Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Die Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen einer Personengesellschaft und den volljährigen, finanziell unabhängigen Söhnen der Gesellschafter, bei denen die Darlehensbeträge aus zuvor von den Gesellschaftern geschenkten Mitteln herrühren, richtet sich nach den gesamten Umständen des Falls unter Berücksichtigung des Fremdvergleichs.
2. Die Kürze der zwischen Schenkung und Darlehensgewährung liegenden Zeit begründet keine unwiderlegliche Vermutung für die gegenseitige Abhängigkeit der beiden Verträge (gegen BMF-Schreiben vom 1. Dezember 1992, BStBl I 1992, 729 Tz. 9).
Normenkette
§ 4 Abs. 4 EStG , §§ 516, 607 BGB
Sachverhalt
Zwei Brüder waren alleinige Kommanditisten einer GmbH & Co. KG. Ihren beiden im Betrieb beschäftigten erwachsenen Söhnen schenkten sie mit Vertrag vom 1.7. jeweils 90000 DM. Die Zahlung der Beträge erfolgte am 9.7. durch Überweisung von einem Konto der KG, das einen Sollsaldo aufwies. Am 17. bzw. 24.7. überwiesen die Söhne die Beträge auf dasselbe Konto zurück. Unter dem 1.8. wurde ein Darlehensvertrag zwischen den Söhnen und der KG geschlossen. Danach waren die Darlehen mit 9 % zu verzinsen; die Vertragslaufzeit war für gut fünf Jahre fest vereinbart, anschließend war eine jährliche Verlängerung vorgesehen, wenn nicht gekündigt wurde. Zur Sicherheit wurden die Vorräte in einer Zweigniederlassung sicherungsübereignet.
Später wurden die Darlehen mehrfach aufgestockt, und zwar jeweils um den Söhnen gewährte Tantiemen.
Das FA erkannte die Darlehensverträge nicht an. Außerdem hielt es die Tantiemen für überhöht und versagte in Höhe des unangemessenen Teils die Anerkennung der Aufstockungsdarlehen. Das FG gab der Klage der KG in vollem Umfang statt.
Entscheidung
Der BFH stimmte der Auffassung des FG zu und wies die Revision des FA zurück.
Die Darlehensverträge und ihre tatsächliche Durchführung entsprächen dem zwischen Fremden Üblichen. Die Schenkungen seien durch Heilung des Formmangels zivilrechtlich wirksam geworden. Die Aufstockungen aus den Tantiemezahlungen seien anzuerkennen, denn die Darlehensvaluta sei unabhängig von der Frage der Angemessenheit um die vollen Beträge erhöht worden.
Ein Darlehensvertrag zwischen Eltern und Kindern könne grundsätzlich auch anerkannt werden, wenn die Valuta aus Mittel stamme, die die Eltern zunächst den Kindern geschenkt hätten. Allerdings müsse eine endgültige Vermögensverschiebung vorliegen. Anderenfalls handele es sich um ein befristetes Schenkungsversprechen, künftig bei "Rückzahlung" des Darlehens einen Geldbetrag zuzuwenden. Diese Abgrenzung sei auch vorzunehmen bei Geschäften zwischen einer Personengesellschaft und den Kindern beherrschender Gesellschafter.
Nach der Rechtsprechung des BFH sei ein befristetes Schenkungsversprechen anzunehmen, wenn Schenkungs- und Darlehensvertrag in einer Urkunde niedergelegt seien. Es komme aber nicht auf die Urkunde an, sondern darauf, ob eine auf einem Gesamtplan beruhende sachliche Verknüpfung bestehe. Die Kürze der zwischen Schenkung und Darlehen liegenden Zeit sei nur ein Indiz; die Finanzverwaltung mache zu Unrecht eine unwiderlegbare Vermutung daraus.
Es sei deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG angenommen habe, die Söhne hätten frei über das geschenkte Geld verfügen können. Zu Recht habe das FG auch darauf abgestellt, dass die Söhne volljährig und wirtschaftlich unabhängig gewesen seien und dass das Motiv der Steuerersparnis nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe.
Hinweis
1. Für die Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen gelten zunächst dieselben Grundsätze wie für alle Rechtsgeschäfte zwischen Angehörigen. Hinzu kommen besondere Aspekte, wenn die Darlehensvaluta aus Mitteln zur Verfügung gestellt wird, die vom Darlehensempfänger stammen. Jedenfalls wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen beiden Geschäften besteht, muss der Verdacht ausgeräumt werden, dass wirtschaftlich die Verfügungsberechtigung über das Geld unverändert dem Darlehensnehmer zustehen soll. Es ist deshalb wichtig, dass ein Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsberechtigung dargestellt werden kann.
2. Dem Besprechungsurteil kann entnommen werden, dass bei Verträgen zwischen erwachsenen und wirtschaftlich selbstständigen Angehörigen an den Nachweis für den Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsberechtigung nicht so hohe Anforderungen gestellt werden. Für Geschäfte mit minderjährigen Kindern bleibt es aber bei der bisherigen strengen Linie.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.1.2001, IV R 58/99