Die Erweiterung der Balanced Scorecard für den Einkauf 4.0 beschäftigt aktuell auch die Unternehmenspraxis. Denn es wurde erkannt, dass der Einkauf einen Wertbeitrag in nicht unerheblicher Höhe zum Unternehmenserfolg leisten kann. Nichtsdestotrotz fragen Fachabteilungen und Bedarfsträger immer noch häufig nach den konkreten Vorteilen durch eine Zusammenarbeit mit dem Einkauf.

4.1 Quantitativer und qualitativer Wertbeitrag des Einkaufs

Um seinen Wertbeitrag und damit den direkten sowie den indirekten Einfluss auf den Unternehmenserfolg deutlich zu machen, steht der Einkauf vor der Herausforderung, seine Leistung zu messen und diese transparent darzustellen. Dabei liegt der Fokus aktuell oft noch allein auf der Betrachtung des monetären Wertbeitrags in Form von Einsparungen. Eine rein monetäre Betrachtung greift jedoch zu kurz und spiegelt die steigenden Herausforderungen der sich schnell wandelnden Wirtschaftswelt nicht wider. Die Einkaufsorganisationen und somit auch ihre Aufgaben stehen vor starken Veränderungen.[1]

So ergeben sich in der Unternehmenspraxis neben den rein quantitativen Zielen eine Reihe qualitativer Betätigungsfelder, mit denen der Einkauf einen Mehrwert für das Gesamtunternehmen schaffen kann (s. Abb. 2).

Abb. 2: Die Hebel des Wertbeitrags des Einkaufs[2]

Obwohl der Einkauf in vielen Unternehmen bereits einen höheren Stellenwert erlangt hat, ist es nach wie vor wichtig, seinen Beitrag zu dokumentieren, Erfolge zu messen, aber auch Schwachstellen zu identifizieren und steuernd einzugreifen. Die Auswertung von Kennzahlen soll es ermöglichen, Maßnahmen zur Steuerung, Planung und Analyse der Einkaufsaktivitäten abzuleiten, insbesondere vor dem Hintergrund der digitalen Transformation. Doch die Unternehmenspraxis zeigt, dass zunächst geeignete Kennzahlen – sog. Key Performance Indicators (KPIs) definiert werden müssen, die regelmäßig ausgewertet und analysiert werden sollen.

Diese sollten nicht nur nachvollziehbar, transparent und leicht ermittelbar, sondern auch konsistent, einheitlich und wiederholbar sein, um eine Vergleichbarkeit sicherzustellen. Die Gefahr von Fehlinterpretationen muss bereits bei der Definition der KPIs berücksichtigt werden. Für jede Kennzahl sollte ein Zielwert oder zumindest eine Zielrichtung definiert werden, damit eine Soll-Ist-Analyse durchgeführt und entsprechende Maßnahmen zur Zielerreichung abgeleitet werden können.

[1] Ergebnisse der BME-Mittelstandsinitiative & BME-"Fachgruppe Wertbeitrag des Einkaufs", 2019.
[2] Ergebnisse des Think Tanks "Einkauf 4.0" vom BME e. V. & Fraunhofer IML, 2021.

4.2 Messung des Wertbeitrags im Einkauf

Statt einer klassischen Darstellung von Kennzahlen soll das Augenmerk nun aber darauf gerichtet werden, welche strategischen Kennzahlen es bereits gibt und welche neu entwickelt werden müssen, um die zukünftige Leistung des Einkaufs zu messen bzw. den geänderten Anforderungen an den Einkauf gerecht zu werden. So ist vorstellbar, dass es ein Set von "Basiskennzahlen", die immer erhoben werden, gibt. Darüber hinaus ist es abhängig von der Zielsetzung, welche Kennzahlen zusätzlich erhoben werden sollten. Die aktuell in den Unternehmen vorherrschenden Zielsetzungen sind z. B. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Innovation und Prozessoptimierung.

Eine alternative Herangehensweise ist die Entwicklung eines Kennzahlenkatalogs, abhängig von den Erfolgsfaktoren einer gewissen Stoßrichtung. Am Beispiel von "Digitalisierung/Einkauf 4.0" kann dies deutlich gemacht werden: Die Erfolgsfaktoren Prozesse und Systeme, Daten, interne Zusammenarbeit, Mindset und Supply Chain bilden die Kategorien für den Kennzahlenkatalog. Pro Kategorie gilt es, geeignete Kennzahlen zu entwickeln.

Um eine hohe Aussagekraft der Kennzahlen tatsächlich gewährleisten zu können, ist es wichtig, dass diese richtig ausgewertet und von allen Mitarbeitern auf die gleiche Weise interpretiert werden. Beides kann sichergestellt werden, indem eine klare Definition der Kennzahlen sowie eine exakte Beschreibung existiert, welche Daten in die Auswertung einfließen.

Hilfreich kann es sein, wenn für jede Kennzahl ein Steckbrief angelegt wird, der für alle Mitarbeiter einsehbar ist. Dieser kann z. B. die folgenden Informationen enthalten:

Abb. 3: Steckbrief Einkaufskennzahlen[1]

Im Unternehmen sollte außerdem sichergestellt werden, dass eine einheitliche Auswertung von Kennzahlen aus dem Datenpool erfolgt. Dies kann mit folgenden Maßnahmen gelingen:[2]

  • Erläuterung der einzelnen Dimensionen einer Kennzahl
  • Definition von Standards
  • Auswertung offizieller Kennzahlen am besten durch eine zentrale Stelle
  • Automatisierte Ermittlung von Kern-Kennzahlen

Innovative Technologien wie KI und Blockchain (BCT) können den Einkäufern bei der Erstellung einer erweiterten Balanced Scorecard und somit bei der Erhebung und Auswertung der klassischen und neuen Kennzahlen assistieren und dadurch die Komplexität u. a. aufgrund einer Vielzahl unterschiedlicher Datenquellen reduzieren. KI- und Machine Learning-Tools unterstützen nicht nur durch fortgeschrittene Algorithmen bei der Datenauswertung (z. B. Process-Mining und Web-Cra...

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