Michael Winter, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Der Unternehmer kann die Differenzbesteuerung auch auf die Lieferung von Gebrauchtfahrzeugen in ein anderes EU-Land anwenden. Ausgenommen ist die Lieferung neuer Fahrzeuge, bei denen der Erwerber die Umsatzsteuer immer in seinem EU-Staat zahlen muss. Nach § 1b Abs. 3 UStG ist ein Fahrzeug als neu einzustufen, wenn
- die erste Inbetriebnahme nicht mehr als 6 Monate zurückliegt oder
- das Fahrzeug nicht mehr als 6.000 km gelaufen ist.
Hat das Fahrzeug einen Kilometerstand von mehr als 6.000 km, handelt es sich in jedem Fall um ein Gebrauchtfahrzeug.
Bei Verkäufen in andere EU-Länder: "Differenzsteuer" in Deutschland fällig
Verkaufen inländische Unternehmen Gebrauchtfahrzeuge in andere EU-Länder und wenden sie die Differenzbesteuerung an, müssen sie die Umsatzsteuer in Deutschland zahlen. Der Empfänger im anderen EU-Land muss aus der Rechnung entnehmen können, dass der inländische Unternehmer die Differenzbesteuerung anwendet und es sich somit nicht um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung handelt.
Anwendung der Differenzbesteuerung bei Gebrauchtwagenverkauf in anderes EU-Land
Herr Huber liefert einen gebrauchten Pkw nach Polen. Er hat den Pkw für 2.000 EUR eingekauft und verkauft ihn an einen Unternehmer in Polen für 3.800 EUR. Herr Huber wendet die Differenzbesteuerung an und muss die Umsatzsteuer an das deutsche Finanzamt abführen. Er rechnet die Umsatzsteuer aus der Differenz von 1.800 EUR heraus (1.800 EUR x 19/119 = 287,39 EUR). Der Unternehmer in Polen führt keine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch.
Buchungsvorschlag: Einkauf
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
3220/5220 |
Wareneingang, Einzeldifferenz |
2.000 |
1200/1800 |
Bank |
2.000 |
Buchungsvorschlag: Verkauf
Konto SKR 03/04 Soll |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
Konto SKR 03/04 Haben |
Kontenbezeichnung |
Betrag |
1000/1600 |
Kasse |
3.800,00 |
8225/4225 |
Erlöse Differenzbesteuerung ohne USt |
2.000,00 |
|
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8191/4136 |
Erlöse Differenzbesteuerung 19 % USt |
1.512,61 |
|
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|
1776/3806 |
Umsatzsteuer 19 % |
287,39 |
Wann die innergemeinschaftliche Lieferung sinnvoller ist
Bei der Lieferung von gebrauchten Fahrzeugen an einen anderen Unternehmer in einem anderen EU-Land ist es für den liefernden Unternehmer in der Regel sinnvoller, nicht die Differenzbesteuerung anzuwenden. Führt er die Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung aus, fällt bei ihm keine Umsatzsteuer an.
Der Erwerber im anderen EU-Land muss dort einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern. Das heißt, er versteuert den Erwerb mit dem Steuersatz seines Landes und hat regelmäßig in der selben Höhe einen Vorsteuerabzug, sodass der Erwerb nicht durch Umsatzsteuer belastet wird. Der Unternehmer im anderen EU-Land muss dann allerdings die Veräußerung an den Endkunden der Umsatzsteuer unterwerfen.
Vergleich innergemeinschaftliche Lieferung und Differenzbesteuerung
Vorgang |
Betrag |
Innergemeinschaftliche Lieferung |
Differenzbesteuerung |
Einkauf ohne Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer |
4.000 EUR |
|
|
Veräußerung an Unternehmer im EU-Ausland |
6.000 EUR |
6.000 EUR USt = 0,00 EUR |
6.000 EUR USt: (6.000 – 4.000) = 2.000 EUR x 19/119 = 319,33 EUR |
Bei Anwendung der Differenzbesteuerung fallen 319,33 EUR Umsatzsteuer an, die bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht anfallen.
Wann die Differenzbesteuerung angewendet werden sollte – obwohl sie teurer ist
Die Differenzbesteuerung ist zwar die ungünstigere Lösung. Wenn der inländische Unternehmer aber Schwierigkeiten hat, die Unternehmereigenschaft des Empfängers abzuklären bzw. nicht weiß, ob es sich um einen Scheinunternehmer handelt, evtl. nicht die erforderlichen Unterlagen erhält, sollte der Differenzbesteuerung den Vorzug gegeben werden. Bei einer missglückten (nicht anerkannten) innergemeinschaftlichen Lieferung zahlt der Unternehmer später 19 % aus dem Gesamtbetrag und nicht nur aus der Differenz.