Leitsatz
Die Annahme des FG, ein vom Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft erworbenes Grundstück sei für eine "betriebliche Nutzung" durch die Betriebs-GmbH bestimmt, rechtfertigt für sich genommen nicht den Schluss, dass es sich um Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der Besitzpersonengesellschaft handelt.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Mehrheitsgesellschafter einer Besitz-GbR hatte 1990 ein unbebautes Grundstück erworben, das in der Nähe eines zum Sonderbetriebsvermögen der GbR gehörenden und von der Betriebs-GmbH als Lagerplatz genutzten Grundstücks lag. Im Jahr 1992 verkaufte der Mehrheitsgesellschafter einen Teil des Grundstücks mit Gewinn.
Nach dem Erwerb des Grundstücks hatte der Steuerberater auf Frage des FA mündlich erklärt, das Grundstück solle Betriebsvermögen werden und diene der GmbH als Bauhof. Nach dem Verkauf der Teilfläche erklärte der Steuerberater auf eine Frage des FA wegen Heraufsetzung der ESt-Vorauszahlungen, es solle eine §-6b-Rücklage gebildet werden.
In der Gewinnermittlung der GbR wurden weder Anschaffung und Veräußerung noch laufende Kosten des Grundstücks erfasst. Nach einer Prüfung vertrat das FA die Auffassung, das Grundstück sei Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters gewesen, und erfasste den Veräußerungsgewinn in einem geänderten Gewinnfeststellungsbescheid. Einspruch und Klage hatten insoweit keinen Erfolg (FG München, Urteil vom 14.09.2006, 15 K 5276/04, Haufe-Index 1839483, EFG 2008, 194).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der GbR statt. Das Grundstück sei nicht Sonderbetriebsvermögen gewesen. Die Voraussetzungen für hier allein in Betracht kommendes Sonderbetriebsvermögen II seien nicht erfüllt, weil nicht festgestellt werden könne, dass die Nutzungsüberlassung an die GmbH durch die GbR veranlasst gewesen sei. Ob zwischen dem Gesellschafter und der GmbH unmittelbar eine Betriebsaufspaltung bestanden habe, sei im streitigen Verfahren um den Gewinnfeststellungsbescheid der Besitz-GbR nicht zu prüfen.
Hinweis
1. Die Entscheidung fasst über die im Leitsatz angesprochene Einzelfrage hinaus die Voraussetzungen für das sog. aktive Sonderbetriebsvermögen I und II zusammen.
a) Aktives Sonderbetriebsvermögen I setzt voraus, dass das WG objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Personengesellschaft selbst bestimmt ist, und zwar unabhängig davon, ob das WG für die Zwecke der Personengesellschaft notwendig ist. Vor allem sind damit der Personengesellschaft zur Nutzung für ihre eigengewerbliche Tätigkeit überlassene WG gemeint.
b) Aktives Sonderbetriebsvermögen II erfordert, dass das WG ein Mittel darstellt, um besonderen Einfluss auf die Personengesellschaft auszuüben und damit unmittelbar die Stellung des Gesellschafters in der Personengesellschaft zu stärken. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn entweder der Besitz des WG für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist oder wenn das WG der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters selbst dient. Letzteres trifft, wie der BFH hier klarstellt, auf die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH zu.
2. Grundstücke bzw. Teile davon sind notwendiges Sonderbetriebsvermögen I, wenn sie der Personengesellschaft zur Nutzung überlassen werden. Als Nutzung ist im Fall einer Betriebsaufspaltung auch die Weitervermietung an eine Betriebsgesellschaft anzusehen.
Wird das Grundstück vom Gesellschafter selbst an die Betriebsgesellschaft vermietet, kommt demgegenüber nur Sonderbetriebsvermögen II in Betracht. Dazu muss die Nutzung durch die Betriebsgesellschaft zugleich der Beteiligung des Gesellschafters an der Besitzpersonengesellschaft dienen. Ist die Nutzungsüberlassung durch die Interessen der Betriebsgesellschaft bestimmt, z.B. bei verbilligter Vermietung, spricht dies dafür, dass sich auch Vorteile für die Beteiligung des Gesellschafters an der Besitzgesellschaft ergeben. Auch aus mit der Besitzgesellschaft selbst zusammenhängenden Umständen kann auf eine Stärkung der Beteiligung durch die Nutzungsüberlassung geschlossen werden. Der BFH nennt hier beispielhaft eine zeitliche Verknüpfung der Nutzungsüberlassung mit der Beteiligung an der Betriebs-GmbH oder die Vereinbarung der Nutzungsüberlassung bei Begründung der Betriebsaufspaltung.
3. Beachten Sie, dass die Nutzungsüberlassung durch einen Gesellschafter der Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft auch zu einer eigenständigen Betriebsaufspaltung führen kann. Dazu kommt es dann, wenn zwischen dem überlassenden Gesellschafter und der Betriebs-GmbH unmittelbar eine personelle Verflechtung besteht. Eine solche Betriebsaufspaltung würde allerdings von der Zuordnung des WG zum Sonderbetriebsvermögen der Besitz-GbR überlagert. Sie hätte also nur Bedeutung, wenn die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen nicht erfüllt sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.12.2008 – IV R 65/07