Entscheidungsstichwort (Thema)
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. § 33a Abs. 1a EStG verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
1. Die notwendige Beschreitung des Rechtswegs gegen einen Einkommensteuerbescheid vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit des § 33a Abs. 1a EStG, entfällt nicht dadurch, weil für einen anderen Veranlagungszeitraum, in dem § 33a Abs. la EStG unverändert galt, der Rechtsweg bereits beschritten war, wenn zwischenzeitlich zahlreiche andere ihn betreffende steuerliche Vergünstigungen eingeführt wurden.
2. Die Freibetragsregelung in § 33a Abs. la EStG i. d. F. des StÄndG 1977 zugunsten nicht zuordnungsberechtigter Elternteile ist verfassungsrechtlich unbedenklich, insbesondere ist keine verfassungswidrige Benachteiligung intakter Familien ersichtlich.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EStG § 33a Abs. 1a; BVerfGG § 90 Abs. 2
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 17.02.1986; Aktenzeichen IX R 12/81) |
FG Düsseldorf (Urteil vom 06.05.1981; Aktenzeichen V 227/80 E) |
Gründe
1. a) Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 1979 – 1983 offensichtlich nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 93 BVerfGG eingelegt worden.
b) Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids 1984 ist der Rechtsweg nicht erschöpft worden (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Nach dem auf dem Einkommensteuerbescheid ausgedruckten Datum (19. März 1986), das freilich nicht stets zuverlässig den Bekanntgabezeitpunkt wiedergibt, wäre die insoweit eingelegte Verfassungsbeschwerde sogar noch vor Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides erhoben worden. Die Beschwerdeführerin hatte zwar für den Veranlagungszeitraum 1978 das gerichtliche Verfahren bereits einmal erfolglos durchlaufen. Die Vorschrift des § 33 a Abs. 1 a EStG galt unverändert im Veranlagungszeitraum 1984 fort. Indessen hatte der Steuergesetzgeber, worauf die Beschwerdeführerin selbst hinweist, seit Einführung des sogenannten Kontakt-Freibetrags durch das Steueränderungsgesetz 1977 zahlreiche steuerliche Verbesserungen zu Gunsten der nicht zuordnungsberechtigten Elternteile vorgenommen, insbesondere ab dem Veranlagungszeitraum 1983 diesen einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag in hälftiger Höhe (vgl. § 32 Abs. 8 Satz 2 EStG 1983) eingeräumt. Danach war der Beschwerdeführerin für den Veranlagungszeitraum 1984 eine erneute gerichtliche Überprüfung durchaus zuzumuten (BVerfGE 56, 363 1138U).
2. Im Übrigen hat die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Gesetzgeber hat den nicht zuordnungsberechtigten Elternteilen anläßlich der Pflege der Eltern-Kind-Beziehungen entstehenden zusätzlichen Aufwendungen durch Einräumung eines Freibetrages gemäß § 33 a Abs. 1 a EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1977 Rechnung getragen. Es ist nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber dabei die verfassungsrechtlichen Grenzen der – besonders im Bereich des mit Massenvorgängen befaßten Steuerrechts zulässigen – Typisierung überschritten hätte (BVerfGE 65, 325 ≪354≫). Die durch keinerlei konkrete, insbesondere zahlenmäßigen Angaben untermauerte Vermutung der Beschwerdeführerin, sogenannte nicht intakte Familien würden trotz fortbestehender Hausgemeinschaft den Freibetrag zugebilligt erhalten, wohingegen er intakten Familien mit vergleichbarer Situation versagt bleibe, begründet – jedenfalls bei der hier angebrachten und zulässigen generalisierenden Betrachtungsweise – keinen Anhaltspunkt für eine insoweit von der gesetzlichen Regelung ausgehende Benachteiligung von intakten Familien Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 34 Abs. 2 BVerfGG. Hierbei konnte insbesondere nicht übersehen werden, daß die Beschwerdeführerin für die Veranlagungszeiträume 1979 – 1983 Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, obwohl sie unschwer den Fristablauf erkennen konnte. Die Beschwerdeführerin hat trotz sorgfältiger finanzgerichtlicher Prüfung der Streitfrage für 1978 im übrigen auch keinen Anlaß zu einem fundierten Vortrag gesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen