichen Tätigkeit für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses übernimmt, durch Absprachen des Arbeitgebers mit anderen kaufmännischen Unternehmern umgangen werden, über diese (mehr rechtstechnische) Aufgabe hinaus hat § 75 f HGB zusammen mit den übrigen Vorschriften der §§ 74 ff HGB jedoch auch eine wertentscheidende Bedeutung. Bei aller Anerkennung eines berechtigten Interesses des Arbeitgebers, sich durch Wettbewerbsverbote vor einer Abwanderung seines Personals zu Konkurrenzunternehmen und vor den für den Bestand seines Unternehmens damit verbundenen Nachteilen zu schützen, sieht die Regelung die Freiheit des Arbeitnehmers, über sein berufliches Fortkommen nach dem Ende des Anstellungsverhältnisses selbst zu bestimmen, vor allem seinen Arbeitsplatz frei zu wählen, im Interessenkonflikt als grundsätzlich übergeordnet an. Deshalb wendet sich das Gesetz in § 75 f HGB gegen Absprachen, durch die unter Umgehung des betroffenen Arbeitnehmers über den Einsatz seiner Arbeitskraft für diese Zeit verfügt wird. Der Gesetzgeber versagt ihnen die Durchsetzbarkeit schlechthin, ohne wie für Wettbewerbsabsprachen zwischen dem Handlungsgehilfen und seinem Dienstherrn auf das Ausmaß der Beschränkungen oder darauf abzuheben, daß der Arbeitnehmer bei Abschluß der Vereinbarung noch bei diesem beschäftigt ist. Solche Sperrklauseln unterlaufen die Freiheit des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz sowie Inhalt und Dauer des Anstellungsverhältnisses selbst zu bestimmen. Sie lassen ihm keine Möglichkeit, sein berufliches Interesse den Interessen seines Arbeitgebers entgegenzusetzen. Die Regelung in § 75 f HGB entspricht damit nicht nur einem sozialen Anliegen der Handlungsgehilfen. Sie ist im Zusammenhang mit dem Anspruch des einzelnen auf Selbstbestimmung zu sehen, der verfassungsrechtlich u.a. durch das Grundrecht der Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet ist, und auf ein Wertsystem zurückzuführen, das auch für solche Arbeitnehmer gilt, die sich zwar in ihrem Berufsbild von den kaufmännischen Angestellten unterscheiden, aber einer gleichen Konfliktsituation im Berufsleben ausgesetzt und hierin nicht weniger schutzwürdig sind.
Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 13. September 1969 (BAGE 22, 125, 134 ff = NJW 1970, 626) ausführlich dargestellt hat, hat sich der Anlaß aus dem solche Wettbewerbsverbote vereinbart zu werden pflegen, seit Inkrafttreten der §§ 74 ff HGB von bestimmten Arbeitnehmerberufen hinweg auf die fachliche Qualifikation des Arbeitnehmers verlagert, so daß Wettbewerbsverbote auch mit gewerblichen Angestellten und sonstigen Arbeitnehmern häufig geworden sind. Die Funktionen in der industrialisierten Wirtschaft werden zunehmend nicht mehr von selbständigen, sondern von abhängigen Arbeitnehmern ausgeübt; die Unterschiede zwischen kaufmännischen Angestellten und nicht-kaufmännischen Arbeitnehmern haben sich nach Stellung und Bedeutung innerhalb des kaufmännischen Unternehmens, dessen betriebliche Struktur ebenfalls grundlegende Veränderungen durchlaufen hat, verringert. Die Belastungen, denen auch nicht-kaufmännische Arbeitnehmergruppen durch Wettbewerbsverbote i.S. der §§ 74 ff HGB ausgesetzt sind, werden noch verstärkt durch die zunehmende Spezialisierung und Verflechtung unternehmerischer Interessen, die den räumlichen und sachlichen Geltungsbereich der Konkurrenzklauseln beeinflussen. Nach alledem können im Blick auf eine gesetzliche Beschränkung solcher Klauseln Schutzbedürfnis und Schutzwürdigkeit der nicht-kaufmännischen Arbeitnehmer nicht anders als bei den kaufmännischen Angestellten (§ 59 HGB) beurteilt werden.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Bundesarbeitsgericht auch darin gefolgt werden kann, daß die Schutzvorschriften der §§ 74 ff HGB in ihrer Einzelausgestaltung der analogen Anwendung auf die Vertragsbeziehungen nicht-kaufmännischer Arbeitnehmer zugänglich sind (so BAGE 22, 125 sowie BArbG AP § 133 f GewO Nr. 23; § 74 HGB Nr. 26, 27; § 75 b HGB Nr. 13; § 611 BGB-Konkurrenzklausel – Nr. 25). Insoweit mögen Bedenken vornehmlich deshalb bestehen, weil die Regeln in Einzelheiten, etwa in der Abstufung von unwirksamen und nur unverbindlichen Abreden, in der Anknüpfung an feste Gehaltssätze (§ 74 a Abs. 2 Satz 1 HGB), in der zeitlichen Begrenzung zulässiger Wettbewerbsverbote auf die Dauer von zwei Jahren (§ 74 a Abs. 1 Satz 3 HGB), in der Berechnung und Zahlungsweise der Entschädigung (§§ 74 b, 74 c HGB) derart auf das Berufsbild des Handlungsgehilfen zugeschnitten sind, daß sie nicht ohne weiteres zu einer undifferenzierten Übernahme auf zwar vergleichbare, nicht aber in den Einzelheiten übereinstimmende Sachverhalte geeignet erscheinen (vgl. Canaris SAE 1971, 111 ff; dazu auch Conzen ZfA 1972, 131, 192 f). Etwa bestehende Besonderheiten der beruflichen Stellung des Handlungsgehilfen gegenüber anderen Arbeitnehmern können aber jedenfalls dort keine Rolle spielen, wo es – wie hier – um die auf spezifische Tätigkeitsmerkmale der Betroffenen nicht abhebende, allgemeinene Frage geht, ob solchen Sperrklauseln der Schutz der Gerichte vorenthalten bleiben muß, weil sie unter Umgehung des Arbeitnehmers über die Verwertung seiner Arbeitskraft und sein berufliches Fortkommen in einseitiger Verfolgung wirtschaftlicher Interessen seines Arbeitgebers verfügen. Insofern geht es allein um eine Abwägung, inwieweit gegenüber diesen Interessen des Arbeitgebers der Selbstbestimmung des Arbeitnehmers Geltung zu verschaffen ist; seine berufliche Stellung ist hierfür nur von Belang, als sie Art und Ausmaß seiner Abhängigkeit bestimmt, die seiner Entscheidungsfreiheit im Berufsleben Grenzen setzt. Die vom Gesetzgeber in § 75 f HGB für die Verhältnisse der kaufmännischen Angestellten gegebene Antwort reicht aufgrund der Wertung, die ihr zugrunde liegt, über den Geltungsbereich der Regelung hinaus. Sie kann für nicht-kaufmännische Arbeitnehmer in gleicher abhängiger Lage nicht anders ausfallen, zumal sie auch in der Wertordnung des Grundgesetzes eine Stütze findet. Die entsprechende Anwendung dieses in § 75 f HGB konkretisierten allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf die Verhältnisse dieser Arbeitnehmergruppen ist umso mehr gerechtfertigt, als auch hier dem Arbeitgeber, nicht anders als dem „Prinzipal” des Handlungsgehilfen, ausreichende Möglichkeiten bleiben, sich durch Wettbewerbsabsprachen, an denen er den betroffenen Arbeitnehmer beteiligt, gegen Nachteile für seinen Betrieb aus einem Wechsel des Arbeitnehmers zur Konkurrenz abzusichern.
3. Soweit in den Urteilen des Senats vom 11. Dezember 1962 – VI ZR 41/62 = MDR 1963, 296 und vom 23. März 1971 – VI ZR 199/69 = NJW 1971, 1126 ein anderer Standpunkt zum Ausdruck gekommen sein sollte, wird hieran nicht festgehalten. Zwar steht außer Frage, daß der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben kann, sich gegen ein Abwandern seines – nicht-kaufmännischen – Personals zur Konkurrenz durch Wettbewerbsverbote zu schützen. Sofern ein solcher Arbeitsplatzwechsel nicht ausnahmsweise schon vom Gesetz oder der Sittenordnung mißbilligt wird, muß der Unternehmer diesen Schutz, wenn er ihn im Klageweg durchsetzen will, jedoch in einer Vereinbarung zu erreichen suchen, an der der betroffene Arbeitnehmer selbst beteiligt ist und die auch dessen Interessen im Rahmen der Anforderungen der §§ 74 ff HGB, soweit diese auf das Arbeitsverhältnis zu übertragen sind, Rechnung trägt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann mögen auch Sperrabreden zwischen Unternehmern zulässig sein, soweit sie lediglich unter Beachtung der §§ 74 ff HGB vereinbarte Wettbewerbsverbote absichern sollen, ohne für den Arbeitnehmer zusätzliche Beschwerungen zu begründen. Doch braucht hierzu nicht abschließend Stellung genommen zu werden, da im zu entscheidenden Fall nichts dafür vorgetragen ist, daß die Klägerin ihren Wachmännern in irgendeiner Weise eine angemessene „bezahlte Karenz” gewährt hätte.
II.
1. Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, daß sich die Klägerin auf das Vertragsstrafenversprechen der Beklagten vor Gericht nicht berufen kann, da sie eine Sperrklausel durchsetzen will, die unter Umgehung des in erster Linie von ihr betroffenen früheren Arbeitnehmers der Klägerin V. zustandegekommen ist. Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte diesen früheren Arbeitnehmer zum Vertragsbruch verleitet oder in anderer Weise unter Verletzung von Regeln des lauteren Wettbewerbs oder der guten Sitten abgeworben hat, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Der in § 75 f HGB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke trifft deshalb auch auf eine Fallgestaltung wie die vorliegende zu. Zwar sind Bewachungsunternehmen, die seit jeher in der Wirtschaft wichtige Funktionen erfüllen, in besonderem Maß darauf angewiesen, sich ein zuverlässiges und erprobtes Wachpersonal zu erhalten. Dieses schutzwürdige Interesse reicht jedoch allein nicht aus, um für diese Unternehmen von den aufgezeigten Grundsätzen abzugehen. V. war im Blick auf seine wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit, auf die es nach den vorstehenden Ausführungen ankommt, nicht weniger schutzbedürftig, als der in § 75 f HGB unmittelbar geschützte Personenkreis. Unterschiede in den beruflichen Aufgaben nach Art und Anforderungen und die sich daraus für die Lage am Arbeitsmarkt ergebenden Verschiedenheiten müssen hier schon deshalb außer Betracht bleiben, weil durch solche Abmachungen, die die Klägerin üblicherweise mit den an einer Bewachung interessierten Kunden abgeschlossen hat, ihr Wachpersonal im Blick auf das berufliche Fortkommen in gleichem Maß betroffen wurde wie ein kaufmännischer Angestellter durch eine Sperrklausel mit einem Konkurrenzunternehmen.
Daß die Beklagte der Klägerin nicht als Bewachungsunternehmerin Konkurrenz gemacht hat, ist ebenfalls für die Entscheidung ohne Bedeutung; maßgebend ist vielmehr, daß die Sperrklausel in den Wettbewerb der Unternehmer um den Arbeitnehmer eingriff und dessen Interessen in einer solchen Abrede nicht so zur Geltung kommen konnten, wie es nach dem Sinn des § 75 f HGB erforderlich gewesen wäre. Allerdings mag die Sperrklausel, anders als die durch § 75 f HGB im Regelfall getroffenen Abmachungen, nicht allein darauf abgezielt haben, einer Abwerbung vorzubeugen, obwohl gerade sie durch die Vertragsstrafe getroffen sein sollte. Offenbar bezweckte die Klägerin auch, die Kunden stärker an ihre Bewachungsdienste zu binden. Doch kann der Revision darin nicht gefolgt werden, daß solche Ziele einer entsprechenden Anwendung des § 75 f HGB entgegenstehen. Wie ausgeführt, wendet sich die Vorschrift gegen den von dem Arbeitgeber zur Wahrung seiner Interessen eingeschlagenen Weg, der den Schutz aus §§ 74 ff HGB umgeht. Inhalt und Zweck der Sperrklausel treten demgegenüber in den Hintergrund. Für V. machte es keinen Unterschied, worin die Klägerin die Gefahren des von der Sperrklausel erfaßten Arbeitsplatzwechsels für den Bestand ihres Unternehmens sah. Entscheidend ist, daß sie mit der Vertragsstrafenklausel ihre eigenen Interessen zu Lasten ihrer Beschäftigten verfolgte, ohne dem Schutz aus §§ 74 ff HGB, der nach Vorstehendem jedenfalls im Grundsatz auch für nicht-kaufmännische Arbeitnehmer entsprechend gilt, Rechnung zu tragen.
2. Die Klägerin könnte sich auch nicht darauf berufen, daß sie auf Grund der bei Abschluß der Vereinbarung bestehenden Rechtslage mit der Unverbindlichkeit der Abmachung nicht habe rechnen müssen. Insbesondere bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der sich der Arbeitnehmer unter Umständen an einem Vertragsstrafenversprechen zur Sicherung eines Wettbewerbsverbotes festhalten lassen muß, das mit dem Arbeitgeber ohne Karenzentschädigung zu einer Zeit vereinbart worden ist, zu der das Bundesarbeitsgericht solche Klauseln noch nicht in entsprechender Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB für unwirksam gehalten hat, (BAG – AP Nr. 25 u. 26 zu § 611 BGB – Konkurrenzklausel). Dem liegt eine andere Fallgestaltung zugrunde. Hier kann eine vom Gesetz dem Grundsatz nach versagte Bindung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil es ihr, selbst wenn sie nachträglich die Unverbindlichkeit der Sperrklausel erkannt haben würde, nicht möglich war, der Abmachung die gewollte Verbindlichkeit zu vermitteln. Jedenfalls in einem solchen Fall muß es bei dem Grundsatz verbleiben, daß der Kläger das Risiko einer geänderten Rechtsprechung trägt (vgl. BGH Urt. v. 8. Oktober 1969 – I ZR 7/68 = NJW 1970, 141, 142; v. 28. September 1972 – VII ZR 186/71 = NJW 1972, 2083, 2084; v. 21. Dezember 1972 – VII ZR 237/71 = NJW 1973, 364; BVerfGE 18, 224, 240; vgl. auch BAG DB 1971, 1061, 1067; Canaris SAE 1972, 22 ff m.w.Nachw.).
Unterschriften
Dr. Weber, Nüßgens, Richter Sonnabend ist erkrankt Dr. Weber, Dunz, Dr. Steffen
Fundstellen
NJW 1974, 1282 |
Nachschlagewerk BGH |