Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein steuerfreies Existenzminimum bei der Umsatzsteuererhebung
Leitsatz (redaktionell)
Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG kann die Rechtsprechung des BVerfG zur gebotenen Berücksichtigung des Existenzminimums bei der Einkommensteuer nicht auf die Umsatzbesteuerung der Unternehmer übertragen werden.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 32a Abs. 1 S. 2; UStG 1991 § 19
Verfahrensgang
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde erfüllt nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die verfassungsrechtlichen Fragen, die die Verfassungsbeschwerde aufwirft, können anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beantwortet werden.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet. Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Die Grundsätze des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 25. September 1992 – 2 BvL 5/91 u.a. – (BVerfGE 87, 153), nach denen dem Einkommensteuerpflichtigen und seiner Familie nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld das sogenannte Existenzminimum verbleiben muß, können nicht auf die Umsatzsteuer übertragen werden. Diese ist im Gegensatz zur Einkommensteuer auf Abwälzung angelegt (vgl. BVerfGE 37, 38 ≪46≫). Das Umsatzsteuersystem sieht vor, daß ein Unternehmer, führt er steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen aus, die Umsatzsteuer gesondert berechnet (§ 14 UStG). Der Unternehmer soll in dieser Eigenschaft nicht mit Umsatzsteuer belastet sein; Steuerträger soll der Verbraucher sein.
So gelingt auch einem Steuerberater die Abwälzung der Umsatzsteuer auf seinen Mandanten, da er im Regelfall die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren abrechnet und die dem Finanzamt geschuldete Umsatzsteuer zusätzlich in Rechnung stellen darf (§ 15 der Gebührenverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften).
Im Gegensatz zur Einkommensteuer ist die Umsatzsteuer auch nicht personen-, sondern umsatzbezogen und berücksichtigt die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht.
Soweit in der steuerrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten wird, auch indirekte Steuern dürften das Existenzminimum nicht antasten, die Befriedigung des existenznotwendigen Bedarfs müßte von indirekten Steuern verschont werden (vgl. u.a. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 922; Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuchs, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen Heft 49, S. 101 Rn. 371, S. 334; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Auflage, Stand 89. Lieferung April 1997, Einführung zum Umsatzsteuergesetz, Rn. 192 ff.; Kirchhof, Staatliche Einnahmen, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IV, S. 141 Rn. 121), beziehen sich die diesbezüglichen Erwägungen nur auf die Existenzsicherung des Endverbrauchers, nicht dagegen auf die des Unternehmers. Der Endverbraucher ist materiell mit der Umsatzsteuer belastet, deshalb stellt sich, wenn überhaupt allenfalls bei ihm die Frage der Steuerfreiheit des Existenzminimums auch im Bereich der indirekten Steuern.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
DStRE 1998, 27 |
NJW 1997, 3368 |