Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung minderjähriger Kinder in die Höchstbetragsgemeinschaft der Eltern nach dem WoPG
Leitsatz (redaktionell)
Verfassungsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, daß Kinder, die zu Beginn des Prämienjahres das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gemäß § 3 WoPG 1969 in die Höchstbetragsgemeinschaft mit ihren Eltern einbezogen werden.
Normenkette
WoPG 1969 § 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
1. Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn Kinder, die zu Beginn des Prämienjahres das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gemäß § 3 Wohnungsbau-Pämiengesetz 1969 in die Höchstbetragsgemeinschaft mit ihren Eltern einbezogen werden.
Das Wohnungsbau-Prämiengesetz fördert das zweckgebundene Sparen einer Person oder mehrerer im Familienverband lebender Personen für ein eigenes Familienwohnheim (BVerfGE 17, 210 [218]). Der Gesetzgeber kann sich darauf beschränken, Kindern, die zu Beginn des Prämienjahres das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur Prämien für Bausparbeiträge zu gewähren, die dem Erwerb eines Eltern und Kindern gemeinsam zustehenden Familienheims dienen. Der gesetzgeberischen Wertung liegt insoweit eine sachlich vertretbare Würdigung eines typischen Lebenssachverhalts zugrunde, wenn sie darauf beruht, daß Kinder in diesem Alter in der Regel ein eigenen Wohnzwecken dienendes Familienwohnheim neben dem Wohnheim ihrer Eltern und noch nicht 17 Jahre alten Geschwister nicht benötigen.
Gegen die Einbeziehung von Kindern unter 17 Jahren in die Höchstbetragsgemeinschaft ihrer Eltern bestehen, ähnlich wie bei der Zusammenfassung von Ehegatten zu einer Höchstbetragsgemeinschaft (BVerfGE 17, 210 [219 f.]), gewisse verfassungsrechtliche Bedenken. Das Gesetz verfolgt indessen insgesamt keine familienfeindliche Tendenz. § 3 WoPG 1969 vernachlässigt bei der Einbeziehung der noch nicht 17 Jahre alten Kinder in die Höchstbetragsgemeinschaft den Familienschutz nicht wesentlich und grundsätzlich und beeinträchtigt die wirtschaftliche Basis der meisten Ehen und Familien nicht fühlbar und nachhaltig, so daß er als Teil einer insgesamt dem Schutzgedanken des Art. 6 Abs. 1 GG gerechtwerdenden Gesamtregelung hingenommen werden muß (BVerfGE 17, 210 (223 f.]).
2. Art. 3 Abs. 1 GG wird nicht verletzt, wenn Kinder, die zu Beginn des Prämienjahres das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in die Höchstbetragsgemeinschaft einbezogen werden, ältere Kinder aber nicht. Die Differenzierung nach dem Lebensalter ist sachlich gerechtfertigt. Ältere Kinder beginnen, sich aus der wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeit ihres Elternhauses zu lösen und können daran denken, in absehbarer Zeit ihre eigene Familie zu gründen. Aber auch jüngere Kinder sind von den Vergünstigungen des Wohnungsbau-Prämiengesetzes nicht völlig ausgeschlossen. Sofern sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, beispielsweise in Form von Vergütungen und Unterhaltszuschüssen im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses, können sie Prämien für vermögenswirksame Leistungen nach § 3 Abs. 6 WoPG erlangen, die nicht auf den Höchstbetrag nach § 3 Abs. 2 WoPG angerechnet werden. Im übrigen stellt es die Ausnahme dar, daß Kinder unter 17 Jahren Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaus machen können, selbst wenn ihnen dafür Prämien in Aussicht gestellt werden. Soweit Kinder in diesem Lebensabschnitt eigene Einkünfte haben, aus denen sie Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaus bestreiten können, stammen sie in der Regel aus Beteiligungen aus Unternehmen (Kommanditbeteiligungen), aus Kapitalvermögen oder aus der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz, sind also kein Arbeitseinkommen sondern Vermögenseinkommen und fließen aus einer Einkunftsquelle, die auf die Kinder häufig unentgeltlich übertragen wurde. Der Gesetzgeber braucht die ohnehin wirtschaftlich bessergestellte Minderheit, der es nicht um die Sicherung eines eigenen primären Wohnbedürfnisses, sondern um eine wertbeständige und gut rentierliche Vermögensanlage geht, nicht durch Wohnungsbauprämien zu Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaues anregen.
3. Das Wohnungsbaupämiengesetz ist kein Steuergesetz; es gewährt keine Steuervergünstigungen, Steuerermäßigungen oder Steuervergütungen und verfolgt nicht den Zweck, den Prämiensparern zu ermöglichen, gezahlte Einkommensteuer „wieder hereinzuholen”, wie die Beschwerdeführer meinen. Freilich hatten die Beschwerdeführer die Wahl, die Bausparbeiträge als prämienbegünstigte Aufwendungen oder als steuerbegünstigte Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Ziff. 2 und 3, Abs. 2 Ziff. 2 EStG) behandeln zu lassen. Hätten die Beschwerdeführer statt der Prämienbegünstigung den Sonderausgabenabzug gewählt, so wären sie den prämienrechtlichen Beschränkungen durch Einbeziehung in die Höchstbetragsgemeinschaft ihrer Eltern nicht unterworfen gewesen. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, ist die unterschiedliche Behandlung der Bausparbeiträge im Prämienrecht und bei Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs im Einkommensteuerrecht sachlich gerechtfertigt (BVerfGE 17, 210 [222]).
4. Die Auslegung des § 3 Abs. 5 WoPG durch den Bundesfinanzhof ist vom BVerfG nur auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts hin nachzuprüfen (BVerfGE 18, 85 [92]). Wenn der Bundesfinanzhof dem § 3 Abs. 5 WoPG entnimmt, daß Eltern mit allen zu Beginn des Prämienjahres noch nicht 17 Jahre alten Kindern für die Gewährung von Wohnungsbauprämien immer eine Einheit bilden, auch dann, wenn die Eltern selbst keine prämienbegünstigten Aufwendungen gemacht haben, ist das rechtlich vertretbar, frei von Willkür und entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer mit dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. § 3 Abs. 5 Satz 2 WoPG) vereinbar.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen