Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Der Einbau einer Klimaanlage in ein bestehendes Gebäude stellt eine Erweiterung i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB dar und führt damit zu (nachträglichen) Herstellungskosten, wenn durch die Maßnahme bisher nicht vorhandene Bestandteile eingefügt wurden und dies eine "Erweiterung der Nutzmöglichkeit des Gebäudes" zur Folge hat.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen erzielten aus der Nutzungswertbesteuerung ihres 1984 fertiggestellten Anwesens Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Dachgeschoss dieses Anwesens befand sich ein Badezimmer, ein Schlafzimmer und ein Büroraum, der von der Ehefrau im Wesentlichen zur Verwaltung der Immobilien und des Kapitalvermögens genutzt wurde. Durch den Einbau einer Dachgaube anstelle der vorhandenen Erker vergrößerten die Steuerpflichtigen 1995 die bestehende Wohnfläche des Schlafzimmers von 6,56 qm auf 13,65 qm und die des Büroraums von 8,58 qm auf 17,5 qm (insgesamt um 16 qm auf 170 qm). Da die Räume im Dachgeschoss sich im Sommer aufgrund der Schiefereindeckung stark aufheizten, installierten sie dort eine Klimaanlage. Es handelte sich um eine sog. kontrollierte Wohnraumlüftung mit dem Zusatz für Kälte. Die Nutzung der Abwärme wurde noch nicht in die bestehende Heizungs- und Brauchwassererwärmung eingebunden, jedoch ist die Option hierfür vorgesehen. Die Klimaanlage wurde an die Elektroinstallation angeschlossen und das anfallende Kondenswasser nach außen abgeleitet. Für die Klimaanlage und ihre Installation entstand ein Aufwand von 33.000,00 DM.
Die Steuerpflichtigen beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung für den VZ 1995 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung u.a. die Kosten für den Dachausbau in Höhe von 112.776,66 DM als Instandhaltungskosten und in Höhe von 15.070,24 DM als Herstellungskosten zu berücksichtigen. Den Aufwand für die Klimaanlage in Höhe von 33.000,00 DM beurteilten sie ebenfalls als Erhaltungsaufwand.
Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten für die Klimaanlage als nachträglichen Herstellungsaufwand. Die Steuerpflichtigen haben Klage erhoben und vorgetragen, dass der Einbau der Klimaanlage nicht zu Herstellungsaufwand führe, da weder eine wesentliche Verbesserung noch eine Substanzmehrung vorläge. Mit dem Einbau der Klimaanlage sei auch keine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes verbunden.
Entscheidung
Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten u.a. für die Erweiterung eines Vermögensgegenstandes oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Aufwendungen für den Einbau neuer Gegenstände in vorhandene Installationen eines Wohnhauses sind nur unter dem Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Verbesserung zu würdigen, das Merkmal der Erweiterung tritt insoweit zurück. Nach Auffassung des FG stellt der Einbau einer bisher im Gebäude nicht vorhandenen Klimaanlage eine Erweiterung des Gebäudes um einen neuen Gegenstand dar, ohne dass dieser in eine vorhandene Installation integriert worden wäre.
Die Tatsache, dass die Klimaanlage an die Stromversorgung und damit an die Elektroinstallation angeschlossen wird, stellt - so das FG - keinen Einbau in diese, sondern lediglich einen Anschluss an diese dar, da die Klimaanlage nicht der Stromversorgung diene, sondern vielmehr Verbraucher sei. Da weder die eingebaute Heizungsanlage noch andere in dem Gebäude vorhandene Isolierungsmaßnahmen es den Steuerpflichtigen erlauben, die Raumtemperatur - gegebenenfalls individuell regulierbar - abzukühlen, stelle der Einbau der Klimaanlage eine Erweiterung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB dar. Durch den Einbau der Klimaanlage werde auch die Nutzungsmöglichkeit der Räume erweitert und damit der Gebrauchswert der Dachgeschossräume insgesamt wesentlich erhöht, da selbst bei oftmals hohen Raumtemperaturen aufgrund von Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten eine Abkühlung auf eine als angenehm empfundene Temperatur möglich ist und damit der Aufenthalt in den Dachräumen zumindest angenehmer gestaltet wird.
Die Kosten für die Klimaanlage stellen daher nachträgliche Herstellungskosten dar und können folglich nur im Wege der AfA als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Hinweis
Sofern - anders als im Urteilsfall - der Einbau neuer Gegenstände in eine vorhandene Installation eines Wohnhauses erfolgt, sind die entsprechenden Aufwendungen hierfür nur unter dem Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Verbesserung zu würdigen. Das Merkmal der Erweiterung in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB tritt in diesen Fällen insoweit hinter das der wesentlichen Verbesserung zurück. Eine wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude nur dann gegeben, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes durch die Baumaßnahmen deutlich erhöht wird. Dies setzt voraus, dass mindestens drei der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallation und Fenster, in ihrer Funktion deutlich erweitert und ergänzt werden (...